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Kernkraftwerk Creys-Malville

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Kernkraftwerk Creys-Malville
Superphénix 5.jpg
Standort
Land Flag of France.svg Frankreich
Region Isere
Ort Creys Malville
Koordinaten 45° 45′ 36″ N, 5° 28′ 25″ OTerra globe icon light.png 45° 45′ 36″ N, 5° 28′ 25″ O
Reaktordaten
Eigentümer NERSA, Électricité de France
Betreiber NERSA, Électricité de France
Vertragsjahr 1976
Betriebsaufnahme 1986
Stilllegung 1998
Stillgelegt 1 (1200 MW)
Einspeisung
Eingespeiste Energie im Jahr 1996 3392 GWh
Eingespeiste Energie seit 1986 8209 GWh
Stand der Daten 2014
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Die Quellen für diese Angaben sind in der Zusatzinformation einsehbar.

Das Kernkraftwerk Creys-Malville an der Rhone bei Creys-Malville im Department Isère ist eine Prototypenanlage für ein Kernkraftwerk mit natriumgekühltem schnellem Brutreaktor (SNR). Der Reaktor vom Typ Superphénix (kurz "SPX" oder auch Na-1200), der eine Weiterentwicklung des älteren Phenix ist, ist bis heute der leistungsstärkste SNR der Welt[1].

Das Kernkraftwerk war ähnlich wie das Kernkraftwerk Kalkar mit dem SNR-300 und dessen nie realisierten Nachfolger SNR-2 ein internationales Gemeinschaftsprojekt, führend beteiligt waren Frankreich, die BRD und Italien. Betrieben wurde das Kernkraftwerk von der NERSA (Centrale nucléaire européenne à neutrons rapides SA.), einem Gemeinschaftsunternehmen aus EDF (51%), ENEL (33%) und der "Schneller Brüter Kernkraftwerksgesellschaft" (16%) welche wiederum ein Gemeinschaftsunternehmen von RWE (65,85%) sowie belgischen, niederländischen und britischen Energieversorgern war.[2]

Nachdem das Kernkraftwerk 1997 aus politischen Gründen stillgelegt werden musste wurde es zu 100% von EDF übernommen und befindet sich seit 2006 im Rückbau.

Geschichte

Das französische Entwicklungs- und Bauprogramm für Brutreaktoren begann bereits Anfang der 1950er Jahre mit ersten Experimenten an Natriumkreisläufen und unterkritischen Anordnungen. Dem folgte der natriumgekühlte Forschungsreaktor RAPSODIE (ohne Stromproduktion) der 1962 in Bau ging und 1967 in Betrieb genommen wurde, als nächster Schritt folgte das Kernkraftwerk Phénix als Prototypanlage eines größeren, natriumgekühlten, schnellen Brutreaktorkernkraftwerks mit einer thermischen Leistung von 563 MW und einer elektrischen Leistung von 255 MW[3], welches 1968 in Bau und 1973 in Betrieb ging. Der Projektname „Phénix“ ("Phönix") war an den mythologischen Vogel „Phönix“ angelehnt welcher der Sage nach analog zum Brennstoff des Brutreaktors aus seiner Asche wiederaufersteht. Diese Mythologie bezieht sich darauf das der Reaktor während des Betriebs mehr Brennstoff neu entstehen lässt, als er verbraucht. Sicher war bereits 1966, dass man das Reaktormodell zu einem größeren Block auf dem Leistungsniveau damals üblicher Druckwasserreaktoren vergrößern wollte. Während des Baus von Phénix stellten sich allerdings bereits Probleme heraus, die insbesondere die Vergrößerung von Komponenten betrafen, die teilweise gänzlich neu geplant werden mussten.[4] Aufgrund der Tatsache, dass dies zu Verzögerungen beim Bau eines großen kommerziellen Brüters mit über 1000 MW hätte führen können, waren bis 1968 bereits die wichtigsten Parameter des zukünftigen Blocks festgelegt und erste Planungen initiiert worden. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings noch nicht klar, ob es sich um ein Pool-Design (wie beim Phénix) oder ein Loop-Design handeln sollte. Lediglich die Wunschparameter waren festgelegt worden, welche die Planungsbasis für den Block schafften. Man erwartete, dass man ab 1975 mit der Realisierung des Blockes beginnen konnte.[5] Aufgrund der weitaus höheren Leistung im Vergleich zu Phénix erhielt das ab 1970 auf 1200 MW projektierte Werk den Namen „Super-Phénix“.[6]

