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Kernkraftwerk Buschehr

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Kernkraftwerk Buschehr
Block-1 der Anlage
Block-1 der Anlage
Standort
Land Flag of Iran.svg Iran
Provinz Buschehr
Ort Heleylah
Koordinaten 28° 49′ 41″ N, 50° 53′ 9″ OTerra globe icon light.png 28° 49′ 41″ N, 50° 53′ 9″ O
Reaktordaten
Eigentümer Nuclear Power Production & Developement Co. of Iran
Betreiber Nuclear Power Production & Developement Co. of Iran
Vertragsjahr 1975
Betriebsaufnahme 2011
Geplant 2 (2057 MW)
Im Bau 1 (1057 MW)
Im Betrieb 1 (1000 MW)
Pläne storniert 1 (1000 MW)
Einspeisung
Eingespeiste Energie im Jahr 2012 1328 GWh
Eingespeiste Energie seit 2011 1430 GWh
Stand der Daten 2013
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Die Quellen für diese Angaben sind in der Zusatzinformation einsehbar.

Das Kernkraftwerk Buschehr (oft englisch Bushehr, persisch ‏نیروگاه اتمی بوشهر‎, kurz BNPP) steht in der iranischen Provinz Buschehr etwa zwölf Kilometer von Bandar-e Buschehr entfernt nahe dem Ort Heleylah. Der bereits 1975 gestartete Bau wurde lange Zeit aufgrund der islamischen Revolution unterbrochen. Das Bauverfahren für das Kernkraftwerk wurde später wieder aufgenommen und die Anlage fertiggestellt. Das Projekt steht jedoch in der internationalen Kritik.

Geschichte

Nachdem es Anfang der 1970er zu einer Ölkrise kam gab der persische Schah Mohammad Reza Pahlavi bekannt, dass der Iran zukünftig die friedliche Nutzung der Kernenergie anstrebe. Dazu sagte er „Öl ist ein edles Material, viel zu Wertvoll zum Verbrennen. [...] Wir können uns Vorstellen, so bald wie möglich, 23000 Megawatt elektrische Energie aus Kernkraftwerken zu gewinnen“.[1] Bereits im November 1974 schloss Persien mit der Kraftwerk Union AG ein vorläufiges Abkommen über den Bau von zwei 1300 MW-Druckwasserreaktoren. Im Abkommen ist zugleich festgehalten worden, dass der Erstkern von der Kraftwerk Union AG geliefert wird, sowie die nächsten folgenden zehn Jahre den abgebrannten Brennstoff gegen Frischen ersetzen wird.[2] Als potenzieller Standort kamen zehn Orte in Betracht, wobei man drei potenzielle Standorte, Darkhovain am Fluss Karun, Buschehr am persischen Golf und ein Gebiet südwestlich von Isfahan nahe dem Ort Zayandeh Rud, für die Anlage auswählte. Man entschied sich letztlich für Buschehr, wobei man die anderen Standorte für zukünftige Projekte weiterhin offen halten wollte.[1]

Bau

Im August 1975 wurde seitens der Kraftwerk Union AG mit den ersten Bauaktivitäten begonnen, auf der Basis einer Absichtserklärung. Erst im Juli 1976 wurde ein Vertrag zum Kauf der beiden Reaktoren zwischen der Kraftwerk Union AG und der Atomenergieorganisation des Iran unterzeichnet. Die Kosten des Projekts beliefen sich auf 7,8 Milliarden deutsche Mark.[2] Man erwartete, dass die Reaktoren 1980 und 1981 betriebsbereit sein sollten, mit einem eventuellen Verzug von einigen Monaten. Neben dem Kernkraftwerk sollte die Kraftwerk Union AG zugleich eine Wasseraufbereitungsanlage liefern, die vom Kraftwerk versorgt werden sollte. Die Kapazität sollte bei 200000 Kubikmeter Wasser pro Tag liegen. Errichtet wurde das Kraftwerks hauptsächlich von iranischen Arbeitern unter deutscher Beteiligung.[1] Insgesamt arbeiteten durchschnittlich 6000 Menschen an der Anlage,[3] während Spitzenzeiten stieg die Zahl auf 10000 an.[4] Bis Mai 1977 wurden 33 Prozent des gesamten Projekts vollendet, bis April 1979 insgesamt die Hälfte und Mai 1979 bereits 77 Prozent.[2]

