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Kernkraftwerk Graben

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Kernkraftwerk Graben
Gemeinde Graben mit dem ursprünglich vorgesehenen Standort (Bildmitte links)
Gemeinde Graben mit dem ursprünglich vorgesehenen Standort (Bildmitte links)
Standort
Land Civil Ensign of Switzerland.svg Schweiz
Kanton Bern
Ort Graben
Koordinaten 47° 13′ 32″ N, 7° 43′ 30″ OTerra globe icon light.png 47° 13′ 32″ N, 7° 43′ 30″ O
Reaktordaten
Eigentümer Kernkraftwerk Graben AG
Betreiber Kernkraftwerk Graben AG
Pläne storniert 2 (2428 MW)
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Die Quellen für diese Angaben sind in der Zusatzinformation einsehbar.

Das Kernkraftwerk Graben (kurz KWG[1]) sollte nahe der Gemeinde Graben im schweizerischen Kanton Bern entstehen. Nach mehrjähriger Planung und dem Feststecken im Rahmenbewilligungsverfahren wurde die Anlage 1990 storniert und das Projektunternehmen 1996 auf gerichtliche Anordnung durch die Eidgenossenschaft finanziell entschädigt.

Geschichte

Im Jahr 1968 erwarb die Bernische Kraftwerke AG vorsorglich für den Bau eines zweiten Kernkraftwerks nach dem Bau von Mühleberg ein Gelände in der Gemeinde Graben im Bezirk Wangen. Für den Bau war zu diesem Zeitpunkt noch kein Projekt vorgesehen, allerdings war bereits klar, dass ein potentielles Kernkraftwerk in Graben wesentlich größer dimensioniert werden sollte als das Kernkraftwerk Mühleberg.[2][3] Die Standortfläche betrug 20 Hektar. Die Standortsicherung kam parallel zu identischen Aktivitäten der Nordostschweizerische Kraftwerke AG, die mit Rüthi und Rheinklingen gleich zwei Standorte reservierte.[4] Im Oktober 1970[5] beantragte die Bernische Kraftwerke AG beim Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement die Standwortbewilligung für das Kernkraftwerk Graben. Ein Bau des Kernkraftwerks sollte allerdings abhängig von der Entwicklung des Strombedarfs entschieden werden.[6][7] Die Standortbewilligung wurde für den Bau von zwei Reaktorblöcken als Doppelblock beantragt mit einer Blockleistung von je 540 MW. Im Juni 1971 reichte die Bernische Kraftwerke AG ein Gesuch für die Gebrauchswasserkonzession aus der Aare für den Betrieb des Kernkraftwerks bei der Direktion für Verkehr, Energie- und Wasserwirtschaft des Kantons Bern ein. Vorgesehen war, dass das Kernkraftwerk Graben die Kühlung durch einen Kühlturm umsetzt um die Wärmeeinleitung zu reduzieren,[5] was infolge der im März 1971 erlassenen Verfügung des Bundesrats geschah, dass Anlagen mit Kühlwassernutzung an Flüssen mit Kühltürmen ausgestattet werden müssen. Da durch die Kühlung über Kühltürme die Aufwärmspanne des Kühlwassers vergrößert wurde, hat die Bernische Kraftwerke AG bis 1972 die Planungen angepasst und die Größe der beiden Reaktorblöcke in der Projektion auf je 850 MW erhöht.[8] Am 10. Oktober 1971 wurde die Konzession bewilligt.[9]