Planung

Anfang der 1970er verständigte sich Électricité de France mit der CEA, Creusot et Loire und Babcock Atlantique darauf, dass man zwei über 1000 MW starke Brutreaktoren plante, wobei es sich beim ersten Block um einen weiteren Prototypen handeln sollte, beim Folgemodell jedoch um einen Demonstrationsreaktor, der die Basis für eine Brüterflotte und als Nachfolgeprojekt für ein Kernkraftwerk mit vier Blöcken legen sollte. Auf Basis dieses Ansatzes wurde die Projektierung dieses Projekts vom Brutreaktor Phénix abgekoppelt.[7] Im Jahr 1973 entschied man sich für Creys-Malville an der Rhône als Standort für Superphénix.

Bereits 1971/1972, noch vor der Inbetriebnahme des Phénix, und auch vor der Ölkriese kam es zu Übereinkünften zwischen einigen großen Europäischen Energieversorgern, allen voran EDF, ENEL und RWE, über den Bau jeweils eines großen, kommerziellen Brutreaktorprototypen in Deutschland und in Frankreich. Dies führte 1974, nach der erfolgreichen Inbetriebnahme des Phénix zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens NERSA (Centrale nucléaire européenne à neutrons rapides SA.) durch EDF (51%), ENEL (33%) und RWE (16%) welche gegründet wurde um den ersten plutoniumbetriebenen schnellen Brutreaktor der Welt zu bauen der sich in der selben Leistungsklasse wie damals typische moderne (westliche) Leichtwasserreaktoren bewegen sollte. Bis dahin war die Entwicklung schneller Brutreaktoren in Frankreich vor allem von der staatlichen Kernforschungsgesellschaft CEA ausgegangen welche auch am Phénix zu 80% direkt beteiligt war (die übrigen 20% hielt EDF). Die NERSA übernahm das Brutreaktorprojekt von EDF und bestätigte noch in ihrem Gründungsjahr den Standort Creys-Malville. 1975 übertrug RWE seine Anteile an der NERSA an die Schneller Brüter Kernkraftwerksgesellschaft (SBK). Eine Äquivalente Gesellschaft entstand in Deutschland zum Bau des SNR-2: die ESK (Europäische Schnellbrüter-Kernkraftwerksgesellschaft) an der die SBK einen 51% Anteil hielt, ENEL einen 33% Anteil und EDF einen 16% Anteil. Von Anfang an war der Bau des Reaktors sehr umstritten. Die Befürworter sahen die Entwicklung eines geschlossenen Brennstoffkreislaufs inklusive schneller Brutreaktoren als im Angesicht schwindender fossiler Energieressourcen und schwindender Uranressourcen als unbedingt erforderlich an um die Energieversorgung Westeuropas mittelfristig sicherzustellen und betonten zudem das die Brütertechnologie als kurz-mittelfristiger Vorteil die europäische Atomwirtschaft in Kombination mit Wiederaufbereitung und europäischen Urananreicherungsanlagen wie der EURODIF (Inbetriebnahme 1979) unabhängiger von angereichertem Uran aus den USA und sonstigen Uranimporten machen würde. Gegner dagegen wiesen vor allem auf spezielle Sicherheitsrisiken schneller natriumgekühlter Brutreaktoren hin (und das auch noch bevor überhaupt eine genaue Auslegung bekannt war). Auch aus der Friedensbewegung und einigen linken Gruppierungen fanden sich viele Gegner des Projekts wobei hier die durch diese Gruppierungen unterstellte zunehmende Verflechtung der zivilen mit der militärischen Kerntechnik durch schnelle Brutreaktoren und die "Plutoniumwirtschaft" wohl der Hauptkritikpunkt war. Hinzu kam die zu diesem Zeitpunkt bereits relativ starke klassische "Anti-Atom Bewegung" für welche die Brütertechnik aus beiden genannten Gründen ein noch größeres Feindbild darstellte als Leichtwasser-Kernkraftwerke.

