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Anreicherung

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Anreicherung von 235U in Natururan

Unter Anreicherung versteht man die Konzentration von gleichen Isotopen eines Stoffes in einem Gemisch. Analog dazu bezeichnet man die Entfernung von bestimmten Isotopen aus einem Gemisch als Abreicherung. Die An- und Abreicherung von Isotopen wird in der Nukleartechnik in vielen Bereichen benötigt: Bei der Urananreicherung wird zum Beispiel die Isotopenzusammensetzung von Natururan im Zuge des Brennstoffkreislaufs zugunsten des Isotops 235U verändert. Manche Kernfusions- und Flüssigsalzreaktoren sowie Kernwaffen benötigen an- bzw abgereichertes Lithium, und die Nuklearmedizin ist darauf angewiesen, bestimmte Isotope eines Radionuklides aus einem Gemisch zu isolieren. Von großer Bedeutung ist auch die Anreicherung von schwerem Wasserstoff (Deuterium) für Schwerwasserreaktoren sowie als Brennstoff für Kernfusionsreaktoren und Lithium-Deuterid für Kernwaffen. Anreicherungsverfahren unter anderem für Bor- und Stickstoffisotope können für zukünftige Kernbrennstoffe und Strukturmaterialien von Kernreaktoren von Bedeutung sein. Da für die Urananreicherung weltweit die größte Trennarbeit zur Verfügung gestellt wird, wird diese primär betrachtet.

Geschichte

Die Anfänge

Die Notwendigkeit große Mengen 235U aus Natururan zu gewinnen trat erstmals im Zuge des Manhattan-Projekts auf. Nachdem General Leslie Groves die Leitung des Projektes übernahm inspizierte er zusammen mit Colonel Marshall Oak Ridge, welches schließlich durch die US-Armee erworben wurde. Die dort bereits lebenden Einwohner mussten das Gelände verlassen.[1] Ursprünglich als Kingston Demolition Range bekannt, wurde das Gebiet nun ab Anfang 1943 offiziell als Clinton Engineer Works (CEW) bezeichnet. Die Stadt für die 13.000 Arbeiter wurde an den Hängen des Black Oak Ridge errichtet, weshalb die Stadt den Namen Oak Ridge bekam.[2]

Gasdiffusionsanlage K-25 in Oak Ridge

Da die großtechnische Urananreicherung zuvor noch nie durchgeführt wurde, mussten verschiedene Verfahren erprobt werden. Die naheliegenste Technik, die Zentrifunge, scheiterte, aber elektromagnetische Verfahren, Gasdiffusion und Thermodiffusion erwiesen sich als praktikabel. Gaszentrifugen wurden noch im April 1942 als einzig erfolgversprechende Methode genannt, allerdings stieß Jesse Beams, der diese Technik in den 30ern an der University of Virginia entwickelte auf Probleme. Bei den hohen Umdrehungsgeschwindigkeiten die erforderlich waren drohten Vibrationen die Maschine zu zerstören, weswegen er ab 1941 mit dem gasförmigen Uranhexafluorid experimentierte. Eine Versuchsanlage wurde schließlich von Westinghouse errichtet. Es wurde errechnet das 50.000 Zentrifugen mit 1 m Länge, oder 10.000 Stück mit 4 m Länge erforderlich seien, um ein Kilogramm Uran-235 pro Tag zu gewinnen. Nachdem Beam mit seinem experimentellen Apparat nur 60% der vorhergesagten Anreicherung erreichte, und klar wurde das mehr Zentrifugen nötig sein würden, gelangte das Projekt in eine Sackgasse. Zusätzlich versagten Motoren, Schäfte und Lager der Versuchsanlage aufgrund der hohen Geschwindigkeiten häufig.[3] Im November 1942 wurden die Experimente, Uranisotopen durch Zentrifugen abzutrennen durch das Military Policy Committee beendet.[4]

Die elektromagnetische Verfahren zur Isotopentrennung wurde am Radiation Laboratory der University of California entwickelt. Das dort entwickelte Gerät namens „Calutron“ vereinte ein Massenspektrometer mit einem Zyklotron.[1] Der Prozess war weder elegant noch effizient, wurde aber genehmigt, da er auf bewährter Technik aufbaute, und schnell im industriellen Maßstab errichtet werden konnte.[5] Die Verantwortlichen Marshall und Nichols errechneten das die Anlage 5.000 Tonnen Kupfer benötigen würde, was im Krieg ein knappes Gut war. Folglich wurden von Schatzministerium der Vereinigten Staaten 6.000 Tonnen Silber herbeigeschafft. Am Ende wurden etwa 14.700 Tonnen Silber verbaut. Der Bauauftrag wurde im Juni 1942 vergeben. Geplant waren fünf Vorstufen, genannt „Alpha Racetracks“, und fünf Endstufen, die „Beta Racetracks“. Im September genehmigte Groves vier weitere Rennstrecken, die als Alpha II bezeichnet wurden. Der Bau begann im Februar 1943.[1] Als die ersten Testläufe im Oktober begannen kam es aufgrund der Verunreinigung der Magneten mit Roststückchen zu Problemen, was eine Zerlegung des Apparates und eine Reinigung der Bauteile nach sich zog.[5] Ab Januar 1944 konnten die Rennstecken dann nach und nach in Betrieb genommen werden.[1] Anfangs wurden die Calutrone noch von Wissenschaftlern der Universität Berkeley betrieben, und später von Frauen mit Highschool-Abschluss, welche eine höhere Produktionsrate als die Experten von Berkeley erreichten.[4] Die als Y-12 bezeichnete Anlage erreichte einen Anreicherungsgrad von 13-15%. Erst als Uran aus K-25 bezogen wurde, welches mit Gasdiffusion anreicherte, war die Anreicherung hoch genug, sodass das Ausgangsmaterial direkt in die Beta Racetracks gegeben werden konnte.[1]

Die Thermodiffusionsanlage S-50

Die vielversprechenste Technik, die Gasdiffusion, wurde an der Columbia University von einer Gruppe um Harold Urey, Karl P. Cohen und John R. Dunning entwickelt. Bereits im November 1942 wurde vom Military Policy Committee der Bau einer Anlage mit 600 Anreicherungsstufen genehmigt, und am 14. Dezember begonnen.[3] Durch das korrosive Uranhexafluorid mussten die Motoren und Pumpen vakuumdicht und mit einem Schutzgas gefüllt sein. Für die poröse Membran fiel die Wahl auf Nickel. Die ersten Versionen waren zu porös, so dass auf ein alternatives Design von Kellex, den Bell Telephone Laboratories und der Bakelite Corporation gewechselt wurde, welches ab 1944 produziert wurde.[3] Die fertige Anlage, als K-25 bezeichnet, bestand aus einem 0,8 km langen u-förmigen Gebäude das vier Stockwerke hoch und in 54 Einzelbereiche unterteilt war. Jeder davon war wiederum in neun Sektionen aufgeteilt, worin sich je sechs Stufen befanden. 1945 strich Groves den Bau des oberen Anlagenteils, und bestand statt dessen auf dem Bau eines separaten Gebäudes, das als K-27 bezeichnet wurde. Die Produktion begann im Februar 1945, und im April wurden mit dem Produkt der Thermodiffusionsanlage S-50 bereits 1,1% Anreicherung erreicht, welche von Monat zu Monat weiter stieg.[1]