Im Spätsommer 1972 gab die Bernische Kraftwerke AG die Zeitplanung für das Kernkraftwerk Graben bekannt, wonach Graben 1 ab 1976 errichtet werden sollte, Graben 2 sollte 10 Jahre später folgen. Der Termin für den Baubeginn war an der Bedingung gekoppelt, dass das Kernkraftwerk Kaiseraugst errichtet werden würde. Man ging davon aus, wenn Kaiseraugst nicht gebaut wird, dass man den Baubeginn für Graben mehrere Jahre vorziehen hätte können. Kritik an dem Projekt gab es seitens der Anwohner der Anlage im Bezug auf die geplanten Kühltürme. Jeder Block sollte mit einen Kühlturm mit 140 Metern Höhe und einem Basisdurchmesser von 100 Metern ausgestattet werden.[10] Auf dieser Basis hat die Bernische Kraftwerke AG daher ein zusätzliches meteorologisches Gutachten in Auftrag gegeben, in dem nachgewiesen werden konnte, dass die Kühltürme keine Auswirkungen auf die Umgebung haben.[11] Am 31. Oktober 1972 wurde seitens des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement die Standortbewilligung für das Kernkraftwerk Graben erteilt.[12][13] Im Laufe des Jahres 1973 wurde im Kanton Bern das Baubewilligungsverfahren für Graben eingeleitet.[14] Seitens Projektgegnern wurde an den Großen Rat von Bern in der Folge ein Antrag auf Ablehnung gestellt, den der Rat am 7. November 1973 ablehnte.[15]

Im Frühjahr 1972 forderte die Bernische Kraftwerke AG die Reaktorlieferanten Kraftwerk Union und das Konsortium Brown Boveri/General Electric Technical Services Company auf, Angebote für Siedewasserreaktoren für das Kernkraftwerk Graben zu offerieren mit dem Ziel, mit einen der Unternehmen eine Absichtserklärung für ein Reaktormodell zu unterzeichnen. Ende 1973 sind die Angebote beider Unternehmen eingegangen, parallel zur Unterzeichnung eines Anreicherungsabkommens der Bernischen Kraftwerke AG mit der Atomic Energy Commission der Vereinigten Staaten.[14] Am 24. April 1974[12] erteilte die Bernische Kraftwerke AG dem Konsortium Brown Boveri/General Electric Technical Services Company die Absichtserklärung für die schlüsselfertige Errichtung eines General Electric BWR/6 für Graben 1 mit Lieferung des Erstkerns[14] und der ersten sechs Nachladungen.[16] Die erwarteten Kosten für den Block wurden auf 400 Millionen Dollar angesetzt.[17] Die Absichtserklärung enthielt bereits die Option auf die Bestellung des baugleichen Blocks Graben 2. Jeder der Blöcke sollte jeweils eine Nettoleistung von 1140 MW aufweisen.[18] Am 18. März 1974 wurde der Antrag auf die erste nukleare Teilbaubewilligung beim Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement gestellt.[12][19] Dieser Prozess fand parallel zur kantonalen Baubewilligung statt, die am 19. Dezember 1974 erteilt wurde. Die noch 18 offenen Einsprüche gegen die Genehmigung der kantonalen Baubewilligung wurden damit abgewiesen, allerdings diese Einsprüche in ein Rechtsverfahren umgewandelt.[20] Im Februar 1975 erfolgte der Antrag auf die ordentliche Baubewilligung beim Kanton Bern.[21] Einen Antrag der Progressiven Organisationen der Schweiz an dem Großen Rat des Kantons Bern, dessen Hauptaktionärsschaft an der Bernischen Kraftwerke AG zu nutzen, um gegen das Kernkraftwerk Graben zu agieren, lehnte der Rat am 12. Mai 1975 ab.[22] Ein Postulat darauf wurde am 3. November 1975 mit 80 gegen 33 Stimmen im Großen Rat ebenfalls abgelehnt.[23]

Aufgrund der Zahl der Projekte, die das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement zu bearbeiten hatte bei gleichzeitigem Mangel an Personal, erklärte der Leiter des Departement, Bundesrat Willi Ritschard, dass sich die Genehmigungsabstände von Kernkraftwerken verlängern werden. Demnach sollte zunächst die Genehmigung des Kernkraftwerks Leibstadt erfolgen, gefolgt vom Bewilligungsverfahren von Kaiseraugst frühstens 1977, danach die Genehmigung des Kernkraftwerks Graben. Als weiteren Schritt wurde die Zahl der Teilgenehmigungen für den Bau von sechs auf zwei reduziert.[24] Seitens des Kantons Bern wurde am 1. November 1976[25] die ordentliche Baubewilligung für das Kernkraftwerk Graben erteilt.[21] Für einen Beginn der Bauarbeiten stand ab diesem Zeitpunkt lediglich die nukleare Baugenehmigung durch das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement aus.[25]