Hauptauftragnehmer für den Bau und die Entwicklung der Anlage wurden Novatome, ein 1976 eigens für diesen Zweck ins Leben gerufenes Gemeinschaftsunternehmen von Creusot et Loire (40%), Alstom (30%) und der CEA (30%), und EDF. Am Bau waren auch diverse andere Firmen beteiligt, auch aus den anderen an dem Projekt beteiligten Ländern, insbesondere Italien und der BRD wo zur selben Zeit auch eigene natriumgekühlte Brutreaktoren entwickelt und gebaut wurden. [8][9]

Bau

Erste Erdarbeiten wurden im April 1976 begonnen nachdem das Projekt durch eine Komission unter President Valery Giscard d’Estaing abgesegnet worden war, offizieller Baubeginn war der 13. Dezember 1976. Der Bau war von massiven Protesten begleitet. Im Sommer 1976 besetzten 20000 Gegner des Projekts die Baustelle, am 31. Juli 1977 kam es zu großen Protesten mit 50000 Teilnehmern, von denen viele auch aus Deutschland, der Schweiz und Italien angereist waren und gewaltsamen Ausschreitungen, ein Demonstrant, der Lehrer Vital Michalon, wurde durch eine Blendgranate der Polizei getötet, einige weitere wurden durch Verbrennungen infolge des Einsatzes von Blendgranaten schwer verletzt.

1979 kam es zur weitgehenden Einstellung der SNR-Forschung in den USA durch den Präsidenten Jimmy Carter welcher dies mit Proliferationsrisiken in der Plutoniumwirtschaft begründete. Die französische Kernforschungsbehörde CEA und der französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing hielten diesen Schritt für "total absurd" und hielt dagegen das Frankreich mit der Brütertechnologie fähig wäre auf absehbare Zukunft von Energieimporten unabhängig zu werden.

Zur Entwicklung des Superphénix wurde ein großes Modell im Maßstab 0,36 (Superpanoramix) gebaut welches mit Wasser anstelle von Natrium gefüllt war. Es sollte sich später auch für Störfallanalysen und zur Entwicklung von Reparaturverfahren als sehr nützlich herausstellen.

Am 18. Jänner 1982 griffen einige Terroristen die Baustelle an in dem sie sie von der anderen Seite der Rhône aus mit einem RPG-7 Rakentenwerfer beschossen. Das Reaktorgebäude wurde dabei von insgesamt fünf Raketen vier mal getroffen. Die Schäden waren aber minimal und verzögerten den Bau nicht, verletzt wurde niemand.[10] 2003 gab Chaïm Nissim, Mitglied der Grünen Partei der Schweiz und ehemaliger schweizer Parlamentsabgeordneter zu den Angriff durchgeführt zu haben. Die Gruppe unter seiner Leitung hatte die Waffen von der linksextremen Belgischen Terrororganisation Cellules Communistes Combattantes erhalten.[11]

Neben Terroristen und Demonstranten zog das fortschrittliche Kernkraftwerk auch interessierte Besucher an, alleine im ersten Halbjahr 1981 wurden fast 17000 gezählt. Darunter waren auch etliche Politiker aus dem In- und Ausland darunter der ehemalige US-Präsident Gerald Ford.

Zwischen August und Oktober 1984 wurden Primär- und Sekundärkreislauf nach einer Dichtheitsprüfung mit Druckluft zunächst mit Inertgas (Stickstoff) und anschließend mit insgesamt 5650 Tonnen 150°C heißem Natrium befüllt. Die Funktionalität des Biologischen Schildes wurde mit einer 18kCi Cobalt-60 Quelle getestet. im Jänner 1985 wurden beim kalten Probebetrieb hydrodynamische Probleme im Primärkreislauf festgestellt. Das Problem konnte durch eine Änderung an einigen Brennstabfüßen behoben werden.

