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Kernkraftwerk
Als Kernkraftwerk (KKW), im Grünjargon auch Atomkraftwerk (AKW) genannt, bezeichnet man ein thermisches Kraftwerk, das Elektrizität mittels Kernenergie erzeugt.[Anm. 1] Weltweit werden Kernkraftwerke meist für die Grundlastversorgung oder Lastfolge eingesetzt, häufig sind mehrere Kraftwerksblöcke an einem Standort zusammengefasst. Durch ihre günstigen Erzeugungskosten, ihre geringe Importabhängigkeit und die CO2-arme Stromerzeugung werden Kernkraftwerke in vielen Staaten als willkommene Art der Stromerzeugung angesehen. Andere Staaten hingegen vollziehen oder vollzogen einen Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie zur Elektrizitätserzeugung. Weltweit ist die Meinung im Bezug auf die Kernkraftnutzung sehr unterschiedlich ausgeprägt, was meist durch ideologische, wirtschaftliche und ökologische Differenzen begründet wird. Seit 1987 ist die Kernenergie seitens der World Commission on Environment and Development als „erneuerbare Energie“ aufgeführt, allerdings nur Brutreaktoren, die mehr Brennstoff erzeugen, als sie verbrauchen.[1]
Geschichte
Anfänge der Kernkraftnutzung
Die Technik des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts basierte auf der Verwendung mechanischer Prozesse. Technische Erfindungen schufen die Grundlage für das entstehende Fabriksystem, eine auf innerbetrieblicher Arbeitsteilung und Maschinennutzung beruhende neue Produktionsform. Die seit Mitte des 18. Jahrhunderts zunehmende Anzahl von mechanischen Erfindungen und die neuartige Nutzung nicht-menschlicher Energie kam insbesondere durch die Mechanisierung von Handarbeit durch Maschinen, und die mechanische Energieerzeugung und Energieumwandlung vor allem durch die Dampfmaschine produktiv zur Geltung.
Als wichtigste Maschine der Industriellen Revolution wird gemeinhin die Dampfmaschine angesehen. Sie ersetzte weitgehend die wesentlich unbeständigeren bzw. leistungsärmeren herkömmlichen Antriebskräfte, die auf dem Einsatz von Menschen und Tieren sowie auf der Nutzung von Wind und Wasser beruhten. Als Folge mechanisierter Produktion stieg die Nachfrage nach Brennstoffen, wodurch Kohleabbau lukrativ und durch weitere Erfindungen immer produktiver wurde. Durch fortschreitende Spezialisierung trieb die Industrialisierung im Zusammenhang mit der kapitalistischen Kommerzialisierung in einem bis heute anhaltenden Prozess immer neue Gewerbe hervor.
Die Idee die Kernkraft auch zur Stromerzeugung zu nutzen entstand noch während des Krieges. Neben den Arbeiten am Manhattan-Projekt experimentierte Enrico Fermi auch mit flüssig-homogenen Reaktoren, und patentierte mit Leo Szilard weitere Reaktorkonzepte. Der von ihm 1944 gebaute Reaktor bestand aus einem Block aus Berylliumoxid mit einem kugelförmigen Hohlraum in der Mitte. Durch Zu- und Abflüsse konnte das Brennstoff-Moderator-Gemisch in den Hohlraum fließen und ihn wieder verlassen. Die Anordung war mit einem Grafitreflektor umgeben, Steuerstäbe wurden von oben in die Konstruktion geführt. Die danach gebauten, ersten Kernkraftwerke waren rein experimenteller Natur und wurden ausschließlich von Staat oder Militär betrieben. Das Ziel, die Technik zur Marktreife zu entwickeln, wurde bereits damals verfolgt.
So wurde ab 1949 der Experimental Breeder Reactor I in der National Reactor Testing Station (heute Idaho National Laboratory) gebaut. Der Leistungsbetrieb wurde am 24. August 1951 aufgenommen. Das Ziel dieses Reaktors war nicht die Stromproduktion, sondern der Nachweis des bis dahin nur theoretisch vorhergesagten Brutprozesses, um die Energie des Urans voll ausnutzen zu können. Der Reaktorkern war austauschbar und die beiden Kühlmittelkreisläufe, Primärkreislauf und Sekundärkreislauf, wurden mit einer flüssigen Natrium-Kalium-Legierung betrieben. Der Sekundärkreislauf übertrug seine Energie in einem Wärmetauscher auf einen Wasser-Dampf-Kreislauf, der eine konventionelle Kombination aus Turbine und Generator antrieb. Am 20. Dezember 1951 konnte erstmals Atomstrom produziert werden, indem vier 200-W-Glühbirnen zum Leuchten gebracht wurden.
Ab 1952 wurden in der National Reactor Testing Station auch die BORAX-Experimente durchgeführt. Diese Experimente sollten zeigen, das mit Siedewasserreaktoren ein stabiles Betriebsverhalten möglich war, was von dem Nukearingenieur Samuel Untermyer vorhergesagt wurde. Als BORAX-III am 17. Juli 1955 an das örtliche Stromnetz angeschlossen wurde, konnten 2.000 kWe für die nahe gelegene Kleinstadt Arco, 500 kWe für Idaho, 500 kWe für das BORAX-Testgelände und 1.000 kWe für die National Reactor Testing Station produziert werden. Arco wurde damit die erste Stadt der Welt, welche zu 100% mit Atomstrom versorgt wurde. Die Sowjetunion war allerdings schneller, hier wurde bereits am 26. Juni 1954 das Kernkraftwerk Obninsk ans Netz angeschlossen. Obninsk war auch das erste Kernkraftwerk der Welt, welches ausschließlich friedlichen Zwecken diente.
1957 folgte schließlich der kommerzielle Durchbruch der Atomkernenergienutzung: Das Kernkraftwerk Vallecitos wurde als erstes privat finanziert, gebaut und betrieben. Die Anlage wurde auch zur Ausbildung der Operatoren für das Kernkraftwerk Dresden verwendet, welches als Erstes ohne staatliche Zuschüsse gebaut wurde. Die Technik war damit marktreif, nachdem die Unikate der ersten Generation aufgrund ihres experimentellen Charakters und den höheren Produktionskosten nicht mit Kohlekraftwerken konkurrieren konnten.
Als 1958 mit der Expo 58 die erste Weltausstellung nach dem Krieg in Belgien unter dem Motto „Technik im Dienste des Menschen. Fortschritt der Menschheit durch Fortschritt der Technik.“ eröffnet wurde, wurden die beiden neuen Zukunftstechnologien Raumfahrt und Atomkraft erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Die Verheißung einer nach menschlichen Maßstäben unbegrenzten Energiequelle mit hoher Energiedichte beflügelte die menschliche Phantasie: Nuklear angetriebene Schiffe, Flugzeuge, Lokomotiven und sogar Autos und Raumschiffe wurden prophezeit, um das Industriezeitalter in die Zukunft zu führen.
Aufbau einer Industrie
Die gesammelten Betriebserfahrungen von Reaktoren der Generation I flossen nun in die Entwicklung besserer Systeme ein, welche mit Kohlekraftwerken konkurrieren sollten. Die erste Ölkrise 1973 befeuerte den Ausbau der Kernenergienutzung weiter. Als die ersten Reaktoren der Generation II ab den siebziger Jahren verfügbar waren, begann ein steter Zuwachs an installierter Leistung auf dem Globus.
In den westlichen Industrieländern wurden bevorzugt Leichtwasserreaktoren errichtet, da hier die größte Betriebserfahrung vorlag, und Investoren Investitionssicherheit schätzen. 1968 und 1971 nahmen mit dem Kernkraftwerken Obrigheim und Würgassen die ersten kommerziellen Reaktoren in Deutschland den Dienst auf. In den USA nahm das Kernkraftwerk Browns Ferry zwischen 1973 und 1976 den Betrieb auf und war zu dieser Zeit das größte Kernkraftwerk der Welt und das Erste, das mehr als ein Gigawatt Leistung hatte. 1974 folgte mit Biblis A die erste deutsche Anlage mit mehr als 1000 MW elektrischer Leistung. In Frankreich wurde erst ab 1977 mit dem Kernkraftwerk Fessenheim ein moderner Druckwasserreaktor der Generation II vom Typ Framatome M310 (CP-Serie) errichtet, welcher mit 880 MWe deutlich hinter den deutschen Anlagen zurückblieb.
Abseits der dominierenden Leichtwasserreaktoren gab es in einigen Ländern auch alternative Reaktorentwicklungen. So setzt Kanada auf schwerwassermoderierte Reaktoren, von denen man sich Kostenvorteile versprach, da für den Betrieb keine teure Urananreicherung notwendig ist. Das Kernkraftwerk Pickering stellt das erste Großkernkraftwerk in Kanada dar, das nicht auf experimenteller Basis errichtet wurde. Die Anlage ging ab 1971 ans Netz. Großbritannien hingegen entwickelte mit dem Advanced Gas-cooled Reactor (AGR) ein Generation-II-System aus den Magnox-Reaktoren. Der höhere Prozesswirkungsgrad, sowie Kosteneinsparungen beim Bau durch die Doppelreaktor-Bauweise und die Verwendung von Bauteilen aus Kohlekraftwerken wurden als Vorteile genannt.
In der Sowjetunion wurde Mitte der 1960er Jahre der RBMK-Reaktortyp entwickelt. Dabei konnte man auf Erfahrungen mit den ersten sowjetischen Kernkraftwerken Obninsk und Belojarsk zurückgreifen. Ziel war es, in relativ kurzer Zeit und ohne größere Investitionen in die Entwicklung neuer Technologien eine größere Anzahl von Leistungsreaktoren zu errichten, um die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern zu erhöhen, da deren Export wertvolle Devisen einbrachte. Parallel dazu wurden auch kleine Leichtwasserreaktoren der WWER-Serie entwickelt. Erst als die RBMK den technischen Anschluss verloren, und im Gegensatz zu den WWER-Werken eine geringere Verfügbarkeit aufwiesen, wurden die meisten Kraftwerke in der Folge mit WWER-1000 ausgestattet. Nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl wurden keine neuen RBMKs mehr gebaut. Auch die Nutzung von Fernwärme wurde in der Sowjetunion konsequent vorangetrieben, da die meisten großen sowjetischen Städte große Fernwärmenetze aufwiesen. Zur dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung wurden auch Minireaktoren errichtet, um abgelegene Gebiete erschließen zu können.
Als die müden Industrienationen Ende der neunziger Jahre mit Kraftwerken ausreichend versorgt waren, fiel die Zahl der Neubauprojekte deutlich ab. Zusätzlich führten die in den USA nach dem Reaktorunfall von Three Mile Island verschärften Sicherheitsanforderungen zu höheren Planungs- und Baukosten, was die Finanzierung der Projekte erschwerte. Auch reduzierte der wirtschaftliche Zusammenbruch der Sowjetunion den Energiebedarf im Osten, was die Auftragslage weiter verschlechterte. Zubauzahlen von mehr als 100 Reaktoren in einem Zeitraum von weniger als 10 Jahren, wie sie von 1970 bis 1986 erreicht wurden, waren nun nicht mehr zu halten.
Ökologismus und Atompanik
Bereits mit Beginn der Industrialisierung entstand mit der Romantik eine Gegenbewegung, welche den Menschen in seinen Naturzustand zurückversetzen wollte. Unkenrufe der Organisation Club of Rome, das fiktive Waldsterben und eine Reihe von Chemieunfällen (z.b. das Sevesounglück 1976, oder die Itai-Itai-Krankheit) führten bei vielen Menschen in den westlichen Ländern zu einem Gefühl des Unbehagens, zu Schuldkomplexen und Katastrophentheorien gegenüber der modernen Technik.
Die so entstandene Ökologiebewegung lehrt, dass die Natur generell gut und alles menschengemachte wie Technik und Zivilisation schlecht ist. Die Natur ist danach etwas Gutes und Harmonisches, Perfektes und Hilfloses, das man nicht verletzen oder gar töten darf. Im Gegensatz dazu ist alles Menschliche böse, zerstörerisch und gegen die Natur gerichtet. Charakteristisch für den Ökologismus sind eine Reihe von Weltuntergangs- und Endzeitvorhersagen, nach denen die menschliche Zivilisation und die Erde als Ganzes unweigerlich dem Untergang geweiht sind, sollte man den Forderungen nach einer „ökologischen“ Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft nicht nachkommen. Der Philosoph Pascal Bruckner sieht den Ökologismus deshalb in Europa in der Tradition des christlichen Glaubens, mit dem grünen Katastrophismus als Nachfolger der Erbsünde, kombiniert mit der marxistischen Idee, wonach der Einzelne seine individuellen Bedürfnisse für eine bessere Zukunft zurückzustellen habe.[2]
Für diese neue säkulare Religion ist die Natur nur ein Knüppel zum Knechten von Menschen. In dem Glauben den Planeten vor der Menschheit und die Menschheit vor sich selbst zu retten, wird jede Neuerung als gefährlich angesehen und eine „nachhaltige“ Verzichtsgesellschaft gefordert. Wegen der permanenten Behinderung von Projekten nennt Bruckner den Ökologismus auch „die Kraft, die stets verneint“. Hohe Steuerlasten auf Energie sowie Dauerpropaganda in den Medien sollen die Menschen zur Einkehr und Umkehr bewegen. Im Gegensatz zum Marxismus wird aber nicht das Paradies auf Erden versprochen, sollten sich die Gläubigen an alle Gebote halten, da die Aussagen des Ökologismus nie verifiziert werden können. Stattdessen wird die Gesellschaft permanten verketzert.[2] So veröffentlichte der WWF am 16. Mai 2012 eine Statistik, in der der „ökologische Fußabdruck“ der Palästinensischen Autonomiegebiete als vorbildlich gepriesen wurde, da dieser weltweit am niedrigsten sei.[3] Der SPIEGEL lobte im August 2012 die sozialistische Mangelwirtschaft Kubas, und bezeichnete die Verzichtsdiktatur als „nachhaltigstes Land der Welt“.[4]
Mit der mittelalterlichen Ökoreligion geriet die Kernenergie als Energiequelle der Zukunft in den Mittelpunkt des Hasses auf die Moderne. Die theologische Begründung änderte sich jedoch im Laufe der Zeit. Während anfangs noch esoterische Begründungen herhalten mussten – der Marxist Wolfgang Harich behauptete zum Beispiel, das Kernkraftwerke durch ihre Strahlung mit gefährlichen Folgen für das Klima die Atmosphäre aufheizen würden[5] – oder die Abwärme der Anlagen kritisiert wurde, begann ab den 70er Jahren die Stigmatisierung der Kernkraft zur Risikotechnik, mit dem Potential Millionen von Menschen zu töten. So schrieb der SPIEGEL in der Ausgabe 30/1975 „Todesstrahlen aus dem Atomkraftwerk“:[6]
- „Doch wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich immer - die Katastrophe hätte apokalyptische Ausmaße: Mit 100 000 Sofort-Toten und bis zu 1,67 Millionen "langfristig Sterbenden" wäre zu rechnen, wenn es im (geplanten) BASF-Reaktor bei Ludwigshafen zu einem GAU und zum gleichzeitigen Versagen der Sicherheitseinrichtungen käme (so eine Studie von Dr. Ing. Karl-Heinz Lindackers vom Technischen Überwachungsverein Rheinland). Aber nicht nur die Vision vom "durchgehenden" Atomofen, dessen tödliche Schmelze ganze Landstriche verstrahlt, hat - zum Verdruß der Atomstromlobby - Ängste freigesetzt. Mit Statistiken erst recht nicht aus der Welt zu schaffen sind die Befürchtungen, die Strahlenbelastung könne gefährlich ansteigen. In der Tat: Mit jedem neuen Atommeiler, mit jeder Halde von auch nur ganz schwach radioaktivem Erzabraum, mit jeder Wiederaufbereitungsanlage, in der radioaktives Krypton durch den Schornstein entweicht, mit jedem noch so gut gesicherten Transport radioaktiven Materials wächst das allgemeine Strahlenrisiko. Und jede zusätzliche Strahlenbelastung führt zwangsläufig zu einer Zunahme etwa der Krebserkrankungen.
- [...] Jahrelang wurden beispielsweise die 1965 in einer AEC-Studie errechneten GAU-Daten (45 000 Tote, 100 000 Verletzte, Strahlenverseuchung eines Gebiets halb so groß wie die Bundesrepublik) geheimgehalten. [...]
- Geht der Reaktor durch und versagt die Notkühlung, so "verbiegen und zerbersten die Brennstabhüllen", sie blockieren die Kühlwasseranlage, das Notkühlwasser kann nicht mehr heran. Nach wenigen Minuten, bei etwa 3000 Grad Celsius, schmilzt der Reaktorkern. Nach etwa 30 bis 60 Minuten "hat der einige hundert Tonnen schwere geschmolzene Reaktorkern die den Kern umgebenden Schutzbauten durchdrungen". Er sinkt, mit einer Geschwindigkeit von zwei bis vier Metern pro Stunde, in den Erdboden. Die Menge der Strahlung, die dabei freigesetzt werden kann, "entspricht in der Größenordnung der Abfallproduktion von 1000 Hiroshima-Bomben".“
Mit dieser Mischung aus Unsinn, LNT-Hypothese und der bewährten grünen Strategie des Schürens von Furcht, Ungewissheit und Zweifel wird die Kernkraftnutzung in Deutschland bis heute verleumdet. Als ein paar Jahre später Block 4 des KKW Tschernobyl in die Luft flog, wurde die Angst und Unsicherheit durch Journalisten und Politiker weiter geschürt. Die wahre Unfallursache war damals gänzlich unbekannt, und führte zu einer Atompanik. Die Strategie, den Menschen jahrelang zu suggerieren, dass bei einem schweren Unfall in einem Kernkraftwerk Millionen von Menschen an den Folgen sterben würden, zahlte sich nun aus. Jede seriöse Studie, welche die Opferzahlen von Tschernobyl nicht im sechs- oder siebenstelligen Bereich ansetzt, konnte nun erfolgreich als „Verharmlosung“ oder „von der Atomlobby finanziert“ dargestellt werden.
Das Schauspiel wiederholte sich im März 2011, als das Tōhoku-Erdbeben und der folgende Tsunami die Kühlsysteme des Kernkraftwerkes Fukushima-Daiichi kollabieren ließen. Ursache (Naturkatastrophe, etwa 20.000 Tote) und Folge (Nuklearunfall: 0 Tote, 0 Strahlenkranke) wurden konsequent vermengt, und die Interviewpartner stammten ausschließlich von Kampagnengruppen und Öko-Lobbyisten. Auch hier wurde die Suggestion bemüht halb Japan würde unbewohnbar werden, und Tausende an den Folgen sterben.
Ähnlich wie nach dem Tschernobyl-Unfall soll auch hier das grüne Geschichtsbild wider die Realität etabliert werden. Das Prinzip wurde von George Orwell im Roman 1984 hinreichend beschrieben: „Und wenn alle anderen die von der Partei verbreitete Lüge glaubten – wenn alle Aufzeichnungen gleich lauteten –, dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde Wahrheit.“ So behauptete die Deutschen Welle Anfang 2013, Tausende seien bereits an den Folgen der Kernschmelze gestorben.[7][Anm. 2] Die ARD verkündete im März 2013 sogar, dass durch den Reaktorunfall ungefähr 16.000 Menschen ums Leben kamen.[8] Das Deutschlandradio Kultur verkündete am gleichen Tag: „Mit einer Schweigeminute hat Japan dem GAU in Fukushima und den fast 19.000 Toten der Katastrophe gedacht.“[9] Das Umschreiben der Geschichte ging auch in den nachfolgenden Jahren munter weiter, 2015 behauptete das ARD-Nachtmagazin beispielweise, dass durch den Unfall „mehr als 18.000 Menschen getötet“ wurden.[10]
Renaissance der Kernenergienutzung
Im Gegensatz zu Deutschland, wo mehr als eine Billion Euro für den Aufbau einer möglichst wetterabhängigen und teuren Energieversorgung aus Wind, Sonne und Feldfrüchten ausgegeben werden soll, ist die Bevölkerung anderer Länder an Wirtschaftswachstum und Wohlstand interessiert.[11] Durch den steigenden Strombedarf in den aufstrebenden Staaten Asiens kam es zu einer Renaissance der Kernenergienutzung, sodass die Durststrecke der Nuklearindustrie wieder vorbei ist.[12] Neue Firmen aus China, Südkorea und Indien sind in den Kreis der Kraftwerkshersteller vorgestoßen, und entwickeln eigene Reaktorkonzepte mit zunehmender Selbstständigkeit. Die modernsten Kernkraftwerke der Generation III sollen dabei auch die Beherrschung von schweren Unfällen im Kraftwerk ermöglichen.