Zwischen dem 26. und 28. August 1977 fand am Kernkraftwerk Graben eine große Protestaktion statt, die als „Grabenfest“ tituliert wurde. Die insgesamt 5000 bis 8000 Teilnehmer starteten am 26. August am Kernkraftwerksstandort einen Auftakt, am 27. August einen Demonstrationszug nach Bern, der am 28. August in Graben wieder abgeschlossen wurde.[26]

Wendejahre

Am 24. August 1977 verabschiedete der Bundesrat eine Novellierung des Atomgesetzes, in der eine Neuregelung der Genehmigung neuer Kernkraftwerke umgesetzt wurde. Demnach war die Genehmigung neuer Kernkraftwerke nicht mehr in der Hand des entsprechenden Departements und dem Kanton angesiedelt, sondern muss zukünftig durch den Bundesrat bewilligt werden. Die Bewilligung eines Kernkraftwerks durch den Bundesrat sollte auf Basis eines zuvor durchgeführten Standortgesuchs erfolgen, in dem die Bevölkerung die Möglichkeit hatte Einspruch zu erheben, sowie auf Basis des Bedarfs. Die Bedürfnisklausel war gänzlich neu und forderte durch den Eigentümer der Anlage (Antragsteller) den Nachweis, dass der Energiebedarf für ein Kernkraftwerk vorhanden ist und einen Entsorgungsnachweis für die radioaktiven Reststoffe anführen. Erst nach Erfüllung dieser Grundsätze, kann der Bundesrat infolge eine Rahmenbewilligung erteilen, gegen die nur die direkt betroffenen Gemeinden und Kantone Einspruch erheben können. Da das Kernkraftwerk Graben zum Zeitpunkt der Gesetzgebung nicht im Bau war, musste der Prozess nachgeholt werden, wie auch für die Kernkraftwerke Kaiseraugst und Verbois.[26] Diese Änderung wurde durch die zuständige Kommission des Nationalrates im März 1978 angenommen[27] und am 20. April 1978 durch den Nationalrat verabschiedet.[28] Diese Gesetzgebung war ursprünglich dafür gedacht, die sogenannte „Atominitiative“ als Volksabstimmung zu umgehen. Diese sah vor, dass die Bundesverfassung durch einen Abschnitt erweitert werden sollte, der den Bau neuer Kernkraftwerke verbieten würde. Diese wurde dennoch abgehalten und am 18. Februar 1979 mit knapper Mehrheit abgelehnt. Insgesamt stimmten 48,8 % (919.923 Stimmen) für die Initiative und 51,2 % (965.271 Stimmen) dagegen. In der Standortgemeinde Graben lag das Stimmverhältnis bei 55 Ja-Stimmen zu 81 Nein-Stimmen. Graben war die einzige geplante Standortgemeinde neben Kaiseraugst, Verbois und Rüthi in der Schweiz, der das Bauverbot von Kernkraftwerken ablehnte. Die Standortgemeinden der bereits in Betrieb und in Bau befindlichen Kernkraftwerke der Schweiz lehnten durchweg deutlich das Verbot ab.[29]

Am 10. November 1979 wurde durch einen Anschlag der 60 Meter hohe meteorologische Messmast am Standort des Kernkraftwerks Graben zu Fall gebracht. Die Stahlseile, die den Messmast abgespannt haben, wurden mit einer Säge durchtrennt. Beschädigungen in der Umgebung blieben aus, am Gelände selbst wurde nur der Zaun beschädigt.[30] Am 14. Dezember 1979 stimmte die Gemeindeversammlung von Graben bei Anwesenheit von 47 % der 175 stimmberechtigten Mitgliedern mit 43 zu 40 Stimmen wurde die Schaffung der Kernkraftwerkszone in der Gemeinde. Drei Einwohner von Graben haben gegen die Entscheidung Einspruch erhoben.[31] Dies ermöglichte der Kernkraftwerk Graben AG am 17. Dezember 1979 das Gesuch für die Rahmenbewilligung von Graben 1 beim Bund zu stellen. Innerhalb von 90 Tagen nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger war es möglich Einspruch zu erheben. Wenn der Energiebedarf auf Basis der Analyse der eidgenössischen Energiekommission gegeben ist, kann der Bundesrat eine Entscheidung für die Erteilung der Rahmenbewilligung geben, die anschließend vom Parlament bestätigt werden muss.[32] Am 1. Januar 1980 wurde im Rahmen der Neujahrsproteste eine Kundgebung in Graben veranstaltet mit 2500 Projektgegnern.[31]