Die Thermodiffusion wurde ursprünglich nicht für das Manhattan-Projekt ausgewählt. Erst als Captain William S. Parsons, ein Offizier welcher 1944 im Auftrag der Navy in Los Alamos war, über vielversprechende Testergebnisse der Navy im Bereich der Thermodiffusion berichtete, wurde die Idee aufgegriffen, das Produkt einer Thermodiffusionsanlage in Y-12 einzuspeisen. Groves genehmigte den Bau einer Anlage an 24. Juni 1944, welche S-50 genannt wurde. Die Anlage bestand aus 15 m langen Diffusionsreihen, welche in 21 Abteile gegliedert waren. Jede Reihe besaß drei konzentrische Röhren. Die innerste Röhre wurde mit Dampf aus einem nahelegegenen Kraftwerk beschickt, während die äußere Röhe von Flusswasser durchströmt wurde. Die Anlage nahm im September 1944 den Betrieb auf, allerdings wurden nur 4,8 Kilogramm U-235 mit 0,852% Anreicherungsgrad produziert. Lecks reduzierten Anfangs den Ausstoß, dieser konnte jedoch mit der Zeit gesteigert werden.[1] Ursprünglich wurde der Output von S-50 in die Calutrons von Y-12 gegeben, ab März 1945 wurden jedoch alle drei Anlagen in Serie geschaltet: S-50 diente als Vorstufe um von 0,71% auf 0,89% anzureichern, was dann in K-25 gegeben wurde um auf 23% angereichert zu werden.[3] Das Endprodukt wurde in Y-12 gegeben, um mit einer Endanreicherung von 89% waffentauglich zu sein.[6]

Kommerzialisierung

Anreicherungsanlage Paducah (Kentucky), eröffnet 1952. Die Anlage arbeitet mit der Gasdiffusionsmethode.

Nach dem Krieg versuchte auch die Sowjetunion an Kernwaffen zu gelangen, und bediente sich dabei der Hilfe gefangener deutscher Wissenschaftler. Einer davon, der österreicher Gernot Zippe, geriet 1945 in sowjetische Kriegsgefangenschaft und wurde mit anderen deutschen Forschern zur Mitarbeit an der Urananreicherung verpflichtet. Wie Max Steenbeck und sowjetische Wissenschaftler wie Isaak Kikoin und E.M. Kamenev arbeitete er an der Gaszentrifuge zur Urananreicherung, die von den Amerikanern bereits Jahre zuvor verworfen wurde. Zippes Forschergruppe arbeitete zunächst in einem Institut in Sochumi am Schwarzen Meer, ab 1952 dann in Leningrad.[7] [8] Im Sommer 1953 präsentierte er seine Gaszentrifuge. Nachdem die Forschergruppe einen Anreicherungsgrad von 30 Prozent erreicht hatte, durften sie 1956 in ihre Heimatländer zurückkehren.

1957 fuhr Zippe mit einem Motorroller nach Amsterdam zu einem Kernkraftkongress, wobei ihm offenbar wurde, wie rückständig der Westen in dieser Energiefrage war.[9] Im Jahr darauf flog er nach Charlottesville, Virginia, um sein Produkt nochmals zu bauen und vorzuführen. Mit seinem Mitarbeiter Rudolf Scheffel ließ er die „Zippe-Zentrifuge“ patentieren.[10] Unter den sowjetischen Wissenschaftlern, die an der Entwicklung wesentlich beteiligt waren, löste dies Bitterkeit aus, obwohl sich in der Sowjetunion niemand offiziell äußerte.[11]

Bis 1964 entwickelte er in einem geheimen Labor in Jülich den Zylinder weiter, bis 1970 ein Konsortium der Unternehmen Mannesmann, Interatom und Erwo eine 5-Meter-Zentrifuge verlangte.[9] Er und seine Kollegen änderten das Rotormaterial von Aluminium in Maraging-Stahl, was höhere Umdrehungszahlen und eine größere Effizienz ermöglichte.[12] 1971 wurde schließlich im Vertrag von Almelo zwischen Deutschland, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich das multinationale Unternehmen Urenco gegründet, das die Zippe-Zentrifuge zur Anreicherung nutzen sollte. Die Technologie setzte sich aufgrund ihrer hohen Effizienz schnell auf dem Markt durch, und wurde von Urenco stetig weiter verbessert.

Anfang der 70er Jahre erfolgte diese Weiterentwicklung bei Urenco durch den Pakistaner Abdul Kadir Khan, der in den Niederlanden Metallurgie studierte. Ab 1972 arbeitete Khan am Physics Dynamics Research Laboratory (FDO) in Amsterdam, wo er hochfeste Metalle auf ihre Eignung für Gaszentrifugen untersuchte. FDO war ein Subauftragnehmer für Urenco, und da Khan fließend Englisch, Deutsch und Französisch sprach, wurden ihm auch Zeichnungen von Zentrifugen zur Übersetzung gegeben. Nachdem er von Urenco ein Jobangebot bekam, wechselte er zur Urenco-Gruppe. Dort wurde er mit der Lösung von ingenieurstechnischen Problemen von Gaszentrifugen betraut, wobei ihm sein Wissen in Metallurgie bereits in kurzer Zeit hohes Ansehen verschaffte. So konnte er bei Urenco die Effizienz der Gaszentrifugen im Alleingang weiter verbessern. Als einer der leitenden Wissenschaftler besaß dabei auch Zugang zu den geheimen Forschungsdokumenten der Firma.[13] Als Indien 1974 seine erste Kernwaffe getestet hatte, war die Regierung in Pakistan alarmiert und Khan bot seine Hilfe an. Er kehrte 1974 nach Pakistan zurück, um am Nuklearwaffenprogramm des Landes mitzuarbeiten.

Da die Details der modernen Zentrifugentechnik der Geheimhaltung unterliegt, kann über deren aktuellen Stand nur spekuliert werden. Allerdings steigt die Effektivität mit steigender Länge und einer Erhöhung der Rotationsgeschwindigkeit. Folglich werden leichte und starke Materialien wie kohlefaserverstärkte Kunststoffe benötigt sowie Technologien welche zerstörerische Resonanzen vermeiden, z.b. flexible Federbälge um die Biegung des Rotors zu kontrollieren und eine Geschwindigkeitskontrolle, sodass sich die Zentrifugen nicht all­zu lan­ge mit einer Geschwindigkeit drehen, in der eine Resonanzkatastrophe auftreten könnte.