Um den Anforderungen der Zukunft an eine immer preiswertere und umweltgerechtere Energieerzeugung zu entsprechen, wird ein wesentlich höherer Kernkraftanteil als heute erforderlich sein. Folglich war es dringend notwendig, die Entwicklung neuer Reaktortypen wieder aufzunehmen. Ziel dieser Entwicklung sind höhere Blockleistungen, Wirkungsgrade und Abbrände um die Betriebskosten zu senken. Ein weiteres Ziel ist ein hoher Brutfaktor um die Energie des Urans vollständig zu nutzen. Deshalb wurde im Jahr 2000 das Generation IV International Forum (GIF) gegründet, welchem inzwischen 13 Nationen angehören. Anfang 2001 setzten sich über 100 Experten aus diesen Ländern und internationalen Organisationen zusammen, um die Ziele der Generation IV, die Reaktorkonzepte und den Forschungs- und Entwicklungsbedarf festzulegen. Daraus wurden 32 Reaktorkonzepte entwickelt, und schließlich Ende 2002 die sechs Aussichtsreichsten ausgewählt, welche nun gemeinsam zur kommerziellen Serienreife entwickelt werden.
Gleichzeitig versuchen Hersteller, durch die Entwicklung von Mini-Reaktoren mit einer Leistungsklasse von unter 300 MWth neue Märkte zu erschließen. Kleinanlagen sollen zum Beispiel als stadtnahe Energielieferanten mit Kraft-Wärme-Kopplung und zur Meerwasserentsalzung verwendet werden. Günstige Kosten sollen durch die Komplett-Vorfertigung in der Fabrik mit ihren Preis- und Qualitätsvorteilen erzielt werden. Wenn diese als Hochtemperaturreaktoren konzipiert sind, können diese auch bei der chemischen Industrie als Lieferant von Strom und Prozesswärme verwendet werden. So schlossen sich die Nuklearkonzerne Areva und Westinghouse, sowie die Zulieferer GrafTech, SGL Carbon, Toyo Tanso und Technology Insights mit den möglichen Verbrauchern ConocoPhillips, DOW, Entergy und der Petroleum Technology Alliance Canada zur NGNP-Allianz zusammen. Ziel der Allianz ist es, einen Hochtemperaturreaktor zur Serienreife zu entwickeln. Areva gewann Anfang 2012 die Ausschreibung, das System soll bis 2021 entwickelt und gebaut werden. Zusätzlich wird die Entwicklung von Mini-Reaktoren von der US-Regierung gefördert. Ab März 2012 konnten Hersteller ihre Angebote einreichen, Ende 2012 gewann Babcock und Wilcox mit dem mPower die Ausschreibung für Fördermillionen.[13]
Nachdem die Fusionsforschung lange eine rein nationale Angelegenheit war – so bauten zum Beispiel die USA am MIT Plasma Science and Fusion Center mit dem Alcator C-Mod den Tokamak mit dem stärksten Magnetfeld und Plasmadruck der Welt – konnten sich 1985 die USA, EURATOM, Japan und die Sowjetunion auf eine Zusammenarbeit im Bereich der Kernfusion einigten, und weitere Staaten für das Projekt gewonnen werden. Am 28. Juni 2005 wurde beschlossen, den Forschungsreaktor ITER in Cadarache im Süden Frankreichs zu errichten. Den Berechnungen zufolge soll die Anlage etwa zehnmal so viel Energie aus dem Plasma freisetzten, wie zu dessen Aufheizung und Stabilisierung notwendig ist. Das Ziel ist die kommerzielle Nutzung der Kernfusion zum Zwecke der Stromerzeugung, womit jedoch frühestens im Jahre 2050 gerechnet wird. 2010 wurde mit den Aushub der Baugrube begonnen, die Konstruktionsarbeiten begannen 2011.
Funktionsweise und Aufbau
Funktionsweise
Es gibt eine fast unüberschaubare Anzahl an Kernreaktorbauweisen, von denen sich jedoch nur wenige zur kommerziellen Stromerzeugung durchsetzen konnten. Prinzipiell sind Anlagen mit festem, flüssigem und gasförmigen Kern machbar, welche wiederrum nach weiteren Kriterien unterscheidbar sind. Je nach gewähltem Reaktortyp sind auch unterschiedliche Prozesse denkbar, um die Kernenergie in Elektroenergie zu wandeln. So kann die Wärme der Kernreaktion durch Thermionikelemente, Brayton- und Clausius-Rankine-Kreisprozesse und magnetohydrodynamische Generatoren in Strom gewandelt werden. Ebenso ist der Ladungstransport direkt durch die Spaltprodukte denkbar. In der Praxis hat sich -jedenfalls bisher- aus militärischen und praktischen Gesichtspunkten der Leichtwasserreaktor mit angereichertem Uran als Brennstoff in einem offenen Brennstoffkreislauf als wirtschaftliches Optimum erwiesen. Die heute verwendeten Reaktorkonzepte unterscheiden sich teilweise von Generation zu Generation, und sind im Folgenden nur allgemein dargestellt.
Druckwasserreaktor
Der Druckwasserreaktor (engl. Pressurized water reactor, PWR) ist die häufigste Kernkraftwerksart. Wasser dient hier als Moderator und Kühlmittel. Der Betriebsdruck des Wassers wird im Primärkreislauf so hoch gewählt, dass es bei der vorgesehenen Betriebstemperatur nicht siedet. Dadurch erfolgt eine gleichmäßige Benetzung der Brennstäbe und im Ergebnis an der Oberfläche der Brennstäbe eine ausgeglichene Wärmeverteilung ohne Korrosionsgefahr in der Dampfphase. Diese gleichmäßige Wärmeverteilung bewirkt ein gutmütiges Regelverhalten bei guter Ausnutzung der freiwerdenden Energie. Das im Reaktorkern erhitzte Wasser gibt in einem Dampferzeuger seine Wärme an einen getrennten Sekundärkreislauf ab, welcher als Clausius-Rankine-Kreisprozess arbeitet. Der Sekundärkreislauf ist frei von radioaktiven Partikeln, was z.B. die Wartung der Dampfturbine erleichtert. Die Bauweise ermöglicht hohe Blockleistungen und eine hohe Leistungdichte im Reaktorkern, was die Anlage sehr wirtschaftlich macht, und den Umschluss aller radioaktiven Bauteile in einem Containment ermöglicht.
Siedewasserreaktor
Der Siedewasserreaktor (engl. boiling water reactor, BWR) ist besonders in Japan beliebt. Wasser dient auch hier als Moderator und Kühlmittel. Im Gegensatz zum Druckwasserreaktor verfügt der Siedewasserreaktor nur über einen Dampf-Wasser-Kreislauf, welcher als Clausius-Rankine-Kreisprozess arbeitet. Der Kreislauf des radioaktiv belasteten Kühlmittels ist somit nicht auf den Sicherheitsbehälter beschränkt, sondern betrifft auch die Dampfturbine und die Kondensatoren. Durch den Wegfall der Dampferzeuger kann das Containment wesentlich kompakter ausfallen, beide Dinge vereinfachen die Konstruktion. Im Laufe der Entwickung mussten die Umwälzpumpen nicht mehr über externe Kreisläufe an den Reaktordruckbehälter (RDB) angebunden werden, sondern konnten in dessen Boden eingebaut werden. Um eine schnelle Druckerhöhung im wesentlich kleineren Containment (gegenüber einem Druckwasserreaktor) zu vermeiden, sind alle Siedewasserreaktoren mit einer Kondensationskammer ausgerüstet, in die der Dampf nach verlassen des RDB geblasen wird. Die kompakte Bauweise ermöglicht hohe Blockleistungen und eine hohe Leistungdichte im Reaktorkern, was die Anlage sehr wirtschaftlich macht.
Schwerwasserreaktor
Im Unterschied zu einem Leichtwasserreaktor besitzt ein Schwerwasserreaktor getrennte Moderator- und Kühlmittelsysteme. Der Moderator D2O wird fast drucklos und bei niedrigen Temperaturen in einem Reaktortank gelagert. Durch die Verwendung von schwerem Wasser als Moderator ist es möglich, Natururan oder nur leicht angereichertes Uran als Brennstoff einzusetzen. Dies liegt daran, dass die Neutronen in schwerem Wasser in geringerem Maße absorbiert werden als in normalem Wasser. Allerdings ist der Streuquerschnitt von D2O kleiner als von H2O, so dass ein sehr voluminöser Reaktor erforderlich ist. Aus Kostengründen wird deshalb in der Regel auf einen großen Reaktordruckbehälter verzichtet (Ausnahme: KKW Atucha) und das Kühlmittel durch Druckrohre geführt, in denen sich die Brennelemente befinden. Der Aufbau eines Druckschwerwasserreaktors (engl. pressurized heavy water reactor, PHWR) kann sonst mit dem eines Druckwasserreaktors identisch sein. Die Bauart als Siedeschwerwasserreaktor (engl. Boiling Heavy Water Reactor, BHWR) besitzt vertikal ausgerichtete Druckrohre, und kam zum ersten Mal im Kernkraftwerk Winfrith zum Einsatz. Das Prinzip konnte sich jedoch wirtschaftlich nicht durchsetzen.
Durch den voluminösen Reaktor ist der Bauaufwand für den biologischen Schild und das Containment bei gleicher (thermischer) Reaktorleistung größer, da ein größeres Volumen umschlossen werden muss. Die Blockleistung von Schwerwasserreaktoren wird deshalb in der Regel von Siede- und Druckwasserreaktoren übertroffen. Durch die erbarmungswürdigen Abbrände von etwa 7,5 GWd/t im Regelbetrieb mit Natururan ist der Schwerwasserreaktor nur bei hohen Anreicherungs- und Urankosten einem Leichtwasserreaktor überlegen. Um diesen Nachteil zu reduzieren, können Druckschwerwasserreaktoren in der Regel im Leistungsbetrieb einen Brennelementewechsel vornehmen.
Gasgekühlter Reaktor
Gasgekühlte Reaktoren (engl. Gas-Cooled Reactor, GCR) wurden nur in Großbritannien in kommerzieller Serie errichtet (AGR), und konnten sich weltweit nicht durchsetzen. Der Kernbrennstoff Urandioxid wird hier zu 2,5-3,5% angereichert, und in Brennstabhüllen aus rostfreiem Stahl untergebracht. Der Kern des Reaktors enthält Graphitblöcke, um Neutronen zu moderieren. Alternativ können auch Brennstoffpartikel direkt in Graphitkugeln platziert werden. Das Kühlgas – beim AGR CO2 – strömt von unten in den Kern, und führt die Wärmeenergie zu Dampferzeugern. Der Dampf wird dann zu einem Turbosatz weitergeleitet, um Strom zu produzieren. Durch die hohe Kernaustrittstemperatur wird ein Prozesswirkungsgrad von über 40 % erreicht. Da der Kern durch die Gaskühlung sehr voluminös ausfällt, wurde das Reaktorgefäß des AGR und THTR-300 kostengünstig aus solidem Spannbeton gefertigt. Die Leistung von gasgekühlten Reaktoren wird deshalb in der Regel von Siede- und Druckwasserreaktoren übertroffen.
Wird die Gaskühlung wie beim THTR-300 mit Helium realisiert, können die Wartungsarbeiten vereinfacht werden, da die Helium-Isotope 5He und 6He extrem geringe Halbwertszeiten haben, und das Helium somit nach Verlassen des Kerns nicht mehr radioaktiv ist. Da das Kühlmittel bereits gasförmig vorliegt muss keine Siedetemperatur beachtet werden, sodass eine sehr hohe Kernaustrittstemperatur angestrebt wird, was die sogenannten Hochtemperaturreaktoren als Lieferanten von Prozesswärme interessant macht. Die Entwicklung zielt deshalb auf Minireaktoren (ANTARES, HTR-PM) oder größere Anlagen zur dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung ab.
Flüssigmetallgekühlter Reaktor
Die oben genannten Kernkraftwerke verbrauchen mehr Spaltmaterial, als sie produzieren. Da Uran nur zu 0,7% aus dem Spaltstoff 235U besteht, werden die restlichen 99,3% des Urans praktisch nicht genutzt. Bei Brutverhältnissen < 1 sinkt die Zahl der spaltbaren Atome im Kern, bis ihre Anzahl zu gering ist, um weiter eine nukleare Kettenreaktion aufrecht erhalten zu können: Die Brennelemente müssen gewechselt werden. Durch die Wahl eines schnellen, unmoderierten Neutronenspektrums können pro Spaltung mehr Neutronen freigesetzt werden, gleichzeitig wird die Neutronenökonomie verbessert, da ein potentiell neutronenabsorbierender Moderator fehlt. Um die Neutronenökonomie weiter zu verbessern muss der Kern sehr kompakt gebaut werden, was eine Kühlung mit Flüssigmetall vorteilhaft macht. Durch den Brutfaktor von 1 oder höher kann ein flüssigmetallgekühlter Reaktor (engl. Liquid Metal Cooled Reactor, LMCR) theoretisch die gesamte Energie des Urans von etwa 950 GWd/t ausnutzen. In der Praxis wird der Abbrand durch neutronenabsorbierende Spaltprodukte, und die Lebensdauer der Brennelemente begrenzt.
Der Kern befindet sich dabei in einem Reaktordruckbehälter, oder einem Pool, welcher auch das Abklingbecken enthält. Wenn Natrium als Kühlmittel gewählt wird, wird ein Zwischenkreislauf eingebaut, bevor die Wärme an einen Kreisprozess mit Wasser abgegeben wird, da Wasser mit Natrium reagiert. Bei der Wahl von Blei oder eutektischen Bleilegierungen kann auf den Zwischenkreislauf verzichtet werden, ebenso wenn der Kreisprozess mit einem superkritischen Gas betrieben wird. Da der Spaltquerschnitt im schnellen Neutronenspektrum wesentlich kleiner als im Thermischen ist, ist eine Anfangsbeladung mit etwa 20% Spaltanteil notwendig.
Anordnung der Gebäude
Beispielhafter Aufbau eines Kernkraftwerks anhand des Schweizer Kernkraftwerks Gösgen im Kanton Solothurn. Mit einem Klick auf ein entsprechendes Gebäude springt der Bildschirm zum entsprechenden Absatz. Ohne Klick wird lediglich die Gebäudebezeichnung angezeigt.
Reaktorgebäude
Das Reaktorgebäude ist das Herz der Anlage. In ihm befindet sich das Rektordruckgefäß und die Brennelemente, die zur Energieerzeugung benötigt werden. In diesem Gebäude befindet sich meist abgetrennt der gesamte nukleare Anlagenteil, von außen hermetisch abgeriegelt. Im Falle des Kernkraftwerks Gösgen befindet sich unter dem Stahlbeton-Reaktorgebäude, das vor äußeren Einwirkungen schützen soll, ein kugelförmiger Sicherheitsbehälter (Containment) aus Stahl. Diese Kugel wird unter dem atmosphärischen Druck gehalten, um bei einem eventuellen Leitungsleck die kontaminierte Luft nicht aus dem Gebäude in die Umgebung entweichen zu lassen. Im Falle eines schweren Unfalles dient das Gebäude gleichzeitig zum Schutz der Umgebung vor der Freisetzung von Radioaktivität aus dem Reaktor. In Gösgen befindet sich auch das Abklingbecken innerhalb des Sicherheitsbehälters, in anderen Anlagen wie dem EPR oder ESBWR befindet es sich außerhalb. Der Schutz und die Einrichtung des Gebäude ist je nach Reaktortyp und Bauart unterschiedlich. Bei manchen Anlagen ist eine druckfeste Hülle aus Stahlbeton (Containment) nicht vorhanden, sondern das Gebäude dient lediglich zur Rückhaltung geringer Mengen von radioaktiven Gasen (Confinement). Die Form der Gebäude unterscheidet sich je nach Hersteller und Reaktorgeneration. Während Gösgen eine sphärische Form hat, besitzen andere Anlagen zylinderförmige Gebäude oder normale Hallen. Die Lage des Gebäudes ist meist bevorzugt zur Turbine gewählt. In seltenen Fällen wird das Reaktorgebäude auch standortspezifisch an die jeweiligen Verhältnisse angepasst, zum Beispiel im Kernkraftwerk Tihange in Belgien aufgrund von Platzmängeln und hydrologischen Verhältnissen.
Notspeisegebäude
Das Notspeisegebäude enthält das gesamte Noteinspeisesystem des Reaktors. Manche Anlagen besitzen aus redundanzgründen auch mehrere Noteinspeisegebäude. Bei einem Kühlmittelverluststörfall kann über diese Systeme die Wärmeabfuhr des Reaktors gewährleistet werden, sowie die Einspeisung von frischem Wasser in die Kreisläufe, sofern die Stromversorgung der Anlage gesichert ist. Im Falle des Kernkraftwerks Gösgen befinden sich unter den Kälteanlagen, von denen das Kraftwerk sechs besitzt, Tanks mit demineralisiertem Wasser, das für die Primärsysteme im Containment benötigt wird. Die Auslegung kann in anderen Kernkraftwerken anders sein, so haben bei weitem nicht alle Kernkraftwerke Lagertanks mit Speisewasser in Reserve. Bei manchen Reaktoren wie dem ABWR oder dem EPR sind die Wassertanks durch ein Wasserbecken im Containment ersetzt worden, welches auch den Kernfänger kühlen kann.
Hilfs- und Nebenanlagengebäude
Im Hilfsanlagengebäude sind für den Betrieb des Kernkraftwerks essentielle Systeme untergebracht. Über diese Gebäude wird die Einspeisung und Entnahme von Kühlmittel geregelt, die Borsäurekonzentration im Reaktor, die Aufbereitung des Kühlmittels, sowie die Sicherstellung der Nachwärmeabfuhr und die Abscheidung radioaktiver Stoffe und Abfälle. Die Systeme sind meist direkt mit den im Containment vorhandenen Systemen gekoppelt und steuern diese teilweise mit. Auch läuft die Lüftung des gesamten Kernkraftwerks, sowohl aus dem Sicherheitbereich, als auch aus den konventionellen Gebäuden, über diese Anlagen. Nach Behandlung der Abluft wird diese über den Fortluftkamin abgeleitet (siehe Abschnitt Fortluftkamin). Das Gebäude ist der einzige Punkt im Kernkraftwerk, bei dem im Normalbetrieb radioaktive Substanzen in die Umwelt abgegeben werden, sowohl gasförmig, flüssig als auch fest. Für schwachradioaktive Abfälle besitzt das Kernkraftwerk Gösgen ein unterirdisches Lager. Meist befindet sich das Hilfsanlagengebäude aufgrund der systemtechnischen Wichtigkeit in Reaktornähe.
Im Nebenanlagengebäude befinden sich kraftwerkseigene Werkstätten, in einigen Fällen auch frische Brennelemente. Diese werden vom aktiven Bereich getrennt verwahrt. Im Falle von Schäden können dort Bauteile aus der Anlage gewartet und repariert werden, um sie erneut im Kernkraftwerk einzusetzen.
Notstromdieselgebäude
Im Notstromdieselgebäude befinden sich die Dieselgeneratoren, die im Falle eines Ausfalls der externen Stromvorsorgung die wichtigsten Systeme mit Elektrizität versorgen. Diese sind meist redundant ausgelegt und so dimensioniert, dass sie über einen vom Gesetzgeber vorgegebenen Zeitraum die wichtigsten Systeme des Kernkraftwerks in Betrieb halten können. Bei einer Unterbrechnung der externen Stromversorgung wird der Reaktor abgeschaltet, um so den Energieverbrauch für die Wärmeabfuhr auf ein Minimum zu reduzieren. Ein ähnliches Schutzsystem besitzt auch die Turbine, allerdings kann bei einem Fehler in der Schaltanlage der Generator eventuell nicht den Eigenbedarf des Kraftwerks decken, weshalb die Dieselgeneratoren vorhanden sind. Die Auslegung liegt meist bei je 100 % pro Dieselgenerator, in seltenen Fällen nur 75 % oder 50 %. Das bedeutet, dass ein Dieselgenerator, der für 100 % ausgelegt ist, den Elektrizitätsbedarf des gesamten Kernkraftwerks decken kann. Das Gebäude wird meist so positioniert, dass es in der Nähe der wichtigsten Systeme liegt, in einigen Fällen auch direkt in dem entsprechenden Gebäude. Manche Kraftwerke verwenden auch mehrere Notstromdieselgebäude, um die Redundanz bei äußerer Gewalteinwirkung zu erhöhen.
Notstandsgebäude
Ein Notstandsgebäude gibt es nicht bei jedem Kernkraftwerk, allerdings bei den meisten. Da man im Falle eines Unfalles, ob durch terroristische oder technische Einflüsse, davon ausgehen kann, dass eventuell die konventionellen Systeme nicht mehr zugänglich sind, gibt es ein weiteres Gebäude, in dem die wichtigsten Funktionen des Kernkraftwerks aufrecht gehalten werden können, sodass die Anlage weiterhin unter Kontrolle bleibt. Im Falle des Kernkraftwerks Gösgen gibt es zwei weitere Dieselgeneratoren, Tanks mit demineralisierten Wasser für das Primärkreislauf zum Nachspeisen, sowie eine Notschaltwarte, meist jedoch in weniger übersichtlicher Form als der Kommandoraum. Die Verbindung erfolgt durch unterirdische Schächte. In einigen Fällen, beispielsweise beim Kernkraftwerk Grafenrheinfeld, befindet sich die Notschaltwarte unterirdisch, um bessere Sicherheit gegen äußere Einflüsse zu schaffen. Meist ist die Position so gewählt, dass die wichtigsten Systeme in der Nähe liegen, jedoch eine gewissen Distanz zu den möglicherweise geschädigten Gebäudeteilen besteht, um beispielsweise bei einem Flugzeugabsturz nicht beide Schaltwarten und Dieselgeneratorgebäude zu verlieren und damit jede Kontrollmöglichkeit des Kernkraftwerks. Für alle Fälle ist das Notstandsgebäude jedoch in ähnlicher Art wie das Reaktorgebäude mit zwischen einem und zwei Metern dickem Stahlbeton gebunkert. Die Notstands-Systeme in Gösgen springen im Anforderungsfall vollautomatisch an und versorgen die Anlage zwecks Abfuhr der Nachzerfalls-Wärme über mehrere Stunden ohne menschlichen Eingriff[14].
