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RBMK

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Der RBMK (russisch Реактор Большой Мощности Канальный [РБМК], transkribiert Reaktor Bolschoi Moschtschnosti Kanalny, in deutsch etwa Hochleistungsreaktor mit Kanälen) ist ein Graphit moderierter Siedewasserreaktor in Druckröhrenbauart. Er zählt zu den Reaktoren der zweiten Generation. Entwickelt wurden die Reaktoren bis zu einer Leistung von 1000, 1500 und 2000 Megawatt (MW). Weitere Designs bis zu Baureihen einer Größe von 2400 und 4800 MW waren in Entwicklung. Reaktoren dieser Baulinie kommen nur in der ehemaligen Sowjetunion zum Einsatz. Für die einzelnen Reaktormodelle siehe: RBMK-1000, RBMK-1500.

Geschichte

Aufgrund der geringen Wirtschaftlichkeit der ersten Reaktoren in Belojarsk vom Typ AMB hatte man sich entschlossen die Leistung der Reaktoren in den 1960er auf 1000 MW zu erhöhen. Davon versprach man sich einen wirtschaftlicheren Betrieb der Kernkraftwerke in der Sowjetunion. Anlagen mit gleicher Leistung wurden bereits in den Vereinigten Staaten von Amerika lizenziert, wobei diese hauptsächlich Druckwasserreaktoren und Siedewasserreaktoren waren, die aus einem Druckgefäß bestanden. In der Sowjetunion war es allerdings aufgrund der technischen Situation nicht möglich gewesen, zu dieser Zeit entsprechend große Druckbehälter zu fertigen, weshalb man ebenfalls die Kanalbauweise für den 1000 MW-Reaktor wählte. Da die Sowjetunion zudem hinter der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika mit ihrer Entwicklung für kommerzielle Leistungsreaktoren lag, wurde die Planung es Modells mit einer Vielzahl von zusätzlichen Argumenten untermauert. Da die Unterstützer und führenden Planer des RBMK in einflussreichen Instituten die Leitung übernommen hatten und zudem die Industrie bereits Interesse an solch einem Reaktormodell gezeigt hatte, war die Entwicklung dieses Reaktors weitaus leichter und einflussreicher, als die für den WWER, die zweite sowjetische Reaktorlinie.[1] Die frühsten Vorgänger dieser Reaktorlinie sind die Plutoniumreaktoren vom Typ ADE.

Unter der Federführung von Nikolai Antonowitsch Dolleschal und der Beihilfe von Anatoli Petrowitsch Alexandrow wurde die Planung des Reaktors begonnen. Die erste Anlage, das Kernkraftwerk Leningrad, befand sich ab 1964 im Bau mit zwei Reaktoren dieser Linie. Im Jahr 1971 zeigten sich die sowjetischen Vertreter bei der internationalen Konferenz zur friedlichen Nutzung der Kernenergie sehr zuversichtlich, dass ihre Reaktorlinie ein Erfolg werden würde, obwohl die erste Anlage mit RBMK-1000 noch nicht einmal den Betrieb aufgenommen hatte. Etwa zur gleichen Zeit wurden die Pläne für einen RBMK-1500 und RBMK-2000 vollendet. Nach den erstem Betriebsjahr deute sich bereits an, dass die RBMK-Linie wirtschaftlicher betrieben werden kann als die neuen Reaktoren vom Typ WWER-440. Auch die Bauweise der Gebäude spielte dabei eine nicht unwichtige Rolle. Bis 1986 spielte der RBMK die wichtigste Rolle im sowjetischen Atomprogramm, was sich allerdings durch die Katastrophe von Tschernobyl schnell änderte. Aufgrund dessen wurde der Bau weiterer Anlagen eingestellt, bis auf zwei Reaktoren in Ignalina und Smolensk, wobei nur noch die Anlage in Smolensk vollendet wurde.[1] Von insgesamt 17 Reaktoren die sich in der Ukraine, Russland und Litauen im Leistungsbetrieb befanden sind zusammen sechs Reaktoren in Litauen und der Ukraine stillgelegt worden, wobei noch die restlichen elf Reaktoren sich alle in Russland im Betrieb befinden. Eine weitere Anlage befindet sich im russischen Kursk im Bau.[2][3][4]