Baustelle der Reaktoren in den 1970ern

Allerdings setzte der Iran aufgrund der geänderten politischen Gegebenheit im Juli 1979 die Zahlung in Höhe von 450 Millionen Dollar an die Kraftwerk Union AG aus und verlängerte die Arbeitsgenehmigung der deutschen Arbeiter auf der Baustelle nicht, weshalb die Kraftwerk Union AG die beiden Reaktoren an den Iran übergab. Zu diesem Zeitpunkt wurden bereits rund fünf Milliarden Dollar in das Projekt investiert. Im August 1979 zog sich der deutsche Lieferant vollständig aus dem Projekt zurück. Zu diesem Zeitpunkt waren bei Block 1 bereits zwischen 75 und 85 Prozent vollendet, bei Block 2 rund 45 bis 70 Prozent. Rund 90 Prozent der Ausrüstung wurde bereits nach Buschehr geschifft,[2] wobei keine Teile der nuklearen Anlagenkomponenten bis dahin geliefert wurden.[4]. Zwei Dampferzeuger lagerten allerdings zu dieser Zeit bereits in Italien und der Druckbehälter für den ersten Reaktor in Deutschland.[5] Im Jahr 1980 forderte der Iran seine bereits getätigten Zahlungen für die Anlage von der Kraftwerk Union AG zurück, oder sie solle den Bau fortsetzen. Da die Kraftwerk Union AG damit nicht einverstanden war, klagte sie am ständigen internationalen Gerichtshof in Genf. Der Iran gewann letztendlich den Prozess.[2] Als Alternative hatte der Iran noch die Möglichkeit genannt, die bereits gefertigten und bezahlten Komponenten, die noch außerhalb des Irans lagerten nach Buschehr zu liefern, was der Kraftwerk Union AG allerdings von der Bundesregierung verboten wurde.[5] Im Jahr 1982 wurde im Iran beschlossen, die Arbeiten an mindestens einem Druckwasserreaktor aufzunehmen. Im Oktober 1982 sendete Indien Inspekteure zur Baustelle um deren Zustand festzustellen. Die Ergebnisse der Untersuchungen sind unbekannt.[2]

Ab 1984 wurde die Anlage mehrmals aufgrund des Irak-Iranischen Kriegs im Februar 1985, März 1985, Juli 1986, November 1987 und Juli 1988 bombardiert. Die Zerstörung der Blöcke war unklar, da sie seit der Einstellung der Arbeiten 1979 nicht mehr gewartet wurden und alterten. Im Oktober 1985 begutachteten Arbeiter der Kraftwerk Union AG einen der Reaktoren, um eine Studie über die Vollendung eines Reaktors anzufertigen.[2] Nach der Aussage eines begutachtenden Ingenieurs waren rund drei Jahre vor der Zerstörung nötig, um die Anlage zu vollenden.[5] Im Oktober 1986 gab es Überlegungen in Deutschland, zusammen mit Spanien und Argentinien ein Konsortium für die Vollendung der Reaktoren zu gründen. Allerdings erklärte die Kraftwerk Union AG im August 1992 endgültig, dass der Vertrag zum Bau des Kernkraftwerks Buschehr storniert wurde,[2] was auch auf den Druck der USA zurückzuführen war.[6]

Neuauslegung des Projekts

Nachdem westliche Firmen das Projekt nicht vollenden wollten, wandte sich der Iran an Russland. Im Januar 1995 unterzeichneten die Atomenergieorganisation des Iran und das russische Unternehmen Sarubeschatomenergostroi einen Vertrag zur Vollendung eines Reaktors für rund 800 Millionen Dollar innerhalb von vier Jahren.[2] Allerdings kommt nun ein Reaktor vom Typ WWER-1000 zum Einsatz. Ein Sprecher von Siemens sagte dazu, dass der russische Reaktor mit dem Gebäude inkompatibel sei.[7] Bereits 1994 wurde der Standort durch russische Inspektoren untersucht ob es überhaupt möglich sei, einen WWER-1000 in dieses Reaktorgebäude zu integrieren, und die bereits gelieferten Komponenten zu nutzen. Man stellte fest, dass die Korrosion an einigen Bauteilen sehr weit fortgeschritten war, wobei die Arbeiten durch die Abwesenheit von Dokumenten der Kraftwerk Union AG behindert wurden. Man stellte fest, dass Modifikationen an der Anlagen notwendig sind, um einen russischen WWER-1000 dort installieren zu können.[8]