Fortluftkamin
Der Fortluftkamin, verbreitet auch Abluftkamin, ist die einzige Stelle, an der Luft aus dem Containment im normalen Betrieb entweicht. Der Fortluftkamin wird zum Betrieb der Abluftanlage für zur Gebäude- und Containmentlüftung benötigt, um radioaktive Gase in großer Höhe aus dem Gebäude abzuleiten. Dies soll dazu dienen die radioaktive Konzentration auf eine breitere Fläche zu verteilen, anstatt sie lokal stärker konzentriert vorzufinden. Alle radioaktiven Systeme und Gebäudeteile laufen über diesen Schornstein, der deshalb ebenso wie die Umgebung eines Kernkraftwerks kontinuierlich auf seine Aktivität überwacht wird. So kann die Menge an radioaktiven Stoffen festgestellt werden die freigesetzt wird, sowie die natürliche Hintergrundstrahlung analysiert werden um die Auswirkungen der Anlage auf die Umgebung zu erfassen, und eventuelle Probleme durch zu hohe Strahlendosen schnell zu erkennen.
Maschinenhaus
Im Maschinenhaus, verbreitet auch Turbinenhalle oder Maschinenhalle, befinden sich die wichtigsten Komponenten die zur Energieerzeugung benötigt werden. Die Dampfturbine mit ihren einzelnen Hoch-, Mittel- und Niederdruckabschnitten, der Generator sowie die Erregermaschine, die den Erregerstrom auf den Läufer des Generators leitet um ein Magnetfeld zu erzeugen, dass für die Elektrizitätserzeugung unerlässlich ist. Neben diesen Systemen befinden sich unter den Turbinen, die aufgrund der Vibrationen auf einem separaten „Turbinentisch“ oder einer „Turbineninsel“ liegen, die Kondensatoren, in denen der Dampf zu Wasser kondensiert wird. Anschließend wird das Wasser erneut zurück in die Dampferzeuger oder den Reaktor gepumpt. Neben diesen Systemen können zur Auskopplung von Fern- oder Prozesswärme weitere Wärmetauscher installiert sein, sofern die Wärmeenergie nicht über spezielle Kondensatoren entnommen wird. In der Turbinenhalle sind weiters die üblichen notwendigen Systeme installiert, die zur Wasseraufbereitung benötigt werden, zum Beispiel Systeme zur Filterung sowie Entgasung des Speisewassers. Während bei Siedewasserreaktoren aufgrund der schwachen Radioaktivität des Wassers spezielle Systeme zum Einsatz kommen müssen, verwenden Reaktoren, die diesen Kreislauf als Sekundärsystem nutzen herkömmliche Systeme, wie sie auch in Kesselanlagen und herkömmlichen Wärmekraftwerken zum Einsatz kommen.
Kühlwasseranlagen
Unter Kühlwasseranlagen versteht man alle Einrichtungen des Kernkraftwerks, die zur Kühlung eines Kernkraftwerks benötigt werden, um die Abwärme aus dem Kernkraftwerk abzuführen. In herkömmlicher Bauweise wird eine Durchlaufkühlung verwendet, bei der Wasser aus einem Gewässer entnommen wird, durch die Kondensatoren geleitet und erwärmt in das Gewässer zurückgeführt wird. Da dies jedoch zur Erwärmung des Gewässers führt, wird meist ein kombiniertes Kühlsystem aus Durchlauf- und Umlaufkühlung verwendet. Umlaufkühlung bedeutet, dass ein geschlossener Kreislauf mit einem künstlichen Kühlsystem verwendet wird. Eine Kombination beider Systeme ermöglich beide Kühlweisen, was jedoch eine Frage der Wirtschaftlichkeit ist. Zur Umlaufkühlung werden meist Kühltürme oder künstlich angelegte Kühlseen verwendet, durch die die Wärme in die Umgebung abgegeben werden kann, sowie das anliegende Gewässer. Eine weitere Form der Wärmeabfuhr wäre die Weiternutzung der Wärme in einem Fern- oder Prozesswärmenetz, um zusätzliche Einnahmen zu generieren. Allerdings muss die Besiedelung und der Bedarf entsprechend groß sein, damit dies auch wirtschaftlich genutzt werden kann. Im Fall des Kernkraftwerks Gösgen wird ein Kühlturm zur primären Kühlung verwendet, allerdings wird auch ein kleiner Teil als Fernwärme ausgespeist. Kernkraftwerke, die mit Sattdampftemperaturen arbeiten, brauchen im Schnitt mehr Kühlwasser, als Kernkraftwerke oder konventionelle Kraftwerke, die mit Heißdampf arbeiten.[15]
Schaltanlagengebäude
Das Schaltanlagengebäude ist neben den Hilfsanlagengebäude und dem Reaktorgebäude das dritte wichtige Glied für den Betrieb des Kernkraftwerks. Von diesem Ort wird das Kernkraftwerk über eine Blockwarte gesteuert, welche von einem Schichtingenieur und dem Schichtpersonal besetzt wird. Alle Informationen aus dem Kernkraftwerk und den Systemen läuft hier zusammen, werden von den Prozessrechnern analysiert und anschließend in der Schaltwarte visualisiert. Anhand dieser Informationen wird der Status des Kernkraftwerks erfasst und entsprechend geleitet.
Schaltanlage
Die Schaltanlage dient dazu die erzeugte Elektrizität in das entsprechende Stromnetz in der Umgebung einzuspeisen. Je nach Konstruktion wird ebenso die Eigenbedarfsversorgung über diese Schaltanlage geregelt, sofern keine eigene Versorgungsschiene im Kraftwerks selbst vorhanden ist. Die Lage ist meist so gewählt, dass sie sich nahe dem Kernkraftwerk befindet, kann jedoch auch aufgrund der Lage einige Kilometer entfernt von der Anlage stehen. Die meisten Kernkraftwerke arbeiten in den höchsten Spannungsebenen mit Hoch- und Höchstspannungsnetzen. Zum Beispiel werden im Kernkraftwerk Neckarwestheim zwei unterschiedliche Netze bespeist, die unterschiedliche Spannungen und Frequenzen aufweisen (50 Hz-Versbundnetz und 16⅔ Hz). Meist werden von hier unterschiedliche Schaltanlagen an unterschiedlichen Orten mit Elektrizität beliefert, jedoch kann auch eine kombinierte Schaltanlage zum Einsatz kommen, die beide Spannungstypen führt oder gar eine Umformerstation besitzt.
Planung, Bau und Betrieb
Planung
Am Anfang planen Energieversorgungsunternehmen (EVUs), welche sich manchmal (teilweise) in staatlicher Hand befinden, wie sie eine prognostizierte oder real existierende Kapazitätslücke stopfen wollen. Meistens wird dafür auf die Erfahrung beim Bau vergangener Kraftwerksprojekte zurückgegriffen, um die wirtschaftlichen Aspekte der verschiedenen Stromerzeugungsarten abschätzen zu können. Liegen hierzu nur unzureichende Daten vor, wird manchmal auch eine Studie angefordert, welche die preisgünstigste Art der Stromerzeugung ermitteln soll. Neben den betriebswirtschaftlichen Aspekten, welche den wichtigsten Teil der Planung ausmachen, müssen aber auch noch folgende Randbedingungen berücksichtigt werden:
- Politik: Eine kernenergiefeindliche Politik kann von vornherein den Bau eines Kernkraftwerkes ausschließen, oder den Betrieb mit diskriminierenden Sündensteuern wie der Brennelementesteuer belasten. Im umgekehrten Fall kann der Bau eines Kernkraftwerkes auch durch die Politik gefördert werden, wenn zum Beispiel wie in Großbritannien geplant eine Einspeisevergütung für Kernkraftwerke etabliert wird, oder ein CO2-Limit Kohlekraftwerke ohne CCSCarbon Dioxide Capture and Storage, CO2-Abscheidung und -Speicherung verbietet.
- Umweltschutz: Egal ob Waldsterben, Smogwolken, Ozon, die CO2-Klimakatastrophe, sauerer Regen, Feinstaub oder eine Versauerung der Meere droht: Die Kernkraft bietet sich für diese Probleme als Lösung an. Besonders im Zuge des Glaubens an eine anthropogene globale Erwärmung, für welche von Medien und Politik fast ausschließlich das Spurengas CO2 verantwortlich gemacht wird, erfreut sich die Kernenergienutzung weltweit steigender Beliebtheit. Die Angst vor einer CO2-Klimahölle eignet sich dabei auch gut als Totschlagargument, um Widerstände zu neutralisieren.
- Versorgungssicherheit: Durch den geringen Brennstoffbedarf können zukünftige Reaktorbeladungen leicht und platzsparend gelagert werden, was eine Unterbrechung der Brennstoffversorgung durch blockierte Handelwege weniger gravierend macht. Da der Brennstoff in der Regel einmal jährlich gewechselt wird, wird auch kein steter Zufluss an großen Brennstoffmengen benötigt, wie dies bei Kohlekraftwerken der Fall ist. Während Kohlekraftwerke deshalb einen Hafen- oder Bahnanschluss benötigen, kann bei Kernkraftwerken darauf verzichtet werden.
- Radiophobie: Die Angst der Anwohner vor dem Atomtod und die Verbreitung entsprechender Informationen seitens anti-nuklear gerichteter Organisationen kann ebenfalls ein Hindernis darstellen. Als zum Beispiel der Bau von Neckarwestheim-2 in die Wege geleitet wurde gingen insgesamt 27.000 schriftliche Einwände gegen den neuen Block ein, von denen alleine 25.000 von der kernenergiefeindlichen Organisation Bund Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar stammten, welche eigens zur Bekämpfung dieses Kraftwerkes gegründet wurde. Diese Spam-Taktik des Behinderns und Klagens kann den Bau eines Kraftwerks verteuern und verzögern.
- Preisstabilität: Da der Uranpreis keinen nennenswerten Einfluss auf die Erzeugungskosten eines Kernkraftwerkes hat, sind diese über die 40-60-jährige Betriebsdauer der Anlage sehr gut vorhersagbar. Im abgeschriebenen Zustand sind diese praktisch konstant. Aus den Daten des Department of Energy der USA ist ersichtlich, dass die inflationsbereinigten Stromgestehungskosten von KKW im Zeitraum von 1999-2008 sogar sanken, während die Kosten aller anderen Stromerzeugungarten anstiegen. Lediglich Gaskraftwerke konnten sich 2010 wegen des Schiefergas-Booms auf das Preisniveau von 1999 „retten“, nachdem dieses vorher stark anstieg (+46%), und so den Weg für neue Fördertechniken frei machte.[16][Anm. 3]
Diese Aspekte beeinflussen die Wahl des Kraftwerkstyps, neben der projektierten Auslastung der Anlage, stark. Obwohl die Kernenergie in den meisten Ländern die geringsten Stromgestehungskosten vorweisen kann, wird deshalb nicht in jedem Land 100% des Strombedarfs durch Kernkraft gedeckt. Ein Hauptproblem stellt dabei meist die Finanzierung dar, da Kernkraftwerke der Generation III sehr preisintensiv sind. Im Gegensatz zu Stein- und Braunkohleanlagen, welche etwa € 1000/kW kosten, sind Kernkraftwerke mit € 2000-4000/kW wesentlich teurer.
Positionierung
An Land
Die Positionierung von Kernkraftwerken ist hinsichtlich der nötigen lastnahen Lage eine schwierige Frage. Bei der im März 1967 stattgefundenen wissenschaftlichen Konferenz in Wien zum Thema The Containment and Siting of Nuclear Power Plants versuchte man die Frage zu klären. Einigkeit herrschte zu diesem Zeitpunkt über die möglichst lastnahe Lage, es sollte jedoch gleichzeitig ein Sicherheitsabstand zu stark besiedelten Gebieten eingehalten werden. Die ersten Kernkraftanlagen wurden bevorzugt von stark bewohnten Gebieten entfernt errichtet. Allerdings verbesserte sich bis in die 1960er die Sicherheit der Kernkraftwerke, weshalb in der Zukunft nähere Standorte infrage kommen sollten. Auf der Konferenz selbst legte das Vereinigte Königreich einen neuen Ansatz vor für die Positionierung solcher Anlagen vor, der große Aufmerksamkeit erbrachte und erstmals einen Sicherheitsstandard für Kernkraftwerksstandorte forderte. Darauf aufbauend hätte der Betreiber für die Positionierung der Anlage völlige Freiheit erhalten. Diese Option würde jedoch nur infrage kommen wenn alle Reaktoren einen etwa gleich hohen Sicherheitsstandard gehabt hätten, weniger dicht besiedelte Gebiete hätten für die Erprobung von neuen Reaktortypen dienen können. Berücksichtigt wurde auch erstmals das langfristige Gefahrenpotential und die Auswirkungen der Anlage bei Störungen sowie die Wirkung austretender radioaktiven Stoffe wie Jod.[17]
Heute findet eine Standortsuche auf staatlicher Ebene statt. Diese Umfasst eine Identifizierung möglicher Standorte, die Auswahl geeigneter Standorte, eine Bewertung sowie eine anschließende Zulassung als KKW-Standort. Neben umfangreichen Studien müssen vor Ort Begehungen vorgenommen werden um auch die Eignung darzulegen und auch einen Anschluss an das Elektrizitätsnetz zu finden. Da nicht jeder Standort geeignet ist müssen mehrere Alternativen geboten werden, welche auf ihre Eignung untersucht werden und entsprechend durch eine Vorentscheidung einiger Standorte bestimmt werden. Zwar gibt es mittlerweile tatsächlich eine Art Freiheit bei der Auswahl des Standortes, allerdings sollten die vorteilhaftesten Orte gewählt werden. Die nötigen Untersuchungen für einen Standortstudie umfassen 14 Punkte:[18]
- Anbindung an das Elektrizitätsnetz
- Geologische und tektonische Eigenschaften
- Seismologische Eigenschaften
- Gesicherte Wärmeabfuhr
- Hydrologische Eigenschaften
- Demografische Strukturen
- Meteorologische Eigenschaften
- Nukleare und radiologische Sicherheiten
- Umweltauswirkungen
- Menschenverursachte Risiken
- Anbindung der lokalen Infrastruktur
- Zugangsfreiheit
- Rechtliche Aspekte
- Öffentliche Akzeptanz des Projekts, wenn grenznah auch in den Nachbarstaaten
Anhand dieser Parameter ist es für die ausführende Behörde oder bereits seitens des Betreibers abzusehen, welche Standorte geeignet sind oder nicht. Wenn bereits in Vorstudien einer dieser Punkte nicht zufriedenstellend ausfällt ist es sinnvoll den Standort nicht weiter zu erkunden und sich auf besser geeignete Orte zu konzentrieren. Da die Eignung der Standorte in den einzelnen Punkten variiert, bieten einige Standorte hinsichtlich eines Punktes bessere Eigenschaften, schneiden allerdings in anderen Punkten schlechter als ein Vergleichsstandort ab. Da nicht jeder einzelne Punkt gleichschwer wiegt liegt die Endauswahl bei der Aufsichtsbehörde oder dem zukünftigen Betreiber, was länderspezifisch geregelt wird. Einer der entscheidenden Punkte ist die Umweltverträglichkeitsprüfung, die die Kühlleistung vorhandener Gewässer analysiert, mögliche Strahlenauswirkung auf die Umgebung beinhaltet sowie – wenn angedacht – die Auswirkungen zukünftiger weiterer Blöcke analysiert.[18]
Ein wichtiger Beitrag ist auch die öffentliche Akzeptanz des Projektes. Kraftwerke sind allgemein Projekte des nationalen Interesses, um Wohlstand und Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. Im Falle eines Kernkraftwerkes ist besonders die öffentliche Aufklärung durch den Bauherren der Anlage vorzunehmen, um über die eingesetzten Techniken zu informieren. Dies sollte so früh wie möglich geschehen, um Gegenkampagnen, die möglicherweise falsche Informationen vermitteln, zuvorzukommen. Offen diskutiert werden sollte besonders der Zweck des Werkes, die mögliche Unabhängigkeit von anderen Energieträgern sowie die wirtschaftlichen Folgen in der Region, ebenso die Entsorgungslösung sowie Gefahren die in Stör- und Unfallsituationen von der Anlage ausgehen. Eine Aufgabe der Behörden und des Betreibers ist es auch Schutzmaßnahmen für die Umgebung im Falle eines Unfalles auszuarbeiten. Dieser Prozess erstreckt sich über die gesamte Planung und den Bau des Werkes.[18]
Offhore-Konzepte
Neben Werken an Land gab es auch Überlegungen für Werke die im Meer und in Küstennähe gebaut werden könnten. Das Gemeinschaftsunternehmen Offshore Power Systems von Westinghouse und Newport News Shipbuilding wollte erstmals im großen Maßstab schwimmende Kernkraftwerke errichten, die Offshore platziert werden sollten. Die Idee selbst stammte von der Public Service Electric and Gas Company aus den 1970ern, die Probleme mit der Positionierung ihrer Kernkraftwerke hatte und auf lokalen Widerstand stieß. In der Folge wurde zusammen mit Offshore Power Systems ein Konzept für das Offshore-Kernkraftwerk Atlantic ausgearbeitet, dass vor der Küste New Jerseys im atlantischen Ozean positioniert werden sollte. Die Anlage sollte aus zwei Blöcken mit je 1200 MW bestehen. Infolge der Ölkrise 1973 kam es jedoch bei den Hauptabnehmern der Public Service Electric and Gas Company zu Verbrauchsreduzierungen, welche die beiden Reaktoren überflüssig machten. Das Unternehmen erbat eine zweijährige Verschiebung des Projekts, stornierte jedoch später das Projekt vollständig. Da sich keine anderen Abnehmer fanden wurde das Gemeinschaftsunternehmen aufgelöst.[19]
Im Jahre 1975 wurden in Europa ähnliche Planungen unterbreitet. Besonders hinsichtlich der Wärmeabgabe der Kernkraftwerke ist die Offshore-Positionierung weitaus günstiger.[20] Allerdings wurde diese Überlegung nur in Deutschland für Kernkraftwerke in der Nord- und Ostsee fortgeführt,[21] jedoch nur aufgrund der Kühlwasserfrage. Hierzu gab es die Systemstudie „Kernkraftwerke im Meer“ von J. Thomas der Dornier System GmbH, die anlässlich eines in Kiel stattfindenden Seminars vorgetragen wurde. Das Ergebnis war, dass durch die Standardisierung des Designs die Bauzeit von 7–8 Jahren bei konventionellen Kraftwerken auf 3 Jahre bei Offshore-Kernkraftwerken gedrückt werden könne.[22] Eine weitere konkretere Studie von der Studiengesellschaft zur Förderung der Kernenergieverwertung im Schiffbau und Schifffahrt ging von einem konkreten Fallballspiel mit zwei Reaktoren der 1200 MW-Klasse Biblis A aus und zeigte eventuelle Probleme sowie die Möglichkeiten eines Offshorewerkes auf, dass in der Wesermündung positioniert werden würde. Hier ging es um die Standortfragen, die bauliche Anordnung, die Kühlwasserversorgung, die elektrische Anbindung und die Wirtschaftlichkeit der Anlage.[23] Für die am Standort Wurster Arm projektierte Anlage hätte es zwar bauliche Probleme wegen ungünstiger Seebedingungen gegeben, die allerdings mit beträchtlichen Mehraufwand lösbar schienen. Die Kühlwasserversorgung sowie die Wärmeabfuhr waren jedoch sichergestellt und hätten in keinem Fall zu Problemen geführt. Ebenso wäre durch die in Entwicklung befindlichen Technologien in den folgenden Jahren die Realisierung eines Unterseekabels von dem Werk an Land lösbar gewesen. Die Stromgestehungskosten hätten bei diesem deutschen Offshore-Kernkraftwerk um ein Drittel höher gelegen als bei Kernkraftwerken am Land, jedoch unter denen für konventionelle Kraftwerke.[24] Keines der Projekte in Nord- und Ostsee wurde jemals realisiert.