Bis Ende 1980 haben im Bundesrat bisher 17 Kantone den Bedarf für den Bau des Kernkraftwerks Graben bejaht, während sich die drei Kantone Basel-Stadt, Basel-Land und Jura dagegen ausgesprochen gaben und keinen Bedarf sahen. Sieben weitere Kantone konnten noch keine abschließende Stellungnahme zum Bedarf abgeben. Während der Einwendungsfrist wurden insbesondere aus dem Kantonen Bern und Solothurn Einsprüche gegen die Erteilung einer Rahmenbewilligung erhoben. Rund 20.000;nbsp;Einwendungen kamen allerdings alleine von Parteien, während 14.000 Formulare aus vorgefertigten Einwendungen von Anti-Atomkraft-Organisationen kamen.[33] Einige der Einwendungen betrafen insbesondere die Gebrauchswasserkonzession von 1971, deren Gültigkeit angezweifelt wurde. Der Regierungsrat Henri Sommer erklärte, dass die 1971 erteilte Konzession nicht erloschen oder fehlerhaft sei, allerdings die Bernische Kraftwerke AG diese an die Kernkraftwerk Graben AG übertragen muss. Zusätzlich war es nötig die 1976 um fünf Jahre verlängerte Konzession um weitere fünf Jahre zu verlängern, worauf das Kantonsparlament von Bern aufmerksam gemacht wurde.[34] Aufgrund der weiter anhaltenden Diskussion um das Kernkraftwerk Kaiseraugst wurden bis 1982 immer mehr Überlegungen laut den Bau von Graben vor Kaiseraugst vorzuziehen. Der Kanton Bern lehnte dies allerdings ab und stimmte in einer Motion der Schweizerischen Volkspartei mit 140 zu 32 Stimmen dafür, sich mit allen rechtlichen Mitteln gegen das Vorziehen von Graben gegenüber Kaiseraugst zu wehren.[35]

Im Jahr 1984 wurde im Rahmen des Geschäftsberichts der Kernkraftwerk Graben AG wird weiterhin der Bedarf für das Kernkraftwerk Graben bestätigt, weshalb das Unternehmen entschied das Rahmenbewilligungsverfahren weiter fortzuführen. Allerdings ging das Unternehmen davon aus, dass die eidgenössischen Behörden das Projekt weiterhin vorsätzlich verzögern wollten.[36] Seit Einreichung des Rahmenbewilligungsverfahren 1979 lagen die Projektierungsarbeiten am Kernkraftwerk Graben praktisch auf Eis, da alle für die Genehmigung nötigen Arbeiten abgeschlossen waren.[37] Im Jahr 1988 gab die Kernkraftwerk Graben AG bekannt, dass man final keine weiteren Projektierungsarbeiten am Kernkraftwerk Graben mehr vornehmen werde. Die meteorologischen und hydrologischen Untersuchungen waren zu diesem Zeitpunkt endgültig abgeschlossen worden. Eine Realisierung des Kernkraftwerks Graben sah man trotz des laufenden Bewilligungsverfahren nicht mehr vor dem Jahr 2000 als möglich an.[38] Ab dem 17. November 1988 verhandelte die Kernkraftwerk Graben AG mit dem Bundesrat über die Einzelhalten um auf das Kernkraftwerk Graben zu verzichten. Der Bundesrat selber unterstützte weiterhin den Ausbau der Kernenergie, weshalb bis 1990 die Frage offenblieb, ob womöglich doch eine Bewilligung für Graben erteilt werde, zumal das Projekt Kaiseraugst 1989 wegfiel und damit Graben an der Reihe gewesen wäre und weder der Bundesrat, noch die Kernkraftwerk Graben AG auf die Anlage unwiderruflich verzichten wollte. Hintergrund war, dass hierbei eine mögliche Entschädigung in dreistelliger Millionenhöhe im Raum stand. Dies unterstrich die Kernkraftwerk Graben AG durch ein Schreiben am 10. Mai 1990, in der sie erklärte, dass die über Jahre aufgeschobene Entscheidung zur Rahmenbewilligung faktisch als Ablehnung seitens des Bundesrates gesehen werde. Unabhängig davon stellte die Kernkraftwerk Graben AG am 20. August 1990 öffentlich klar, dass man das Kernkraftwerk Graben nicht errichten werde.[39]

