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WWER-2000

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WWER-2000
Grundlegende Informationen
Entwicklungsland Sowjetunion
Entwicklungsjahr 1975
Entwickler OKB Gidropress Podolsk
Auslegung
Reaktortyp Druckwasserreaktor
Bauart Druckbehälter
Moderator Wasser
Kühlmittel Wasser
Reaktivitätskoeffizient Fairytale down.png negativ
Brennstoff
Brennstoff UO2
Form Pellets
Geometrie Hexagonal
Wechsel Im abgeschalteten Zustand

Der WWER-2000 (russisch ВВЭР-2000) ist ein Druckwasserreaktor von Gidropress, der in den 1970ern als technische Machbarkeitsstudie geplant wurde. Trotz der generellen Festlegung der Designparameter wurde später beschlossen dem WWER-1500 den Vorzug zu geben für Kernkraftwerke nach dem Jahr 1990. Das Projekt wurde weder vollständig abgeschlossen noch weiter erörtert.

Geschichte

Mit der Projektierung des WWER-1000 innerhalb der 1970er Jahre wurde in der Sowjetunion entsprechende Erfahrungen bei der Entwicklung von großen Reaktoren gesammelt. Auch außerhalb der Sowjetunion akkumulierte sich bis Mitte der 1970er Jahre ein großes Wissen an der Projektierung und Umsetzung großer Druckwasserreaktoren. Auf Basis dieser Erfahrungen arbeitete der WWER-Designer Gidropress ab 1975 einen technischen Vorschlag für die Entwicklung eines 2000 MW starken WWER-2000 aus unter der Projektbezeichnung V-2000. Behandelt wurde bei der Evaluierung der technischen Machbarkeit hauptsächlich die Frage der Produktionsfähigkeit der Schwerkomponenten, die im Werk Atommasch in Wolgodonsk erfolgen sollte. Atommasch wurde als Reaktorenwerk gezielt für die Produktion von schweren Komponenten für große und sehr große Leistungsreaktoren ausgelegt.[1] Neben der Produktion spielte die Transportfähigkeit der Schwerkomponenten eine große Rolle. Da die sowjetischen Kernkraftwerke vornehmlich im Landesinneren errichtet werden nahe den Lastzentren, ist der Transport über das Bahnnetz unerlässlich.[2][3]

Für Teploelektroprojekt waren viele Fragen aufgrund der Dimensionierung des Reaktors aufgeworfen worden, die unklar waren und gelöst werden mussten. Trotz dieser schweren Aufgabenstellung sah man es allerdings als angemessen an solche großen Kraftwerksblöcke zu planen, da durch die Größendegression die Kapitalkosten erheblich gesenkt werden können, als auch der angenommene steigende Strombedarf solche großen Blöcke rechtfertigte.[4] Zu diesem Punkt kam hinzu, dass der Materialbedarf für das installierte Kilowatt stark sinkt aufgrund des um 35 % verringerten Gebäudevolumens des WWER.2000 im Vergleich zum WWER-1000, sowie des um 20 % geringeren Betonbedarfs des WWER-2000 im Vergleich zum WWER-1000.[5] Parallel sah mal allerdings mehr Potential in der Systemlösung, die Teploelektroprojekt zu diesem Zeitpunkt mit dem WWER-1000 und WWER-500 plante.[4] Dennoch waren die Kosteneinsparungen mit dem WWER-2000 potentiell höher kalkuliert worden, weshalb man erwartete, dass pro gebauten Block die Kapitaleinsparungen rund 1,5 Millionen Rubel pro Jahr betragen würden im Vergleich zum WWER-1000, wodurch sich eine 10 bis 25 % höhere Wirtschaftlichkeit des WWER-2000 im Vergleich zum unifizierten Projekt (WWER-1000/320) ergab.[6] Verifizierungen der Designparameter des WWER-2000 wurden bis 1979 am Rechner BESM-6 durchgeführt.[7]