Die Kernkraftwerksbaustelle im September 2000

Im Januar 1996 trat der Vertrag zwischen dem Iran und Russland in Kraft, womit mit der Lieferung der Komponenten begonnen werden konnte. Russland wollte die ganze Anlage innerhalb von viereinhalb Jahren liefern. Im März 1996 befanden sich bereits 600 russische Ingenieure auf der Baustelle, deren Zahl bis Januar 1997 auf 1000 aufgestockt wurde. Im Juli 1997 wurde mit Turboatom ein Vertrag zur Entwicklung einer langsamen Turbine mit 1500 Umdrehungen pro Minute abgeschlossen. Diese sind kostengünstiger und sicherer im Betrieb.[2] Am 6. März 1998 boten die Vereinigten Staaten von Amerika der Ukraine allerdings ein Geschäft an, wonach amerikanische Fachleute zukünftig in ukrainischen Kernkraftwerken Nachrüstungsarbeiten betreiben würden, wenn die Ukraine keine Nukleartechnologie an den Iran verkaufen würde. Das würde bedeuten, dass die Ukraine einen 45 Millionen Dollar-Vertrag für die beiden Turbinen kündigen müsste, allerdings im Gegenzug Rüstmaßnahmen für ihre Kernkraftwerke im Wert von 1,2 Milliarden US-Dollar erhalten würde. Folglich änderte der Iran eine Vielzahl von Unteraufträgen in Turnkey-Projekte mit russischen Firmen um. Ebenfalls wurde der Bau des Reaktorgebäudes an ein anderes Unternehmen übergeben, da die iranischen Arbeiter eine rund zwanzig Monate lange Verzögerung verursacht hatten. Zeitgleich stimmte der Iran zu, die Turbine für Buschehr von einem Hersteller aus Sankt Petersburg zu erwerben. Dies hatte allerdings zur Folge, dass sich die Kosten rapide steigerten. Seitens des Iran wurde die Zahlungen für die Anlage verbessert was darauf hindeutete, dass das Land mehr denn je dazu entschlossen ist, den Reaktor zu vollenden, trotz wachsender Probleme beim Bau der Anlage.[8]

Mit dem eigentlichen Bau wurde seitens Russlands erst im September 2002 begonnen. Von den Vereinigten Staaten wurde dieser Schritt stark kritisiert. Im Januar 2005 scheiterten die ersten Verhandlungen über den Preis für die ersten Brennelementelieferungen aus Russland. Im Februar 2005 konnte man sich letztlich einigen, dass Russland den Brennstoff liefert und nach Gebrauch wieder zurücknehmen wird.[2]

Kritik und Befürchtungen

Die Vereinten Nation und westliche Politiker befürchten, dass der Iran aus dem Brennstoff Plutonium entfernen, und dieses für militärische Zwecke nutzen könnte. Prinzipiell gäbe es zwei Wege über Buschehr zu waffenfähigem Material zu kommen: Die erste Variante wäre das Uran, das die Brennelemente enthalten, direkt aus den Hüllen zu entfernen und weiter anzureichen, womit Buschehr nur ein Vorwand für die Lieferung des Urans aus Russland wäre. Die andere Möglichkeit bestünde darin das direkt im Reaktor erzeugte Plutonium später bei einer Aufbereitung zu entfernen. Obwohl die Anlage nicht dafür geeignet ist, könnte Buschehr jährlich genug Plutonium für dutzende Bomben zur Verfügung stellen.[9] Die zweite Möglichkeit wird als nicht möglich angesehen, da der Brennstoff von der IAEA überwacht wird, wobei diese Theorie auch von den Vereinigten Staaten als unrealistisch angesehen wird. Wie ein Sprecher des U.S. State Department verkündete, „[...] haben wir keinen Beweis, für einen Bau einer iranischen Anlage, die Plutonium vom Reaktorbrennstoff trennen könnte.“, wobei aber eine weitere Anreicherung des Urans möglich wäre.[10] Die zweite Möglichkeit wird auch deshalb für unwahrscheinlich gehalten, da sich Plutonium aus einem konventionellen Kernreaktor, der mit leicht angereichertem Uran betrieben wird, äußerst schlecht für die Verwendung in Kernwaffen eignet, wie bereits ein Test in den USA im Jahr 1962 demonstrierte.[9]