Zu Beginn der 1980er gab es in der Sowjetunion ein Projekt für ein schwimmendes Kernkraftwerk, dass einem Schiff ähnelte und antriebslos zu einem Bestimmungsort geschleppt werden sollte, um dort drei Mal hintereinander für 12 Jahre Elektrizität zu erzeugen. Nach 12 Jahren sollte das Schiff zum Heimathafen zurückkehren um den Brennstoff zu wechseln. Allerdings gab es von Beginn an Sicherheitsbedenken, weshalb das Projekt gestoppt wurde.[25] Erst seit 2005 sieht Russland den Einsatz dieser schwimmenden Kernkraftwerke als Option um abgelegene Gebiete, Bohrinseln und später Teile der Arktis mit Elektrizität zu versorgen.[26] Im April 2007 ging das Offshore-Kernkraftwerk Akademik Lomonossow bei der Sewmasch-Werft in Sewerodwinsk in Bau und sollte auch vor Ort zur Elektrizitätserzeugung bleiben.[27] Aufgrund der Auslastung der Werft durch den Bau militärischer Schiffe wurde der Bau zu den baltischen Werken nach Sankt Petersburg verlegt und der Standort Sewerodwinsk aufgegeben.[28] Statt dessen soll nun Wiljutschinsk auf der russischen Halbinsel Kamtschatka zum neuen Betriebsort werden.[29]
Flächenbedarf
Kernkraftwerke sind Großkraftwerke die im Schnitt viel Platzbedarf haben. Bezogen auf die Lage des entsprechenden Standortes ist es möglich, dass solche Anlagen auch kleiner ausfallen können bei gleicher Größe und durch die Anordnung der Gebäude optimiert werden können. Ein Beispiel dafür ist das Kernkraftwerk Neckarwestheim, das zweckmäßig in einem Steinbruch errichtet wurde und die Gebäudekonfiguration entsprechend der vorhandenen Fläche organisiert werden musste.[30] In Osteuropa wurden Kernkraftwerke meistens nach gleichen Schemas errichtet und weniger auf die Standorte angepasst. Dadurch kristallisierten sich Standardkonfigurationen heraus, für welche entsprechende Standorte gesucht wurden. So kommt es dazu, dass beispielsweise das tschechische Kernkraftwerk Temelín mit seinen beiden 1000 MW starken Reaktoren auf einem Gelände mit 1.363.703 Quadratmetern liegt.[31] Um die effektive Nutzung der Fläche zu kalkulieren muss die benötigte Fläche auf das installierte Megawatt des Kraftwerks kalkuliert werden. Bei einer Fläche von 1.363.703 Quadratmetern und einer installierten Leistung von 2000 MW kommt das Kernkraftwerk Temelín auf 682 Quadratmeter pro installiertes Megawatt.
Aufgrund der Unterschiede in den Standortgegebenheiten werden bei Kraftwerken normalerweise grundsätzlich die Hauptgebäude als Referenz genommen, die zum Betrieb unabdingbar sind und den Hauptteil der Anlage ausmachen. Weiter wird nur die Nettoleistung als de facto nutzbare Energie aus dem Werk als Rechenbeispiel verwendet. Als Vergleich werden in diesem Fall die vier effizientesten Kraftwerke ihrer Art als Vergleich hinzugezogen, die dem Stand der Technik entsprechen. Das sind im Bereich der Kernkraftwerke der AP1000, bei den Gas- und Dampfturbinenkraftwerke der GuD-Konvoiblock Irsching 5, bei den Steinkohlekraftwerken die STKW-Konvoiblock Datteln 4 und 5 (geplant), sowie bei den Windkraftanlagen der Enercon E-126. Der 1170 MW starke AP1000 benötigt insgesamt eine Fläche von 9945 Quadratmetern. Kalkuliert auf die benötigte Fläche pro installiertes Megawatt benötigt der AP1000 insgesamt 8,5 Quadratmeter.[32] Der GuD-Konvoi Irsching 5 benötigt insgesamt eine Fläche von 7896 Quadratmetern und ist damit der kleinste Block unter den vier verglichenen Kraftwerken. Begünstigt durch den hohen Wirkungsgrad von 59,7 % erreicht der Block eine Nettoleistung von 845 MW.[33] Der Block benötigt damit 9,34 Quadratmeter pro installiertes Megawatt. Der STKW-Konvoi von E.ON, der beispielsweise in Datteln realisiert wird, erreicht eine Nettoleistung von 1052 MW[34] und benötigt insgesamt eine Fläche von 18.935 Quadratmetern. Als Referenz wird allerdings eine Konvoi-Anlage ohne Kühlturm herangezogen. Damit entfallen pro installiertes Megawatt insgesamt 18 Quadratmeter. Die Enercon E-126 erreicht eine Nennleistung von 7,58 MW in der größtmöglichen Ausstattung. Zwar decken der Turm und die Rotoren nur einen geringen Flächenanteil ab, der sich allerdings dadurch vergrößert, dass sich die Rotoren mit dem Maschinenhaus um 360 ° verstellen lassen, womit die gesamt benötigte Fläche 12.668 Quadratmeter beträgt.[35] Errechnet entfallen bei einer einzelnen E-126 daher 1671,24 Quadratmeter pro installiertes Megawatt und nutzt die benötigte Fläche am ineffizientesten. Selbst im Vergleich mit dem ineffizientesten Reaktordesign, das dem Stand der Technik entspricht, dem WWER-1300/510 (WWER-TOI) schneidet der Kernreaktor immer noch mit einem Flächenbedarf von 25,0 Quadratmeter pro installiertes Megawatt bei einer Nettoleistung von 1250 MW und einem Flächenbedarf von 31250 Quadratmetern weitaus besser ab.[32]
Der AP1000, die GuD-Konvoianlage, die STKW-Konvoianlage und der Enercon E-126 (grüne Fläche ist der Mindestbedarf bei einer 360°-Drehung des Maschinenhauses) sind in der folgenden Imagemap maßstabsgetreu angeführt, Gebäudebeschreibung per Mouseover:
Anbieter
International existieren 14 Unternehmen die Kernkraftwerke Anbieten und im Auftrag errichten, einige von Ihnen sogar die nuklearen Dampferzeugersysteme (engl. Nuclear Steam Supply System, NSSS) herstellen. Von diesen Unternehmen exportieren 11 ihre Kernkraftwerkstechnik in andere Länder, und nehmen in der Regel auch an internationalen Ausschreibungen teil. Dies sind:
- Asien
- China National Nuclear Corporation
- Doosan Heavy Industries
- Hitachi
- Mitsubishi Heavy Industries (MHI)
- Toshiba
- Europa
- Nordamerika
- Candu Energy
- General Electric
- Westinghouse
Die verbleibenden zwei Unternehmen exportieren ihre Kernkraftwerkstechnik nicht, sondern errichten diese nur im eigenen Land. Dies sind:
- Asien
- Dongfang Electric Corporation
- Nuclear Power Corporation of India[Anm. 6]
Neben den Hauptunternehmen haben mehrere Kernkraftwerksbauer diverse Gemeinschaftsunternehmen gegründet, in denen diese gemeinsam operieren. Beispiele sind die Konsortien MIR.1200 (Škoda JS und Atomstroiexport) oder ATMEA1 (Areva und MHI). Einige Unternehmen arbeiten auch mit den gleichen Lizenzen. Durch die Entwicklung der Reaktortechnik sind einige Unternehmen mit ihren ehemaligen Lizenzgebern eng in Verbindung geblieben und vermarkten gemeinsam ihre Reaktortechnik. Beispiele sind Westinghouse und Mitsubishi Heavy Industries, General Electric und Hitachi sowie Atomstroiexport und Škoda Jaderné Strojírenství. Die meisten Unternehmen sind lediglich die Technologiebereitsteller. Das heißt, dass zwar die Anlage von dem Unternehmen geplant wurde, die Fertigung, Bau und Montage aber durch Subunternehmer stattfindet. Firmeneigene Fertigungsparks besitzen heute nur noch Areva, Rosatom, Toshiba, Hitachi und Mitsubishi Heavy Industries.
Bau
Der Bau eines Kernkraftwerks erfordert einen hohen Planungsaufwand, und Unterkünfte für etwa 2000 Personen in der Nähe der Baustelle pro Reaktorblock. Zusätzlich benötigt die Baustelle und später das KKW eine entsprechende Standortanbindung über vorläufige und neue Straßenwege und die volle Ausstattung mit sanitären Einrichtungen sowie eine Wasser- und Stromanbindung an bestehende Netze. Gleichzeitig wird zum Bau der Zugang zu einem Betonwerk benötigt. Für den späteren Betrieb werden auch eine Werksfeuerwehr sowie Verwaltungs- und Werkstattgebäude errichtet werden müssen. Die Errichtung eines Kernkraftwerks erfolgt normalerweise mit einem Baumanager und ein bis zwei Ingenieurs- sowie Hoch- und Tiefunternehmen. Diese ersten Maßnahmen müssen alle vor dem Bau der Fundamentbette (engl. first concrete) vorhanden sein.[18]
Organisation und Erschließung
Normalerweise wird mit der Erschließung rund drei bis sechs Jahre vor der geplanten Ladung des ersten Brennstoffs begonnen. Um den Zeitplan einzuhalten wird normalerweise noch während der Ausschreibung für den Reaktor mit den Standortarbeiten begonnen.
Die Überwachung der Arbeiten übernehmen normalerweise rund fünf Personen des Bauherren, sprich meist des späteren Betreibers. Dieser Überwacht neben der Qualität der Arbeiten auch die Anforderungen des Personals. Sofern das Personal nicht erfahren genug in seinem Fach ist, darf es nicht am Bau des Kernkraftwerks teilnehmen. Das Unternehmen selbst ist zudem für die Organisation auf der Baustelle verantwortlich. Genauer gesagt muss das Unternehmen neben der Ansiedlung der Arbeits- und Wohnstätten der einzelnen Subunternehmen die Positionierung dieser Werksflächen organisieren. Das muss so erfolgen, dass dabei andere Unternehmen nicht bei ihrer Arbeit gestört werden und die Arbeiten selbst ungestört voran gehen. Erfahrungen haben jedoch gezeigt, dass die Abgabe dieser Organisation an den Hauptvertragspartner, sprich den Nuklearkonzern der das Werk baut, eine bessere und straffere Organisation ermöglicht als wenn es der zukünftige Betreiber organisieren würde.[18]
Die Erschließung und Standortvorarbeiten beginnen mit dem Bau erster neuer Lieferwege zum Kernkraftwerk, in einigen Fällen auch eine Anbindung an das nächste Schienennetz, das sich für die Anlieferung von Großkomponenten am besten eignet, ebenso wie kleine Häfen. Die Erdarbeiten beginnen mit den ersten Tiefbauarbeiten wie dem Aushub der Fundamente und die Planierung der Lagerflächen, die nach IAEA-Empfehlung zum Schutz mit Sicherheitszäunen umzäunt werden sollten, ebenso das Werksgelände selbst. Sollte das Gelände gegen Überflutungen zu niedrig liegen muss das Gelände vorher entsprechend aufgeschüttet und verdichtet werden. Wichtig ist die Errichtung von vorläufigen Lagerstätten für wetterempfindliche Komponenten. Zur Koordination wird meist eine Kommunikationszentrale eingerichtet. Neben der Einrichtung anderer Infrastrukturen wie Wasser, Strom, Druckluft und der Verwaltung sind neben der Feuerwache auch ein ärztliches Gebäude vonnöten sowie Parkflächen und Schlafunterkünfte für die Arbeiter. Wichtig, jedoch nicht zwangsweise benötigt, ist der Bau von standortnahen Werkstätten auf oder am Gelände um die Fertigung von Komponenten vor Ort vornehmen zu können. Zu den Vorarbeiten selbst zählt noch das Legen des Spezialfundaments.[18]
Dieses ist standortabhängig, und bei festen Böden im Prinzip wie folgt aufgebaut: Nach Abtragung des weichen, oberflächennahen Bodens kommt der Felssockel zum Vorschein, auf dem die Anlage errichtet werden soll. Diese Fläche wird soweit wie möglich und nötig planiert. Schwachstellen werden mit Ankern und Spritzbeton befestigt. Anschließend wird der Grund mit einer Schicht aus Zementmörtel-/beton mit Kunststoffzusatz (Polymer-Cement-Concrete, PCC) und darüber Mörtel aus Zement und Sand planiert. Dann folgen zwei Schichten aus Styrol-Butadien-Styrol-Schweißbahnen (SBS) zur Abdichtung gegen Grundwasser. Zuletzt wird eine Schicht aus Zement, Sand und Mörtel darüber aufgetragen, und die Bewehrung zum Guss des eigentlichen Betonfundamentes darauf gelegt, auf dem dann der nukleare Anlagenteil entkoppelt errichtet werden kann. Die vertikalen Ränder der Baugrube werden auf dieselbe Weise gebaut.[36]
Liegt das Kernkraftwerk in einer Küstenregion, muss noch eine Drainage angelegt werden, um den Grundwasserspiegel zu senken.[36] Bei exotischen Bauplätzen, wo ein Nachgeben des Untergrundes befürchtet werden muss, wird die Anlage auf Stahlbetonplatten errichtet, um die Flächenlast für den Boden zu senken. Das Fundament des Kernkraftwerks Bilibino am Polarkreis besteht zum Beispiel aus monolithischen Stahlbetonplatten. Vor dem Absetzen der Platten auf dem Baugrund wurde dieser aufgetaut.[37] Beim KKW Neckarwestheim trat ein ähnlicher Fall auf: Die unter dem Werk liegenden Gipsschichten neigten dazu Wasser aufzunehmen und aufzuquellen, was in der Folge zur Auslaugung dieser Schichten führen, und dadurch ein Hohlraum entstehen könnte. Deshalb wurde vorsorglich beim Bau unter dem zweiten Block eine acht Meter dicke Pufferschicht aus Beton errichtet.[38]
Errichtung
Mit der Errichtung der ersten Gebäudestrukturen des Reaktorblocks wird mit dem eigentlichen Bau des Kernkraftwerks begonnen. Neben dem Bau des Hauptgebäudes werden die unterirdischen Versorgungssysteme des Blocks mit den einzelnen Nebengebäuden vernetzt. Für diese Arbeitsperiode werden rund 1000 bis 1200 Arbeiter benötigt. Wichtig ist der Einsatz moderner Bauverfahren, da so weniger qualifiziertes Personal benötigt wird.[18]
Da die Personal- und Kapitalkosten einen großen Einfluss auf die Kosten eines Kernkraftwerkes haben, ist es sinnvoll die Bauzeit möglichst kurz zu halten. Bei manchen modernen Anlagen kommen deshalb Schnellbautechniken zum Einsatz. Bekanntestes Beispiel hierfür ist der ABWR, wo die modulare Bauweise am konsequentesten umgesetzt wurde. Die Anlage ist dabei in Module unterteilt, welche auf der Baustelle annähernd gleichzeitig gefertigt, und dann mit einem Kran in Position gehoben werden. Dies umfasst zum Beispiel den Boden des Containments samt Kernfänger (460 t), drumherum werden Ausrüstungsmodule gestellt (à 250 t), darauf das Containmentlinermodul (170 t) gesetzt, usw.[39] Um Räume schneller zu bauen und auszurüsten werden beim OPR-1000 und ATMEA1 auch Stahlverschalungen eingesetzt, welche konventionelle Holzverschalungen ersetzen und im Beton eingegossen werden. Für vertikale Wände wird zum Beispiel eine vorgefertigte Verschalung, welche aus zwei Stahlplatten mit Abstandhaltern (Bewehrung) besteht, mit Beton vollgegossen und ausgehärtet. Horizontale Flächen werden mit Stahlträgern überbrückt, und Stahlblechplatten mit Sicken dazwischen gelegt. Anschließend wird die Bewehrung darauf gelegt und der Beton gegossen.[36] Dadurch kann auf eine Abstützung der Verschalung in den unteren Räumen verzichtet werden, so dass diese während des Baus bereits von oben mit Modulen ausgerüstet werden können. Die Gebäude können so eine sehr hohe Packungsdichte erreichen.[40] Durch diese Summe an Maßnahmen kann die Bauzeit erheblich verkürzt werden. Beim ABWR vergehen vom ersten Beton bis zur ersten Beladung nur 37-43 Monate.[39]
Bei vergangenen Kernkraftwerksprojekten konnten dadurch große Einsparungen bei den Personalkosten vorgenommen werden. Nach der Fertigstellung der ersten Gebäude und Räume kann mit der Installation weiterer Komponenten begonnen werden, sofern für diese eine Fertigungsdokumentation existiert, und diese durch eine am Standort vorgenommene Prüfung freigegeben wurden. Etwaige Nachbesserungen könnten jedoch zu Verzögerungen beim Bau des Werkes führen. Je nach Schwere des Fehlers kann dieser am Standort oder nur beim Lieferanten repariert werden. Da einige Komponenten von Unternehmen gefertigt werden, die nicht mit den Standarts der Nuklearindustrie vertraut sind, muss hier besonders auf die Qualität geachtet werden.[18]
Inbetriebnahme
Die Inbetriebnahme eines Kernkraftwerks beginnt mit der Inbetriebnahme der ersten elektrischen Systeme, sodass der Block erstmals extern mit Elektrizität versorgt wird. Weiter wird jede Komponente nach der Installation vor der Inbetriebnahme von einer etwa 150 bis 250 Personen starken Gruppe, die speziell für die Wartung und Inbetriebnahme des Equipments trainiert wurde begutachtet, und anschließend zum passenden Zeitpunkt in Betrieb genommen. Die Inbetriebnahmephase erstreckt sich über die Bauphase hinaus. Besonders bei den Primärsystemen müssen vorher Funktionstests wie der Warmprobebetrieb vorgenommen werden, um die Funktionalität zu testen sowie Einstellungen für den realen Betrieb zu schaffen. Die eigentliche Inbetriebnahme eines Kernkraftwerksblocks geschieht erst ab der physikalischen Inbetriebnahme des Blocks, sprich sobald die ersten Brennelemente geladen wurden und erstmals bei kleinster kontrollierbarer Leistung Kernenergie produziert wird. Ab diesem Schritt redet man von der Turnover-Phase (kurz T/O), die normalerweise mit dem bereits vorher geschulten Betriebspersonal des Betreibers vorgenommen wird. In diesem Teil werden die Reaktorsysteme unter regulären Bedingungen erprobt sowie der Block an die Betriebsgrenzen gefahren um das richtige Verhalten aller Anlagenteile und Sicherheitseinrichtungen sicherzustellen.[18] Das am Kernkraftwerk Emsland vorgenommene Programm im Versuchsbetrieb umfasste beispielsweise folgende Störfälle:[41]
- Reaktorschnellabschaltung
- Abschaltung einer Hauptkühlmittelpumpe
- Turbinenschnellschluss
- Lastabwurf auf Eigenbedarf
- Abschaltung einer Hauptspeisewasserpumpe
- Ausfall aller Hauptspeisewasserpumpen
- Ausfall einer Hauptkühlmittelpumpe
- Notstromfall
- Simulation eines Dampferzeugerheizrohrbruchs
Betrieb
Mit der ersten Synchronisation des Generators mit dem Stromnetz und die anschließende Zuschaltung an das Elektrizitätsnetz wird der eigentliche Blockbetrieb aufgenommen und das Kernkraftwerk speist erstmals regulär Elektrizität in das Netz. Da dies innerhalb des Versuchsbetriebs geschieht kann es möglicherweise zu Ausfällen kommen, sodass die Kraftwerksleistung noch nicht in einem geplanten Produktionsrahmen eingespeist werden kann. Erst mit der Übergabe des Blocks an den Betreiber, meist nach Abschluss aller Versuchsprogramme und nachdem der Block erstmals unter Volllast läuft, geht das Kernkraftwerk in den regulären Betrieb über. Abseits davon kann es länderspezifisch sein, dass erst mit einer behördlichen Genehmigung der Block auch entsprechend kommerziellDas Wort bezieht sich nicht auf den wirtschaftlichen Aspekt sondern auf die reguläre Nutzung, da Kernkraftwerke auch aus politischen Gründen errichtet, sowie Demonstrationsanlagen unter marktwirtschaftlichen Aspekten getestet werden genutzt wird.
Die Steuerung eines Kernkraftwerks wird normalerweise von einer zentralen Blockschaltwarte aus geregelt. Über die Jahre hinweg hat sich der Aufbau und die Ausstattung erheblich geändert, was sich auch im Personalaufwand wiederfinden lässt. Die ersten Schaltwarten der Reaktoren früherer Generationen waren eher mit analoger Technik ausgestattet; mit herkömmlichen Schaltern, einfachen Schaltpanelen und Konsolendisplays mit verschiedenen Indikatoren, ohne digitale Unterstützung. Dementsprechend waren die Schaltwarten weitaus größer. Beispielhaft hierfür sind die unaufgerüsteten Schaltwarten des RBMK-1000. Bis in die 1980er Jahre wurde dieser Aufbau auch beibehalten. Nicht sehr selten war es auch der Fall, dass für Doppelblockanlagen die Schaltwarten in einem Raum zusammengelegt wurden, was später allerdings nicht mehr gemacht wurde da mehr auf den Bau von Monoblockeinheiten gesetzt wurde, als zwei unterschiedliche Blöcke miteinander zu verbinden.[42] Bei einem RBMK sind zum Beispiel mindestens drei Operatoren nötig um den Betrieb zu regeln: der Reaktorbetriebsingenieur (ведущий инженер управления реактором, kurz ВИУР, WIUR), der Blockbetriebsingenieur (ведущий инженер управления блоком, kurz ВИУБ, WIUB) und der Turbinenbetriebsingenieur (ведущий инженер управления турбиной, kurz ВИУТ, WIUT). Zusätzlich kommt noch der Schichtleiter und der Blockingenieur dazu, die über das Personal die Oberaufsicht haben. Bei moderneren Reaktoren wie beispielsweise dem französischen Nouveau 4 mit vollständig digitalisierter Schaltwarte und verbesserter Mensch-Maschine-Schnittstelle sind nur noch zwei Operatoren nötig, die einer weiteren Person als Schichtleiter unterstellt sind.[43] Bei den Reaktoren des Typs AGR im Vereinigten Königreich ist es aufgrund der starken Digitalisierung und Automatisierung normal, dass in der gemeinsamen Schaltwarte für je zwei Reaktoren pro Reaktor nur ein Operator zuständig ist, die einem Schichtleiter unterstellt sind.