Am 20. August 1990 wurde seitens der Kernkraftwerk Graben AG eine Klage eingereicht, um eine Entschädigungszahlung in Höhe von 300 Millionen Franken seitens des Bundes zu erreichen. Der Gesamtschaden belief sich auf 600 Millionen Franken. Der Bundesrat wies die Forderung zurück, da weder die Rahmenbewilligung erteilt wurde, noch offensichtlich abgelehnt wurde.[39] Am 4. November 1994 urteilte das Bundesgericht gegen den Bundesrat und unterstrich, dass es sich faktisch um eine Verweigerung der Rahmenbewilligung durch die Verzögerung handelte und daher die Eidgenossenschaft hierfür haftet.[40][39] Eine Summe sollte in einem weiteren Gerichtsverfahren festgelegt werden.[39] Am 4. Juli 1995 verhandelte die Kernkraftwerk Graben AG und der Bund über einen Vergleich, bei der das Unternehmen die Zahlung von 225 Millionen Franken sofort forderte. Die Verhandlungen scheiterten.[41] Am 16. Januar 1996 war ein weiterer Vergleich zwischen den beiden Streitparteien erfolgreich. Der Bund stimmte die Zahlung von 227.034.245 Franken an die Kernkraftwerk Graben AG zu.[39][42][43]

Standortdetails

Das Gelände des Kernkraftwerks Graben ist ein flacher Teil entlang des Ufers der Aare. Der geringe Platz am Standort bedingte die Platzierung beider geplanter Blöcke entlang der Aare, mit einem entsprechenden störungsfreien Streifen entlang der Aare.[12] Der Ausbau des Standortes sollte, aufgrund des ansteigenden Hangs im Süden (Höhenunterschied bis 30 Meter insbesondere im Südosten), von Ost nach West erfolgen, sodass der zweite Block mit einem Kühlturm das gesamte Gelände bis zur Mündung der Önz in die Aare den restlichen Platz am Standort ausfüllt. Dabei handelt es sich um die einzig mögliche Positionierung der Hauptgebäude am Standort, weshalb der vorgesehene Aufbau des Kernkraftwerks einige unkonventionelle Besonderheiten aufweisen sollte, darunter der sehr kurze Abstand zwischen Maschinenhaus und Kühlturm, was durch die Standortbedingungen vorgegeben wird.[44] Zusätzlich zur Elektrizitätserzeugung war für das Kernkraftwerk auch die Auskopplung von Fernwärme für die Stadt Bern angedacht gewesen. Zwar ist das Kernkraftwerk eher abseits der Stadt gelegen, hätte aber eine mögliche Fernwärmeauskopplung aus dem Kernkraftwerk Mühleberg ausgleichen können.[45] Um im Regelverbund zu agieren sollte parallel zum Kernkraftwerk Graben das Pumpspeicherkraftwerk Grimsel II um weitere Turbinen ausgebaut werden.[46]

Eigentümer und Betreiber

Die Eigentümerschaft des Kernkraftwerks Graben sollte nicht alleine bei der Bernischen Kraftwerke AG liegen. Das Unternehmen plante dazu die Gründung einer Partnergesellschaft.[19] Am 22. Dezember 1975[47] gründete die Bernische Kraftwerke AG, die Kernkraftwerk-Beteiligungsgesellschaft AG, die Aare-Tessin AG für Elektrizität, die Centralschweizerische Kraftwerke und Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg AG und die Elektrowatt AG zum Zweck des Baus des Kernkraftwerks Graben und für dessen Betrieb die Kernkraftwerk Graben AG. Mehrheitsaktionär bleib die Bernische Kraftwerke AG.[48] Die Anteilschaft teilt sich wie folgt auf:[49]