Betrieb

Nach Angaben der IAEA aus dem Jahr 2004 erwartete man den ersten Block bereits 2006 am Netz. Um die zukünftigen Operatoren auf den Betrieb vorzubereiten wurden 750 Techniker in Russland ausgebildet. Der Brennstoff für den Reaktor sollte bereits Ende 2005 nach Buschehr gebracht werden. Rund sechs Monate wurden für die Beladung des Reaktors kalkuliert.[2] Allerdings verzögerte sich die Inbetriebnahme mehrmals wegen technischer und finanzieller Probleme.[9] So konnte erst am 24. März 2008 der letzte Brennstoff nach Buschehr geliefert werden, weshalb man mit einer Inbetriebnahme für Ende 2009 rechnete.[10] Am 26. Februar 2011 zerstörte sich im Testbetrieb des Reaktors unterhalb der minimal kontrollierbaren Leistung eine Umwälzpumpe im Primärkreislauf, weshalb ein Teil des Reaktorkerns zur Säuberung vor Metallspänen entladen werden sollte. Da Russland die Inbetriebnahme auf iranischen Wunsch fortsetzen wollte, wurde darauf verzichtet und die Inbetriebnahme mit dem Notkühlsystem fortgesetzt, das jedoch bereits 30 Jahre alt ist und von der ehemaligen deutschen Ausrüstung stammt. Dies stieß auf internationale Kritik, auch im Bezug auf die Integration eines russischen Reaktordesigns in ein Gebäude das für ein deutsches Reaktorsystem ausgelegt ist. Allerdings sah der Bauvertrag zwischen Rosatom und dem Iran vor, dass die bereit vorhandenen Komponenten in das russische System integriert werden, was ebenfalls auf Kritik stieß.[11] Letztlich wurde ein Teil des Kerns trotzdem entladen und die Metallreste entfernt. Die Pumpe selbst stammte noch aus den 1970ern von dem ehemaligen Reaktorsystem der Kraftwerk Union AG. Die Inbetriebnahme wurde hierdurch erneut verzögert.[12]

Am 26. Februar 2011 erklärte der IAEA-Beauftragte des Irans, Ali Asghar, dass der Reaktor alle Sicherheitsbestimmungen erfülle und ein Unfall wie in Three Mile Island oder in Tschernobyl auf ein Minimum verringert wurde, ebenso soll das deutsche Gebäudedesign den Absturz eines Kampfjets standhalten können. Nach der Ansicht von Experten hat jedoch Russland das größte Eigeninteresse den Reaktor sicher zu betreiben, wegen des kommerziellen Hintergrunds und in Erwartung von Folgeaufträgen aus anderen Staaten.[11] Am 8 Mai 2011 erreichte der Reaktor 1 um 11:12 Uhr erstmals den kritischen Zustand und fuhr erstmals mit minimaler kontrollierbarer Leistung im Rahmen des Versuch- und Inbetriebnahmeprogramms.[13] Am 3. September 2011 wurde um 23:29 Uhr iranischer Zeit der Block erstmals mit dem Stromnetz synchronisiert und speiste 60 MW Elektrizität in das Netz ein.[14] Bis zum 12. September 2011 sollte die Anlage auf 400 MW weiter angefahren werden.[15] Am 30. August 2012 gegen 18:47 Uhr fuhr der Block laut dem Generalprojektanten Nischni Nowgorod Atomenergoprojekt erstmals unter Volllast.[16] Laut dem Chef der Atomic Energy Organisation of Iran erreichte das Werk doch erst am Freitagabend, dem 31. August 2012 die volle Leistung. In den folgenden Monaten sollte seitens des Militärs zum Schutz der iranischen kerntechnischen Anlagen am Kernkraftwerk Buschehr zwischen dem 22. September und dem 21. Oktober eine Manöverübung mit Notfallübung stattfinden.[17]