Stromerzeugung
Durch die niedrigen Stromgestehungskosten werden Kernkraftwerke (KKW) in der Regel im Grundlastbereich eingesetzt. Zusammen mit Braunkohle- und Wasserkraftwerken sollen diese Anlagen dauerhaft mit Volllast laufen, um möglichst viel des preiswerten Stroms ins Netz zu speisen. Die Regelleistung wird dabei von anderen Kraftwerken mit höheren Produktionskosten zur Verfügung gestellt. In manchen Ländern ist der Anteil des umweltfreundlichen Atomstroms jedoch so hoch, das Kernkraftwerke auch im Mittellastbereich eingesetzt werden. Da in ein elektrisches Verteilernetz nur soviel elektrische Energie eingespeist werden darf wie gerade von den Verbrauchern benötigt wird, wird die Schwungreserve des Turbosatzes zur Regelung kleiner Schwankungen verwendet. Dabei können etwa 10% der Nennleistung pro Minute (10%/min) geändert werden.
Die Leistungsänderung erfolgt in einem technisch bestimmten Leistungsspektrum, nämlich zwischen der minimalen und technisch sinnvollen im Normalbetrieb fahrbaren Leistung, und der maximalen Nennleistung des Kraftwerks. Für Kernkraftwerke ergibt sich so ein regelbarer Leistungsbereich von 45% bis 100% der Gesamtleistung. Dabei gilt: Je langsamer abgefahren wird, desto größer die mögliche Leistungsreduzierung in einer bestimmten Zeit. So können bei 5%/min etwa 45-55% der Nennleistung überbrückt werden, zum Beispiel von 50% auf 100% Kraftwerksleistung. Bei 10%/min können nur etwa 20% der Nennleistung überbrückt werden, zum Beispiel von 70% auf 90%.[44] Die genauen Parameter sind kraftwerksspezifisch und von Anlage zu Anlage verschieden.
Kraft-Wärme-Kopplung
Kernkraftwerke können neben Elektrizität auch thermische Energie in Form von Fernwärme oder Prozessdampf ausspeisen (Kraft-Wärme-Kopplung).[45] Kernkraftwerke können im Gegensatz zu fossilen Wärmekraftwerken bei gleicher Nennleistung rund zehn Prozent mehr Fern- oder Prozesswärme erzeugen. Bei konventionellen Anlagen werden diese zehn Prozent zusammen mit den Abgasen ungenutzt über den Schornstein in die Umwelt abgeleitet.[46]
Da nur etwa 18% des weltweiten Primärenergiebedarfs zur Stromerzeugung verwendet werden, und der Rest direkt als Brennstoff für Heizprozesse (55%) und Transport (27%) verwendet wird, ergibt sich hier ein großes Marktpotential. Allerdings ist die Nutzung von Fern- und Prozesswärme je nach Region eingeschränkt. Erfahrungen mit der Erzeugung von nuklearer Fern- und Prozesswärme in Kernkraftwerken gibt es in zentraleuropäischen Ländern wie der Schweiz, Tschechien, Ungarn und der Slowakei sowie in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion und Finnland. Einer der Hauptgründe weshalb aus nuklearen Anlagen nur sehr wenig thermische Energie für Heizzwecke oder Warmwasser genutzt wird liegt daran, dass die meisten Fernwärmenetzbetreiber auf fossile Heizwerke setzen, da diese einfacher zu realisieren sind. Die Auskopplung von Wärme erfordert es die Kraftwerke nahe den Abnehmern zu errichten, weshalb die Nuklearsicherheit einen besonders hohen Stellenwert haben muss.[45] Kernkraftwerke, welche mehr thermische als elektrische Energie ausspeisen, werden auch als Kernheizkraftwerke (KHKW) bezeichnet.
Wärmeerzeugung
Eine Besonderheit stellen Kernheizwerke (KHW) dar. Diese Anlagen weisen konstruktive Ähnlichkeiten mit Kernkraftwerken auf, sollen jedoch ausschließlich Fern- und Prozesswärme erzeugen. Diese Anlagen sind aufgrund einer geringen Leistung und der besseren Regelmöglichkeiten weitaus kostengünstiger in der Wärmeerzeugung als große Kraftwerke.[45] Ähnlich wie bei der Kraft-Wärme-Kopplung eignen sich auch hier Mini-Reaktoren, welche als Industriekernkraftwerke oder Industriekernheizwerke verwirklicht werden können. Bei der Wahl von Hochtemperaturreaktoren mit Reaktoraustrittstemperaturen von >750°C läßt sich neben der Kohleverflüssigung auch die Wasserstoffherstellung nach dem Schwefelsäure-Iod-Verfahren realisieren, welche für das Haber-Bosch-Verfahren und andere wichtige chemische Prozesse notwendig ist. Das Konzept wird im Rahmen der Generation-IV-Initiative verfolgt.
Emissionen
Ein Kernkraftwerk emittiert direkt keine umweltschädlichen Gase wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe oder Schwefeldioxid, allerdings einen gewissen Anteilen an radioaktiven Stoffen – abseits von den abgebrannten Brennelementen und anderen Feststoffen – die über den Fortluftkamin und den Kühlwasserrücklauf abgegeben werden. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen langlebigen und kurzlebigen radioaktiven Emissionen. Während des Reaktorbetriebs entweichen vornehmlich Gase wie 41ArArgon (t½ 109,34 Minuten), 131IIod (t½ 8,02070 Tage), 133XeXenon (t½ 5,253 Tage) und 33SSchwefel (nicht radioaktiv). Die Gase werden in einer Verzögerungsleitung möglichst lange im Kernkraftwerk gehalten, sodass vor dem Freisetzen über den Abluftkamin die Elemente mit kurzen Halbwertszeiten weitestgehend zerfallen sind. Hierdurch wird eine unnötige stärkere Belastung der Umwelt vermieden. Sekundär ist die Höhe des Kamins ausschlaggebend, der durch seine Größe die Zeit verzögert, bis die Isotope auf den Boden gelangen und bis dahin bereits abgeklungen sind. Flüssige Emissionen werden vornehmlich durch 144CeCerium (t½ 284,893 Tage), 137CsCäsium (t½ 30,17 Jahre), 3HTritium (t½ 12,32 Jahre) und 90SrStrontium (t½ 28,78 Tage) verursacht. Die meisten Rückstände dieser Art werden gelagert und auf anderem Wege entsorgt. Flüssige Abfälle mit einer überschaubaren, aber noch langen Halbwertszeit werden vornehmlich einige Zeit im Kernkraftwerks selbst gelagert, bevor sie an die Umwelt, meistens in einen Fluss, abgeleitet werden.[47]
Stilllegung
Die Stilllegung von Kernkraftwerken geschieht aus verschiedenen Gründen. Meist sind es technische und wirtschaftliche Gründe, aber auch das Auslaufen einer Betriebslizenz, ein Betriebsunfall oder eine kernenergiefeindliche Politik können hierfür ursächlich sein. Die Stilllegung solcher Industrieanlagen wirkt sich naturgemäß auf das Umfeld aus, hauptsächlich auf die Angestellten des Werkes die dadurch arbeitslos werden, aber auch auf die lokale Wirtschaft und den Staat, welchen Kaufkraft und Steuereinnahmen verloren gehen. Deshalb ist es unabdingbar, dass ein Betreiber bereits vor der Stilllegung Kontakt zur lokalen Verwaltung und den Angestellten aufnimmt um entsprechende Umschulungen vornehmen zu können und eine mögliche Nachnutzung des Geländes vorschlägt.[48]
Nachnutzung
Normalerweise ist es attraktiv das Gebäude des Kernkraftwerks für andere Zwecke zu nutzen, oder ein neues Kernkraftwerk am Standort zu errichten. Die letzte Option ein neues Kernkraftwerk zu errichten ist die am häufigsten gewählte Möglichkeit, da dadurch die sozioökonomischen Folgen verringert werden und die gesamte Infrastruktur des vorherigen Werkes, wie beispielsweise Fahrweg- und Netzanbindung, Kühlwasserkapazitäten und Personen übernommen werden können. Die zweite Möglichkeit ist die Nutzung des Gebäudes für andere nukleare Zwecke, welches jedoch durch den Fortschritt oftmals nicht dem heutigen Stand der Technik entspricht. Daneben wurden Kernkraftwerke selbst oder ihre Standorte unter anderem zu Museen, Gas- oder Kohlekraftwerken, Abfalllager, Kulturobjekten und Technologieparks umgebaut. Beispiele für Umbauten sind:[48]
- Kernkraftwerk Fort St. Vrain: Im Jahr 1996 wurde der Block zu einem Gaskraftwerk mit 130 MW Leistung umgebaut.
- Kernkraftwerk Maine Yankee: Auf dem Gelände wurde ein Lager für abgebrannte Brennelemente errichtet. Weiter plante das Twin River Energy Center den Bau eine Vergasungsanlage für Diesel.
- Kernkraftwerk Hinkley Point A: Die Turbinenhalle des Werkes wurde zu einer Simulationsanlage für den Rückbau von Magnox-Reaktoren umfunktioniert und öffnete im November 2007.
- Kernkraftwerk Greifswald: Da nur fünf der acht Reaktoren zurückgebaut werden müssen, konnten die Anlagenteile und Freiflächen für andere Zwecke zur Verfügung gestellt werden, beispielsweise für industrielle Zwecke als Fabrik oder als Abfalllager.
Rückbau
Der Rückbau von Kernkraftwerken stellt hinsichtlich der Entsorgung radioaktiver Stoffe eine Herausforderung dar. Kostentechnisch wird normalerweise der Betreiber eines Kernkraftwerks verpflichtet die Anlage auch zurück zu bauen. Die Kosten des Abrisses selbst können in der Regel durch den vorherigen Betrieb der Anlage vollständig gedeckt werden. Bei Herstellung der ursprünglichen Landschaftsgegebenheiten könnten sich diese Kosten jedoch erhöhen.[48] Bei einem vollständigen Rückbau kann es auch zu Komplikationen kommen die das anschließende Gelände, auch als grüne Wiese bezeichnet, unbenutzbar machen kann. Dies geschah beispielweise beim Rückbau des Reaktors Vandellòs-1, in dem ein großer Teil des Gebäudes aufgrund der Demontage des Graphits kontaminiert wurde. Allerdings ist die Weiternutzung eines unbebauten Grundes für einen KKW-Neubau rechtlich weitaus einfacher, da der Standort bereits für ein Kernkraftwerk lizenziert wurde und nicht neu genehmigt werden muss.
Projektstornierungen
Bereits mehrfach in der Geschichte kam es zur Aufgabe von Kernkraftwerksprojekten aus den verschiedensten Gründen, davon sind die Primärgründe meist wirtschaftlicher oder politischer Natur. Meist gehen solchen Schritten verschiedene Ereignisse voraus. Gründe für eine Stornierung können unter anderem die regelmäßige Verzögerung des Projektes in frühen und mittleren Baustadien sein, verursacht durch unsachgemäße Planung oder Eskalation bestimmter Meinungsverschiedenheiten zwischen der Öffentlichkeit und der Aufsichtsbehörde. Einige Beispiele von Stornierungen aufgrund verschiedener Ursachen sind:
- Politisch motivierte Stornierung
- Beispiel: Spanien setzte 1984 ein Moratorium in Kraft, dass den Zubau von neuen Kernkraftwerken für sechs Jahre aussetzt. Hiervon betroffen waren neben in Planung befindlichen Blöcken auch Anlagen, die sich im Bauzustand befanden. Obwohl es seitens der Kernkraftwerksbesitzer großes Interesse daran gab die Anlagen ab 1991 wieder zu errichten, insbesondere für das Werk in Valdecaballeros, scheiterte diese Initiative und bereits getätigten Investitionen für die Wiederaufnahme, da das Moratorium von der Regierung 1989 auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wurde. Dies führte dazu, dass die Eigner von der Regierung entschädigt und die Bauprojekte eingestellt wurden.[49]
- Wirtschaftlich motivierte Stornierung
- Beispiel: Nach dem Unfall von Three Mile Island 1979 kam es international zu einer Panikreaktion. Als direkte Folge gab es einen wachsenden Widerstand aus der Bevölkerung, der allerdings erst in den Startlöchern war und keinerlei direkte Auswirkungen auf eine Vielzahl von Projekten hatte. Im Fallbeispiel, dass die Vereinigten Staaten von Amerika widerspiegeln soll, kam es zu einer Verschärfung der Vorschriften für neue Kernkraftwerke, die die Wirtschaftlichkeit neuer Anlagen verschlechterte und die Konzerne für teure Nachrüstungen finanziell stark belastete. Zwar erholte sich die Atomwirtschaft wieder und der Zubau neuer Kernkraftwerke nahm auch international zu, allerdings konnten eine Vielzahl von Projekten nicht umgesetzt werden, da die Kosten über die Betriebswirtschaftlichkeit stiegen oder der Verbrauch durch den starken Kraftwerkszubau gesättigt war. In den Vereinigten Staaten wurden infolge dessen viele Projekte in den 1980ern und 1990ern storniert.[50]
- Gesellschaftlich motivierte Stornierung
- Beispiel: Meist motiviert durch Reaktorunfälle in Kernkraftwerken, darunter zu nennen neben dem Unfall von Three Mile Island 1970 auch der Reaktorunfall von Tschernobyl 1986, reagierten Menschen in der Vergangenheit oftmals sensibel, weshalb für geplante oder in Bau befindliche Projekte meist ein Protest initiiert wird. Das Fallbeispiel des Kernkraftwerks Wyhl in Deutschland hatte allerdings keine schweren Reaktorunfälle als Vorläufer der Proteste. Diese führten trotzdem zu Verzögerungen in den Planungen und dem Bau des Werkes, der nicht begonnen werden konnte, sodass das Projekt mehrfach verschoben und am Ende nicht umgesetzt wurde.
Neben der Stornierung eines Reaktorprojekts gibt es verschiedene Alternativen. Je nach Projektstatus könnte es je nach Lage wirtschaftlich sein, geplante Projekte auf unbestimmte Zeit zu verschieben, um diese später unter besseren Bedingungen, eventuell auch mit modernerer Technologie, umzusetzen. Beispielhaft hierfür sind die Blöcke 3 und 4 am Kernkraftwerk Rostow in Russland, die zwar bereits in den 1980ern geplant wurden, allerdings ab 2009 als modernisierte Variante vollständig neu errichtet wurden, da einerseits bisher keine wirtschaftliche Situation hierfür vorhanden war und die Technologie nicht zuverlässig lieferbar war. In diesem Stadium könnten einige Projekte dennoch scheitern. Gründe hierfür könnten sein, dass andernorts eine andere Anlage errichtet wurde oder der Bedarf fehlt. Beispielhaft hierfür sind die Planungen für das Kernkraftwerk Tatarien, dass nur realisiert wird, sofern die Blöcke Balakowo-5 und -6 nicht vollendet werden. Die andere Variante ist unter anderem dem Bau eines Werkes zu beginnen und bei Problemen zu stoppen. Beispielhaft hierfür ist der Bau des Kernkraftwerks Mochovce, dessen Arbeiten in den 1990er nach Zusammenbruch der Tschechoslowakei aufgrund von finanziellen Problemen unterbrochen wurden, die Anlage konserviert und mit einem kleinen Stammpersonal in Schuss gehalten wurde. Erst nachdem Gelder für die Vollendung bereitstanden wurde mit den Arbeiten fortgefahren. Wie die Konservierung erfolgt ist unterschiedlich. Während für das Kernkraftwerk Angra-3 die Komponenten vor Baubeginn fast vollständig gefertigt und konserviert unter Schutzatmosphäre eingelagert wurden, erfolgte die Konservierung der Blöcke 5 und 6 am Kernkraftwerk Tschernobyl lediglich mit Witterungsschutz. Das Gebäude des fünften Blocks wurde mit Stahlplatten ausgekleidet und die Komponenten in Hallen ohne weiteren Schutz eingelagert. Prinzipiell wäre es möglich gewesen den Bau in den 1990ern fortzusetzen, scheiterte aber aufgrund der Tatsache, dass die Blöcke wegen der radiologischen Situation nicht vollendet werden konnten. Zwei Musterbeispiele sind die Kernkraftwerke Bellefonte und Bataan, die aus verschiedenen Gründen nicht vollendet wurden. Beide Anlagen waren zum Zeitpunkt des Baustopps vollständig fertiggestellt. Die Komponenten konnten installiert werden, allerdings mussten lediglich die wichtigsten Großkomponenten intensiv geschützt werden, darunter die Reaktorbauteile, die wie im Bild rechts dargestellt in Bellefonte speziell unter Schutzatmosphäre verpackt wurden. Theoretisch könnte das Werk so ohne große Umwege in Betrieb gehen.
Ein Baustopp an einer Anlage führt allerdings dazu, dass die Anlage möglicherweise mit längerem Stillstand nicht mehr dem Stand der Technik entspricht, weshalb bei einer Reaktivierung meist erst Nachrüstungen erfolgen müssen. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass die Reaktivierung der Arbeiten nicht wirtschaftlich ist, was erneut zu einer Stornierung des entsprechenden Projekts führen könnte. Eine Alternative ist der Umbau in ein konventionelles Kraftwerk, dass mit geringeren und kostengünstigeren Sicherheitssystemen ausgestattet ist, als die Reaktorsektion eines Kernkraftwerks. Kein direktes Beispiel ist das Kernkraftwerk Midland, dessen Bau fast vollständig vollendet war, aufgrund der Kostenüberschreitungen als Gaskraftwerk allerdings kostengünstiger fertiggestellt werden konnte, als als Kernkraftwerk. Der Aufwand durch den Umbau in eine konventionelle Anlage ist allerdings größer und der Ertrag bezüglich der Erzeugung und effizienten Nutzung des Brennstoffs geringer. Als wirtschaftliche Rettung von gescheiterten Projekten werden verschiedene Möglichkeiten angewandt. Während für die Stornierung von Hope Creek-2 die Kosten auf dem Verbraucher über den Strompreis umgelegt wurden, konnte die Tenessee Valley Authority aus einer öffentlichen Versteigerung von Komponenten des Kernkraftwerks Phipps Bend einen Teil des Verlustes wettmachen.
Ein weniger beachteter Punkt, allerdings mit großen Auswirkungen, ist der Markt, in dem ein Kernkraftwerk geplant oder gebaut wird. Während der Zubau von neuen Anlagen in einem regulierten Strommarkt weitaus mehr Sicherheit bietet, dass das Projekt unter wirtschaftlichen Bedingungen arbeiten kann, ist der Zubau von Kernkraftwerken in einem deregulierten Strommarkt weitaus schwerer realisierbar. Beispielhaft ist der deregulierte Strommarkt den USA, unter dem mehrfach, darunter auch Hope Creek-2, Stornierungen stattfanden. Gründe hierfür sind, dass die Erlöse aus der Erzeugung möglicherweise zu gering sind und andere Kraftwerke mit anderen Brennstoffen günstigere Energie liefern könnten. Da solch ein deregulierter Markt sehr flexibel ist und kurzfristig auf Änderungen reagiert, führt es dazu, dass zu bestimmten Zeiten neue geplante Kernkraftwerke nicht mehr dem Strommarkt Rechnung tragen können. Beispielhaft hierfür ist das sich seit 2010 durchsetzende Schiefergas und das aus Ölsand gewonnene Öl für Kraftwerke, dass kurzfristig weitaus kostengünstiger zur Verfügung steht, da der Markt besser gesättigt wird. Unternehmen schwenkten daraufhin vornehmlich auf neue Gaskraftwerke um. Dies führt allerdings dazu, dass die verfügbaren Ressourcen über mehrere Jahre hinweg sinken und die Preise steigen, sodass diese Kraftwerke aufgrund der hohen Erzeugungskosten auf dem deregulierten Markt nicht mehr bestehen können (Schweinezyklus). Dagegen kann allerdings die Vollendung von einem Kernkraftwerk auch zu unrentablen Zeiten durchaus attraktiv sein, da die Förderung beim Uran weitaus trägere Preissprünge verursacht. Tatsächlich kann der Preis auf zirka zwei bis drei Jahre voraus kalkuliert werden, da meistens Brennelemente mehrere Jahre im Voraus bestellt werden, weshalb die Situation bezüglich Förderung und Verbrauch des Brennstoffs besser vorhersehbar und die Mengen daher regelbar sind. Hinzu kommt die Laufzeit solcher Blöcke, die bei der Generation III mit einer Standzeit von 60 bis 80 Jahren viel größer ist als bei die meisten konventionellen Kraftwerken. Diese Aspekte spielen allerdings meist eine nicht zurecht unberücksichtigte Variable in der Planung von Kernkraftwerken. Dies führte dazu, dass in den Vereinigten Staaten bereits wenige Jahre nach Planungsbeginn mehrere Kernkraftwerke wieder storniert wurden, so auch Bellefonte-3 und -4, sowie Shearon Harris-2 und -3. Kernkraftwerke sind im Prinzip keine kurz- und mittelfristigen Planungen, sondern auf lange Zeit geplante Objekte.