Die Entwicklung des technischen Vorschlags, das von Gidropress, Teploelektroprojekt, Atommasch und dem Ischora Werk durchgeführt worden, zeigte die generelle Machbarkeit des WWER-2000, dessen Entwicklung allerdings erheblich an Zeit erfordert hätte. Dies führte im Jahr 1981 zu der Entscheidung, dass für die zukünftige Entwicklung für neue Reaktoranlagen vornehmlich eine Anlage in der Leistungsklasse um die 1500 MW Projektiert werden sollte, die Komponenten des WWER-1000 nutzen könnte (Systemlösung). Im August 1982 entschied Anatoli Petrowitsch Alexandrow, Präsident der Akademie der Wissenschaften der Sowjetunion, Pjotr Stepanowitsch Neporoschnij, Minister für Energie und Elektrifizierung der Sowjetunion, sowie Jefim Pawlowitsch Slawski, Minister für mittelschweren Maschinenbau der Sowjetunion, den Bau von Reaktoren des Typs WWER-1000 bis mindestens 1990 fortzuführen und mit Vollendung der Entwicklung eines 1500 MW-Designs bis 1987 oder 1988 in den 1990ern den Kernkraftwerkszubau fortzuführen. Dabei sollten die bis dahin vorliegenden Vorschläge für die Verbesserungen des Designs und der Zuverlässigkeit, der Sicherheit und der Effizienz berücksichtigt werden. Außerdem sollten die Produktionskapazitäten von Atommasch entsprechend berücksichtigt werden. Der WWER-2000 wurde mit dieser Entscheidung aufgegeben. Aus dieser Entscheidung heraus wurde im Januar 1983 seitens des Ministeriums für mittelschweren Maschinenbau die Aufgabenstellung zur Initiierung der Entwicklung des WWER-1500 genehmigt.[1]

Technik

Kreisprozess

Ausgelegt werden sollte der WWER-2000 als 4-Loop-Anlage identisch im Aufbau zum WWER-1000. Entsprechend der höheren Leistung des WWER-2000 sind die Größe der Komponenten hochskaliert, sodass die Kühlmittelschleifen des Primärkreislaufs mit einen Innendurchmesser von 1,2 Metern gefertigt werden sollten.[1] Als Stahlsorte wählte man 0Ch18N10T.[8] Im Gegensatz zum WWER-1000 sollte der Druck im sekundären Kreislauf von 65 bar auf 47 bar reduziert werden. Dies war nötig aufgrund der großen Skalierung der Komponenten, reduziert allerdings den Anlagenwirkungsgrad erheblich.[2][3] Zur Energieerzeugung sollten auf einen WWER-2000 Reaktor zwei 1000 MW-Turbinen installiert werden.[9][6]

Reaktordruckbehälter

Für die Skalierung wurden zwei Varianten angenommen: Die erste Variante sah eine modifizierte Herstellung der Komponenten vor, bei denen der Reaktordruckbehälter, aber auch die Leitungen des Primärkreislaufs, einschließlich der Schweißnähte, in mehreren Schichten aufgebaut sein sollten. Bei einer verringerten Wandstärke wird das Gewicht des Reaktors verringert bei gleichzeitig erhöhter Basissicherheit, bei der ein plötzlicher Bruch einer Leitung vollständig ausgeschlossen werden konnte. Die zweite Variante sah die Produktion der Hauptkomponenten nach dem traditionellen Design vor, wie es auch für den WWER-1000 angewendet wird, mir großen monolithischen Schmiedestücken als eine Komponente.[1] Neben dem traditionellen Reaktordruckbehälter aus Stahl wurde auch der Einsatz eines Spannbetonbehälters erörtert, der allerdings zu diesem Zeitpunkt nur in Anlagen eingesetzt wurden, die mit niedrigeren Drücken betrieben werden. Der Beton selber weist keine Möglichkeit auf durch Neutronenversprödung aufgrund eines Sprödbruch beschädigt zu werden, der Stahlliner als Auskleidung des Behälters allerdings schon.[2][3]

Als finale Konstruktion sah man einen Reaktordruckbehälter vor, der einen Durchmesser von 6,4 Metern haben sollte und eine Höhe von 14,2 Metern. Die Konstruktion konnte mit diesen Abmaßen sowohl als Schmiedestück, als auch als mehrschichtiger Behälter konstruiert werden, allerdings entschied man sich zur Fertigung im Mehrschichtverfahren.[1] Das Gewicht des Reaktordruckbehälters hätte rund 1000 Tonnen betragen. Der Reaktordruckbehälter ist so ausgelegt, dass die Neutronenbelastung aus dem Reaktorkern sehr gering an der Druckbehälterwand ist. Dadurch sollte eine lange Standzeit von 50 bis 60 Jahren erreicht werden.[8] Dies war auch damit begünstigt, dass die Plattierung des Reaktordruckbehälters mit knapp 36 mm relativ stark aus Edelstahl ausgeführt wurde.[1] Das Gewicht des Reaktordruckbehälters hätte rund 1000 Tonnen betragen. Solch ein Behälter ist allerdings für den Bahntransport zu schwer, weshalb man neben den Schiffstransport auch den Straßentransport in Erwägung zog. Dadurch fielen auch die Begrenzungen für die Abmessungen des Reaktordruckbehälters weg und man konnte eine größere Konstruktion erörtern.[10] Als Stahlsorte sollte 15Ch2NMFA (48TS) eingesetzt werden.[8]

