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Kernkraftwerk Dukovany

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Kernkraftwerk Dukovany
Nuclear.power.plant.Dukovany.jpg
Standort
Land Flag of the Czech Republic.svg Tschechien
Region Mähren
Ort Dukovany
Koordinaten 49° 5′ 7″ N, 16° 8′ 52″ OTerra globe icon light.png 49° 5′ 7″ N, 16° 8′ 52″ O
Reaktordaten
Eigentümer ČEZ
Betreiber ČEZ
Vertragsjahr 1970
Betriebsaufnahme 1985
Im Betrieb 4 (1998 MW)
Einspeisung
Eingespeiste Energie im Jahr 2009 13072 GWh
Eingespeiste Energie seit 1985 288329 GWh
Stand der Daten 25. Dezember 2010
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Die Quellen für diese Angaben sind in der Zusatzinformation einsehbar.

Das Kernkraftwerk Dukovany (tschechisch Jaderná elektrárna Dukovany, kurz offiziell JEDU, selten EDU) steht nahe der Gemeinde Dukovany in Mähren. Es ist das erste und kleinste Kernkraftwerk Tschechiens. Geplant, erbaut und in Betrieb genommen wurde es noch in der Tschechoslowakei, wo es als Schwesterprojekt des Kernkraftwerks Bohunice projektiert wurde, das heute in der Slowakei liegt.

Geschichte

Die Planungen für ein Kernkraftwerk in Dukovany begannen im Jahr 1970, als die Tschechoslowakei mit der Sowjetunion ein Abkommen für die Lieferung von vier Reaktoren unterzeichnete, von denen zwei am bestehenden Standort Jaslovské Bohunice entstehen sollen und die anderen beiden in Dukovany.[1] Die Bezeichnungen für die Anlagen sollten V1 für Bohunice und V2 für Dukovany lauten. Der Baubeginn für Dukovany war für 1973 geplant.[2] Mit der Projektierung wurde 1971 begonnen. Vorgesehen wurden zwei WWER-440/230. Ab 1974 wurde mit den ersten Arbeiten zur Erschließung des Standortes begonnen.[3] In der Tschechoslowakei forderte man allerdings den Bau von jeweils vier Reaktoren an jedem Standort.[1] Aufgrund dessen wurden 1974 die Planungen geändert und für vier WWER-440/213 ausgelegt, die die modernere Variante der Version 230 sind. Der bereits begonnene Bau wurde daraufhin von 1975 bis 1978 unterbrochen.[3]

Die Strukturierung der Anlagen wurde geändert, sodass in Bohunice die Anlagen V1 und V2 entstehen sollten und in Dukovany V3 (Block 1 und 2) und V4 (Block 3 und 4).[4] Mit dem Bau der ersten beiden Reaktoren in V3 wurde am 1. Januar 1979 begonnen, die zwei Reaktoren von V4 folgten am 1. März 1977.[5] Der Baubeginn stieß in Österreich auf starke Kritik bei diversen Organisationen. Als Grund wurde genannt, dass Dukovany nicht wegen der Standortvoraussetzungen, sondern wegen der geringen Luftverschmutzung in der Umgebung gewählt wurde.[6]

Betrieb

Der erste Block des Kernkraftwerks Dukovany nahm am 24. Februar 1985 den Betrieb auf und ging am 3. Mai 1985 in den kommerziellen Betrieb über. Block 2 folgte am 30. Februar 1986 mit der Betriebsaufnahme und wurde am 21. März 1986 in den kommerziellen Betrieb überführt, womit V3 vollständig am Netz war. Block 3 der Anlage V4 nahm am 14. November 1986 den Betrieb auf und wurde am 20. Dezember 1986 in den kommerziellen Betrieb überführt. Der letzte Reaktor, Nummer vier, nahm am 11. Juni 1987 den Betrieb auf und wurde am 19. Juli 1987 in den kommerziellen Betrieb überführt.[5]

Maschinenhaus bei Block 1 und 2

Bereits 1988 lieferte Dukovany rund 18 % der erzeugten Elektrizität im tschechischen Teil der Tschechoslowakei. Bis 1997 konnte die Produktion gehalten werden und betrug rund 19 %. Mit der Inbetriebnahme von Temelín sollte der Atomstromanteil weiter angehoben werden.[7] Anfangs übernahm die Lieferung des Brennstoffs und die Beseitigung des Mülls die Sowjetunion, die allerdings nach der Auflösung der Tschechoslowakei nur noch den Brennstoff zur Verfügung stellte und die Rücknahme verweigerte.[8]