Neuere Entwicklungen

Wie bereits erwähnt hat sich das Gaszentrifungenverfahren (Ultrazentrifuge) weltweit durchgesetzt, um Isotopen (insbesondere Uranisotope)zu trennen. Anwendungen sind neben der Urananreicherung auch die Gewinnung von Isotopen für die Nuklearmedizin und die Anreicherung von 6Li für Kernfusionsreaktoren und 7Li für thermische Flüssigsalzreaktoren. Bei der Anreicherung von Deuterium haben sich chemische Prozesse weitgehend durchgesetzt

Bei der Urananreicherung wurden in den letzten Jahren global betrachtet Fortschritte erzielt: Reicherten die Vereinigten Staaten und Frankreich noch im großen Stil Uran nach dem Gasdiffusionsverfahren an, stiegen diese in den letzten Jahren auf das wirtschaftlichere Gaszentrifugenverfahren um. Frankreich eröffnete dazu die Urananreicherungsanlage Georges Besse II im April 2011, in den USA wurden mit der National Enrichment Facility (Urenco) sowie den im Bau befindlichen Anlagen American Centrifuge Plant (USEC) und Eagle Rock (Areva) die notwendigen Investitionen getätigt. Der Bau einer neuen Anlage, welche erstmals mit der fortschrittlichen Laseranreicherung arbeiten soll, findet in den USA seit September 2012 statt.[14] Nachdem im Juni 2012 bereits George Besse I in Frankreich geschlossen wurde, wurde im Juni 2013 mit der Schließung der Anreicherungsanlage Paducah in den USA die Ära der Gaszentrifugenanreicherung beendet. Durch die Naturkatastrophe in Japan im Jahr 2011, und der darauf folgenden Stilllegung der Kernkraftwerke in Japan und Deutschland, brach der Anreicherungsmarkt ein. Zwar zog der Bedarf im Jahr 2012 wieder um +7% an, es wird aber damit gerechnet, dass erst 2015 das Vor-Fukushima-Niveau von 49 Millionen UTA erreicht wird. Bis 2035 wird durch die nukleare Renaissance mit einer jährlichen Wachstumsrate des Anreicherungsmarktes von 2,6% gerechnet. Während der Markt im ökoreligiösen Europa stagniert, und Urenco seine Zentrifugenkapaziät in den USA ausbauen wird, wird für Russland und China ein starkes Wachstum prognostiziert. Das Beinahe-Duopol von Urenco and Rosatom wird auch in naher Zukunft bestehen, allerdings werden chinesische Anreicherer auf dem Binnenmarkt stärker Fuß fassen.[15]

Zur Zeit versucht die IAEA eine Kernbrennstoffbank (engl. Nuclear fuel bank) zu errichten. Diese soll als neutraler Mittler zwischen dem Anreicherer und dem Käufer des leicht angereicherten Urans (LEU) stehen. Bisher ist die Beschaffung von Kernbrennstoffen nur durch gegenseitige Verträge möglich, welche politischen Spielchen ausgesetzt sind. Will kein Land LEU liefern, muss der Kunde seine eigene Urananreicherungsanlage errichten, was die Gefahr der Proliferation erhöht. Umgekehrt kann das Argument, sich von politischer Willkür des Auslandes unabhängig machen zu wollen, und deshalb Uran selbst anzureichern, als Vorwand zum Bau von Kernwaffen dienen. Die Ziele der IAEA werden von der NGONon-Governmental Organization, Nichtregierungsorganisation Nuclear Threat Initiative (NTI) und dem Milliardär Warren Buffett mit $50 Mio. US-Dollar unterstützt.[16] Die Idee ist nicht neu, und wurde bereits 1946 von Robert Oppenheimer in die Welt gesetzt. Allerdings schreitet die Entwicklung nur zäh voran, am 6. Dezember 2010 konnten sich das Board of Governors der IAEA zumindest zu einer Resolution durchringen. Bereits im November erklärte Russland, dass es 120 Tonnen LEU für jedes IAEA-Mitgliedsland bereithalte, das sich auf dem normalen Brennstoffmarkt kein angereichertes Uran für seine Kernkraftwerke beschaffen könne.[16]

Verfahren

Fast alle Verfahren zur Urananreicherung arbeiten mit Uranhexafluorid (HEX), welches in Konversionsanlagen aus dem Yellowcake des Uranbergbaus gewonnen wird. Das Uran mit dem Eingangsverhältnis von 235U zu 238U wird als Feed bezeichnet. Bei Natururan liegt das Verhältnis bei etwa 99,3 % 238U und 0,7 % 235U. Das Endprodukt mit einem höheren Anteil an 235U wird als Product, und das Endprodukt mit dem geringeren Anteil an 235U als Tail bezeichnet. Im Folgenden werden alle möglichen Methoden zur Urananreicherung vorgestellt, von denen jedoch nur die Zippe-Zentrifuge und die Gasdiffusion großtechnisch verwendet werden.

Diffusionsverfahren

Gasdiffusion

Das Gasdiffusionsverfahren basiert auf dem Grahamschen Gesetz, wonach die Effusionsrate eines Gases umgekehrt proportional zur Quadratwurzel einer molekularen Masse ist. Wenn also ein Gefäß eine Mischung von zwei Gasen enthält die durch eine semi-permeable Membran eingeschlossen werden, so werden die leichteren Gase leichter diese Membran durchdringen können. Das Gas, welches aus diesem Gefäß strömt wird also einen geringfügig höheren Anteil an 235U-Atomen besitzen als das Ausgangsprodukt, während das Gas im Gefäß einen höheren 238U-Anteil besitzt. Da es beim Durchströmen der Membran zu einem Druckverlust kommt, muss dieser durch Pumpen ausgeglichen werden. Da das Pumpen wiederum den Gasstrom erwärmt, muss dieser in der Anlage nach jeder Stufe abgekühlt werden. Die Anlage in Tricastin besaß beispielsweise pro Stufe eine Pumpe mit dem das Gas durch die Membran gepresst wurde, und einen Wärmetauscher pro Stufe zur Kühlung, durch den das Gas nach der Membran strömte. Das macht den Prozess sehr energieintensiv.

Thermodiffusion

Bei der Thermodiffusion bewegen sich Teilchen aufgrund eines Temperaturgradienten innerhalb eines Fluids. Der Prozess nutzt bei der Urananreicherung aus, dass sich das leichtere 235U eher zur warmen Seite bewegt, während die schwereren 238U-Moleküle eher zur kalten Seite tendieren. Das Verfahren ist ineffizient und katastrophal unwirtschaftlich, und wurde nur im Zuge des Manhattan-Projektes zur Urananreicherung verwendet. Anwendung findet die Thermodiffusion heute bei der Trennung von Gasisotopen. So können 84Kr und 86Kr oder H37Cl und H35Cl in einer vertikalen Röhre, die mittels eines elektrischen Drahts längs ihrer Achse beheizt wird, getrennt werden.[17][18] Unterstützt wird der Vorgang dabei durch Konvektion, da die zum Heizdraht strömenden Komponente aufsteigt, während die andere, die sich zur kälteren Wand bewegt gleichzeitig nach unten sinkt. Durch das Zusammenspiel dieser beiden Vorgänge ergibt sich eine viel effektivere Trennung der Komponenten, als allein aufgrund des thermischen Diffusionskoeffizienten zu erwarten wäre.[19]

Zentrifugenverfahren

Zippe-Zentrifuge: 235UF6 Hellblau, 238UF6 Dunkelblau.