Im November 2012 wurde durch einen Bericht der IAEA über das iranische Kernenergie-Programm bekannt, dass im Oktober 2012 ein einzelnes Brennelement aus dem Reaktor entfernt und in das Abklingbecken transferiert wurde, nachdem der Block zwei Monate zuvor die Volllast erreichte. Der Iran selbst gab keinen Grund an, weshalb ein einzelnes Brennelement umgesetzt wurde. Der IAEA-Botschafter war über das Vorgehen informiert, konnte aber nur angeben, dass es sich um einen Schritt zur Übergabe des Betriebs an den Iran handele. Ein Missbrauch des Brennstoffs hinsichtlich der Extrahierung von waffenfähigen Plutonium aus dem abgebrannten Brennstoff wird ausgeschlossen, da das Brennelement mindestens ein Jahr dafür abkühlen muss bis es aufbereitet werden kann. Sekundär besitzt der der Iran keine Wiederaufbereitungsanlage für abgebrannten Brennstoff. Der Botschafter gab weiter an, dass der Block seit Ende Oktober 2012 nicht wieder ans Netz ging. Etwa zur gleichen Zeit gab der Generalprojektant des Werkes, Atomenergoprojekt Nischni Nowgorod bekannt, dass die Übergabe des Blocks von Dezember 2012 auf März 2013 verschoben werde.[18][19] Im Nachhinein wurde seitens der russischen Atomwirtschaft am 1. Dezember 2012 ein Statement dazu abgegeben, dass es in dem Kernkraftwerk fast zu einem Unfall gekommen wäre. Während des Blockbetriebs im Oktober gab es an den russischen Geheimdienst eine Mitteilung, dass es Hinweise auf eine bevorstehende Explosion im Kernkraftwerk Buschehr gebe. Im Eilverfahren gab Wladimir Putin die Anweisung russische Fachleute nach Buschehr zu schicken, sowie militärisches Personal für einen etwaigen Unfall in Buschehr vorzubereiten. Die Fachleute in Buschehr nahmen daraufhin den Block sofort vom Netz und entluden den Reaktor vollständig.[20]

Beim Entladen des Kerns wurden unter dem Kern lose Bolzen entdeckt, die zunächst als Teile der Brennelemente identifiziert wurden, was sich allerdings als falsch herausstellte. Ermittlungen ergaben, dass die Bolzen von außerhalb des Reaktorsystems stammten. Erste Vermutungen gingen dahin, dass entweder der Block sabotiert wurde und die Bolzen absichtlich in den Primärkreis geschleust wurden, oder dass es einen Zusammenhang mit dem Stuxnet-Virus gab. Bis zum 26. November wurden nach Entfernen der Bolzen die Brennelemente wieder in den Reaktor geladen. Im Zweifelsfall hätten die Bolzen dazu führen können, dass der Wasserfluss durch die Brennelemente beschränkt würde und der Kern teilweise geschmolzen wäre.[20] Nach dem erneuten Anfahren kam es im Februar 2013 zu einem Schaden an dem Turbogenerator, weshalb der Block für Reparaturen vom Netz musste.[21] Der Iran reagierte auf diesen Schaden und erklärte während einer Inspektion der IAEA zwischen dem 16. und 17. Februar, dass der Block vom Netz genommen worden sei. Weiter wolle man die Übergabe des Blocks solange verschieben, bis die Anlage ohne Probleme läuft. Nach Plan sollte der Block am 28. Februar 2013 wieder ans Netz gehen.[22] Allerdings wurde der Block erst am 4. März 2013 wieder auf die kleinste kontrollierbare Leistung angefahren und anschließend durch langsame Leistungssteigerung in den Mindestlastbetrieb überführt.[23] Am 13. März ging der Block erneut wegen mechanischen Problemen vom Netz.[24] Laut Fereidun Abbassi, Leiter des Nuklearprogramms des Landes, habe Russland die nötigen Teile für die Reparatur bereits geliefert.[25]

Zwischen April und Mai 2013 gab es in der Region um das Kernkraftwerk mehrere Erdbeben, die zu Sicherheitsbedenken führten, allerdings seitens des Iran Schäden an dem Werk dementiert wurden. Seitens dem Erbauer Atomstroiexport wurde erklärt, dass der Reaktorbetrieb durch die Erschütterungen nicht beeinflusst wurde. Das stärkste Beben am 16. April erreiche die Stärke 7,7 und war in der Auslegungsgrenze, die mit 8,0 angegeben wird. Am 4. Juni 2013 gaben die Diplomaten, die das iranische Kernenergieprogramm überwachen, bekannt, dass an einer Stelle im Containment Risse entdeckt wurden, die sich über mehrere Meter erstrecken, allerdings sich nicht auf Höhe des Reaktors befinden. Aufgrund der Überwachung des Werkes durch die Diplomaten konnte die Rissentwicklung beobachtet werden und das Entstehen dieser definitiv auf die Erdbeben zurückgeführt werden. Der Chef der iranischen Delegation bei der IAEA, Ali Asghar Soltanieh, konnte dazu keine Angaben machen.[26] Rosatom wies am 5. Juni diese Behauptungen zurück und erklärte, dass es keine Schäden am Kernkraftwerk gibt und diese Behauptungen Nonsens sind.[27]