Reaktorkern

Die Brennelemente sollten einen reduzierten Durchmesser von 6 Millimeter aufweisen anstatt der im WWER-1000 angewendeten 9,1 Millimeter und mit einem verkürzten Brennstoffzyklus gefahren werden. Dies erforderte zwei Brennstoffwechsel im Jahr, was die Verfügbarkeit der Anlage teilweise stark reduziert hätte. Die durch den geringeren Durchmesser resultierende stärkere Erwärmung der Brennstaboberfläche hätte durch Versuche verifiziert werden müssen.[2][3] Als Hüllrohrmaterial sah man den Einsatz der russischen Zirkoniumlegierungen des Typs E-110 und E-125 vor.[8] Gesteuert werden sollte der Reaktor mir 12 Steuerstäben, die konstruktiv mit denen des WWER-1000 identisch sind.[11][1]

Dampferzeuger

Der Dampferzeuger des WWER-2000 sollte vom Typ PGW-2000 sein.[1] Dabei handelt es sich abweichend zur traditionellen Konfiguration mit horizontalen Dampferzeugern um eine Konstruktion mit vertikalen Dampferzeugern. Die Wärmetauscherrohrbündel sind allerdings weiterhin horizontal angeordnet.[10][12] Die Dampferzeuger sollten aus Stahl des Typs 22K gefertigt werden.[8] Die PGW-2000 waren für Dampftemperaturen von 273,5 °C im Normalbetrieb ausgelegt. Als alternative Bauweise sah man auch den Einsatz eines Dampferzeugers des Typs PGWP-2000 vor, der Dampftemperatur von 301 °C im Normalbetrieb erreichte.[1]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i В. П. Денисов, u.a.: История создания реакторных установок ВВЭР для атомных электростанций. Издат, 2004. ISBN 586656162X. Seite 191, 192.
  2. a b c d Акад. наук СССР: Атомная энергия, Band 43, Nummer 6, 1977. Seite 446.
  3. a b c d Вознесенский В.А., u.a.: Ways of increase in economy of the nuclear power plants with WWER type reactors, 1977. Seite 4 bis 6. Abgerufen am 17.07.2022. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  4. a b Atomnye ėlektricheskie stant͡s︡ii: Sb. stateĭ, Band 1, Ėnergii͡a︡, 1977. Seite 44.
  5. Petr Stepanovich Neporozhniĭ: Электрификация СССР, 1967-1977, Ėnergii︠a︡, 1977. Seite 175.
  6. a b Акад. наук СССР: Атомная энергия, Band 57, Nummer 3, 1984. Seite 159 bis 161.
  7. Sibirskiĭ ėnergeticheskiĭ institut: Metodicheskie voprosy issledovanii︠a︡ nadezhnosti bolʹshikh sistem ėnergetiki, Ausgaben 17-20, SO AN SSSR, 1979. Seite 167.
  8. a b c d e American Society for Metals, u.a.: Metals Abstracts, Band 28, Metals Abstracts Trust, 1995. Seite 52.
  9. Lev Sergeevich Popyrin: Математическое моделирование и оптимизация атомных электростанций, Nauka, 1984. Seite 315.
  10. a b Акад. наук СССР: Атомная энергия, Band 76, Nummer 4, 1994. Seite 314.
  11. В.М. КОВЕЦКИЙ, u.a.: НАПРАВЛЕНИЯ РАЗВИТИЯ ТЕХНОЛОГИЙ ЯДЕРНЫХ ЭНЕРГЕТИЧЕСКИХ УСТАНОВОК. ЛЕГКОВОДНЫЕ РЕАКТОРЫ, 2006. Seite 32. Abgerufen am 20.07.2022. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  12. Сергей Дмитриев: Основное оборудование АЭС, Litres, 2021. ISBN 9785040192458. Seite 209.

Siehe auch