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Kernenergie in der Deutschen Demokratischen Republik

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Die Nutzung der Kernenergie in der Deutschen Demokratischen Republik wurde in den frühen 1960er begonnen. Das hauptsächlich zu Gunsten des Bündnispartners UdSSR ausgelegte Kernenergieprogramm geriet nach einem guten Start jedoch immer weiter in finanzielle Schwierigkeiten. Durch die Umstrukturierung der politischen Verhältnisse im eigenen Land und in der Sowjetunion gab es immer mehr Probleme, die Bauteile für die Anlagen in der DDR zu kaufen. Mit dem Ende der DDR im Jahr 1990 wurde auch der Bau und Betrieb der Anlagen eingestellt wie auch das Ende des Kernenergieprogramms mit dem ehemaligen Bündnispartner Sowjetunion besiegelt.

Frühe Anfänge

Kernkraftwerke der DDR

Das Zentralkomitee (ZK) hatte bereits früh angekündigt, ein breit angelegtes Atomprogramm in der Forschung und Energieerzeugung zu finanzieren. Nachdem der Atomspion Klaus Fuchs im Jahr 1959 aus der Sowjetunion in die DDR zurückkehrte, wurde ein Atomprogramm zusammengestellt. Ab 1956 hatte man in Rossendorf einen ersten Forschungsreaktor in Betrieb genommen. Im Jahr 1966 bereits das erste Kernkraftwerk in Rheinsberg. Die beiden Reaktoren wurden aus der Sowjetunion importiert. Sie dienten als erste Testreaktoren, da man sich noch nicht ganz über die Sicherheit dieser Reaktoren im Klaren war.[1]

Das erste große Kernkraftwerk bei Greifswald, das Kernkraftwerk Bruno Leuschner Nord, benannt nach dem Planungsexperten und Kommunist, wurde ab 1970 gebaut. Der erste Reaktorblock ging 1973 in Betrieb. Gefolgt von den Reaktoren zwei (1974), drei (1977) und vier (1979). Der Stromerzeugungsanteil in der DDR lag 1980 bei 12,1 %, weltweit auf Platz drei hinter den führenden Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund der Rückgänge der Ölimporte aus der Sowjetunion und das Kürzen von Staatshilfen, musste die DDR ihr Energieerzeugungssystem auf Braunkohle umstellen. Die Kosten werden mit 12 Milliarden Mark angegeben.[1][2]

Von Braunkohle zur Kernenergie

Aufgrund von einer weiter bestehenden Energiekrise und durch die starke Verschmutzung durch die Braunkohlekraftwerke im Süden (Thürigen, Sachsen und Sachsen-Anhalt), wollte man mehr auf die Kernenergie setzen. Man hatte vor, von Kohle auf Uran umzusteigen. Ein Bericht des Institut für Energetik in Leipzig aus dem Jahr 1984 sah vor, dass bis zum Jahr 2000 die Kohlekraftwerke im Ballungsraum Halle und Leipzig schrittweise durch Kernheizwerke (KHW) ersetzt werden sollten. Unter anderem ab 1995 durch das Kernheizwerk Leuna, Buna, Lippendorf und nach 2000 durch das Kernkraftwerk Delitzsch.[1]

Vor allem der Winter 1985 war einer der Kältesten seit Jahren. Unfälle in Tagebauten neben den Kohlekraftwerken im Land ließen Strommangel entstehen. Gleiches folgte in den Wintern 1986 und 1987. Am 30. Juni 1987 wurde aufgrund dessen im Politbüro eine Krisensitzung einberufen. Ein neuer Energieplan legte fest, dass die bestehenden Kohlekraftwerke gerüstet werden und die Rekonstruktion der ersten vier Blöcke in Greifswald vorerst hinausgeschoben wird. Letztlich konnte aber nur ein Neubau von Kraftwerken im Land die Energiekrise beenden. Man erhoffte, bis 1988 wenigstens den fünften Reaktorblock im Kernkraftwerk Greifswald in Betrieb zu nehmen.[1]

Im Jahre 1986 wurde es deutlich, dass das Atomprogramm nicht voran kam. Aufgrund von Lieferschwierigkeiten und inakzeptablen Pannen beim sowjetischen Partner wurde die Inbetriebnahme von Reaktor 5 im Kernkraftwerk Nord um mehrere Jahre verschoben. Aufgrund dessen trat man beim projektierten Programm etwas kürzer und erwartete bis 1990 den Anteil auf 14 % zu erhöhen und bis 2000 alle Kohlekraftwerke durch Kernkraftwerke zu ersetzen mit einen Gesamtanteil von 41 %.[1]