Gaszentrifuge

Die Gaszentrifuge trennt Stoffe unter Ausnutzung der Massenträgheit. Die Funktionsweise beruht auf der Zentrifugalkraft, die aufgrund einer gleichförmigen Kreisbewegung des zu zentrifugierenden Gutes zustande kommt. Im Gaszentrifugenverfahren wird gasförmiges Uranhexafluorid in das Innere eines senkrecht stehenden, sehr schnell (> 60.000/min) rotierenden Zylinders geleitet. Unter dem Einfluss der hohen Geschwindigkeit und der dadurch bedingten massenabhängigen Zentrifugalkraft konzentrieren sich die schwereren 238UF6-Moleküle an der Innenwand des zylindrischen Rotors und die leichteren 235UF6-Moleküle nahe der Rotorachse, wodurch die Isotope getrennt werden.

Zippe-Zentrifuge

Die Zippe-Zentrifuge ist in erster Linie eine gewöhnliche Gaszentrifuge und wird häufig auch als solche bezeichnet. Zippe's Idee war es jedoch die Trennwirkung zu verstärken, indem durch Beheizen des unteren und Kühlen des oberen Teils der Zentrifuge eine axiale Naturumlaufströmung erzeugt wird.[20] Der größte Massenunterschied zwischen mit 235U an- und abgereichertem Massenstrom besteht in diesen dann nicht mehr zwischen Achse und Rotorwand, sondern zwischen den Enden der Zentrifuge. Der angereicherte, leichte Massenstrom (Product) wird am oberen kalten Ende, die abgereicherte, schwerere Fraktion (Tails) am unteren warmen Ende der Zentrifuge entnommen.

Laserverfahren

AVLIS

AVLIS (Atomic vapor LASER isotope separation) ist die Abkürzung für ein Verfahren zur Isotopentrennung mit Lasern, wobei die Isotope zunächst in atomarer Form in die Dampfphase überführt werden. Das Grundprinzip des AVLIS-Verfahrens besteht darin, dass die Atome eines Isotopengemisches (z.B. Uranisotope) selektiv ionisiert werden. Die Absorptionslinien von 235U und 238U unterscheiden sich leicht, so besitzt 235U bei einer Wellenlänge von 502,73 nm einen Peak, während der Peak von 238U bei 502,74 nm liegt. Nach der Ionisation eines 235U-Isotops kann es von den nicht ionisierten Atomen des 238U-Isotops durch Beschleunigung in einem elektrischen Feld getrennt werden. Das Verfahren wurde ursprünglich im Lawrence Livermore National Laboratory (USA) entwickelt. Ein ähnliche, in Frankreich verfolgte Variante trägt die Bezeichnung SILVA (Séparation Isotopique par Laser de la Vapeur Atomique d'Uranium). Das Verfahren wurde 1994 an die United States Enrichment Corporation übergeben, aber im Jahr 1999 nach $659 Mio. US-Dollar an Investitionen eingestellt.[21][22]

MLIS

AVLIS-Experiment am Lawrence Livermore National Laboratory

MLIS (Molecular laser isotope separation) wurde am Los Alamos National Laboratory entwickelt. Statt wie bei ALVIS Uranmetall zu verdampfen wird hier Uranhexafluorid als Gas verwendet, was die Methode weniger energieintensiv macht. Das HEX wird dann mit einem noblen Trägergas gemischt, um nach der überschallschnellen Expansion durch eine Lavalldüse weiter im gasförmigen Zustand zu verbleiben. Zusätzlich wird der Mixtur noch ein Radikalfänger wie Methan beigemischt, um die Fluoratome nach der Dissoziation „aufzufangen“, und eine Rekombination zu vermeiden. Als erstes wird das gekühlte und expandierte Gasgemisch von einem Infrarotlaser mit 16 µm, sowie weiteren Infrarot- und Ultraviolettlasern bestrahlt, deren Energie selektiv vom 235UF6-Molekül absorbiert wird, was dieses in 235UF5 und F aufspaltet. Das angereicherte 235UF5 kann dann per Filter oder Fliehkraftabscheider abgetrennt werden.[21] Nach der Konversion zu 235UF6 wird das Gasgemisch dann in die nächste Stufe der Kaskade geleitet, bis der gewünschte Anreicherungsgrad erreicht ist.

SILEX

Das SILEX-Verfahren (Separation of Isotopes by Laser Excitation) wurde von der australischen Firma Silex Systems Limited entwickelt. Hier werden zunächst die das 235U enthaltenden Moleküle des gasförmigen Uranhexafluorides selektiv durch einen ersten Laser angeregt, zum Beispiel einen frequenzstabilisierten Kohlendioxidlaser, bevor durch einen zweiten Laser ein Fluor-Atom abgespalten wird.[23] Das so entstehende feste 235UF5 kann leicht aus dem Gas gefiltert werden. Details zu dem Verfahren sind geheim, lassen aber auf ein modifiziertes MLIS-Verfahren schließen. Inzwischen gibt es neuere Bestrebungen, dieses Verfahren auch kommerziell zu nutzen.[24] Der Bau einer Anlage findet seit 2012 in den USA statt.

Aerodynamische Verfahren

Trenndüse

Prinzip der Trenndüse

Das Trenndüsenverfahren zur Urananreicherung wurde bis Ende der 1980er Jahre im Kernforschungszentrum Karlsruhe im Institut für Kernverfahrenstechnik unter Leitung von Erwin Willi Becker entwickelt. Hier erfolgt die Entmischung der Uranisotope aufgrund unterschiedlicher Zentrifugalkräfte in einer schnellen, gekrümmten Strömung. Ein Gemisch aus Uranhexafluorid wird mit einem leichten Zusatzgas (Helium oder Wasserstoff) vermischt und strömt durch eine schlitzförmige Düse mit gekrümmten Wänden. Am Ende der Umlenkung wird der Ausgangsstrom (F = Feed) durch einen keilförmigen Abschäler in eine leichte Fraktion (P = Product) und eine schwere Fraktion (W = Waste) aufgeteilt.[25] Durch die Massenabhängigkeit der Zentrifugalkräfte wandern die schweren Uranisotope bevorzugt an die Umlenkwand und das leichte Uranisotop reichert sich somit in der leichten Fraktion (P) an. Das leichte Zusatzgas bewirkt eine Steigerung der Isotopenentmischung im Wesentlichen durch eine Erhöhung der Gasgeschwindigkeit und der damit verbundenen Zentrifugalkräfte. Dieses Verfahren wurde 1975 von Brasilien im Rahmen der deutsch-brasilianischen Kernenergievereinbarung übernommen, die geplanten Anlagen wurden jedoch nicht realisiert, auch da der Energieverbrauch des Verfahrens höher als beim Diffusionsverfahren ausfällt.[26]