  • 45 % - Bernische Kraftwerke AG (Mehrheitseigentümer)
  • 39 % - Kernkraftwerk-Beteiligungsgesellschaft AG
  • 06 % - Aare-Tessin AG für Elektrizität[50]
  • 05 % - Centralschweizerische Kraftwerke und Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg AG[51]
  • 05 % - Elektrowatt AG[52]

Technik

Das Kernkraftwerk Graben sollte mit Siedewasserreaktoren des Typs General Electric BWR/6 ausgestattet werden.[12] Bei einer thermischen Leistung von 3579 MW sollte eine elektrische Bruttoleistung von 1214 MW erreicht werden. 1140 MW sollten netto in das Stromnetz eingespeist werden.[53] Bei dem Reaktormodell handelt es sich um einen 732 Brennelemente-Kern mit einem Reaktordruckbehälter, der eine Höhe von 22 Metern aufweist bei einem Durchmesser von rund 6 Metern (238 Zoll-Behälter). Vorgesehen war die Anlage mit einem Containment des Typs Mark III.[12] Der Turbosatz sollte durch BBC geliefert werden. Hierbei handelt es sich um ein neues Modell, das als Schnellläufer (3000 -1/min) ausgelegt war mit einem vollständig wassergekühlten Generator mit einer Scheinleistung von 1447 Megavoltampere.[19] Die Auslegungsleistung des Turbosatzes beträgt 1230 MW und setzt sich aus einem Hochdruckteil, drei Niederdruckteilen und dem Generator zusammen.[12] Die Kühlung der Anlage sollte durch einen Kühlturm erfolgen mit einer Höhe von 145 Metern Höhe[25] (139 Metern über Boden) mit einem Basisdurchmesser von 118 Metern.[12] Mit dem Kernkraftwerk Graben als Referenzanlage bot das Konsortium Brown Boveri/General Electric Technical Services Company in der identischen Konfiguration die Anlage auch für das österreichische Kernkraftwerk Stein an.

Daten der Reaktorblöcke

Reaktorblock
(Zum Ausklappen Block anklicken)
Reaktortyp Leistung Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Stilllegung
Typ Baulinie Netto Brutto