Eine Übersicht der weltweit gestoppten und stornierten Projekte, die in einer festen Planungsphase waren, findet sich in der Liste der verworfenen Kernkraftwerke.
Wirtschaftlichkeit
Allgemein
Volkswirtschaftlich ist es sinnvoll möglichst preiswert Strom zu produzieren um die Kaufkraft und damit den Wohlstand der Menschen zu erhöhen, oder um dem Strompreis eine höhere Steuerlast aufbürden zu können, ohne eine gesellschaftliche Verarmung herbeizuführen. So ist es durchaus denkbar, dass ein Land wie Deutschland 100% seines Strombedarfs aus Wasserkraft decken kann, wenn an jedem Strom, jedem Fluss und jedem Dorfbach eine Staustufe errichtet wird, und die Verbraucher bereit sind mehr als € 40 ct/kWh zu bezahlen. Als Nebeneffekt dürften die Kosten für ein Umweltverträglichkeitsgutachten bei flussnahen Bauprojekten langfristig sinken, da die Süßwasserfische in den Flüssen durch die Turbinen geschreddert werden, und damit ein Objekt der Fürsorge entfällt.
Bei der Betrachtung der globalen Strompreisentwicklung (oder allgemeiner: Energiepreisentwicklung) läßt sich folgender Trend feststellen: Die Energiepreise sinken seit Jahrhunderten. Um den Preis für eine Stunde Leselicht bezahlen zu können, muss ein durchschnittlich verdienender Brite heutzutage etwa eine halbe Sekunde arbeiten. 1950 wären dafür acht Sekunden Arbeit vonnöten gewesen, 1880 fünfzehn Minuten und um 1800 hätte ein Arbeiter sechs Stunden seiner Zeit investieren müssen, um sich eine Kerze zu leisten, die eine Stunde gebrannt hätte.[51] Auch für Deutschland kommt eine Studie der Hochschule Rottenburg zum dem Schluss, dass die inflationsbereinigten Strompreise bis 1972 kontinuierlich gefallen sind. Ab 1973 bis 1982 ist der Strompreis etwa gleich stark gestiegen wie die Bruttomonatsverdienste, und im Zeitraum von 1983 bis 2000 sind die Strompreise deutlich langsamer gewachsen als die Bruttomonatsverdienste. Erst im Jahr 2000 gab es durch die ökoreligiöse „Energiewende“, die im Text aber nicht explizit dafür verantwortlich gemacht wird, eine Trendumkehr zu inflations- bzw kaufkraftbereinigt steigenden Preisen.[52] Außerhalb der Ökorepublik Deutschland ist dieser globale Trend bis heute ungebrochen. Das Department of Energy geht in seinem Annual Energy Outlook 2012 für die USA von weiter inflations- bzw kaufkraftbereinigt sinkenden Strom- und Energiepreisen bis 2035 aus.[53]
Eine Politik die sich an globalen Trends orientiert muss deshalb das langfristige Sinken des inflations- bzw kaufkraftbereinigten Strompreises herbeiführen, um im globalen Wettbewerb mithalten zu können und die Lebensqualität der Menschen zu steigern. Kernkraftwerke bieten sich hierzu besonders an, da diese noch junge Technologie mit geringer Abhängigkeit von externen Faktoren (Brennstoffkosten, Wetter, Standort) das größte Zukunftspotential besitzt. Wie teuer ein Kernkraftwerk Elektrizität erzeugt hängt von drei Variablen ab: Den Kapital- und Investitionskosten (60 %), den Betriebs- und Wartungskosten (20 %) sowie den Brennstoffkosten (20 %).[18] Die Kernenergiebranche ist auch weiterhin die Einzige, welche die Kosten der Entsorgung auf den Stompreis umlegt. Damit wird die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle, der Rückbau des Kraftwerks und in manchen Ländern auch die Wiederaufarbeitung finanziert. Meistens werden die Aufwendungen hierfür den Brennstoffkosten oder Betriebskosten zugerechnet. Die exakten Erzeugungskosten eines Reaktors hängen von der Größe des Werkes ab, der Standzeit des Blocks sowie der langfristigen Planung für weitere Anlagen, da Kraftwerkshersteller ihre Entwicklungskosten auf das Endprodukt umlegen. Ein weiterer Einfluss ist die Lage vor Ort, da sich die Erzeugungskosten eines Kernkraftwerks standort- und länderspezifisch durch politische oder aufsichtsrechtliche Verfahren verändern können. In der Vergangenheit haben sich Kernkraftwerke, wie bereits oben erwähnt, als finanziell stabile und auf dem freien Markt etablierte Stromerzeuger erwiesen.[18]
Kostenstrukturen beim Bau
Die Kostenstrukturen beim Bau eines durchschnittlichen natriumgekühlten Reaktors wurden im Jahr 1994 vom Department of Energy (DOE) zusammengefasst, und werden in nachfolgender Baumstruktur dargestellt. Da Energieversorgungsunternehmen nur über beschränkte Mengen an Eigenkapital verfügen, muss zur Errichtung eines teuren Kraftwerkes ein Darlehen aufgenommen werden. Die im Baum aufgeführten „Overnight cost“ bezeichnen den Preis der Anlage ohne die Zinskosten für geliehendes Fremdkapital. Im Gegensatz zu den verbreiteten Leichtwasserreaktoren sind sogenannte „Schnelle Brüter“ komplexer und teurer zu fertigen. Die Kostenstrukturen sind jedoch ähnlich, mit einer starken Gewichtung des nuklearen Anlagenteils.[54] Die „Indirekten Kosten“ sind hauptsächlich Personalkosten, und liegen in der Regel bei etwa 20%.[55]
- Overnight cost (84%)
- Der Bau selbst (72%)
- Davon nuklearer Anlagenteil (51%)
- Direkte Kosten (36%)
- Grundstückskosten (bedeutungslos)
- Gebäudestrukturen (7,1%)
- Nukleare Systeme (27%)
- Nuklearer Kreislauf, nicht vollständig aufgelistet (25%)
- Reaktordruckbehälter (1,7%)
- Wärmetransport in den Kreisläufen (11,4%)
- Primärkreislauf (3,1%)
- Zwischenkreislauf (3,2%)
- Dampferzeuger (5,1%)
- Sonstige Ausrüstung (3%)
- Schutzgasatmosphäre (0,099%)
- Natriumspeicher, -ablass und -einlass (0,11%)
- Natriumreinigung (0,43%)
- Na-Leckortung (0,17%)
- Wartungsausrüstung (1,7%)
- Überwachungssystem für Verunreinigungen (0,42%)
- Steuerungstechnik (1,4%)
- Restlicher Wärmetransport (2%)
- Nuklearer Kreislauf, nicht vollständig aufgelistet (25%)
- Turbinen/Pumpen (0,09%)
- Elektrische Ausrüstung (1,3%)
- Sonstige Ausrüstung (0,8%)
- Indirekte Kosten (15%)
- Direkte Kosten (36%)
- Nicht-nuklearer Anlagenteil (21%)
- Direkte Kosten (13%)
- Grundstückskosten (0,6%)
- Gebäudestrukturen (2%)
- Turbinen/Pumpen (6,3%)
- Elektrische Ausrüstung (3,2%)
- Sonstige Ausrüstung (1%)
- Kondensatoren der Hauptwärmesenke (1,1%)
- Indirekte Kosten (8%)
- Direkte Kosten (13%)
- Davon nuklearer Anlagenteil (51%)
- Kosten durch Bauverzögerungen/Sicherheitsrücklage (12%)
- Davon nuklearer Anlagenteil (10%)
- Davon nicht-nuklearer Anlagenteil (2%)
- Der Bau selbst (72%)
- Zinskosten während des Baus (16%)
- Davon nuklearer Anlagenteil (12%)
- Davon nicht-nuklearer Anlagenteil (4%)
Wie ersichtlich macht es wenig Sinn den Reaktorbehälter zu vereinfachen um Errichtungskosten zu sparen, da dieser nur zu 1,7% der Kosten beiträgt. Die Entfernung des Sekundärkreislaufes, wie dies im Rahmen des Generation-IV-Forums untersucht wird, verspricht mit 3,2% mehr Kosteneinsparungsmöglichkeiten. Die Gebäudestrukturen sind mit 7,1% ebenfalls weniger gewichtig als der Wärmetransport in den Kreisläufen (11,4%) oder der restliche Wärmetransport (2%), zum Beispiel für Notkühlsysteme. Die Abmessungen des Reaktorgebäudes können deshalb sehr große Ausmaße annehmen, ohne das dies als Problem empfunden würde. Die Kondensatoren der Hauptwärmesenke sind mit 1,1% fast genauso teuer wie der Reaktorbehälter. Beim EPR bestehen diese beispielsweise aus sechs Einheiten, eine Einheit wiegt 250 Tonnen. Das Bauteil ist recht kostspielig, da aus Korrosionsschutzgründen eine Titanlegierung eingesetzt wird.
Die größten und einfachsten Kosteneinsparungen ergeben sich durch billige Arbeitskräfte (23% Kostenanteil) oder analog dazu eine kurze Bauzeit, um Gehälter zu sparen. Ebenfalls wichtig ist die Vermeidung von Bauverzögerungen und damit Sicherheitsrücklagen (12%). Liefertreue ist deshalb ein wichtiges wirtschaftliches Kriterium. Die Zinskosten während des Baus (16%) machen ebenfalls einen Großteil der Kosten aus. Allerdings hängt dieser Wert stark von der Menge des benötigten Fremdkapitals, den Zinssätzen, der Inflation sowie den Zahlungsraten vom Energieversorger an den Nuklearkonzern während des Baus ab. Es liegt deshalb im Interesse eines Energieversorgers, dass ein möglichst großer Anteil der Kosten aus eigener Tasche bezahlt wird, die Zinsen niedrig sind, und die Masse der Bezahlung so spät wie möglich erfolgt.
Erzeugungskosten
Fixkosten
1000 MW | 1700 MW | |||
in ct/kWh | absolute Kosten p.a. | in ct/kWh | ||
Betriebskosten | 1,05 ct/kWh | $ 82.838.700 p.a. | 0,61 ct/kWh | |
Wartungskosten | 0,68 ct/kWh | $ 53.647.920 p.a. | 0,4 ct/kWh | |
Brennstoffkosten | 0,668 ct/kWh | $ 52.701.192 p.a. | $ 89.592.026 p.a. | 0,668 ct/kWh |
Summe | 2,28 ct/kWh | ca. $ 189 Mio. p.a. | ca. $ 226 Mio. p.a. | 1,67 ct/kWh |
Wie bereits oben erwähnt setzen sich die Stromgestehungskosten eines Kernkraftwerks aus den Kapital- und Investitionskosten, den Betriebs- und Wartungskosten, der Entsorgungsabgabe sowie den Brennstoffkosten zusammen. In der Tabelle rechts wurden die fixen und variablen Kosten der US-amerikanischen Kernkraftwerke von 2010 verwendet (linke Spalte). Die Auslastung der Werke betrug damals im Schnitt 90%, die mittlere Blockleistung liegt bei etwa 1000 MW netto.[16]
Verglichen mit Kohle- und Gaskraftwerken sind die Fixkosten der Atomverstromung (Errichtungs-, Betriebs- und Wartungskosten) sehr hoch. Um das Bedürfnis nach immer preiswerterem Strom zu befriedigen, müssen diese großen Kostenpositionen primär angegangen werden. Eine einfache Möglichkeit dazu ist die Grössendegression, auch Fixkostendegression oder Betriebsgrößendegression genannt. Sie bezeichnet die Senkung der Stückkosten beim Einsatz größerer Maschinen: Eine Großanlage produziert bei Vollauslastung der Kapazität billiger als mehrere kleine Anlagen. In diesem Sinne wurden Ende des 19. Jahrhunderts die Dampfmaschinen einzelner Fabriken zugunsten von elektrischen Systemen ausgemustert, welche ihre Energie aus einem größeren E-Werk bezogen, das mehrere Fabriken versorgen konnte. Die großen Energieversorgungskonzerne wie RWE entstanden zu dieser Zeit.
In der Tabelle rechts ist dieses Prinzip vereinfacht dargestellt: Basierend auf den Daten des Department of Energy wurden mit Hilfe der Auslastung von 90% und einer Blockleistung von 1000 MW die absoluten Kosten pro Jahr errechnet. Die Fixkosten wurden dann auf ein hypothetisches Kernkraftwerk der 1700-MW-Klasse umgelegt, was zu einem Absinken der Erzeugungskosten von 2,28 ct/kWh auf 1,67 ct/kWh führt. In der Realität fällt der Unterschied weniger dramatisch aus, da die Betriebs- und Wartungskosten ebenso wie die Baukosten nicht konstant bleiben, und somit keine lineare Grössendegression existiert. In der Praxis hat sich ein Skalenexponent von etwa 2/3 durchgesetzt. Die größere Blockleistung macht jedoch nur Sinn, wenn die Auslastung nicht darunter leidet.[54] In den letzten Jahrzehnten stieg die Blockleistung von Kernkraftwerken deshalb immer weiter an. Bei Kraftwerken mit geringen Fixkosten und hohen Brennstoffkosten (zB Gas, teilw. auch Kohle) ist die Grössendegression weniger relevant, hier steht eher eine Steigerung des Prozesswirkungsgrades im Vordergund. Bei Mini-Reaktoren im Leistungsbereich von etwa 200 MW wird mit einer steileren Grössendegression gerechnet als bei Großanlagen. Als Ursache dafür werden genannt: Die Vorfertigung in einer Fabrik, kürzere Bauzeiten, kleineres finanzielles Risiko, reduzierte Sicherheitstechnik sowie Großbestellungen.[56][57]
Die Fixkosten von Kernkraftwerken sind, auch wenn sie so genannt werden, in der Realität nicht „fix“. Zum Einen versuchen Hersteller mit jeder neuen Reaktorgeneration, durch eine Vereinfachung der Anlage die Betriebskosten zu drücken. Dazu wird die Zahl der Ventile, Schweißnähte und Pumpen pro installierter Leistung reduziert, um die Wartungskosten pro Kilowattstunde zu verkleinern. Ebenso werden pro installierter Leistung immer weniger Personen zur Bedienung der Anlage benötigt, was die Personalkosten pro Kilowattstunde reduziert. Real existierende Kernkraftwerke der USA haben heute Fixkosten von $ 114/kWey, für die neuen Modelle (zB AP1000 mit 1100 MW) wird mit $ 81/kWey (Uni. v. Chicago) bzw $ 83/kWey (MIT) gerechnet. Die Direction de la Demande et des Marchés Energétiques (DIDEME) rechnet für den EPR (etwa 1650 MW) sogar mit nur € 50,9/kWey ($ 62/kWey).[54] Die Betriebsgrößendegression wird hier sichtbar, da:
Beide Anlagen entsprechen also demselben Stand der Technik. Zum Anderen hängen die Fixkosten auch vom Alter der Anlage ab: Je älter der Reaktor, desto wartungsaufwändiger ist das Gerät. Dabei hat sich folgende empirische Formel als geeignet erwiesen, um die Betriebs- und Wartungskosten über die Betriebszeit abzuschätzen:[58]
Wobei L die Auslastung der Anlage ist, (O/M)0 die Fixkosten in $/kWey, T das Berechnungsjahr, y für die durchschnittliche Inflationsrate und F für die Fixkosten in $/kWh im entsprechenden Jahr steht. Wenn ein neu errichteter AP1000 beispielweise Fixkosten von $ 83/kWey aufweist, kann für das erste Jahr (T = 0) mit 90% Auslastung (L = 0,9) und einer beliebigen Inflationsrate (y = egal) ein Fixkostenwert von ($ 83)/(8766 × 0,9) = $ 0,01/kWh errechnet werden. Nach 40 Jahren (T = 40) mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2% (y = 0,02) wächst der Wert auf $ 1,89 ct/kWh an, wenn die Auslastung im 40. Jahr nur 70% (L = 0,7) beträgt. Bei einem Anstieg auf 92% im 41. Jahr sinkt der Wert auf $ 1,45 ct/kWh, und so weiter.
Brennstoffkosten
Die Brennstoffkosten von Kernkraftwerken sind von untergeordneter Rolle, und setzen sich aus den Uran-, Konversions-, Anreicherungs- und Fabrikationskosten zusammen. Die Konversions- und Fabrikationskosten sind vernachlässigbar, die Kosten für Uranbergbau und Anreicherung machten im Fall des offenen Brennstoffkreislaufs je etwa die Hälfte der Brennstoffkosten aus. Im Jahr 2010 wurden noch fast 30% der weltweiten Anreicherungskapazität durch das unwirtschaftliche Gasdiffusionsverfahren zur Verfügung gestellt. Seit 2013 wird nur noch das effizientere Gaszentrifugenverfahren verwendet, sodass es zu Kostenreduzierungen kam. Schwerwassermoderierte Reaktoren wie der CANDU können auch mit Natururan betrieben werden, eine Anreicherung wird nicht benötigt.
Eine Verringerung der Brennstoffkosten durch eine Steigerung des Prozesswirkungsgrades ist aufwändig und unnötig: Bei Kernkraftwerken kann auch durch höhere Abbrände der Brennstoffverbrauch reduziert werden, während dies bei thermischen Kraftwerken ausschließlich durch eine Erhöhung des Prozesswirkungsgrades möglich ist, welcher durch den Carnot-Wirkungsgrad begrenzt ist. Sind Brennstoffpreis, Wirkungsgrad und Abbrand bekannt, können die Brennstoffkosten jedes Kernkraftwerkes leicht errechnet werden. Bei einem Preis von $ 2770/kg angereichertem Uran, 35% Wirkungsgrad und 55 MWd/kg Abbrand entspricht dies beispielsweise:
Die Verwendung von MOX-Brennelementen verursacht erheblich höhere Brennstoffkosten, welche von der Herkunft des Plutoniums abhängt. Bei der Gewinnung von Plutonium aus Wiederaufarbeitungsanlagen (WAA) sind die Verarbeitungskosten entscheidend, welche sich erheblich von Anlage zu Anlage unterscheiden.
Entsorgungskosten
Die Kernenergiebranche ist auch weiterhin die Einzige, welche die Kosten der Entsorgung auf den Strompreis umlegt. Damit wird die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle, der Rückbau des Kraftwerks und in manchen Ländern auch die Wiederaufarbeitung finanziert. Meistens werden die Aufwendungen hierfür den Brennstoffkosten oder Betriebskosten zugerechnet. Entgegen einem weit verbreiteten ökoreligiösen Glauben an „ungelöste Endlagerfragen“ sind in den meisten Ländern bereits Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Betrieb, oder wurden bereits verschlossen. Da diese etwa 97% der radioaktiven Abfälle ausmachen, und weltweit zahlreiche Untertagedeponien für Abfälle aller Art existieren, ist auch für zukünftige Endlager für hochradioaktive Abfälle eine seriöse Kostenschätzung möglich. Russland entsorgte bereits von 1957 bis 2011 hochradioaktive flüssige Abfälle aus der Wiederaufarbeitung in Tiefbohrlöchern, statt diese zu verglasen. Weiter wird in Weißrussland und den USA bereits hochradioaktiver Atommüll endgelagert (siehe: Liste von Endlagern). Bis 1993 konnten radioaktive Abfälle auch preiswert im Meer verklappt werden, wobei die Sowjetunion auch abgebrannte Kernbrennstäbe versenkte (siehe: Liste von Verklappungen).
Auf dieser Basis entwickeln Staaten ein Finanzierungsmodel, um die Kosten der Entsorgung auf den Atomstrompreis umzulegen. Meist werden dafür feste Zuschläge erhoben, welche in ein vom Staat verwaltetes Sparschwein eingezahlt werden müssen. In Frankreich sind dies beispielsweise € 0,14 ct/kWh, oder in China 2,6 Fēn pro Kilowattstunde (€ 0,29 ct/kWh).[59][60] In Tschechien müssen die Betrieber von Kernkraftwerken € 0,2 ct/kWh in einen Fond einzahlen, welcher von der Tschechischen Nationalbank verwaltet wird.[61] Die Entsorgungsabgabe wird dabei in unregelmäßigen Abständen an die aktuelle Preisentwicklung angepasst. Da die Kraftwerksbauer und Energieversorger hierauf keinen Einfluss haben, kann eine kernenergiefeindliche Politik durch ergebnisfreie Endlagersuchen die Entsorgungskosten beliebig erhöhen.