Wirbelrohr

Das Wirbelrohrverfahren wurde in Südafrika entwickelt, und wird im Englischen meist als Helikon aerodynamic vortex tube process bezeichnet. Bei diesem Verfahren wird UF6 mit Wasserstoff gemischt, und mit fast Schallgeschwindigkeit tangential in eine Röhre gepresst. Dies führt zu einem Gaswirbel in der Röhre, welche an einem oder beiden Enden offen ist. Um ein Abbremsen des Gasstromes an den Wänden durch Reibung zu vermeiden, sind die Rohre konisch ausgelegt. Durch die Fliehkraft reichert sich das schwerere 238UF6 an den Außenwänden an, während sich das leichtere 235UF6 eher im Zentrum des Wirbels befindet. Wie bei allen Anreicherungsverfahren ist auch hier die Trennwirkung sehr gering, sodass mehrere Trennschritte hintereinander geschaltet werden müssen, um die gewünschte Anreicherung zu erzielen. Südafrika konnte so in Valindaba LEU für seine Kernkraftwerke und HEU für sein Kernwaffenprogramm gewinnen. Das Verfahren ist allerdings, wie das Trenndüsenverfahren, nicht wirtschaftlich.[27]

Elektromagnetische Verfahren

Schematische Darstellung des Calutrons: 235U-Ionen (dunkelblau) werden im Magnetfeld etwas stärker abgelenkt als 238U-Ionen (hellblau)

Wie in einem Massenspektrometer werden bei der elektromagnetischen Isotopen-Trennung Uranatome zunächst ionisiert, dann in einem elektrischen Feld beschleunigt und anschließend in einem magnetischen Feld entsprechend der Unterschiede der Massenzahlen getrennt. Dieser Aufbau zur Isotopentrennung wurde im Manhattan-Projekt für die Herstellung von angereichertem Uran für die ersten Kernwaffen verwendet. Die damals verwendeten Anlagen wurden Calutrone genannt, die Bezeichnung leitete sich von „California University Cyclotron“ ab. Auch in der UdSSR wurde in der frühen Phase des dortigen Kernwaffenprogramms mit derartigen Anlagen experimentiert. Wegen des enormen Aufwandes hat dieses Verfahren für die Herstellung von angereichertem Uran heute keine Bedeutung mehr. Es wird jedoch in der Forschung für andere Isotopentrennungen eingesetzt, da sich im Idealfall bereits ein einziges gewonnenes Atom eines Isotops detektieren lässt. In den 1980er Jahren wurde im Irak allerdings noch an einem Elektromagnetischen Anreicherungsverfahren mit Uranchlorid als Basis für das Kernwaffenprogramm des Landes gearbeitet.

Chemische Verfahren

CHEMEX

Bei der chemischen Isotopentrennung müssen zwei Isotopen eines Elementes getrennt werde, obwohl diese im gleichen Fluid vorliegen. Da viele chemische Reaktionen notwendig sind um die erwünschte Trennnwirkung zu erzielen, sind schnell ablaufende Reaktionen notwendig. Bei Uran ist hier ein Wechsel der Oxidationsstufen geeignet, zum Beispiel zwischen sechswertig wie in Uranylchlorid (UO2Cl2) und vierwertig wie in Urantetrachlorid (UCl4). Das 235U-Isotop bevorzugt die höherwertige Oxidationsstufe etwas mehr, was bei den chemischen Verfahren ausgenutzt wird.[28]

Der CHEMEX-Prozess wurde in Frankreich entwickelt. Die Trennungsreaktion findet dabei in wässriger Lösung statt, wobei das Uran zwischen Uran (III) und Uran (IV) wechselt. Das 238U-Isotop wird sich nun eher in der Uran-(III)-Verbindung befinden, während sich das 235U in der Uran-(IV)-Verbindung anreichern wird. Die Uran-(IV)-Ionen können nun durch ein organisches Lösungsmittel das sich nicht mit der wässrigen Lösung vermischt, z.B. konzentrierte Salzsäure, abgetrennt werden. Als Auszugsmittel wird Tributylphosphat (TBP) verwendet, welches in einem aromatischen Lösungsmittel gelöst wird. Die Abtrennung des 235U erfolgt dann per Flüssig-Flüssig-Extraktion. Dabei wird die wässrige Lösung von oben eingefüllt, während die leichtere organische Lösung von unten eingefüllt wird. Eine hin-und-her-Bewegung sorgt für einen effektiven Kontakt beider Stoffe. Nach der Extraktion müssen die angereicherte und abgereicherte Fraktion chemisch behandelt werden, um in die nächste Trennstufe überführt zu werden. Bei höheren Anreicherungsstufen können auch Zentrifugalkräfte in der Flüssig-Flüssig-Extraktion verwendet werden, um die benötigte Verweilzeit in der Stufe zu reduzieren.[28]

Ionentauscher

Der Ionentauscherprozess wurde in Japan von der Asahi Chemical Company entwickelt, und nutzt den Wechsel zwischen Uran (IV) und Uran (VI) zur Trennung. Im Ionentauscher wird die organische Phase mit einem Harz getauscht, sodass das Uran-235 im Ionentauscher hängen bleibt. Das Absorptionsmittel ist ein sphärisches Bett aus porösem Harz, das Anionen mit hoher Effizienz und 1000-Mal schneller tauscht. Beide Prozesse werden auf ihre kommerzielle Anwendbarkeit geprüft.[28]

Plasmaverfahren

Das Plasmatrennverfahren wird im Englischen als plasma separation process (PSP) bezeichnet und kann mit verbesserter Plasmaphysik und supraleitenden Magneten potentiell effizienter gestaltet werden. Dabei wird die Ionen-Zyklotron-Resonanz genutzt, um selektiv 235U aus einem Uranplasma abzutrennen. Eine feste Platte mit Uran dient dabei als Ausgangsstoff, welche durch Ionenbeschuss (sputtern) verdampft wird. Eine Mikrowellenantenne führt den Elektronen des Gases Energie zu und ionisiert dieses, was das Uranplasma erzeugt. Das Uranplasma wird nun durch ein Magnetfeld entlang der Längsachse eines Zylinders geschickt, wodurch es in eine Helixbewegung versetzt wird. Das Magnetfeld wird durch eine supraleitende Spule erzeugt. In diesem kreisen die leichten 235U-Ionen schneller. Da das 235U-Ion auch eine höhere Ionen-Zyklotron-Resonanz als das 238U-Ion besitzt, wird es auf dem Weg zu Kollektor durch eine Anregungsspule mit seiner Ionen-Zyklotron-Resonanzfrequenz angeregt, welche ein elektrisches Feld erzeugt. Dies führt dazu, das der Helixradius von 235U leicht erhöht wird, während das 238U-Ion davon praktisch unbeeinflusst bleibt. Das Plasma fließt nun durch enge parallele Schlitze, ähnlich einer Jalousie. Das 235U-Ion mit dem weiteren Radius wird häufiger daran hängen bleiben, während das 238U-Ion häufiger durchgeht und sich am Kollektor ansammelt. Auch hier sind mehrere Wiederholungen (Stufen) nötig, um den gewünschen Anreicherungsgrad zu erreichen. Lediglich Frankreich (RCI) und die USA (PSP) beschäftigten sich in den 70-90er Jahren mit dem Verfahren. Heute wird RCI nur zur Abtrennung von stabilen Isotopen verwendet.[29]