Im Jahr 2001 stellte das Kernkraftwerk Dukovany mit der Produktion von 13,593 Terrawattstunden Elektrizität einen persönlichen Rekord auf. In einem OSART-Bericht von November 2001 wurde bestätigt, dass die Betriebsführung den Standard in der Europäischen Union in vielen Bereichen weit übertrifft. Zeitgleich wurden Empfehlungen zur Sanierung der Rektoren getroffen. So wurde beschlossen, bis zum Jahr 2010 das gesamte Kontrollsystem des Reaktors zu erneuern.[9] Die Kosten für diese Modernisierung wurden auf rund 26,7 Milliarden tschechische Kronen geschätzt.[10] Durchgeführt wurde die Arbeiten von Škoda Plzeň.[11]

Vier Kühltürme von Block 1 und 2

Im Jahr 2005 wurde mit Reparaturarbeiten an den Kühltürmen des Kernkraftwerks Dukovany begonnen, die sich durch den Betrieb und durch ihre Bauweise bereits früh in einem maroden Zustand befanden. Die acht Kühltürme haben je eine Höhe von 118,7 Meter und verjüngen sich in ihrer Dicke von 600 Millimeter am unteren Ende auf 150 Millimeter am oberen Ende. So waren rund 32,7 % der äußeren Ummantelung beschädigt, indem der Beton brüchig geworden war und anschließend Abplatzte. Durch den Betrieb der Anlage wurde die innere Ummantelung zu 41,1 % beschädigt. Die Schäden waren signifikant, eine Besonderheit war jedoch, dass ähnliche Schäden in anderen tschechischen Kraftwerken bisher nicht auftraten. Nach Tests an Proben der Kühltürme wurde festgestellt, dass der Beton bereits bei einer Belastung zwischen 0 und 0,4 Newton pro Quadratmillimeter nachgab, was auf eine schlechte Qualität der Kühlturmfassade schließen ließ. In diesem Zustand müsste der Betrieb der Kühltürme spätestens 2013 eingestellt werden. Aufgrund dessen wurden Verfahren entwickelt, um die maroden Stellen der Kühltürme erneuern zu können, und so die Stabilität des Betons zu gewährleisten. So kann die ausgelegte Betriebsdauer der Kühltürme um weitere zwölf Jahre aufrecht erhalten werden, sodass ein Kühlturmbetrieb bis 2025 möglich ist. Die Kosten der Sanierung lagen zwischen 1,52 und 1,65 Millionen Euro.[12]

Stilllegung

Ab 2025 soll die Anlage schrittweise bis 2035 stillgelegt und der Brennstoff entfernt werden.[13] Ein anderes Szenario rechnet mit einer Stilllegung um 2030, was eine Laufzeitverlängerung erfordert. Man möchte so die Kapazität halten können, bis 2025 ein neuer 600 MW Reaktor in Dukovany hinzugebaut werden soll und 2030 ein weiter 600 MW Reaktor den Betrieb aufnimmt.[14] Die aktuellen Pläne sehen jedoch vor, dass die Anlage nach 2035 vollständig in den sicheren Einschluss überführt werden soll, um 50 Jahre lang die Radioaktivität abklingen zu lassen. Von 2085 an soll bis 2094 der Rest des Kernkraftwerks vollständig abgerissen werden.[13] Die Kosten werden auf rund 16,4 Milliarden tschechische Kronen geschätzt. Für dieses Vorhaben wurden bereits Rücklagen gebildet, die zusammen mit den Rücklagen zur Stillegung von Temelín auf einem Treuhandkonto angespart werden.[14]