Kapitalkosten und Abschreibung
Im Gegensatz zu Stein- und Braunkohleanlagen, welche etwa € 1000/kW kosten, sind Kernkraftwerke mit € 2000-4000/kW wesentlich teurer. Da Energieversorgungsunternehmen nur über beschränkte Mengen an Eigenkapital verfügen, muss zur Errichtung eines teuren Kraftwerkes ein Darlehen aufgenommen werden. Um die Höhe des Darlehens zu reduzieren schließen sich auch manchmal verschiedene Firmen zusammen, um ein Gemeinschaftskernkraftwerk zu bauen. Da das exakte Finanzierungsmodell nie veröffentlicht wird, sind Schätzungen notwendig. Eine Möglichkeit hierfür bietet die Bestimmung des Annuitätendarlehens, wo das Darlehen mit konstanten Rückzahlungsbeträgen abbezahlt wird. Denkbar sind aber auch Tilgungsdarlehen oder andere, kreativere Modelle. Da ebenfalls nicht bekannt ist wann welche Beträge vom Energieversorger an den Kernkraftwerksbauer gezahlt werden, gehen manche Studien von einer vollständigen Fremdkapitalfinanzierung und einer konstanten Bezahlung des Bauunternehmers während der Errichtung aus. Andere Studien wiederum gehen von einer Bezahlung erst nach Errichtung der Anlage aus. Manche Studien wie die des MITMassachusetts Institute of Technology belegen Einnahmen des Kraftwerks zusätzlich mit Steuerlasten bevor eine Abbezahlung der Verbindlichkeiten erfolgt, oder nehmen eine 50/50-Finanzierung aus Eigen- und Fremdkapital an.[54]
Die einfachste Möglichkeit ist die Berechung des Annuitätendarlehens. Da die Zahlungsraten während des Baus ignoriert werden, und somit auch die dadurch anfallenden Zinsen und Zineszinsen, werden meist die anderen Randbedingungen verschlechtert. Die Studie „Comparison of electricity generation costs“ der Technischen Universität Lappeenranta (LUT) aus dem Jahr 2008 geht beispielsweise von einem 25-jährigen Abschreibungszeitraum, 5% Realzins und 100% Fremdfinanzierung aus. In der Studie wird auch angemerkt, dass die vollständige Finanzierung eines Kraftwerks durch Fremdkapital eine konservative Annahme darstellt, ebenso der Zinssatz von 5%, welcher etwa 2% höher lag als damals marktüblich.[62] Das Annuitätendarlehen berechnet sich zu:
Bei einem Zinssatz von 5% ergibt sich bei 25 Jahren Abschreibungszeitraum eine Annuität von etwa 7%. Bei einer Kreditsumme von 4 Mrd. Euro müssten also 25 Jahre lang jedes Jahr 280 Mio. Euro an die Gläubiger überwiesen werden. Bei einer hypothetischen Jahresproduktion von 8,9 GWh Strom (1200 MW bei 85% Auslastung) würden sich so 25 Jahre lang Kapitalkosten in Höhe von etwa € 3,2 ct/kWh ergeben. Wie bereits oben erwähnt liegt es im Interesse eines Energieversorgers, dass ein möglichst großer Anteil der Kosten aus eigener Tasche bezahlt wird, die Zinsen niedrig sind, und die Masse der Bezahlung so spät wie möglich erfolgt.
Aufgrund der großen Differenz zwischen den Stromgestehungskosten eines neuen Kernkraftwerks, und den geringen Stromgestehungskosten einer abgeschriebenen Anlage, werden sogenannte Levelized Cost of Electricity (LCOE) eingeführt. Dies sind die mittleren Kosten der Stromerzeugung, verteilt auf die Betriebsdauer der Anlage, welche in der Regel zum Vergleich mit anderen Stromerzeugungsarten herangezogen werden. Dazu werden die Lebenszykluskosten durch die gesamte Energieproduktion der Anlage geteilt. Da die Lebenszykluskosten auch Steuern enthalten, kann das Ergebnis von Land zu Land unterschiedlich ausfallen.[63]
Merit-Order von Kernkraftwerken
Die Merit-Order ist ein Begriff aus der Kraftwerkseinsatz-Planung und bezeichnet an der Strombörse die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke. Diese Reihenfolge wird in der Regel über den Preis bestimmt. Beginnend mit den niedrigsten Grenzkosten werden solange Kraftwerke mit höheren Grenzkosten zugeschaltet, bis die Nachfrage gedeckt ist. An der Strombörse bestimmt das letzte Gebot, das noch einen Zuschlag erhält, den Strompreis. Der Preis für Strom wird also durch das jeweils teuerste Kraftwerk bestimmt, das noch benötigt wird, um die Stromnachfrage zu decken.
Durch die günstigen Erzeugungskosten sind Kern-, Braunkohle- und Wasserkraftwerke die erste Wahl. Bei steigender Nachfrage steigt auch der Börsenpreis, wodurch Steinkohle und später auch Gaskraftwerke rentabel arbeiten können. Beispiel: Ein abgeschriebenes Kernkraftwerk vom Typ N4 oder Konvoi produziert 1500 MW Leistung zu € 1,4 ct/kWh.[55] Zwei Steinkohlekraftwerke mit je 1000 MW und 3,5 ct/kWh stehen ebenfalls im Verbund bereit, sowie ein Gaskraftwerk, welches 500 MW zu 5 ct/kWh liefern kann.
- Bei einem Strombedarf von 1357 MW kann das KKW alleine produzieren, und den Strom für mindestens 1,4 ct/kWh verkaufen. Die Produktionskosten liegen bei 1,4 ct/kWh.
- Steigt der Bedarf auf 2658 MW, werden das KKW und die Steinkohlekraftwerke Strom für mindestens 3,5 ct/kWh verkaufen. Die Produktionskosten liegen bei (1,4 × 1500 + 1158 × 3,5)/2658 = 2,31 ct/kWh.
- Steigt der Bedarf auf 3721 MW, werden alle Kraftwerke Strom für mindestens 5 ct/kWh verkaufen. Die Produktionskosten steigen auf (1,4 × 1500 + 2000 × 3,5 + 221 × 5)/3721 = 2,74 ct/kWh.
Das Beispiel ist vereinfacht, da alle Kraftwerke bei geringer Auslastung höhere Stromgestehungskosten aufweisen. Da es wirtschaftlich sinnvoll ist Strom so billig wie möglich zu erzeugen, und somit die Kapazität und Auslastung von Billig-Produzenten wie Kern-, Braunkohle- und Wasserkraftwerken so hoch wie möglich sein sollte, werden im Netz noch Pumpspeicherkraftwerke eingefügt. Diese pumpen Nachts, wenn der Strompreis an der Börse niedrig ist, Wasser in einen Obersee. Zu Spitzenlastzeiten, wenn der Strompreis an der Börse sehr hoch ist, wird das Wasser abgelassen und der so gewonnene Strom verkauft. Um eine möglichst hohe Auslastung zu erzielen wird der Zyklus täglich wiederholt. Pumpspeicherkraftwerke können so den Strompreis glätten, da in Schwachlastzeiten der Verbrauch erhöht, und in Spitzenlastzeiten das Angebot erweitert wird.
Die Merit-Order gilt nicht für Kraftwerke, die in Deutschland EEG-Strom einspeisen. Für diese wird der Markteintritt gesetzlich erzwungen, da die Stromgestehungskosten immer über dem Börsenpreis liegen. Aufgrund der vorrangigen EEG-Einspeisung werden nicht mehr die absolut teuersten Kraftwerke vom Markt genommen, sondern nur die verbliebenen teuersten konventionellen Kraftwerke. Statt eines Gaskraftwerkes mit 5 ct/kWh speisen so zum Beispiel Windmühlen mit 500 MW Zufallsstrom für 9,4 ct/kWh ein. Die Produktionskosten sind dann im Fall (3) um 25% höher, das Gaskraftwerk wird nicht mehr benötigt:
- (500 × 9,4 + 1,4 × 1500 + 1721 × 3,5)/3721 = 3,44 ct/kWh
Da die Produktionskosten für die Windmühlen nicht über die Strombörse, sondern über die EEG-Umlage abgerechnet werden, wird von der Öko-Lobby und ihren Helfern ein sogenannter „Merit-Order-Effekt“ postuliert. Damit wird das kurzfristige Fallen des Börsenpreises bezeichnet, wenn mehr EEG-Strom zwangseingespeist als verbraucht wird. Teilweise wird damit auch das folgende Zahlenspiel bezeichnet: Weil die mit EEG-Strom versorgten Verbraucher nicht mehr vom Markt bedient werden können, fallen diese aus der Preisbildung heraus. Im obigen Rechenbeispiel beträgt der marktwirtschaftliche Teil nur noch 3721 - 500 = 3221 MW:
- (1,4 × 1500 + 1721 × 3,5)/3221 = 2,52 ct/kWh
Dies ist preiswerter als der Fall (3). Da der EEG-Strom jedoch über die EEG-Umlage finanziert wird, welche die Differenz zwischen Börsenpreis und Einspeisevergütung ausgleicht, führt der Effekt lediglich zu einer steigenden EEG-Umlage. Weil bestehende Kraftwerke die Schwankungen des Zufallsstroms durch permanentes Hoch- und Runterfahren ausgleichen müssen, produzieren diese wesentlich teuerer Strom, als in einem funktionierenden Markt.[64] Mitte 2013 sank der Großhandelspreis für Strom (an der Börse werden nur Spotmengen gehandelt) durch Verkleinerung des Marktes so weit, dass selbst der Betrieb von Braunkohlekraftwerken unwirtschaftlich zu werden droht.[65][66]
Zynischerweise könnte man genauso behaupten, dass die Zwangseinspeisung von Meerwasserentsalzungsanlagen ins öffentliche Leitungsnetz zu einem Fallen des Wasserpreises führt: Auch in diesem Beispiel würde der Wasserpreis sinken, da die Leitungen nur für einen bestimmten Druck ausgelegt sind, und deshalb eine Überproduktion abgeleitet werden muss. Die Mehrkosten für die Produktion eines überteuerten, nicht-benötigten Gutes würden jedoch ebenfalls auf anderem Wege an den Verbraucher weitergegeben werden, da auch eine Meerwasserentsalzungsanlage nicht kostenfrei arbeitet.
Anlagensicherheit
Verglichen mit anderen Arten der Stromerzeugung haben sich Kernkraftwerke als außerordentlich sicher erwiesen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) fertigte 2010 eine Studie zu den Opfernzahlen der Stromerzeugung im Zeitraum von 1969-2000 an, welche in der Tabelle unten zusammengefasst sind. Dabei wurde die komplette Prozesskette vom Bergbau bis zum Deponieren betrachtet. Durch die hohen Todeszahlen im chinesischen Kohlebergbau wird dieser separat geführt, die Zahl der Toten pro Gigawattjahr ändert sich dadurch jedoch nicht.
Schwere Unfälle (≥5 Tote) pro Gigawattjahr (1969-2000) | OECD | nicht-OECD | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
Unfälle | Tote | Tote/GWey | Unfälle | Tote | Tote/GWey | |
Kohle (mit China) | 75 | 2259 | 0,157 | 1044 | 18017 | 0,597 |
Kohle (ohne China) | 102 | 4831 | 0,597 | |||
Öl | 165 | 3713 | 0,132 | 232 | 16505 | 0,897 |
Erdgas | 90 | 1043 | 0,085 | 45 | 1000 | 0,111 |
Flüssiggas | 59 | 1905 | 1,957 | 46 | 2016 | 14,896 |
Wasser | 1 | 14 | 0,003 | 10 | 29924 | 10,285 |
Nuklear | 0 | 0 | 0,0 | 1 | 31 | 0,048 |
Summe | 390 | 8934 | 1480 | 72324 |
Wie ersichtlich schneidet die nukleare Stromerzeugung als sicherste Art der Elektroenergiegewinnung ab, sowohl in OECD, als auch in nicht-OECD Ländern. Was auch erkennbar ist, ist der stark ausgeprägte Unterschied (außer Erdgas) zwischen OECD und nicht-OECD Ländern: Der Umgang mit einer Technologie ist damit entscheidender als die Wahl der Kraftwerkstechnik. Für den Reaktorunfall von Tschernobyl wurden hier nur die 31 nachweisbaren Toten aufgelistet, welche an den Folgen der Strahlenkrankheit starben. Dies ist nur konsequent, denn die wissenschaftlichen Studien zur Verkrebsung von Liquidatoren, welche durch die UNSCEAR ausgewertet wurden waren durchwachsen, ein erwarteter Anstieg an soliden Tumoren konnte hier nicht durchgehend erwiesen werden. Bei der Zivilbevölkerung konnte für Leukämien und solide Tumore kein bzw nur ein kaum nennenswerter Anstieg beobachtet werden (siehe Strahlenrisiko/UNSCEAR). Todeszahlen die von EU, IAEA, WHO und UNSCEAR auf Basis der LNT-Hypothese errechnet wurden bewegen sich im Bereich von 6.000 bis 9.000 fiktiven Opfern über einen Zeitraum von 70 Jahren. Wenn man allerdings, um einen Apfel-mit-Apfel-Vergleich zu ziehen, die fiktiven Krebstoten auf Basis der natürlichen Strahlenexposition in diesen Gebieten für den gleichen Zeitraum berechnet, kommt man auf eine 1500-Mal höhere Zahl. Da die Zahl aller Krebsfälle in diesen Gebieten im Zeitraum wesentlich höher liegt (etwa 50 Millionen), gibt es auch keine Möglichkeit diese Zahlen zu überprüfen. Der Datenpunkt für diese fiktiven LNT-Toten ist in der Studie im Übersichtsdiagramm eingetragen (Seite 36).[67]
Die Studie wurde auch von anderen Fachpublikationen als Datenbasis genommen. So griff das ExternE-Projekt der Europäischen Kommission, das bis 2005 lief darauf zurück.[68] Auch die Studie Electricity generation and health, 2007 in The Lancet veröffentlicht, baut auf der OECD-Datenbasis auf.[69] Beide erweiterten dabei den Fokus, indem Tote und Gesundheitsschäden durch Luftverschmutzung dazu addiert wurden. In diesem Fall schneidet die umweltfreundliche Kernenergie konkurrenzlos ab.
Diese unbändige Angst, wonach die Kernkraftnutzung eine Risikotechnik sei, hat offenbar mit einer sehr speziellen Risikowahrnehmung zu tun: Über einen tödlichen Unfall auf einer Baustelle berichten nicht einmal die Lokalzeitungen. Ein Toter in einem Chemiewerk kann schon in die Tagesschau kommen. Vorfälle in kerntechnischen Anlagen werden immer groß herausgebracht, auch wenn niemand zu Schaden kam. Seit den 70er Jahren haben Medien und die grüne Agit-Prop-Szene sehr erfolgreich die Vorstellung vom „GAU“ als apokalyptischem Schreckensereignis verbreitet, übertroffen nur von dem „Super-GAU“, der an den Weltuntergang grenzt. Hypothetische Unfälle in modernen Kernkraftwerken werden meist als katastrophale Szenarien ausgemalt, die zahllose Menschenleben kosten und große Gebiete für Generationen unbewohnbar machen sollen. Das Tōhoku-Erdbeben in Japan, in Deutschland als „Atomkatastrophe“ bekannt, war ein Lehrbeispiel für diesen Fall: Naturkatastrophe (etwa 20.000 Tote) und Nuklearunfall (0 Tote, 0 Strahlenkranke) wurden konsequent vermengt, die Erfolge der Kraftwerksbelegschaft bei der Krisenbewältigung wurden marginalisiert, Interviewpartner stammten ausschließlich von Kampagnengruppen und Öko-Lobbyisten.[70]
Öko-Atomexperten und Strahlengläubige unterstützen diese Desinformationskampagnen durch pseudowissenschaftliche Studien. In der Regel wird dabei der Trugschluss von Korrelation auf Kausalität gemacht, oder in den von den Zeitungen gewählten Überschriften zumindest suggeriert. Während eine Korrelation lediglich eine Beziehung zwischen Merkmalen beschreibt, handelt es sich bei der Kausalität um Ursache und Wirkung, was auch bewiesen werden muss. So können weder Kinderkrebs noch Mädchen-Schwund, Fußballergebnisse, Abiturnoten oder die Größe von Schmetterlingsflügeln auf ein Kernkraftwerk zurückgeführt werden, wenn nicht erwiesen ist das Strahlung diese Wirkung auslöst, und erst recht nicht dort wo gar keine zusätzliche Radioaktivität gemessen wird und nach Ausbreitungsrechnungen auch keine sein kann.
Ursächlich für die real existierende hohe Anlagensicherheit ist ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept, das versucht die menschlichen, technischen und natürlichen Risiken zu minimieren. Sollten in einem Fall die anlageninternen Systeme zur Beherrschung eines Störfalles nicht ausreichen, wird externe Hilfe angefordert. Diese kann zum Beispiel aus mobilen Notstromgeneratoren zur Wiederherstellung der Stromversorgung, oder einer Noteinspeisung in Dampferzeuger (Druckwasserreaktor) bzw Reaktordruckbehälter (Siedewasserreaktor) durch mobile Pumpen der Feuerwehr bestehen, um die Kernkühlung zu sichern. Diese Szenarien werden von den Beteiligten auch regelmäßig geübt,[70][71] und waren beispielsweise 1999 im Kernkraftwerk Blayais notwendig.
Um den Wissensaustausch zu verbessern wurde 1989 die Non-Profit-Organisation World Association of Nuclear Operators (WANO) gegründet. Fast alle Firmen der Welt, die eine kommerzielle kerntechnische Anlage betreiben, sind Mitglied der WANO.[72] Aufgabe der WANO ist es, durch gegenseitige Unterstützung, Informationsaustausch und Anwendung von Best-Practice-Verfahren die internationale Zusammenarbeit in der Nuklearindustrie zu fördern, um Kernkraftwerke sicherer und zuverlässiger zu machen.[73] Zu diesem Zweck verpflichten sich die Mitglieder die Sicherheit ihrer kerntechnischen Anlagen alle sechs Jahre in einem Peer-Review-Verfahren überprüfen zu lassen, ab 2015 wird das Intervall auf vier Jahr verkürzt.[74] Die IAEA verfügt mit dem OSART-Programm über ein ähnliches Instrument, welches seit 1982 angewendet wird.[75]
Menschliche Risiken
Der Mensch ist für die Anlagensicherheit ein zweischneidiges Schwert: Menschliches Versagen kommt auch in Kernkraftwerken vor, und macht erfahrungsgemäß den größten Teil der Betriebsstörungen aus. Ebenso ist die Fehlerhäufigkeit durch menschliche Eingriffe in Systeme die nicht redundant ausgelegt sind höher. Andererseits ist der Mensch auch der wichtigste eingreifende Faktor bei Störungen, sofern die Situation durch das Personal erkannt wird und das Handlungswissen vorhanden ist. Daher ist eine gute Mensch-Maschine-Schnittstelle unabdingbar und das wichtigste Standbein für die Sicherheit einer Nuklearanlage. Weitere Probleme wurden besonders bei Schichtwechseln festgestellt, aufgrund schlechter Informationsweitergabe.[76]
Eine gute Aus- und Weiterbildung des Personals ist unverzichtbar und wirkt sich auch auf die betriebliche Qualität eines Werkes aus. Um die Arbeitsschritte realitätsnah zu erläutern ist besonders für die Operatoren eine Ausbildung an einem Simulator wichtig, welcher auch eine bessere Vorbereitung auf einen eventuellen Ernstfall bietet. Allerdings könnten diese Simulatoren den technischen Stand des Kernkraftwerks nicht exakt abbilden. Neben der Anhäufung von Betriebserfahrungen für normale und abnormale Zustände ist zudem die Weiterentwicklung der Betriebspraktiken möglich. Besonders aufwändig und nützlich aber teuer ist der Einsatz von Mock-Up-Modellen, die die entsprechende Anlage als Modell darstellen und unter realen Parametern den Betrieb eines solchen Kernkraftwerks nachstellen können. Es dient dazu Operatoren ihre Bedienung zu visualisieren.[76]
Technische Risiken
Um das technische Risiko eines Systemversagens zu minimieren, sind Sicherheitssysteme mehrfach vorhanden, so dass die Sicherheit auch dann gewährleistet ist, wenn einzelne Teile oder ein ganzes Sicherheitssystem ausfallen. Das klassische Beispiel hierfür ist das Notkühlsystem, welches meist 2 × 100%, 4 × 50% oder 4 × 100% redundant aufgebaut ist. In der Regel kann deshalb die Hälfte aller Notkühlstränge/Notstromgeneratoren ausfallen, ohne das die Wärmeabfuhr beeinträchtigt ist. Weiter verfügen Kernkraftwerke über mehrere ineinandergeschachtelte Barrieren (Matroschka-Prinzip), die im schlimmsten anzunehmenden Fall den Austritt von radioaktiven Stoffen in die Umwelt verhindern, oder zumindest verzögern und verringern können.