Nachdem klar geworden war das zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Superphénix noch keine geeignete Wiederaufbereitungsanlage verfügbar sein würde musste eine Lagermöglichkeit für eine größere Zahl von Brennelementen gefunden werden. Ursprünglich war nur die Lagerung von maximal 409 Brennelementen im natriumgekühlten Brennelementlagerbehälter vorgesehen (ein kompletter Kern hat 364 Brennelemente), abgebrannte Brennelemente sollten laufend, nach einem Abklingen auf maximal 7,5kW Restwärme pro Element, zur Wiederaufbereitung abtransportiert werden. Darum wurde 1984 mit dem Bau eines Zwischenlagergebäudes, dem APEC (Atelier Pour l’Evacuation du Combustible), begonnen in welchem eine große Anzahl von Brennelementen wassergekühlt gelagert werden können. Eine trockene Zwischenlagerung hochabgebrannter Brennelemente ist erst nach einer Abklingzeit von einigen Jahren möglich.Der Bau des Zwischenlagers wurde 1989 abgeschlossen.

Am 20. Juli 1985 wurden die ersten richtigen Brennelemente in den Kern geladen, am 7. September 1985 wurde der Reaktor erstmals kritisch, im Oktober begann der heiße Probebetrieb, am 31. Dezember 1985 wurde erstmals Dampf erzeugt, am 14. Jänner 1986 wurden die beiden Turbosätze erstmals mit dem Netz synchronisiert, die kommerzielle Inbetriebnahme folgte am 1. Dezember 1986. Die gesamte Bauzeit betrug damit etwas mehr als 9 Jahre und war damit trotz des Prototypenstatus und des unerschlossenen Standortes nur etwa zwei Jahre höher als die Bauzeit französischer Druckwasserreaktoren die im gleichen Zeitraum fertiggestellt wurden.

Betrieb

Betriebszeitraum Creys Malville

Insgesamt war das Kernkraftwerk zwischen seiner Inbetriebnahme am 14.1.1986 und dem Ende des Leistungsbetriebs am 24. Dezember 1996 53 Monate im Leistungsbetrieb (davon allerdings nicht die volle Zeit im kommerziellen Leistungsbetrieb), 25 Monate gab es Stillstände aufgrund von Störfällen und insgesamt 54 Monate musste das Kraftwerk aus politischen oder administrativen Gründen stillstehen wobei die letzte Betriebsperiode 1996 die längste und problemloseste war während der auch fast die gesamte insgesamt eingespeiste Energie erzeugt wurde.

Kurz nach Beginn des Probebetriebs am 14. Jänner 1986 musste der Betrieb wieder unterbrochen werden- eine Schutzkappe war am Fuß eines Brennelements vergessen worden und sorgte für hydrodynamische Probleme und einer Überhitzung des betroffenen Brennelements. Außerdem gab es Probleme mit dem Speisewassersystem, auch am Primärsystem mussten aufgrund der Ergebnisse des Warmprobebetriebs noch einige Modifikationen durchgeführt werden. Nachdem die Inbetriebnahme im Juni wieder aufgenommen werden konnte erreichte die Turbine B am 30. Juni 1986 erstmals ihre maximale Leistung und das KKW konnte 50% seiner Nominalleistung in das Netz einspeisen. Die Turbine A war vorrübergehend nicht verfügbar da bei den Turbinen abwechselnd Modifikationen am Dampf-Bypass System vorgenommen werden mussten. Am 22. August waren schließlich beide Turbinen verfügbar und am 9. Dezember 1986 erreichte das KKW erstmals seine volle Leistung.

Bald nach dem ersten Erreichen der maximalen Leistung musste das Kraftwerk aber wieder heruntergefahren werden. Kurz nachdem im Februar 1987 der Betrieb wieder aufgenommen werden konnte kam es durch einen Wasserhammer zu einem Schaden im Hilfsspeisewassersystem von Turbine A, die Reparatur dauerte etwa 3 Monate.

