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Kernkraftwerk Lavrio

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Kernkraftwerk Lavrio
Standort
Land Griechenland
Region Attika
Ort Lavrio
Koordinaten 37° 44′ 50″ N, 24° 4′ 1″ OTerra globe icon light.png 37° 44′ 50″ N, 24° 4′ 1″ O
Reaktordaten
Vertragsjahr 1969
Planungen storniert 1984
Zusatzfunktion Wasserentsalzung
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Die Quellen für diese Angaben sind in der Zusatzinformation einsehbar.

Das Kernkraftwerk Lavrio sollte nahe der griechischen Stadt Lavrio entstehen und war das erste Kernkraftwerksprojekt in Griechenland. Trotz Vergabe eines Auftrags in den späten 1960ern verlief das Projekt letztlich in den 1980ern immer weiter aus den Planungen, bis diese nicht weiter fortgeführt wurden. Lavrio war das einzige Kernkraftwerksprojekt, das in Griechenland erörtert wurde.

Geschichte

Ab 1966 gab es seitens der staatlichen griechischen Elektrizitätsgesellschaft erste Pläne ein Kernkraftwerk zu errichten. Mehrere Länder interessierten sich im Vorfeld für das Projekt, darunter die Vereinigten Staaten von Amerika, die Sowjetunion, Deutschland und Frankreich, während das Vereinigte Königreich bereits im November 1966 mit Angabe von Kreditbedingungen einen 300 MW starken AGR angeboten hatte für 35 Millionen Pfund. Man wollte die Anlage bis 1972 in Betrieb nehmen.[1] Mit den Vereinigten Staaten von Amerika wurde insbesondere eine Studie für die nukleare Meerwasserentsalzung ab 1967 initiiert, in der täglich 95.000 bis 190.000 Kubikmeter Meerwasser für die Trinkwasserversorgung der Hauptstadt Athen entsalzt werden sollten, gekoppelt mit einem 300 MW starken Kernkraftwerk. Unter Annahme eines 300 MW starken Leichtwasserreaktors mit entsprechenden Turbosatz, dessen Kosten auf 68 Millionen Dollar kalkuliert wurden, sollte die 190.000 Kubikmeter-Entsalzungsanlage rund 36 Millionen Dollar kosten, womit die Erzeugungskosten bei 4,4 US-Dollar-Cents pro Kilowattstunde lagen, die Kosten für 3,79 Kubikmeter Wasser auf 33 US-Dollar-Cents. Damit wäre ein Kernkraftwerk kostengünstiger gewesen als die für ein gleichgroßes Ölkraftwerk.[2] Eine ähnliche Studie wurde ebenfalls mit der UKAEC durchgeführt auf Basis eines 200 MW starken SGHWR, der bei dieser Leistung knapp 380.000 Kubikmeter Trinkwasser hätte entsalzen können.[3]

Anfang 1968 holt sich die staatliche Elektrizitätsgesellschaft Griechenlands Hilfe beim schweizer Ingenieurbüro Bonnard & Gardel S.A, sowie bei der Elektrowatt AG, die gemeinsam die Einführungen eines ersten Kernkraftwerks in Griechenland untersuchen sollten, sowie eine Leistungsgröße auf Basis des zu erwartenden Energiebedarfs festlegen sollten. Außerdem sollte ein Standort gewählt werden, sowie verschiedene Reaktortypen für das Kernkraftwerk evaluiert werden.[4] Im Sommer 1968 hat die griechische Regierung die generelle Zusage für den Bau eines Kernkraftwerks in Griechenland gegeben, sodass bis März 1969 die ersten Angebote für den Bau der Anlage eingeholt werden sollten für einen Betrieb der Anlage ab 1974.[5] Auf Basis eines Regierungsbeschlusses vom 18. Juni 1968 wurde daher die griechische Atomenergieorganisation Greece Atomic Energy Commission reorganisiert und die Befugnisse erteilt auf allen Gebieten der Kernenergie tätig zu werden, inklusive Ausbildung und Erziehung von Personal, als auch die Genehmigungsbefugnis für Erzeugung, Lagerung und Verwertung radioaktiver Stoffe zu erteilen. Außerdem wurde die Behörde befugt Reaktoren aller Art aus dem Ausland einzuführen, zu errichten und zu Betreiben, wodurch die regulatorische Basis für ein Kernkraftwerk geschaffen wurde.[6] Am 1. Mai 1969[7] beschloss die staatliche Elektrizitätsbehörde schließlich einen SGHWR von der UKAEC mit eienr Leistung von 450 MW als das erste Kernkraftwerk in Lavrio zu errichten. Seitens des Vereinigten Königreichs wurde ein Kredit für den Bau der Anlage gewährt, sowie der Kauf von 40.000 Tonnen Tabak aus Griechenland als Hilfszahlung akzeptiert.[8] Die Errichtung sollte schlüsselfertig erfolgen.[9]