Der Unfall von Tschernobyl

In der DDR hatte man die Katastrophe von Tschernobyl recht geschockt aufgenommen. Das Politbüro versuchte, den Unfall über die Medien herunterzuspielen. Zu dieser Zeit wurden Aufrufe laut, dass die Reaktoren in der DDR keine Sicherheit bieten. Die Reaktoren, die in der DDR zum Einsatz kamen, waren ausschließlich Reaktoren vom sowjetischen Druckwassertyp WWER. Davon eine erste Version in Rheinsberg (WWER-210), die zweite Version mit 440 MW Leistung (WWER-440 davon vier der Version 230 und vier weitere der Version 213 in Bau) und in Stendal die 1000 MW-Version (zwei WWER-1000/320). Man wusste bereits vorher, dass die Reaktoren der Baulinie WWER-440/230 nicht viel Sicherheit bieten. Man hatte versucht, anfangs eine eigene Reaktorlinie zu entwickeln, dies schlug jedoch fehl. Deshalb setzte man auf Reaktoren des sowjetischen Partners.[1]

Das Atomgesetz der DDR sah vor, dass alle Anlagen so sicher wie möglich zu sein haben und die Sicherheit vor ökonomischen Zielen gesetzt werden muss, und dass die Kontrolle so streng wie möglich zu erfolgen sei. Leider wurde dieses Gesetz immer öfter ignoriert. Man stellte ab 1987 in der Frage um ein erneutes Anfahren des ersten Reaktorblocks im Kernkraftwerk Nord die ökonomischen Interessen vor die Sicherheit.[1]

Entwicklung nach 1987

Status der Kernkraftwerke 1987
Kernkraftwerk Status Nettoleistung Bruttoleistung
Rheinsberg[3] in Betrieb 62 MW 70 MW
Greifswald 1[4] in Betrieb 408 MW 440 MW
Greifswald 2[5] in Betrieb 408 MW 440 MW
Greifswald 3[6] in Betrieb 408 MW 440 MW
Greifswald 4[7] in Betrieb 408 MW 440 MW
Greifswald 5[8] in Bau 408 MW 440 MW
Greifswald 6[9] in Bau 408 MW 440 MW
Greifswald 7[10] in Bau 408 MW 440 MW
Greifswald 8[11] in Bau 408 MW 440 MW
Stendal 1[12] in Bau 900 MW 970 MW
Stendal 2[13] in Bau 900 MW 970 MW
Gesamt: 5126 MW 5530 MW

Die Errichtung der seit 1979 in Bau befindlichen Reaktoren 5 bis 8 in Greifswald und die seit 1982 in Bau befindlichen Reaktoren 1 und 2 in Stendal kam nur sehr Schleppend voran, was auf die sowjetischen Partner zurückzuführen ist. Seit zehn Jahren wurde kein Reaktor mehr ans Netz genommen, aber man beschloss keinen Baustopp. Die Bauten kosten der DDR immer mehr Geld, ohne dass man dieses durch produzierten Strom wieder gewinnen konnte. Jedoch lagen die Betriebskosten letztlich für diese Kernkraftwerke immer noch niedriger als die Kosten für Braunkohlekraftwerke. Deshalb machte man sich noch Hoffnungen, den Verlust wieder zu kompensieren.[1][2]

Der Baurückstand an dem fünften Reaktorblock in Greifswald lag etwa bei 6 bis 12 Monaten. Der Bau an den Blöcken 6 bis 8 in Greifswald ging noch langsamer voran, da man alle Arbeitskräfte zur Fertigstellung von Reaktor 5 auf diese Baustelle geschickt hatte. Genauso lange, 6 bis 12 Monate, war auch bei den Reaktoren 1 und 2 in Stendal der Bauverzug angegeben. So wurde die Inbetriebnahme auf 1992 verschoben. Da allerdings die Reaktoren in Stendal fast 1000 MW hatten und der Bau mehr Aufwand benötigte, war die Bauverschiebung auf die eigene Industrie zurückzuführen, da die Leistungen in dieser Zeit nicht erbracht werden können.[1]