Im März 1987 kam es während des Stillstands erstmals zu einem Natriumleck. Betroffen war der natriumgekühlte Brennelementlager-und Transferbehälter. Das Leck wurde am 8. März 1987 entdeckt. Etwa 20 Liter Natrium pro Stunde flossen daraus in den umliegenden Sicherheitsbehälter. Um die Leckrate zu reduzieren versuchte man das Leck provisorisch zu stopfen und den Natriumfüllstand des Behälters zu reduzieren. Vor dem Durchführen ernsthafter Reparaturarbeiten musste der Behälter jedoch geleert werden. 49 Brennelemente wurden dafür vom Behälter in den Reaktor transferiert, 299 inaktive Dummy-Brennelemente und 73 schwach aktive Stahl-Reflektorelemente mussten einzeln aus dem Behälter entfernt, vom Natrium befreit und auf dem Gelände zwischengelagert werden wobei die Stahl-Reflektorelemente so aktiv waren das sie in einem Speziellen Lagerbehälter im APEC gelagert wurden. Das Entladen dauerte von April bis Juli. Im September gelang es schließlich das Leck zu orten und bis 9. September konnte das gesamte Natrium entfernt werden. Anfang Oktober stellte man mit einer Gamma-Radiographie fest das die Ursache für das Leck ein Riss an einer Schweißnaht an einer Befestigung für die Kühlrohre des Tanks war. Anfang 1988 zeigten umfangreiche Gammaradiographische Untersuchungen weitere Risse an der Außenwand des aus ferritischem 15D3 Stahl gefertigten Tanks. Die Ursache dafür war Wasserstoffversprödung. Im März 1988 entschied man sich den irreperabel beschädigten Natriumgekühlten Brennstofflagertank durch eine Argongekühlte Brennstofftransferkammer zu ersetzen. Die Brennelemente sollten nun im APEC zwischengelagert werden welches sich glücklicherweise seiner Fertigstellung näherte. Anschließend mussten noch Sekundärkreislauf und Reaktortank auf ähnliche Schäden hin untersucht und Störfallmaßnahmen für Primärlecks überarbeitet werden. Für die Untersuchung des Reaktortanks wurden alle Schweißnähte mit Hilfe des MIR-Roboters per Ultraschallprüfung untersucht. Am 29. November 1988 waren alle Arbeiten abgeschlossen, am 12. Jänner 1989 wurde schließlich die Genehmigung für die Wiederaufnahme des Leistungsbetriebs erteilt. Das Leck am Lager und Transferbehälter wurde auf Stufe 2 der INES Skala ("Störfall") eingeordnet.

Am 14. Jänner 1989 wurde der Reaktor erneut kritisch, nach umfangreichen weiteren Tests wurde am 21. April erstmals wieder Strom ins Netz eingespeist, am 16. Juni wurde wieder Vollast erreicht. Beim Hochfahren gab es einige kleinere technische Probleme einschließlich einem fehlerhaften Feueralarm in einem Dampferzeuger. Im Sommer musste die Leistung aufgrund des außergewöhnlich geringen Wasserstands der Rhône reduziert werden. Nach dem 17. August musste ein Turbosatz aufgrund von Vibrationen vom Netz genommen werden. Es gab eine Reihe von Problemen mit dem Tertiärsystem und der Stromerzeugung, etwa ein Wasserstoff-Leck am Kühlsystem eines Turbogenerators, sowie Probleme mit Dichtungen und Ventilen von Speisewasserleitungen. Am 7. September 1989 wurde der Reaktor wieder heruntergefahren da der Kern umgeschichtet werden musste und Arbeiten am Brennstofftransfersystem durchgeführt werden mussten welche nicht während dem Reaktorbetrieb möglich waren.

Während dem Stillstand wurden auch Sicherheitstests durchgeführt die zeigten das der Superphénix die Nachzerfallswärme wie in der Auslegung vorgesehen durch Naturkonvektion abführen konnte und das Argonblasen welche durch Undichtigkeiten in den Primärkreislauf gelangen könnten keinen schweren Reaktivitätsstörfall herbeiführen können. Es wurden auch zwei Argontanks ausgetauscht welche aus dem selben Stahl wie der Brennelementlagerbehälter gefertigt waren.