Anfang August kündigte die russische Seite an den Block vollständig an das iranische Personal zu ergeben. Der Block fahre mittlerweile ohne technische Schwierigkeiten im Volllastbetrieb.[28] Die Übergabe sollte Mitte September 2013 geschehen. Der Iran hatte wie Russland den Termin auf den 13. September gelegt, der Außenminister Abbas Araghchi erwartete allerdings die Übergabe erst für Mitte Oktober.[29] Tatsächlich erklärte der Kernkraftwerksdirektor von Buschehr, Hossein Derakhshandeh, am 28. August 2013, dass die Anlage in zwei Monaten und damit im Oktober, dem Iran übergeben wird. Innerhalb dieser zwei Monate muss das System des Blocks noch auf den regulären Volllastbetrieb umgestellt werden und von den Testphase in die reguläre Betriebsphase gehen.[30] Am 23. September 2013 wurde der Block offiziell dem Iran übergeben, allerdings habe der Block eine Garantie von zwei Jahren, in der Zeit der Block deshalb noch nebenbei von russischen Spezialisten betreut werde.[31]

Am 22. Oktober 2013 kündigte Ali Akbar Salehi, Direktor der Atomic Energy Organisation, dass binnen drei Monate der Iran in Isfahan den ersten selbst gefertigten Brennstoff für Buschehr herstellen werde.[32]

Technische Details

Die ehemalige projektierte Auslegung sah den Bau von zwei 1300 MW starken Reaktoren der KWU-Baulinie '80 vor. Nach der Änderung des Auftragnehmers wurde ein WWER-1000/466, der auf dem WWER-1000/392 aufbaut, installiert. Das Kernkraftwerk Buschehr ist technisch gesehen deshalb weltweit einzigartig aufgebaut und wird durch die Kombination zweier verschiedener Reaktorsysteme als Hybrid bezeichnet. Rund 12000 Komponenten, die noch aus deutscher Produktion stammten, wurden in das Design einbezogen, während der nukleare Anlagenteil allerdings fast vollständig auf den russischen Reaktor angepasst wurde, einzig das Gebäude wurde übernommen.[33] Die erwartete Nutzungsdauer liegt bei 20 bis 40 Jahren. Zur Energieerzeugung kommt eine Sattdampfturbine mit einer niedrigen Geschwindigkeit von 1500 Umdrehungen pro Minute zum Einsatz,[2] deren Generator 1000 MW brutto erzeugt, wobei die Nettoleistung abzüglich des Eigenbedarfs bei rund 915 MW liegt.[34] Die Turbine wurde ebenfalls eigens für Buschehr entwickelt und auf die bestehende Turbinhalle angepasst. Für die russische Atomwirtschaft und Industrie stellt Buschehr ein Presitigeobjekt dar, dass die großen Bemühungen der Zulieferer und Planer widerspiegelt. Viele Designlösungen die in Buschehr zum Einsatz kommen sind teilweise weltweit noch nie erprobt worden.[33]

Block 2 bis 4

Am 28. Juni 2013 äußerte Fereydoon Abbasi-Davani, Chef der Atomenergieorganisation des Irans, anlässlich der kommerziellen Inbetriebnahme des ersten Blocks, erstmals die Pläne, das Kernkraftwerk um drei weitere Blöcke zu erweitern. Zunächst sollen allerdings nur zwei neue Blöcke errichtet werden, ein vierter Block am Standort werde nach der Fertigstellung der beiden Blocke 2 und 3 entschieden. In der Ankündigung wurde besonders auf eine eventuelle Zusammenarbeit mit Russland angespielt.[35] Am 11. August 2013 kündigte die iranische Nachrichtenagentur „Mehr“ an, dass eine Unterzeichen eines Abkommens zum Bau des neuen Blocks zwischen Russland und dem Iran kurz bevor stand. Der Iran habe entsprechende Verhandlungen mit Russland über den Bau eines weiteren Kernkraftwerks gehalten.[36] Sergei Kirijenko erklärte allerdings, dass die Verhandlungen erst beginnen werden, wenn der erste Block dem Iran übergeben wurde,[37] was nach Plan im September 2013 passieren sollte.[29] Am Tag der Übergabe des Blocks am 23. September 2013 begann Ali Akbar Salehi, Chef der Atomic Energy Organisation of Iran, mit Russland Gespräche über den Bau von zwei weiteren Blöcken in Buschehr.[38]