Problematisch an dem Deal war allerdings, dass das Tabak-Tauschgeschäft bei der Tabakindustrie des Vereinigten Königreichs bis Ende 1969 auf kein Interesse für die Verarbeitung griechischen Tabaks stieß, weshalb das Projekt für den Bau des SGHWR keine Fortschritte erzielte. Allerdings hat die Sowjetunion nach den vollendeten Arbeiten für den Bau eines Wärmekraftwerks bei Athen ebenfalls ein Angebot unterbreitete das Kernkraftwerk im Zweifelsfall zu errichten.[10]Die Priorität des Projekts für den Bau des Kernkraftwerks Lavrio wurde bis 1971 reduziert und ein Bau der Anlage erst nach 1980 erwogen, womit der SGHWR zunächst nicht weiter erörtert wurde.[11]

Planänderungen

Ab 1972 wurde der Bau von 1800 MW an Kernkraftwerkskapazitäten bis 1985 geplant, was am 21. Januar 1972 in der New York Times erstmalig so bekanntgegeben wurde. Dies sollte mit dem Bau von drei Kernkraftwerken mit jeweils 600 MW erfolgen.[12] Der staatliche Energieversorger Griechenlands hielt zumindest für einen der 600 MW-Reaktoren an Lavrio als Standort fest. Man war für diese Reaktoren in engen Kontakt mit den Vereingten Staaten von Amerika getreten, für den Bau von Leichtwasserreaktoren.[13] Im November 1976 beschloss die Regierung die Pläne zu reduzieren und nur noch einen Reaktor mit einer Leistung von 600 MW bis Ende 1985 zu errichten.[14] Im Jahr 1978 erfolgten Anfragen bei mehreren Ingenieur-Architekten für die Einleitung einer Vorplanung für dir Anlage, bei der sich 30 Firmen aus verschiedenen Ländern angeboten haben.[15] Im Jahr 1979 wurde Ebasco mit der Vorplanung beauftragt, die Inbetriebnahme des Projekts aber in das Jahr 1988 verschoben.[16] Im Rahmen dessen wurde das Projekt bis 1981 überarbeitet und fortan der Bau eines 900 MW starken Reaktors geplant, allerdings an einen neuen Standort.[17] Bis 1983 wurde das Projekt allerdings weiter zurückgestellt und erklärt, dass man keine konkreten Pläne mehr für den Bau eines Kernkraftwerks in naher Zukunft habe und nunmehr lediglich eine Vorplanung für ein Werk zu einem späteren Zeitpunkt durchführen wollte.[18] In der Folge sah man ab 1984 bis 1994 keinen weiteren Bau eines Kernkraftwerks mehr vor, womit das Projekt nicht weiter fortgeführt wurde.[19][20][21]

Standortdetails

Der Standort des Kernkraftwerk sollte sich direkt neben dem Kraftwerk Attica in Lavrio befinden, das mehrere Kraftwerksblöcke mit Ölbefeuerung besaß.[22] Das Kraftwerk Attica beherbergte ab 1971 einen 150 MW starken Ölblock, der 1973 und 1975 durch einen 300 MW und 450 MW starken Block ergänzt werden sollte.[23] Aufgrund der kurzen Entfernung von 48 Kilometer zur Hauptstadt Athen war der Standort prädestiniert für den Einsatz einer Meerwasserentsalzungsanlage.[24]

Einzelnachweise

  1. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 11. Handelsblatt GmbH, November 1966. Seite 514.
  2. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 12. Handelsblatt GmbH, April 1967. Seite 158.
  3. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 12. Handelsblatt GmbH, November 1967. Seite 543.
  4. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 13. Handelsblatt GmbH, Februar 1968. Seite 58.
  5. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 13. Handelsblatt GmbH, November 1968. Seite 518.
  6. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 14. Handelsblatt GmbH, März 1969. Seite 106.
  7. Peter R Mounfield: World Nuclear Power, Routledge, 2017. ISBN 1351394029.
  8. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 14. Handelsblatt GmbH, Mai 1969. Seite 222.
  9. Atomic Industrial Forum: Nuclear Industry, Band 16, Atomic Industrial Forum, 1969. Seite 36.
  10. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 15. Handelsblatt GmbH, Januar 1970. Seite 2.
  11. Canada. Dept. of Trade and Commerce, u.a.: Foreign Trade, Band 135, Department of Industry, Trade and Commerce, 1971. Seite 16.
  12. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 17. Handelsblatt GmbH, April 1972. Seite 176.
  13. United States. Bureau of Mines, Geological Survey: Minerals Yearbook, Band 3, The Bureau, 1974. Seite 412.
  14. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 22. Handelsblatt GmbH, Mai 1977. Seite 292.
  15. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 23. Handelsblatt GmbH, September 1978. Seite 374.
  16. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 24. Handelsblatt GmbH, Juli 1979. Seite 344.
  17. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 26. Handelsblatt GmbH, Juni 1981. Seite 374.
  18. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 28. Handelsblatt GmbH, Juni 1983. Seite 327.
  19. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 29. Handelsblatt GmbH, Juni 1984. Seite 311.
  20. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 30. Handelsblatt GmbH, Juni 1985. Seite 311.
  21. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 31. Handelsblatt GmbH, Juni 1986. Seite 318.
  22. The Electrical Review, Band 191,Ausgaben 1-8, Electrical Review, Limited, 1972. Seite 114.
  23. U.S. Atomic Energy Commission, u.a.: Forecast of Growth of Nuclear Power: January 1971, U.S. Government Printing Office, 1971. Seite 125.
  24. American Nuclear Society: Nuclear News, Band 12, American Nuclear Society, 1969. Seite 35.

Siehe auch

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