Positionierung der Anlagen

Die Positionierung von Reaktoren des Typs RBMK war besonders aufwändig. Da die Dampferzeugung des RBMK bei rund 5800 Tonnen lag, wird an die Kühlung des Kraftwerks starke Ansprüche gestellt, um die Restwärme abzuführen. Kühltürme in einem geschlossenen Kreislauf kamen für diese Reaktoren nicht infrage, da es die Wirtschaftlichkeit gegenüber dem WWER wesentlich gesenkt hätte. Aufgrund dessen bevorzugte man Reservoirs, die allerdings aufgrund der ökologischen Berücksichtigung künstlich angelegt werden sollten. Grund dafür war, dass im Abwasser ein kleiner Teil von Radionukliden enthalten ist und einem natürlichen Gewässer wohl geschadet hätte. In einem künstlichen Reservoir jedoch ist es möglich, die Nuklide vom Schlamm am Grund absorbieren zu lassen. Dabei wird das Wasser durch einen natürlichen Fluss oder das Meer in Bewegung gehalten, um so eine Erhöhung des Salzgehaltes und Verdunstung zu verhindern. Die Größe eines Reservoirs für eine Doppelblockanlage mit RBMK-1000 muss bei etwa fünf bis sechs Quadratkilometer liegen bei einer Tiefe von vier Metern. Für die Anlage in Leningrad wurde ein zehn Quadratkilometer großes Reservoir errichtet, wobei für die Anlage in Tschernobyl rund 22 Quadratkilometer benötigt wurden, aufgrund des wärmeren Klimas.[1]

Trotz der damals ausgeschlossenen Explosionsgefahr des Reaktors, allerdings aufgrund der Berstgefahr der Druckröhren, wurde eine zweieinhalb Kilometer große Sicherheitszone um RBMK-Anlagen gezogen, in denen keine Bevölkerung leben durfte und landwirtschaftliche Tätigkeiten untersagt sind. Aufgrund dessen wurde von den Planern des Reaktors empfohlen, solche Anlagen nur in Gebieten mit wenig oder keiner Landwirtschaft zu errichten. Aufgrund der hohen Emissionen der Anlagen wurden Kernkraftwerke mit RBMK nur auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion errichtet, da in keinem anderen Land diese Anlagen genehmigungsfähig gewesen sind. Als ein weiteres Argument wird die Möglichkeit genannt, dass man mit diesen Reaktoren in kurzer Zeit waffenfähiges Plutonium erzeugen kann.[1]

Leistungsausführungen

Der RBMK wurde in mehreren Leistungsstufen gebaut. Während die ersten Typen, der RBMK-1000, der RBMK-1500 und der RBMK-2000 als eigenständige Einheiten geplant wurden ist ab den RBMKP-2400 die Modulbauweise vollständig ausgreift, sodass Reaktorsysteme bis hin zum RBMKP-4800 kombiniert werden kann. Während diese Modelle alle Ansprüche der zweiten Generation erfüllen wurde der RBMK-Pu als Weiterentwicklung der RBMK-Linie für die Ansprüche der vierten Generation ausgelegt, dient jedoch nur zum Betrieb mit waffenfähigen Plutonium.

Einzelnachweise

  1. a b c d Zhores Medwedjew: Das Vermächtnis von Tschernobyl. In: Daedalus Verlag, Münster 1991, ISBN 389126030X
  2. Power Reactor Information System der IAEA: „Ukraine: Nuclear Power Reactors“ (englisch)
  3. Power Reactor Information System der IAEA: „Russian Federation: Nuclear Power Reactors“ (englisch)
  4. Power Reactor Information System der IAEA: „Lithuania, Republic of: Nuclear Power Reactors“ (englisch)

Siehe auch