Die Entwicklung der Sicherheitstechnik war dabei ein steiniger Weg, und steckte bei Kernkraftwerken der Generation I noch in den Kinderschuhen: Die Auslegung der Anlagen erfolgte nach einem postulierten Größten Anzunehmenden Unfall (GAU). Der Gedanke war, dass wenn das Kraftwerk diesem Unfall standhalten kann, es auch alles andere wegstecken könnte. Das Konzept erwies sich schnell als völlig unzureichend und wurde bei der Generation II durch eine Reihe von Auslegungsstörfällen (engl. Design Basis Accident, DBA) ersetzt, welche von den Aufsichtsbehörden festgelegt werden. Da die Zahl der Unfälle in Kernkraftwerken sehr gering ist, versagen empirische Mittel um Schwachstellen im Sicherheitskonzept aufzuspüren. Deshalb wurde 1975 die probabilistische Sicherheitsanalyse (PSA) aus der Luftfahrt übernommen, um das sogenannte Restrisiko zu bestimmen: Dabei wird errechnet, wie wahrscheinlich das gleichzeitige technische Versagen von Systemen ist, um eine Kernschmelze zu verursachen (engl. core damage frequency, CDF) oder eine großen Menge radioaktiver Stoffe frühzeitig freizusetzen (engl. large early release frequency, LERF). Das Verfahren erwies sich dabei als nützlich, um Schwachstellen bei älteren Anlagen aufzuspüren, und wird heute bei allen kerntechnischen Anlagen eingesetzt. Im Gegensatz zu einem weit verbreiteten Glauben bilden die PSA-Werte keine Unfallstatistiken ab, sondern Trends.[67]
Natürliche Risiken
Weil in den ersten Jahren der Kerntechnik eher die menschlichen und technischen Faktoren eine Rolle spielten wurden die natürlichen Risiken nicht beachtet. Dies änderte sich erst 1977 aufgrund des Vrancea-Erdbebens in Rumänien, dass sich auf Teile des Kernkraftwerks Kosloduj im benachbarten Bulgarien auswirkte. Obwohl der sicherheitstechnische Teil der Anlage verschont blieb rüttelte es die internationale Staatengemeinschaft wach, da Erdbeben ein Schwachpunkt der Sowjetdesigns waren. Als Folge wurde in der UdSSR erste Review-Missionen vereinbart und so Untersuchungen und Verbesserungen an den Anlagen vorgenommen. Prinzipiell wurde festgestellt, dass die Anlagen der ersten WWER-Generationen keinerlei Schutz gegen äußere Einflüsse aufwiesen. Ähnliche Befunde wurden an US-Anlagen ausfindig gemacht, von denen einige durch starke Erdbeben ihre Auslegungsbeschleunigung überschritten. Beispielhaft ist ein Erdbeben im Januar 1986 nahe dem Kernkraftwerk Perry, dass Beschleunigungen zwischen 0,16 bis 0,23 g auslöste, das Kernkraftwerk selbst war jedoch nur für Beschleunigungen von 0,1 g ausgelegt. Zum Zeitpunkt des Bebens war das Kernkraftwerk zu einem Brennstoffwechsel abgeschaltet, jedoch wurden kleine Risse im Beton sowie Lecks ausfindig gemacht. Bis zum Jahr 2011 war das Niigata-Chūetsu-Küstenerdbeben im Jahre 2007 in Japan das schwerste Erdbeben dem bisher ein Kernkraftwerk ausgesetzt war. Das Kernkraftwerk Kashiwazaki Kariwa trug schwere Schäden davon da das Beben die Auslegungsgrenzen des Werkes weit überschritt.[77]
Moderne Kernkraftwerke sind in der Regel für Beschleunigungen von 0,30 g ausgelegt. Um den Bau von Kernkraftwerken allerdings auch in Erdbebengebieten zu ermöglichen gibt es spezifische Anpassungen der Anlagen. Beispielhaft ist das Kernkraftwerk Diablo Canyon, das für eine Schwerebeschleunigung von 0,75 g ausgelegt ist. In Japan werden Anlagen für weitaus stärkere Beschleunigungen ausgelegt. Die Werke dort gehören zu den standfestesten Bauwerken der Welt. Beginnend mit dem Bau der ersten Advanced Boiling Water Reactor am Standort Kashiwazaki-Kariwa wurde die Auslegung der Blöcke sechs und sieben auf Beschleunigungen von bis zu 1,18 g ausgelegt. Obwohl die Vorgaben der Aufsichtsbehörde dies nicht erforderten, legte der Betreiber TOHOKU grundsätzlich eine Beschleunigungsauslegung von 1,02 g für neue Kernkraftwerke fest. Diese Auslegung wurde für die Blöcke drei bis fünf des Kernkraftwerks Hamaoka übernommen. Nach dem Beben 2007 entschloss auch TEPCO seine Kernkraftwerke auf Schwerebeschleunigungen bis zu 0,61 g auszulegen, später wurde diese Marke auf 1,02 g erhöht. Entsprechende Nachrüstungen wurden an allen Blöcken von Kashiwazaki Kariwa umgesetzt. Eine weitere Modernisierung im Jahr 2008 konnte die Auslegung der Blöcke eins bis vier für Schwerebeschleunigungen auf bis zu 2,33 g erhöhen. Die Blöcke sind in ihrer Auslegung die standfestesten Kernkraftwerke weltweit. Die Aufsichtsbehörde NISA erhöhte später den Auslegungswert für neue Kernkraftwerke in Japan auf mindestens 1,02 g. Da aber Kernkraftwerke meistens in Gebieten errichtet werden, die eine geringe Erdbebenhäufigkeit mit geringer Stärke aufweisen, werden die Kernkraftwerke entsprechend weniger standfest ausgelegt. Das Kernkraftwerk North Anna beispielsweise wurde in einem Gebiet der USA errichtet, das keine große Erdbebenhistorie aufweist. Auf Basis dessen wurde das Werk für eine Schwerebeschleunigung von 0,18 g ausgelegt. Im August 2011 kam es in dem Gebiet zu einem Erdbeben der Magnitude 5,8, rund 20 Kilometer vom Standort entfernt. Dabei traten Schwerebeschleunigungen von 0,26 g auf, die die Auslegung des Kernkraftwerks überschritten. Das Werk selbst wurde dabei nicht beschädigt und die Blöcke schalteten sich automatisch ab. Dies war das erste Mal in den Vereinigten Staaten, dass ein Kernkraftwerk so stark erschüttert wurde, und sich aufgrund eines Erdbebens automatisch abschaltete. Trotz der Auslegungsüberschreitung konnte das Werk dem Beben ohne eine Beeinflussung der Systeme standhalten.[78]
Die Gefahr von Tsunamis auf Kernkraftwerke wurde erst nach dem Seebeben am 26. Dezember 2004 real als die beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Madras von dem Tsunami getroffen wurden. Dem Kraftwerksbauer zufolge waren die beiden Blöcke nicht für solch eine Naturkatastrophe ausgelegt, lediglich für hohe Wellen während starker Stürme. Allerdings gibt es hierfür zwei Warnsysteme: Eines direkt vor dem Werk an der Küste und eines mehrere Kilometer vor der Küste im Meer. Diese warnen die Operatoren vor großen Wellen und fahren das Werk vollständig herunter. Obwohl das Werk nicht dafür ausgelegt war konnte kein Wasser in das Gebäude eintreten, wegen der meterdicken Wände und den hoch gelegenen Zugängen zu den Blöcken. Insgesamt hielt das Kernkraftwerk dieser Auslegungsüberschreitung stand.[77] Das Schauspiel wiederholte sich, als am 11. März 2011 das Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi durch das Tōhoku-Erdbeben und den anschließenden Tsunami hart geritten und nass eingestellt wurde. Zwar funktionierte die Notabschaltung, auch hielt die Anlage dem auslegungsüberschreitendem Beben stand, jedoch nicht dem Tsunami. Die Überflutung führte zu einem Ausfall der Stromversorgung und damit der aktiven Kernkühlung in drei Blöcken. Zur Drucksenkung musste ein Teil des verdampften Kühlwassers abgeblasen werden, was das Umland mangels Radionuklidfilter einer Kontamination aussetzte. Durch den Druckabbau konnte dann mit der externen Noteinspeisung in die Reaktoren begonnen werden. Die akute Krise war um den 29. März beendet: Alle Reaktoren und Abklingbecken wurden wieder gekühlt und es gab Elektrizität, sodass zügig weitere Systeme einsatzbereit gemacht werden konnten.[70]
Eine Überflutung wurde bereits früh in die Auslegung von Kernkraftwerken eingeplant, wurden aber im Dezember 1999 erstmals kritisch gesehen, nachdem ein starker Sturm an der Atlantikküste das Kernkraftwerk Blayais traf. Die Wellen überrollten die Schutzeinrichtungen des Werkes und trafen die Kühlwassereinrichtungen der Blöcke 1 und 2. Diese fielen aus und führten zu einem Notfall im Werk, da dadurch die Kühlung der Reaktoren nicht mehr gewährleistet war. Um Kernschmelzen zu vermeiden und die Abfuhr der Nachzerfallswärme zu gewährleisten war eine Noteinspeisung in die Dampferzeuger nötig, wodurch ein Unfall vermieden werden konnte. Dies führte jedoch erstmals zu einem Überdenken des Flutungsschutzes von Nuklearanlagen bei der französischen Aufsichtsbehörde.[77]
Virtuelle Risiken
Als einer der Risiken in der computerisierten Welt wird die Gefahr von Hackerangriffen oder Verbreitung von Viren in kerntechnischen Anlagen, darunter auch Kernkraftwerken genannt. Ein Beispiel ist der Virus Stuxnet, der anscheinend dafür entworfen wurde die iranischen kerntechnischen Anlagen zu befallen. Dieser „Wurm“ ist extra für die Attackierung von SCADA-Systemen entworfen wurden, die unter anderem in Kernkraftwerken eingesetzt werden. Im konkreten Falle war auch das Kernkraftwerk Buschehr davon betroffen. Stuxnet war in der Lage die Kontrolle über das System zu übernehmen und dadurch zu sabotieren. Das russische Softwareunternehmen Kaspersky Lab ging davon aus, dass Stuxnet ein Prototyp für weitere Viren dieser Art gewesen sei.[79] Im Falle von Buschehr und anderen Kernkraftwerken konnte der Virus auf speicherprogrammierbare Steuerungen zugreifen und diverse Pumpen und Ventile regeln.[80] Ein Zugriff auf die Reaktorsteuerung und das Reaktorschutzsystem eines Kernkraftwerks ist nicht möglich, da diese Systeme aufgrund der Unzuverlässigkeit von Betriebssystemen weiterhin mit analoger Steuerungstechnik aufgebaut werden. In anderen Bereichen werden allerdings sehr wohl computergestützte Steuerungen verwendet, die angegriffen werden können, allerdings greift bei Parameterabweichungen die analoge Steuerung des Reaktors ein und schaltet den Block ab und leitet die entsprechenden Maßnahmen ein.[81] Eine Ausnahme bilden bestimmte Reaktortypen wie der CANDU 6, der bereits vom Beginn an auf ein ausschließlich digitales Sicherheitssystem setzte ohne analoge Backups. Das System bewährte sich auch, wurde jedoch international als nicht zuverlässig genug beschrieben da Softwarefehler die Sicherheit des Kernkraftwerks beeinflussen könnten. Für moderne Anlagen wie dem AP600 wurde ein volldigitales System erwogen, hat sich allerdings nur in bestimmten Bereichen durchgesetzt. Der Rest ist durch eine analoge Steuerung abgesichert. Tatsächlich zeigte sich allerdings in der Vergangenheit, dass ein großer Teil von Abschaltungen in Kernkraftwerken aufgrund eines Fehlers in der analogen Steuerungstechnik auftraten, die digitale Leittechnik für das Kernkraftwerk Wŏlsŏng in Südkorea, das den CANDU 6 einsetzt, beispielsweise aber praktisch fehlerfrei und zuverlässiger arbeitete.[82]
Zitate
- „In Ländern mit relativ hohem Wohlstand haben zudem Technologien ein großes Angst einflößendes Potenzial, deren Folgen man nicht sehen, schmecken oder riechen kann – so wie die Strahlung von Kernbrennstoffen. Sie treten an die Stelle von realen Gefährdungen wie bestimmten Krankheiten oder Hunger, die früher die Menschen sorgten, aber heute weniger präsent sind oder gar völlig fehlen.“
- – Ortwin Renn, Soziologe[83]
- „Insgesamt ereigneten sich in den letzten 60 Jahren mehr als 100 Dammbrüche, die Zahl der Opfer geht in die 100.000. Ein Großteil dieser Dämme ist vor 1930 erbaut worden, von den Sicherheitsstandards, die in einem modernen KKW gelten, ist hier nichts zu spüren. Und während ein Kernkraftwerk auch noch einem Jumbojet standhalten soll, so möchte ich die Staumauer sehen, die so etwas vermag. Viele Bewohner die unterhalb einer solchen Mauer wohnen wären chancenlos, würde es einen terroristischen Anschlag auf diese geben. Ein Beispiel hier ist das Zillertal in Österreich: nur eine der drei Staumauern muss brechen (Erdbeben, technisches/menschliches Versagen oder ein Anschlag) und es würde eine Flutwelle durch das Tal jagen in der (abhängig von der Saison) bis zu Zehntausende Menschen ihr Leben verlören. Natürlich sind das nur Szenarien, und aus einem solchen den „Ausstieg aus der Wasserkraft“ zu fordern käme niemanden in den Sinn, bei der Kernkraft aber wird genau das gemacht.“
- „Am 29.10.2002 schwamm sehr viel Laub auf dem Neckar, der Kühlwassereinlauf des KKW Obrigheim musste gesäubert werden. Das Kraftwerk wurde daher für etwa eine dreiviertel Stunde abgeschaltet, eine Meldung an das BfS wurde gemacht (war ja immerhin ein meldepflichtiges, weil von der Norm abweichendes Ereignis): Einstufung INES 0. Kurz danach erschien eine dpa-Pressemeldung mit dem Titel „KKW Obrigheim – fünfte Panne in fünf Monaten“. Angesichts einer derart verzerrten Darstellung ist es kein Wunder, dass sich die Menschen unterhalb einer teilweise veralteten Staumauer sicherer fühlen, als in der Nähe eines Kernkraftwerkes.“
- – Jan Gottwald, Kernphysiker[84]
- „We have far too many adults walking around, who don't have the faintest idea of how to think about radiation, how to think about nuclear power, and they are prey to the most profound mythologies about nuclear as a consequence of it. And we need to recognize that the opponents of nuclear power are religious in their dedication and willing to lie about it, to manufacture accusations about it that have no real bearing in science or reality.“
- – John Ritch, Vorsitzender der World Nuclear Association 2001-2013[85]
- „Herr Scherb behauptet, in den Orten des Wendlandes um Gorleben herum würden wegen des Castor-Lagers Mädchen nicht geboren, oder jedenfalls weniger als normal. Von 1996 bis 2011 kamen dort 231 Kinder zur Welt, davon 111 Mädchen. Nach Bundesdurchschnitt hätten es 112,41 Mädchen sein müssen, also rund ein und ein halbes Mädchen mehr. Das heißt: Bei 229 Frauen war alles normal, aber anderthalb Frauen (falls Sie sich das vorstellen können) hätten vielleicht lieber ein Mädchen gehabt, bekamen aber einen Jungen, und nur wegen dieser Castor-Behälter![Anm. 7]
- Diese schlimme Nachricht brachten alle Medien. Aber selbst Öko-Institute machen da nicht mit. In einer anderen Sache hatte ich einen Briefwechsel mit dem Öko-Institut Freiburg. Mir schrieb der zuständige Fachmann, Herumstochern in statistischen Unsicherheiten würde er ablehnen, Wirkungen müssten immer auch dazu passende Ursachen haben.
- Als ehemaliger Mitarbeiter des Helmholtz Zentrums habe ich mich dort über Herrn Scherb per E-Mail beschwert. Mich rief darauf der Chef der Öffentlichkeitsarbeit an und sagte mir, wie unglücklich man dort über Herr Scherb wäre. Um zu zeigen, dass aber sonst doch noch ordentliche Arbeit geleistet wird, schickte er mir einen ganzen Karton voller Informationsmaterial. Ich verstehe, dass das Helmholtz Zentrum mit Herrn Scherb sehr vorsichtig umgehen muss. Das Zentrum lebt von Geldern, welche bewilligt oder verweigert werden von Politikern, die wohl mehrheitlich Herrn Scherb für den besten Mitarbeiter des Helmholtz Zentrums halten.
- Sucht man Zusammenhänge, wie das Herr Scherb tut, dann wird man auch immer welche finden. So könnten schlechte Spielergebnisse örtlicher Fußballvereine mit der Nähe zu einem Kernkraftwerk erklärt werden. Und wenn die Ergebnisse gar nicht so schlecht sind? Dann könnten sie ohne das Kraftwerk noch besser sein.
- So wurde nach dem Unfall 1986 in Tschernobyl bezüglich der Säuglingssterblichkeit in Bayern argumentiert. Die ist erfreulicherweise von Jahr zu Jahr zurückgegangen, aber es sterben doch noch pro 1.000 Geburten etwa 4 Kinder im ersten Lebensjahr. Auch nach 1986 ging die Säuglingssterblichkeit weiter zurück, aber es wurde behauptet: Wegen Tschernobyl nicht mehr so schnell. Aus der offiziellen Statistik war das nicht abzulesen, aber es wurde eben behauptet. Die Differenz zwischen den tatsächlichen Zahlen und den niedrigeren ausgedachten ergab angeblich: Vielen 100 Säuglingen hat Tschernobyl den Tod gebracht. “
- – Dr. Hermann Hinsch, Physiker und ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter[86]
Weblinks
- Intern:
- Portal:Kernkraftwerk
- Liste der Kernkraftwerke
- Liste der geplanten Kernkraftwerke
- Liste der verworfenen Kernkraftwerke
- Extern:
Anmerkungen
- ↑ Geregelt wird die Bezeichnung „Kernkraftwerk“ durch die Norm DIN ISO 921/834, ebenso die Abkürzung „KKW“.
- ↑ Die Deutsche Welle korrigierte den Text später kommentarlos zu: Durch das verheerende Erdbeben und den anschließenden Tsunami war das Atomkraftwerk Fukushima Daiichi im Nordosten Japan schwer beschädigt worden. Es war die schwerste Atomkatastrophe seit dem Unglück von Tschernobyl 1986. Ursprünglich stand dort: Durch das verheerende Erdbeben und den anschließenden Tsunami war das Atomkraftwerk Fukushima Daiichi im Nordosten Japan schwer beschädigt worden. In drei Kraftwerksblöcken kam es zur Kernschmelze, tausende Menschen starben.
- ↑ Dollar-Inflationsrecher stellt die US-Statistikbehörde zur Verfügung
- ↑ Rosatom ist für Kernkraftwerke in Russland als Auftraggeber zuständig, Atomstroyexport für die Anlagen als Auftragnehmer seitens des Kunden, aber nur Verwaltungsglied hinsichtlich der finanziellen Abwicklung und der Genehmigung der Anlage im entsprechenden Land. Beide Unternehmen geben für ihre Kernkraftwerke die Aufträge weiter an eines der Atomenergoprojektinstitute in Moskau, Sankt Petersburg oder Nischni Nowgorod, die sich jeweils auf einige Designs spezialisiert haben, allerdings alle miteinander konkurrenzfähig kooperieren.
- ↑ Škoda JS war jahrelang ein Zulieferer von Atomenergoexport (UdSSR), koppelte sich jedoch vom Konzern nach dem Zerfall der Sowjetunion ab und kooperierte mit Westinghouse. Zwar hat die Firma bisher kein Kernkraftwerk außerhalb der tschechischen Republik errichtet, bewarb sich aber zusammen mit Westinghouse um das Kernkraftwerk Belene, weshalb Exportinteresse vorhanden zu sein scheint, auch hinsichtlich der Teilhabe am MIR-Konsortium.
- ↑ Das Land besitzt zwar mit dem IPHWR-220 einen für den Export gedachten Reaktor, bietet den jedoch bisher nicht an.
- ↑ Die Zahlen entsprechen nicht den Angaben von Herrn Dr. Hagen Scherb, wurden ihm aber von den Mainstreammedien (Focus, Tagesspiegel, etc) zugeschrieben, ohne dass er dies kritisierte. Die Vorgehensweise der Medien und des Herrn Dr. Scherb, mit Korrelationen Angst, Unsicherheit und Zweifel zu schüren, obwohl diese nachweislich nichts mit Strahlung zu tun haben, wird allerdings korrekt dargestellt, und wurde auch von anderer Seite kritisiert. Der nachfolgende Text des Herrn Dr. Hinsch ist ebenfalls korrekt.
Einzelnachweise
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- ↑ volkskrant: Leefstijl Nederlander legt weer groter beslag op aarde, 15. Mai 2012
- ↑ SPON: Wie Kuba zur Insel der Energiesparer wurde, 12. August 2012
- ↑ Wolfgang Harich: Kommunismus ohne Wachstum?. Rowohlt, 1975, ISBN 9783498028275
- ↑ SPIEGEL: Ein furchterregendes Unterfangen, 30/1975
- ↑ Science Skeptical: Deutsche Welle: Tausende Menschen starben wegen Kernschmelze in Fukushima, abgerufen am 1. Januar 2013.
- ↑ EIKE: Fukushima Propaganda á la Tagesschau, Montag, 11.03.2013 10:52
- ↑ Achse des Guten: Besser als das RMVP: unser Demokratieabgabefunk, Wolfgang Röhl, 11.03.2013
- ↑ science-sceptical.com: ARD-Nachtmagazin: Durch den Atomgau von Fukushima kamen mehr als 18.000 Menschen ums Leben, 14. März 2015
- ↑ EIKE: Energiewende wirkt: Altmaiers Billion € reicht bei weitem nicht!, Mittwoch, 06.03.2013 07:37
- ↑ WELT: Deutschland verpasst den neuen Atomkraft-Boom, 09.03.13
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