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Kernkraftwerk Sidi Kreir

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Kernkraftwerk Sidi Kreir
Standort
Land Flag of Egypt.svg Ägypten
Gouvernement Alexandria
Ort Sidi Kreir
Koordinaten 31° 2′ 36″ N, 29° 39′ 35″ OTerra globe icon light.png 31° 2′ 36″ N, 29° 39′ 35″ O
Reaktordaten
Vertragsjahr 1964
Planungen storniert 1981
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Die Quellen für diese Angaben sind in der Zusatzinformation einsehbar.

Das Kernkraftwerk Sidi Kreir sollte rund 45 Kilometer westlich der Stadt Alexandria an der Mittelmeerküste in Ägypten entstehen. Obwohl das Projekt bereits seit den 1960ern in Erwägung gezogen wurde, kam es nie über die Planungsphase hinaus und wurde 1981 nach El Dabaa „verschoben“.

Geschichte

Die Kernenergieorganisation der Vereinigten Arabischen Republik gab am 17. Juli 1964 erstmals bekannt,[1] dass 45 Kilometer westlich von Alexandria bei Borg El Arab[2] ein Kernkraftwerk mit einer durchschnittlichen Leistung von rund 150 MW entstehen könnte, welches das im Westen von Alexandria angedachte Industriegebiet,[1] sowie eine Meerwasserentsalzungsanlage[3] mit Elektrizität und Prozesswärme versorgen könnte. Bereits innerhalb von sechs Wochen wollte man über den Bau des Reaktors entscheiden.[4] Die Kernenergieorganisation wurde von der Regierung aufgefordert, einen geeigneten Standort in der Umgebung zu finden. Einer der möglichen Standorte befand sich etwa 35 Kilometer westlich von Alexandria. Vier britische Experten reisten deshalb in die Vereinigte Arabische Republik, um den Standort und eventuell weitere geeignete Gelände zu finden. Allerdings gab es seitens der Expertengruppe Bedenken, ob die Anlage wirtschaftlich genug arbeiten könne, da die Hälfte der Energie alleine für die Entsalzung benötigt werden würde.[3] Die Aufgabe der Entsalzungsanlage sollte nicht die Nutzung für Trinkwasser sein, sondern die Wüste agrarisch nutzbar zu machen. Jährlich sollten hierdurch zwischen 8400 und 12600 Hektar nutzbares Ackerland geschaffen werden. Nach Ansicht des Ministers für Wüstenurbanisierung könnten durch die Anlage insgesamt 1,68 Millionen Hektar zwischen Alexandria und Sollum nutzbar gemacht machen.[5]

Für den Auftrag des Werkes bewarben sich General Electric, Westinghouse, Siemens, AEG und die Sowjetunion. Sofern der Auftrag für einen der Bieter erfolgreich sein sollte, wäre der Zubau von vier weiteren Reaktoren für den Anbieter sicher gewesen.[6] Allerdings gab es bereits zu diesem Zeitpunkt finanzielle Probleme, weshalb sich das Projekt um sechs Monate verschob.[7] Der Name des Standortes wurde fortan mit Sidi Kreir angegeben.[8] Aufgrund der Entwicklung im Land ab 1975, wonach in den nächsten 20 Jahren bis zu zehn Kernreaktoren entstehen sollten, wurde das Projekt auf eine Leistung zwischen 600 und 800 MW neu ausgelegt. Die Kosten sollten sich für Sidi Kreir auf rund 300 Millionen Dollar belaufen und die Anlage innerhalb von sieben Jahren errichtet werden.[9][10] Man entschied sich in der Folge für Westinghouse als Lieferanten für einen Druckwasserreaktor, der schlüsselfertig errichtet werden und baugleich mit der Anlage im jugoslawischen Krško sein sollte. Die Vertragsbedingungen waren nahezu identisch. Allerdings befürchteten die Vereinigten Staaten von Amerika eine mangelnde Seriösität dieses Vertrages; nach dem Beginn der Planungen seitens Westinghouse wurden diese Vorwürfe jedoch zurückgezogen. Allerdings gab es durch einige Politiker weiterhin Bedenken, besonders da sich die Regierung in Ägypten mit Kanada in Kontakt setzte und ein entsprechendes Interesse an Reaktoren vom Typ CANDU äußerte, die eine Basis für die Herstellung von Kernwaffen hätten schaffen können.[11]