Wirtschaftlichkeit

Urantrennarbeit

Da es keine unmittelbar messbare Größe für die Trennarbeit gibt, musste eine Formel entwickelt werden, mit der man aus den Parametern Durchsatzmenge, Anreicherungsgrad und Abreicherungsgrad einen Wert errechnen kann, der proportional zu dem technischen und energetischen Aufwand bei der Isotopentrennung ist. Das Konzept der Urantrennarbeit (engl. separative work unit, SWU) wurde im Jahre 1940 eingeführt, um die Isotopenzusammensetzung in den Anreicherungskaskaden zu optimieren. Um die Freiheitsgrade der Kaskaden zu beschränken wurde eine Funktion eingeführt, die die Arbeit der Trennung bewertet. Diese Wertfunktion (engl. value function) lautet:

Das x steht dabei für den Anreicherungsgrad, also zum Beispiel 0,5 bei 50% oder 0,0071 bei 0,71%. Die Funktion ist rechts dargestellt. Bei einem Verhältnis von 0,5 wird die Funktion zu Null, da aus Sicht der Trennarbeit ein Gemisch, in dem beide Bestandteile zu gleichen Teilen vorliegen, den geringsten Wert besitzt. Das Gemisch selbst kann zunächst vereinfacht betrachtet werden: Was reinkommt, muss auch wieder herauskommen. Die Eingangsmasse (Feed) ist also die Summe von angereicherter Fraktion (Product) und abgereicherter Fraktion (Tail):

Die Aufteilung des begehrten Stoffes in Product und Tail kann auch geschrieben werden als:

Wobei x für den Anreicherungsgrad von Feed, Product und Tail steht, siehe oben. Beide Formeln können nun ineinander eingesetzt werden, und man erhält: Das Verhältnis von Feed zu Product:

und das Verhältnis von abgereicherter Fraktion (Tail) zu angereicherter Fraktion (Product):

Der erste Ausdruck ist dabei wichtiger, da er für die Berechnung des Kostenoptimums herangezogen werden muss. Die Formel zur Berechnung der Urantrennarbeit lautet:

Wenn beispielsweise 25 Tonnen Uran (P = 25t) auf 3,5% angereichert werden soll (xp=0,035), wofür Natururan mit 0,71% Anreicherungsgrad (xf=0,0071) verwendet wird, und die abgereicherte Fraktion 0,3% Uran-235 besitzen soll (xt=0,003), kann mit den obigen Formeln errechnet werden:

  • Es werden 195 Tonnen Natururan (NatU) benötigt
  • Es entstehen 170 Tonnen abgereichertes Uran mit 0,3% Uran-235
  • Es sind etwa 109 t UTA zur Anreicherung nötig

Kostenoptimum

Der Betreiber einer Urananreicherungsanlage steht für gewöhnlich vor einem Dilemma: Er kennt vom Kunden zwar den gewünschten Anreicherungsgrad xp, und weiß dass sein Eingangsuran einen bestimmten Isotopenanteil besitzt (zb xf=0,0071 bei Natururan), allerdings kann er den Abreicherungsgrad frei wählen. Eine geringe Abreicherung des Feed – zb von 0,71% auf 0,5% – würde nur wenig Urantrennarbeiten pro Brennstoffmenge erfordern, dafür einen großen Eingangsmassenstrom. Andererseits müssen bei hohem Abreicherungsgrad – zb von 0,71% auf 0,1% – nur wenig Feed-Masse gekauft werden, dafür sind mehr Urantrennarbeiten notwendig, um den vom Kunden gewünschten Anreicherungsgrad zu erreichen. Je nach Preis des Uranhexafluorids und der Urantrennarbeit existiert also ein Kostenoptimum für xt.

Da xt unabhängig von der Masse des Products ist wird angenommen, dass die Productmenge P ein Kilogramm betragen solle. P kann somit zu 1 gesetzt werden. Zuerst wird die Menge an Feed ermittelt, in Anhängigkeit von xt gemäß obiger Formel:

oder als Funktion mit P = 1 geschrieben

Nun wissen wir, wie viel Feed man kaufen muss, um 1 kg Uran mit dem Anreicherungsgrad von xp zu erzeugen, wenn der Feed die Anreicherung xf besitzt. Jetzt werden die Kosten der Urantrennarbeit in Abhängigkeit von xt ermittelt. Dazu muss erst die obige Formel für UTA hergenommen werden

und nun die Tailmenge T und Feedmenge F durch einen Ausdruck mit P ersetzt werden, da die Masse von T und F von P abhängen. Mit den obigen Verhältnissen erhält man

aufgehübscht, da P = 1 ist

Bei genauerer Betrachtung der beiden Formeln erkennt man deren Plausibilität: Geht xt gegen xf, so steigt F gegen „unendlich“ und WUTA(xt) fällt gegen V(xp). Beide Kurven schneiden sich also an einem bestimmten Punkt, dem Kostenoptimum. Nun muss der Schnittpunkt zwischen den Kurven in Abhängigkeit von xt ermittelt werden. Dazu muss die Feedmasse F mit den Kosten KHEX für ein Kilogramm HEX multipliziert werden, und die Urantrennarbeiten mit den Kosten KUTA für ein Kilogramm UTA. Schließlich erhält man die Formel für den optimalen Abreicherungsgrad:

oder ausgeschrieben:

Werden nun folgende Werte eingesetzt: Feedanreicherung xf=0,0071; Productanreicherung xp=0,035; Preis für ein Kilogramm UTA KUTA = 97 Euro und Preis für ein Kilogramm HEX KHEX = 101 Euro, so kann man die Gleichung im Schießverfahren numerisch nach xt lösen. Als Ergebnis erhält man xt = 0,0015; also eine kostenoptimale Abreicherung der Tails auf 0,15% 235U. Die Formel kann auch verwendet werden, wenn statt Natururan (NatU) Uran aus Wiederaufarbeitungsanlagen (RepU) bezogen wird, welches ein anderes Isotopenverhältnis von 235U besitzt als Natururan.

Die genaue Abreicherung ist von Anlage zu Anlage unterschiedlich, da sie sich im Stromverbrauch und den Stromkosten unterscheiden. Für das obige Beispiel wurden die Weltmarktpreise von KHEX und KUTA am 23. Oktober 2012 angenommen. So ist es für eine Gasdiffusionsanlagen sicher optimaler auf nur etwa 0,3% abzureichern, und die Tails zu einer Zentrifugenanlage in Russland zu schicken, um diese dort dank günstiger Kosten weiter auf 0,1% abzureichern.