Am 14. April 1990 wurde der Betrieb wieder aufgenommen allerdings kam es durch ein kleines Natriumleck in einem Hilfskreislauf zu Verzögerungen, erst am 8. Juni konnten die Turbosätze wieder mit dem Netz synchronisiert werden, 3 Tage später wurde der Vollastbetrieb erreicht. Am 3. Juli kam es jedoch zu einem Leck im Argonsystem welches zu einem Eindringen von etwa 600l Argon-Luft Gemisch pro Stunde führte. Da es dadurch zu einer nicht tolerierbaren Oxidation des Natriums kam (insgesamt wurde etwa 350-400kg Natriumoxid gebildet) musste der Betrieb abermals unterbrochen werden. Am 23. Juli entdeckte man die Ursache für das Leck, Schuld war eine defekte Membran eines Argonkompressors. Die Reinigung des Natriums von dem Oxid dauerte bis Jänner 1991, diverse Reparaturen und Untersuchungen von möglicherweise beschädigten Komponenten dauerten bis März 1991. Im Oktober 1990 verlangten die Behörden außerdem eine Überarbeitung der Organisationsstruktur und Sicherheitskultur sowie weitere Sicherheitsstudien insbesondere im Bezug auf sekundäre Natriumbrände. Am 13. Dezember 1990 stürzte nach heftigen Schneefällen ein Teil des Dachs des Maschinenhauses ein wodurch ein Turbosatz schwer beschädigt wurde. Am 27. Mai 1991 wurde zudem die Genehmigung für den Betrieb ohne Brennelementlager wiederufen. Daher musste die Brennelementtransferkammer vor einer erneuten Inbetriebnahme fertiggestellt werden. Bis Anfang 1992 konnte die Brennstofftransferkammer fertiggestellt werden, bis Oktober konnten das Maschinenhaus und der Turbosatz rapariert werden. Im Juni dieses Jahres wurde außerdem die Genehmigung für ein Wiederanfahren erteilt. Allerdings widerrief der neue Premierminister Pierre Bérégovoy die Genehmigung am 29. Juni und verlangte eine öffentliche Untersuchung und die Verbesserung von Systemen zur Bekämpfung von Natriumbränden. Zudem sollte das Forschungsministerium einen Bericht über den möglichen Einsatz des Kernkraftwerks zur Transmutation nuklearer langlebiger radioaktiver Abfälle liefern. Nach Abschluss der nötigen Arbeiten wurde am 3. August 1994 die Genehmigung für ein erneutes Anfahren erteilt. Allerdings wurde zuvor politisch beschlossen das der Superphénix fortan primär nicht mehr als Brutreaktor sondern für die Transmutation langlebiger radioaktiver Abfälle genutzt werden soll. Das Eindringen von Luft in den Argonkreislauf wurde als INES 2 Störfall eingestuft.

Im August 1994 wurde der Betrieb wieder aufgenommen und erfolgte relativ problemlos bis es im Jänner 1995 zu einem Argonleck an einem Zwischenwärmetauscher kam in welchem das Argon als Sperrgas genutzt wird wodurch Argonblasen in den Primärkreislauf gelangten. Die Reparatur führte erneut zu einem 7 Monate dauernden Stillstand. Für die Reparatur wurde ein dünneres Rohr mit einem speziellen Endoskop in das betroffene Rohr eingeführt wofür der Zwischenwärmetauscher nicht entfernt werden musste. Im September 1995 ging der Reaktor wieder in Betrieb und lief problemlos bis zum 24. Dezember 1996 als er zu Routineuntersuchungen der Dampferzeuger heruntergefahren werden sollte. Außerdem sollte er erstmals mit speziellen Brennelementen zur Transmutation von Neptunium befüllt werden. Am 28. Februar 1997 wiederrief der Staatsrat (Conseil d’État) dem Kernkraftwerk jedoch die 1994 erteilte Betriebsgenehmigung, am 20. April 1998 wurde von der Regierung des neuen sozialistischen Premierministers Lionel Jospin der Antrag auf eine erneute Betriebsgenehmigung abgelehnt und die Stillegung des Kernkraftwerks angeordnet, die Stilllegung war eine Bedingung der Grünen (Les Verts) für ihre Beteiligung an der Regierung. Um das Programm zur Entwicklung schneller Brutreaktoren und der Transmutation von Transuranen fortzuführen wurde 1998 mit einer Instandsetzung des inzwischen stillgelegten Phénix begonnen, 2003 wurde der Phénix wieder in Betrieb genommen und lief anschließend weitgehend problemlos bis 2009.

Fazit: Aus technischer Sicht war vor allem die Schwierigkeit der Durchführung von Wartungsarbeiten im Natrium Ursache für lange Stillstandszeiten da auch das Beheben relativ kleiner Probleme unter Umständen Monate dauern konnte. Problematisch war auch, dass wechselnde Regierungen der Anlage in Folge von Störfällen immer wieder die Betriebsgenehmigung entzogen was ebenfalls mehrfach zu monatelangen Verzögerungen führte. Als die Anlage schließlich eingefahren und technisch weitgehend im Griff war musste sie schließlich aus politischen Gründen stillgelegt werden.