Standortverschiebung

Im Jahre 1977 wurde festgestellt, dass sich bei Sidi Kreir zwei tektonische Bruchlinien kreuzen und den Standort somit weniger attraktiv machen.[12] Neben Sidi Kreir wurden gegen 1978 zwei weitere Standorte für Kernkraftwerke gewählt, darunter El Dabaa an der Mittelmeerküste und Zafrarana an der Rotmeerküste. El Dabaa ähnelt in vielen Eigenschaften Sidi Kreir, ist jedoch seismisch ruhiger und auf einer festen Platte gelegen.[13] Noch 1978 wurde mit den Vorarbeiten in El Dabaa begonnen. Der Standort selbst ist groß genug, um bis zu vier Reaktoren errichten zu können.[14] Anders als in Sidi Kreir kämen hier jedoch als Lieferant Frankreich mit zwei 900 MW starken Reaktoren infrage. In Sidi Kreir regte sich aufgrund der unsicheren Erdbebenlage sowie Befürchtungen über Auswirkungen auf die Umwelt und Tourismus in der Bevölkerung sowie in der Politik Widerstand. In der Folge bestand die Möglichkeit, das Projekt von Sidi Kreir nach El Dabaa zu verschieben.[15] Noch 1981 wurde das Projekt in Sidi Kreir aufgegeben und nach El Dabaa geschoben, offiziell weniger wegen der Erdbebengefährdung, sondern aufgrund eines befürchteten Angriffs Israels auf das Werk. Die daraus resultierende Gefahr einer radioaktiven Kontamination von Alexandria und der Gebiete um das Nildelta wären zu groß gewesen.[16]

Mainarticle-yellow.svg Hauptartikel: Kernkraftwerk El Dabaa

Einzelnachweise

  1. a b Africa Research, Ltd: Africa research bulletin. Blackwell, 1964. Seite 111.
  2. Theodor Just, u.a.: Lloydia, Band 27. Lloyd Library and Museum, 1964. Seite 115.
  3. a b United States. Bureau of International Business Operations, u.a.: International commerce. Bureau of International Commerce, 1964. Seite 43.
  4. Elizabeth Collard [Hrsg.]: Middle East economic digest, Band 8. Middle East Economic Digest, Ltd., 1964. Seite 312.
  5. Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft, u.a.: Glasers Annalen: Organ der Deutschen Maschinentechnischen Gesellschaft, Bände 89-90. G. Siemen, 1965. Seite 33.
  6. Nucleonics, Band 23. McGraw-Hill., 1965. Seite 27.
  7. Nuclear engineering international, Band 10. Heywood-Temple Industrial Publications Ltd., 1965. Seite 535.
  8. American Nuclear Society: Nuclear applications & technology, Band 8. American Nuclear Society, 1970. Seite 51.
  9. ARR: Arab report and record. Economic Features, ltd., 1976. Seite 111.
  10. MEED Arab report. Middle East Economic Digest Ltd., 1976. Seite 111.
  11. Nuclear engineering international, Band 22. Heywood-Temple Industrial Publications Ltd., 1977. Seite 40.
  12. A. E. M. Nairn, u.a.: The ocean basins and margins, Band 4,Teil 1. In: The Ocean Basins and Margins. Plenum Press, 1977. ISBN 0306377748. Seite 424.
  13. International Institute of Seismology and Earthquake Engineering: Bulletin, Bände 16-20. 1978. Seite 32.
  14. United Nations: Recueil des traités, Band 1094. United Nations, 1978. Seite 369.
  15. Graham Benton: International business opportunities, Egypt. International Communications, 1982. ISBN 0905268296. Seite 187.
  16. Arabia: the Islamic world review, Ausgaben 50-61. Islamic Press Agency, 1985. Seite 53.

Siehe auch

Icon NuclearPowerPlant-green.svg Portal Kernkraftwerk