Kostenstrukturen

Einfahrt zur Urenco-Anlage in Capenhurst (Großbritannien)

Nach der Anlieferung des Uranhexafluorids (HEX) von Konversionsanlagen in Transportbehältern wird dieses in Autoklaven verdampft, und mit Unterdruck in die Anlage eingespeist. Nach erfolgtem Trennverfahren wird das Endprodukt, also die angereicherte und abgereicherte Fraktion, wieder in Transportbehälter gefüllt und dort gekühlt, damit es sich darin niederschlägt (desublimiert). Das abgereicherte HEX wird dann an zu Dekonversionsanlagen geschickt, während das angereicherte Uranhexafluorid an Brennelementefabriken (bzw Energieversorger) verkauft wird. Der Preis für eine Urantrennarbeit (UTA) schwankte dabei in den letzten Jahren zwischen $80-160/kg UTA.[30]

Da Uranhexafluorid leicht verdampft und sublimiert – nur wenige Grad über der Raumtemperatur reichen dazu aus, auch weil der Stoff mit Unterdruck gelagert und transportiert wird – macht die Anreicherungsmethode den größten Posten bei der Stromrechnung des Unternehmens aus. Im Vergleich benötigt das Gasdiffusionsverfahren etwa 2400 kWh/kg Urantrennarbeit (UTA), und das Gaszentrifugenverfahren zwischen 50-60 kWh/kg UTA.[31] Das Trenndüsenverfahren ist mit 3000 kWh/kg UTA sogar noch energieintensiver.[26] Wenn man nun beispielhaft von einem Industriestrompreis von $ 5 ct/kWh ausgeht, ergeben sich pro Kilogramm Urantrennarbeit folgende Stromkosten:

  • Gasdiffusionsverfahren mit 2400 kWh/kg UTA: $120/kg UTA
  • Gaszentrifugenverfahren mit 55 kWh/kg UTA: $2,75/kg UTA
  • Trenndüsenverfahren mit 3000 kWh/kg UTA: $150/kg UTA

Wie ersichtlich wird der gegenwärtige Preis für Urantrennarbeit von $80-160/kg UTA von den existierenden Gasdiffusionsanlagen bestimmt: Würde der Preis fallen, und hier herrscht großer Spielraum nach unten, gäbe es global nicht genügend Anreicherungskapazität. Die Gewinnschwelle des Trenndüsenverfahrens ist hingegen zu hoch, als das es jemals hätte wirtschaftlich sein können.

Bei der momentanen Marktsituation machen Unternehmen wie Urenco, welche mit der Gaszentrifuge anreichern ein gutes Geschäft, da die Gewinnspanne recht hoch ist. Folglich baut Urenco seine Kapazität kontinuierlich aus. Bei der Erweiterung der Urananreicherungsanlage Gronau wurden beispielsweise zusätzliche Kapazitäten von 2700 t UTA pro Jahr für 800 Mio. Euro errichtet.[32][33] Gasdiffusionsanreicherer werden so gezwungen ebenfalls in die moderne Zentrifugentechnik zu investieren, um statt Kostendeckung einen Gewinn zu erwirtschaften. Areva hat z.B mit der Urananreicherungsanlage George Besse II eine Kapazität von 7500 t UTA pro Jahr für 3 Mrd. Euros errichtet.[34] Die spezifischen Investitionskosten in eine Gaszentrifugenanlage betragen somit:

  • In Gronau 2700 t UTA pro Jahr für € 800 Mio., also € 296/t UTA
  • In Tricastin 7500 t UTA pro Jahr für € 3 Mrd., also € 400/t UTA

Je nachdem ob ein bestehendes Gelände erweitert wird, oder eine Anlage neu auf die grüne Wiese gesetzt wird, fallen Kosten von € 300-400/t UTA an. Selbst wenn die Erweiterung zu 100% mit Fremdkapital finanziert wird, mit 5% Zins und 25 Jahren Abschreibungszeitraum (Annuität etwa 7%), ergeben sich Kapitalkosten von maximal 400 × 0,07 = 28 Euro pro Tonne Urantrennarbeit. Bei Marktpreisen von € 65-130/kg UTA sind diese Zusatzkosten von € 0,028/kg UTA bedeutungslos.

Interessanterweise wurden die Investitionskosten für eine Gasdiffusionsanlage 1974 von der IAEA mit $137-160/kg SWU angegeben, und für eine Zentrifugenanlage mit $129-195/kg SWU.[35] Zu Preisen von 2012 wären dies $669-781/kg SWU bzw $630-952/kg SWU.[36] Inflationsbereinigt betrachtet ist der Bau von Anreicherungskapazität in den letzten Jahren also billiger geworden.

Die Kosten der Urananreicherung werden demnach hauptsächlich von Stromverbrauch und Strompreis definiert.

Produkte

Im Folgenden nun eine Liste der Uranprodukte, welche eine Anreicherungsanlage in Form von Uranhexafluorid anbieten kann. Die Anreicherung auf MEU oder HEU ist bei den meisten Anlagen möglich, wird aber nur sehr selten durchgeführt. Einem möglichen Missbrauch soll durch intensive Kontrollen der IAEA im Zuge des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen Einhalt geboten werden. Da diese Kontrollen aber angemeldet werden und freiwillig sind hat die IAEA ein Zusatzprotokoll zum Kernwaffensperrvertrag verfasst, das den Inspektoren die Möglichkeit gibt, unangemeldete Kontrollen in beliebigen Einrichtungen durchzuführen, so auch in Urananreicherungsanlagen.

LEU

Unter schwach angereichertem Uran (engl. low-enriched uranium, LEU) versteht man Uran, das zwischen 0 und 5 Prozent mit dem Isotop 235U angereichert wurde (IAEA).[37] Teilweise wird auch zwischen LEU und SEU unterschieden, wobei SEU für slightly enriched uranium steht, und einen 235U-Anteil von 0,7 bis 2 Prozent besitzt. LEU kann auch durch downblending erzeugt werden: Dabei wird MEU oder HEU mit abgereichertem Uran (DU) vermischt, um den Anteil der 235U-Atome im Gemisch zu senken. Leicht angereichertes Uran kommt meistens in Leistungsreaktoren zum Einsatz, zum Beispiel in Kernkraftwerken, aber auch in Forschungsreaktoren.

MEU

Unter mäßig angereichertem Uran (engl. moderately enriched uranium, MEU) versteht man Uran, das zwischen 5 % und 80 % mit 235U angereichert wurde (IAEA).[38] Mäßig angereichertes Uran kommt meist in Kernkraftwerken, nuklearen Schiffsantrieben und Forschungsreaktoren zum Einsatz.

HEU

Unter hoch angereichertem Uran (engl. highly enriched uranium, HEU) versteht man Uran, das zwischen 80 und 100 Prozent mit 235U angereichert wurde (IAEA).[39] Hochangereichertes Uran wird meistens zum Einsatz in Kernwaffen verwendet. Allerdings beschäftigt sich auch die Forschung damit, zum Beispiel wenn in Forschungsreaktoren ein möglichst hoher Neutronenfluss erzielt werden soll.