Der sowjetische Partner wurde immer unzuverlässiger, weshalb man einen Vertrag, der noch 1965 geschlossen wurde für den Bau von Rheinsberg und den Forschungsreaktor Rossendorf, erneuern wollte, um so den Bau zu beschleunigen. Im Juli 1988 reisten deshalb zwei Abgeordnete aus der DDR zur einer Beratung im Moskauer Ministerium für Atomwirtschaft. Dort wurde unter anderem das neue Reaktormodell AES-88 (Post-Tschernobyl WWER) vorgestellt, welches für Stendal 3 und 4 vorgesehen war. Im Jahr 1989 sollte entschieden werden, wo dieser Reaktor außerhalb der UdSSR zum Einsatz kommt. Der Vertrag allerdings kam nicht zustande, weil die Sowjetunion kein Interesse mehr an den Kernkraftwerken in der DDR hatte. Auch die Leningrader Metallwerke wollten den Turbosatz für Stendal 1 nicht mehr liefern.[1]

Noch 1989 machte die Kraftwerk Union zur Rettung der DDR-Energiepolitik das Angebot, zwei Kernreaktoren in die DDR auf Kredit zu Exportieren. Das Politbüro lehnte jedoch das Angebot ab. Das Ministerium für Kohle und Energie jedoch fand das Angebot verlockend. Man veranlasste eine Prüfung, ob die Reaktoren in das Atompogramm 1990 einbezogen werden können. Es sollte für die DDR ein Aushängeschild der Sicherheit der Kernanlagen darstellen. Allerdings wurde das Projekt nach der Wiedervereinigung nicht weiter verfolgt, aufgrund des wirtschaftlichen Niedergangs der neuen Bundesländer.[1] Im Frühjahr 1990 stoppte die Volkskammer kurz vor den Wahlen die Planungen für das Kernkraftwerk im sächsischen Dahlen-Börln bei Leipzig. Im weiteren Vereinigungsprozess wurden die Planungen für Stendal 3 und 4 gestoppt.

Mängel in Greifswald

Durch Konstruktionsmängel an den Reaktoren 1 bis 4 im Kernkraftwerk Greifswald, wurde ein Rekonstruktionsprogramm geschaffen. Dies sollte ursprünglich mit der sowjetischen Seite stattfinden. Da diese aber allen RGW-Staaten nun keine Unterstützung in der Kernenergiepolitik bot, hatte die DDR ein eigenes Programm entworfen. Beim ersten Reaktorblock in Greifswald wurde festgestellt, dass die Schweißnähte porös waren. Auch einige andere Anlagenteile waren porös und mussten ersetzt werden. Die SKG warnte sogar nach Wartungsarbeiten im Jahr 1987 vor einen Anfahren des Reaktors und hob hervor, dass der Betrieb des Reaktors ein erhebliches Risiko darstelle. Nach der Wartungskampagne wurde der Reaktor jedoch trotz allen Warnungen wieder ans Netz genommen, aufgrund ökologischer Aspekte. Dies verstieß jedoch eindeutig gegen das Atomgesetz der DDR.[1]

Weil der russische Partner für die Rekonstruktion die Pläne nicht herausgab, wurde auch die Kooperation mit westlichen Partnern diskutiert. Allerdings entschied man sich dagegen. Unter anderem da im vierten Quartal 1990 bereits die Wiedervereinigung Deutschland bevorstand und damit die DDR-Kernkraftwerke künftig auf bundesdeutschem Gebiet standen. Man sah von der Rekonstruktion ab und ließ über die Zukunft von der neuen Regierung entscheiden.[1]

Der Betreiber des Kernkraftwerks stellte klar, dass nur noch eine Rekonstruktion von zwei Reaktoren zur Diskussion steht. Sollten diese allerdings nicht rekonstruiert werden, sollen alle Blöcke bis 1992 vom Netz gehen. Grund war, dass sich die Technik als hoch gefährlich erwies.[1]

Wiedervereinigung

Nachdem es im Oktober 1990 zur Wiedervereinigung der DDR und der BRD kam, wurden die Blöcke in Greifswald bis 1990 abgeschaltet. Eine Betriebsgenehmigung für alle Kernkraftwerke bestand jedoch bis 30. Juni 1996. Allerdings war das Wiederanfahren eines Reaktors nach Wartungen nicht zulässig, da dies aufgrund der Sicherheitsmängel mit dem bundesdeutschen Atomgesetz nicht vereinbar war. Nachdem 1995 die Betriebsgenehmigung der Kernkraftwerke endgültig auslief, wurde die endgültige Stilllegung der Reaktoren vollzogen und Rückbau der Anlagen begonnen.[14] Alle Kernkraftwerke gingen jedoch bereits einige Jahre zuvor vom Netz.[2]

Einzelnachweise

Siehe auch