Stillegung und Rückbau

Offiziell stillgelegt wurde der Reaktor am 31. Dezember 1998 nachdem er am 24.12.1996 abgeschaltet worden war. Zuvor kaufte EDF das Kernkraftwerk am 30.12.1998 für den symbolischen Preis von einem Franc von der NERSA womit EDF alleine für den Rückbau verantwortlich ist, der Brennstoff blieb jedoch im Eigentum der NERSA. Der Rückbau erfolgt seit 2006.

Im Rahmen der Rückbauarbeiten wurde zunächst mit der Entfernung des nicht nuklearen Sekundär- und Tärtiärsystems begonnen. Außerdem wurde ein elektrisches Heizsystem installiert um ein erstarren des Natriums zu verhindern sollte die Nachzerfallswärme im Kern nicht mehr ausreichen. 2000-2004 wurde der eigentliche Kern entladen, 2004-2008 folgten Reflektor und Schildelemente. 2009 wurde begonnen die Kerninstrumentierung zu entfernen und das primäre Natrium wurde ab 2010 abgelassen. Obwohl nicht mehr nennenswert radioaktiv ist das primäre Natrium praktisch unverkäuflich und wird in einer eigens errichteten Anlage zu Natriumhydroxid (Soda) umgearbeitet um anschließend vermischt mit Beton in speziellen Betonbehältern deponiert zu werden. Bis 2022 soll das gesamte radioaktive Material aus der Anlage entfernt sein, der Rückbau soll bis 2025 abgeschlossen werden. Die Brennelemente lagern bis heute im Zwischenlager.

Daten des Reaktorblocks

Das Kernkraftwerk Creys-Malville besteht aus einem Block, der Stillgelegt wurde.

Reaktorblock[12]
(Zum Ausklappen Block anklicken)
Reaktortyp Leistung Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Stilllegung
Typ Baulinie Netto Brutto

Einzelnachweise

  1. IAEA-TECDOC-1691 http://www-pub.iaea.org/MTCD/Publications/PDF/te_1691_web.pdf
  2. Willy Marth: The Story of the European Fast Reactor Cooperation, LLC; KfK 5255 https://pdfs.semanticscholar.org/ebe9/3d3be48a56cbaf78233b2554f41c78f7024f.pdf
  3. IAEA Status of Fast Reactor Research and Technology Development 2012 http://www-pub.iaea.org/MTCD/Publications/PDF/te_1691_web.pdf
  4. Kerntechnische Gesellschaft im Deutschen Atomforum: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 11. Handelsblatt GmbH, 1966. Seite 204, 328.
  5. U.S. Atomic Energy Commission, u.a.: Nuclear Science Abstracts, Band 22,Teil 3. Oak Ridge Directed Operations, Technical Information Division, 1968. Seite 1917.
  6. General Electric Company: In Support of Electric Power & the Environment 1970. Seite 9.
  7. The Electrical Review, Band 189,Ausgaben 10-18. Electrical Review, Limited, 1971. Seite 4.
  8. IAEA-TECDOC-1531 http://www-pub.iaea.org/MTCD/publications/PDF/te_1531_web.pdf
  9. The Realities of Nuclear Power: International Economic and Regulatory Experience https://books.google.at/books?id=4HW8aGfyACkC&pg=PA208&lpg=PA208&dq=Novatome+framatome&source=bl&ots=FVubnllzS8&sig=enMzKZLXBb-Q2X3GXVAJ9dWBtWQ&hl=de&sa=X&ei=GR_DVPP9C42BPa_agXA&redir_esc=y#v=onepage&q=novatome&f=false
  10. Science 05 Feb 1982 https://science.sciencemag.org/content/215/4533/641.1
  11. Die Saboteure (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive) Artikel in der Wochenzeitung https://web.archive.org/web/20070930201035/http://www.woz.ch/artikel/inhalt/2003/nr20/International/5889.html
  12. Power Reactor Information System der IAEA: „France“ (englisch)
  13. Nuclear Engineering International: 2011 World Nuclear Industry Handbook, 2011.
  14. International Atomic Energy Agency: Operating Experience with Nuclear Power Stations in Member States. Abrufen.

Siehe auch