DU

Bei abgereichertem Uran (engl. depleted uranium, DU) handelt es sich um die Anreicherungsabgänge (Tails) der Urananreicherung, bei denen der Anteil des spaltbaren Isotops 235U geringer ist als bei dem natürlich vorkommenden Isotopengemisch. Bedingt durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Urananreicherung liegt der 235U-Gehalt bei etwa 0,3%. Das DU, welches die Anlage als Uranhexafluorid verläßt, wird in Konversionsanlagen zu Uraninit umgewandelt um besser lagerbar zu sein. Es wird später in Brütern genutzt werden. Folglich gilt abgereichertes Uran laut dem Atomgesetz der Bundesrepublik Deutschland als Wertstoff, und ist damit Joghurtbechern gleichgestellt. Aufgrund seines geringen Preises in Verbindung mit seiner sehr hohen Dichte wird DU unter anderem auch als Uranmunition in panzerbrechenden Geschossen, oder zur Panzerung von Fahrzeugen eingesetzt. Durch seine hohe Dichte kann es auch als Material für Gamma-Abschirmungen und Ausgleichsgewichte eingesetzt werden.

Anlagen

Zentrifugenkaskade in Piketon, 1984. Der Bau der Anlage wurde 1985 aus politischen Gründen abgebrochen, weil das Laserverfahren vielversprechender erschien.[40]
Liste aller kommerziellen Urananreicherungsanlagen (2015)[31]
Land Anlage Unternehmen Methode Kapazität [t UTA/a]
Frankreich Georges Besse II Areva Zippe-Zentrifuge 7000
Deutschland Gronau Urenco 14.400
Niederlande Almelo
Großbritannien Capenhurst
USA New Mexico 4700
Idaho Falls Areva Im Bau
Wilmington Global Laser Enrichment SILEX Im Bau
Japan Rokkasho Japan Nuclear Fuel Limited (JNFL) Zippe-Zentrifuge 75
Russland Nowouralsk Tenex 26.578
Selenogorsk
Sewersk
Angarsk
China Hanzhong China National Nuclear Corporation (CNNC) 5760
Lanzhou 2
Pakistan Kahuta Pakistan Atomic Energy Commission (PAEC) 5
Argentinien diverse diverse 100
Brasilien
Indien
Iran

Deuterium

Nach der Urananreicherung ist die Anreicherung von schwerem Wasserstoff (Deuterium) gegenwärtig am wichtigsten. Während der Massenunterschied zwischen den Isotopen anderer Elemente meist nur im niedrigen Prozentbereich liegt ist das Deuterium-Atom doppelt so schwer wie ein normales Wasserstoffatom. Durch diesen hohen Massenunterschied gibt es auch signifikante Unterschiede bei den chemischen Eigenschaften die man sich bei der Trennung zunutze machen kann. Problematisch ist das der Deuteriumgehalt in irdischem Wasserstoff sehr gering ist.

Verfahren

Das wichtigste physikalische Verfahren zur Deuterium-Anreicherung ist die Destillation, entweder von Wasser oder von flüssigem Wasserstoff. Deuterium hat durch sein höheres Atomgewicht einen etwas höheren Siedepunkt als normaler Wasserstoff, das selbe gilt für deuteriumhaltiges Wasser. Die Destillation von Wasser ist verfahrenstechnisch freilich einfacher dafür ist die Selektivität durch die höhere Differenz der Molekulargewichte bei flüssigem Wasserstoff höher. Die Destillationsanreicherung kommt auch in der Natur vor: Schweres Meerwasser oder Wasser von (Salz-) Seen ohne Abfluss enthält wesentlich mehr deuteriumhaltige Wassermoleküle als Regenwasser. Ein weiteres physikalisches Verfahren ist die fraktionierte Desorption von Wasserstoff an einer Membran welche prinzipiell den Difussionsanreicherungsverfahren von Uran ähnelt aufgrund der höheren Massendifferenz aber viel effektiver ist. Da ein natürliches Wasserstoff- bzw. Wassermolekül üblicherweise im besten Fall nur ein Deuteriumatom enthält eignen sich diese Verfahren nicht als alleinige Anreicherungsverfahren für die Herstellung von reinem Deuterium oder schwerem Wasser. Die Verfahren werden daher gegebenenfalls nur zur Voranreicherung in Kombination mit einem chemischen Verfahren genutzt. Als alleiniges Anreicherungsverfahren wäre auch ein physikalisches Trennverfahren auf Basis eines Moleküls das nur ein Wasserstoffatom enthält möglich. Hier kommt etwa Flusssäure in Frage was aber wenig praktikabel ist.

Bei chemischen Anreicherungsverfahren nutzt man aus, dass die Deuteriumatome durch ihre höhere Massenträgheit chemisch etwas träger reagieren, auch die allgemeinen chemischen Eigenschaften sind geringfügig anders. Mögliche Verfahren sind etwa die Wasser-Elektrolyse, der Grindler-Sulfid Prozess, der Wasserstoff-Ammoniak-Prozess und die langsame Oxidation von Wasserstoff. Hier wird jeweils die unterschiedliche Reaktionsgeschwindigkeit in einem mehrstufigen Prozess ausgenutzt.

Wirtschaftlichkeit

Wirtschaftlichkeitsberechnungen erfolgen im Wesentlichen analog zum Uran jedoch freilich mit anderen Parametern. Natürliches Wasser ist als Rohstoff fast gratis und die Massendifferenz ist viel höher als zwischen den Uranisotopen was die Trennung leichter macht dafür enthält irdischer natürlicher Wasserstoff nur etwa 0,015% Deuterium. Die Zielanreicherung ist je nach Anwendung üblicherweise etwa 90% bis über 99% (als Moderator in Schwerwasserreaktoren, der mengenmäßig wichtigsten Anwendung, wird üblicherweise sehr reines Schwerwasser verwendet).

Beachtlich ist das manche Verfahren Energie zu einem großen Teil nur in Form von Niedertemperatur-Prozesswärme benötigen welche in der Regel wesentlich billiger ist als z.B. elektrische Energie. In der Bruce Heavy Water Plant wird preiswerter Prozessdampf aus dem nahegelegenen Kernkraftwerk Bruce für die Deuteriumanreicherung mit dem Grindler-Sulfid Prozess genutzt.

Weblinks

Einzelnachweise

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  3. a b c d Hewlett, Richard G.; Anderson, Oscar E. (1962). The New World, 1939–1946. University Park: Pennsylvania State University Press. ISBN 0-520-07186-7.
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  37. IAEA - Thesaurus 9178: LEICHT ANGEREICHERTES URAN (englisch)
  38. IAEA - Thesaurus 6203: MAESSIG ANGEREICHERTES URAN (englisch)
  39. IAEA - Thesaurus 4400: HOCHANGEREICHERTES URAN (englisch)
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