Einzelnachweise

  1. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 40. Handelsblatt GmbH, Juni 1995. Seite 430.
  2. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 13. Handelsblatt GmbH, August/September 1968. Seite 384.
  3. Nuclear Engineering International, Bände 13-14, Progressive Media International, 1968. Seite 633.
  4. Kerntechnik, isotopentechnik und- chemie, Band 12, Karl Thiemig., 1970. Seite 422, 520.
  5. a b Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 16. Handelsblatt GmbH, November 1971. Seite 555.
  6. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 15. Handelsblatt GmbH, Dezember 1970. Seite 545.
  7. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 16. Handelsblatt GmbH, März 1971. Seite 148.
  8. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 17. Handelsblatt GmbH, Mai 1972. Seite 255.
  9. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 21. Handelsblatt GmbH, April 1976. Seite 188.
  10. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 17. Handelsblatt GmbH, September/Oktober 1972. Seite 442.
  11. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 18. Handelsblatt GmbH, März 1973. Seite 138.
  12. a b c d e f g h Das Kernkraftwerk Graben, 1976. Abgerufen am 09.01.2024. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  13. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 17. Handelsblatt GmbH, Dezember 1972. Seite 590.
  14. a b c Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 19. Handelsblatt GmbH, Mai 1974. Seite 209, 254.
  15. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 19. Handelsblatt GmbH, Januar 1974. Seite 4.
  16. Nuclear Engineering International, Band 20, Heywood-Temple Industrial Publications Limited, 1975. Seite 572.
  17. Nuclear Engineering International, Band 19, Heywood-Temple Industrial Publications Limited, 1974. Seite 617.
  18. European Atomic Forum: The Nuclear Power Industry in Europe, Deutsches Atomforum, 1974. Seite 463.
  19. a b c Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 20. Handelsblatt GmbH, April 1975. Seite 204, 205.
  20. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 20. Handelsblatt GmbH, Februar 1975. Seite 51.
  21. a b Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 22. Handelsblatt GmbH, Januar 1977. Seite 3, 4.
  22. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 20. Handelsblatt GmbH, Juni 1975. Seite 267.
  23. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 20. Handelsblatt GmbH, Dezember 1975. Seite 600.
  24. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 21. Handelsblatt GmbH, Januar 1976. Seite 3.
  25. a b c Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 22. Handelsblatt GmbH, Juni 1977. Seite 320.
  26. a b Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 22. Handelsblatt GmbH, Oktober 1977. Seite 496, 506.
  27. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 23. Handelsblatt GmbH, April 1978. Seite 158, 159.
  28. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 23. Handelsblatt GmbH, Juni 1978. Seite 266.
  29. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 24. Handelsblatt GmbH, März 1979. Seite 118.
  30. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 24. Handelsblatt GmbH, Dezember 1979. Seite 557.
  31. a b Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 25. Handelsblatt GmbH, Februar 1980. Seite 56.
  32. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 25. Handelsblatt GmbH, Juni 1980. Seite 331.
  33. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 25. Handelsblatt GmbH, Dezember 1980. Seite 592.
  34. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 26. Handelsblatt GmbH, Dezember 1981. Seite 633.
  35. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 27. Handelsblatt GmbH, November 1982. Seite 549.
  36. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 30. Handelsblatt GmbH, Oktober 1985. Seite 487.
  37. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 31. Handelsblatt GmbH, Juni 1986. Seite 487.
  38. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 33. Handelsblatt GmbH, Oktober 1988. Seite 464.
  39. a b c d e Watson: Wie rebellische Berner schon vor 40 Jahren ein Atomkraftwerk loswurden, 21.12.2019. Abgerufen am 10.01.2024. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  40. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 40. Handelsblatt GmbH, Januar 1995. Seite 51.
  41. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 40. Handelsblatt GmbH, August/September 1995. Seite 558.
  42. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 41. Handelsblatt GmbH, März 1996. Seite 200.
  43. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 41. Handelsblatt GmbH, August/September 1996. Seite 575.
  44. BBC Aktiengesellschaft Brown Boveri & Ci: The Brown Boveri Review, Band 63, Brown, Boveri & Company, 1976. Seite 54, 55.
  45. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 21. Handelsblatt GmbH, August 1976. Seite 384.
  46. International Water Power & Dam Construction, Band 28, PC Electrical-Electronic Press, 1976. Seite 39.
  47. Kerntechnik: zeitschrift für ingenieure aller Fachrichtungen ; the journal for nuclear engineers and scientists, Band 18, Karl Thiemig, 1976. Seite 100.
  48. Kerntechnische Gesellschaft (Bonn, Germany), u.a.: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 21. Handelsblatt GmbH, Februar 1976. Seite 54.
  49. E. Beckjord, u.a.: International comparsion of LWR Performance, Februar 1987. Seite 6-11. Abgerufen am 09.01.2024. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  50. R. M. Whiteside: Major Energy Companies of Europe 1993, Springer Science & Business Media, 2012. ISBN 9789401122382. Seite 203.
  51. Petar Sarcevic: Major Energy Companies of Europe 1989/90: a collection of essays, Springer Science & Business Media, 2012. ISBN 9789400911550. Seite 198.
  52. R. M. Whiteside: Major Energy Companies of Europe 1994, Springer Science & Business Media, 2012. ISBN 1853339563. Seite 198.
  53. a b Power Reactor Information System der IAEA: „Nuclear Power Reactor Details - GRABEN“ (englisch) (Archivierte Version bei Internet Archive)
  54. a b Nuclear Engineering International: 2011 World Nuclear Industry Handbook, 2011.
  55. a b International Atomic Energy Agency: Operating Experience with Nuclear Power Stations in Member States. Abrufen.

Siehe auch