Technische Details

Kernkraftwerk Dukovany im August 2008

Block 1 bis 4 in Dukovany sind mit Druckwasserreaktoren vom Typ WWER-440/213 ausgestattet. Die Nettoleistung der Blöcke 1, 3 und 4 liegt bei 471 MW, die Bruttoleistung der Blöcke 1, 2 und 3 bei 500 MW. Die Nettoleistung von Block 2 liegt abweichen zu den anderen Blöcken bei 427 MW, die Bruttoleistung von Block 3 abweichend zu den anderen Blöcken bei 498 MW.[5] Da Dukovany rund 40 Kilometer vom größten Fernwärmenetz der Tschechoslowakei in Brünn entfernt liegt, gab es in den 1970ern und 1980ern Überlegungen, Fernwärme aus der Anlage auszuspeisen. Die Fernwärme sollte zunächst im dampfförmigen Zustand aus dem Kraftwerk ausgespeist werden und in ein Kreissystem um die Stadt Brünn geleitet werden. Dort wird die Temperatur in mehreren kleineren Stationen für Fernwärme verringert, sodass sich der Dampf in Warmwasser umformt.[15] Tschechsolowakische Experten projektierten zwei Fernwärmeleitungen, die für Vor- und Rücklauf dienen und einen Durchmesser von einem Meter haben sollten. Nach Berechnungen der Experten wäre eine maximale Ausspeisung von 500 MWth möglich gewesen, wobei erste Bauarbeiten in Brünn bereits begonnen wurden. Innerhalb von zehn Jahren sollten die Kosten für das Netzwerk kompensiert werden, wobei nach Ansicht der Experten das Kernkraftwerk die einzige Energiequelle sei, die eine ökonomische Fernwärmeerzeugung gewährleisten kann.[16] Das Projekt wurde allerdings nie realisiert.

Die vier WWER-440/213 in Dukovany besitzen jeweils zwei Kühltürme. Nach den Kühltürmen im Kernkraftwerk Temelín mit 155 Meter sind die Kühltürme in Dukovany die zweithöchsten aller Kraftwerke in Tschechien.[17] Die Höhe der Türme beträgt 118,7 Meter; diese haben eine hyperboloide Form. Sie wurden aus einem Guss gefertigt. Die Wandstärke beträgt am untersten Ende des Kühlturms 600 Millimeter und verjüngt sich bis zum obersten Ende auf 150 Millimeter.[12]

Zwischenlager Dukovany

Ehemals gab es mit der Sowjetunion ein Abkommen, dass der von dort bezogene Brennstoff für die Aufbereitung und Endlagerung wieder zurückgegeben wird.[14] Dieses Abkommen wurde 1989 abgeändert, sodass die Tschechoslowakei abgebrannte Brennelemente nur noch zur Aufbereitung nach Russland schaffen kann und die Reststoffe, die eine Endlagerung erfordern, zurücknehmen muss.[8] Seitdem an wurde der abgebrannte Brennstoff im Zwischenlager in Bohunice bis auf weiteres eingelagert.[14] Für eine langfristige Lagerung am Standort Dukovany wurde ab 1991 ein Zwischenlager geplant.[8] Anfangs wurde dies von der Gemeinde Dukovany abgelehnt, obwohl die Gemeinde von dem Kernkraftwerk als Einnahmequelle abhängig ist. Aufgrund dessen wurden die sozialen Fördergelder nicht mehr an die Gemeinde überwiesen, weshalb sich der Gemeinderat prompt für ein Zwischenlager aussprach.[6] Ab Februar 1991 wurde eine Ausschreibung für das Zwischenlager begonnen, welche 1992 mit zehn Bietern aus sieben Ländern endete, die nahezu alle verschiedene Lagerkonzepte für Dukovany vorschlugen. Die deutsche Gesellschaft für Nuklear-Behälter (GNS) trat mit einem Entwurf für ein Zwischenlager mit trockener Lagerung in CASTOR-Behältern an. Dieses Konzept entsprach am meisten den Vorgaben und Erwartungen des Betreibers ČEZ. Zwei ähnliche Lager waren zu dieser Zeit als Referenzanlagen bereits im deutschen Ahaus und Gorleben in Betrieb.[8]

Als 1993 die Tschechoslowakei aufgelöst wurde, musste Tschechien auf Forderung der Slowakei die abgebrannten Brennelemente wieder zurücknehmen. Zwischen 1995 und 1997 wurde der gesamte Brenstoff, der aus Dukovany stammte, wieder aus Bohunice in die tschechische Republik geschickt.[14] Bis 1995 wurde das Zwischenlager in Betrieb genommen. Die Lagerung erfolgt in CASTOR-440/84, die insgesamt 84 Brennelemente aus WWER-440 aufnehmen können bei einer Anreicherung von maximal 3,5 % und einem Abbrand von 33000 MW pro Tonne Uran. Die Lagerzeit in den Abklingbecken des Reaktors muss bei fünf Jahren liegen, bevor diese in den CASTOR eingeführt werden können. Der CASTOR-440/84 ist eine Neuentwicklung und kommt erstmals in Dukovany zum Einsatz. Das Gebäude in dem die Behälter untergebracht werden ist 55 Meter lang und hat eine Breite von 26 Meter. Die Höhe des Gebäudes liegt bei 20 Meter, es wird über einen Brückenkran bestückt.[8] Im Oktober 2006 wurde ein weiteres Zwischenlager am Standort, das nach dem gleichen Prinzip wie das Erste funktioniert, allerdings größer ist, in Betrieb genommen.[18]

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Dukovany besteht aus vier aktiven Reaktoren.

Reaktorblock[5]
(Zum Ausklappen Block anklicken)
Reaktortyp Leistung Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Stilllegung
Typ Baulinie Netto Brutto

Literatur und Medien

  • Spielfilm Atomová katedrála, zu deutsch Atomare Kathedrale, 1984 - Dokumentiert den Bau des Kernkraftwerkes mit teilweisen Originalaufnahmen (Der Film auf YouTube)

Einzelnachweise

  1. a b David Turnock: The human geography of Eastern Europe. Taylor & Francis, 1989. ISBN 0415004691
  2. Stockholm International Peace Research Institute, Frank Barnaby: The nuclear age. In: SIPRI monographs. MIT Press, 1975. ISBN 0262191369
  3. a b Peter D. Dresser, Gale Research Inc: Nuclear power plants worldwide, Band 1. In: Gale environmental library. Gale Research Inc., 1993. ISBN 0810388804
  4. Editions Technip: International nuclear energy guide. Editions TECHNIP, 1987. ISBN 2710805324
  5. a b c d Power Reactor Information System der IAEA: „Czech Republic“ (englisch)
  6. a b Jiří Burgerstein: Tschechien. In: Band 873 von Beck'sche Reihe. C.H.Beck, 1998. ISBN 3406398731
  7. Petr Pavlínek, John Pickles: Environmental transitions: transformation and ecological defense in Central and Eastern Europe. Routledge, 2000. ISBN 0415162696
  8. a b c d e Radu Zaharopol: Invariant probabilities of Markov-Feller operators and their supports. In:Frontiers in mathematics. Birkhäuser, 2005. ISBN 376437134X Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „ISBN_376437134X“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  9. Données Sur L'énergie Nucléaire 2002. In: Nuclear Energy Data - Données sur l'énergie nucléaire. OECD Publishing, 2002. ISBN 9264098992
  10. Energy policies of IEA countries: 2003 review. In: Energy Policies of IEA Countries Series. OECD Publishing, 2003. ISBN 9264014802
  11. Martin R. Myant: The rise and fall of Czech capitalism: economic development in the Czech Republic since 1989. Edward Elgar Publishing, 2003. ISBN 1843762277
  12. a b Mark G. Alexander, u.a.: Concrete Repair, Rehabilitation and Retrofitting: Proceedings of the International Conference, Iccrrr-1, Cape Town, South Africa, 21-23 November, 2005. Taylor & Francis, 2005. ISBN 0415396565
  13. a b OECD Nuclear Energy Agency: Radioactive waste management programmes in OECD/NEA member countries. In: Radioactive Waste Management Series. OECD Publishing, 2005. ISBN 9264012109
  14. a b c d e International Energy Agency: Energy policies of IEA countries: The Czech Republic 2005 review. In: Energy Policies. OECD Publishing, 2005. ISBN 9264109293
  15. Stefan Kozak, M. Huba: Control Systems Design 2003 (CSD '03): a proceedings volume from the 2nd IFAC Conference, Bratislava, Slovak Republic, 7-10 September 2003. In: IFAC proceedings volumes - Elsevier IFAC publications. Elsevier, 2004. ISBN 0080441750
  16. A. Panasenkov, u.a: A promising area for collaboration - Nuclear heat supply systems in CMEA countries. In: IAEA Bulletin, Volume 26, Number 4. Wien, 1984. (PDF)
  17. I. Mungan, Udo Wittek: Natural Draught Cooling Towers: Proceedings of the Fifth International Symposium on Natural Draught Cooling Towers, Istanbul, Turkey, 20-22 May 2004. Taylor & Francis, 2004. ISBN 9058096424
  18. OECD: Nuclear Energy Data 2007 Edition. In: Nuclear development; Nuclear Energy Data; Données sur l'énergie nucléaire. OECD Publishing, 2007. ISBN 9264034536
  19. a b c d Nuclear Engineering International: 2011 World Nuclear Industry Handbook, 2011.
  20. a b c d International Atomic Energy Agency: Operating Experience with Nuclear Power Stations in Member States. Abrufen.

Siehe auch

Icon NuclearPowerPlant-green.svg Portal Kernkraftwerk