Bau

Am 10. November 2019 begann der Bau von Block-2.[34]

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Buschehr hat einen Reaktorblock, der sich in Betrieb befindet. Ein weiterer ist in Bau und ein weiter ist geplant. Für einen Reaktorblock wurden die Planungen storniert.

Reaktorblock[34]
(Zum Ausklappen Block anklicken)
Reaktortyp Leistung Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Stilllegung
Typ Baulinie Netto Brutto

Einezelnachweise

  1. a b c Gholam R. Afkhami:The life and times of the Shah. In: University of California Press, 2009 ISBN 0520253280
  2. a b c d e f g h i j k l m Anthony H. Cordesman, Khalid R. Al-Rodhan: Iran's weapons of mass destruction: the real and potential threat. In: CSIS, 2006 ISBN 0892064854
  3. New Scientist: Iran's bomb: the making of a myth. In: Vol. 102,No. 1408, 3. Mai 1984 ISSN 0262-4079
  4. a b Albert V. Benliot: Iran: outlaw, outcast, or normal country?. In: Nova Publishers, 2001 ISBN 1560729546
  5. a b c Nassef M. Adiong: The U.S.' and Israel's Securitization of Iran's Nuclear Energy. In: GRIN Verlag, 2009 ISBN 3640266250
  6. Daniel Matthias Timm: Strategische Desinformation oder unverfälschte Analyse: Das iranische Atomprogramm und das National Intelligence Estimate(NIE) von 2007. In: GRIN Verlag, 2010 ISBN 3640652932
  7. Europa Publications Limited: The Middle East and North Africa, Volume 50. In: Routledge, 2003 ISBN 1857431847
  8. a b Anthony H. Cordesman: Iran's military forces in transition: conventional threats and weapons of mass destruction. In: Greenwood Publishing Group, 1999 ISBN 0275965295
  9. a b c Checking Iran's Nuclear Ambitions. In: DIANE Publishing ISBN 1428910239
  10. a b Fartash Barvarz: Islamic Atomic Bomb Cookbook. In: Trafford Publishing, 2010 ISBN 142692366X
  11. a b Bloomberg: Breakdown at Bushehr Raises Concerns . In: The Moscow Times, 10. März 2011. Abgerufen am 04.09.2011. (Archivierte Version bei WebCite)
  12. William J. Broad: Russians Say Damaged Cooling Pump Is Cause of Delay in Starting Iranian Reactor. In: The New York Times, 27. Februar 2011. Abgerufen am 04.09.2011. (Archivierte Version bei WebCite)
  13. World Nuclear News: Bushehr goes critical- WNN, 10. Mai 2011. Abgerufen am 04.09.2011. (Archivierte Version bei WebCite)
  14. ushehr nuclear power plant connected to national grid. Tehran Times, 04. September 2011. Abgerufen am 04.09.2011. (Archivierte Version bei WebCite)
  15. Focus: Umstrittenes iranisches AKW am Netz. Focus, 4. September 2011. Abgerufen am 04.09.2011. (Archivierte Version bei WebCite)
  16. NIAEP: Блок №1 АЭС «Бушер» выведен на 100% проектной мощности, 31.08.2012. Abgerufen am 02.09.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  17. Süddeutsche Zeitung: Iran Atomreaktor Buschehr erreicht volle Kapazität , 01.09.2012. Abgerufen am 02.09.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  18. The star online: Iran defends "normal procedures" at Bushehr nuclear plant, 19.11.2012. Abgerufen am 19.11.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  19. Chicago Tribune: Iran defends "normal procedures" at Bushehr nuclear plant, 18.11.2012. Abgerufen am 19.11.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  20. a b DebkaFile: Alarm in Tehran and Moscow over Bushehr nuclear reactor’s near-explosion in mid-October, 01.12.2012. Abgerufen am 01.12.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  21. Trend: Operation of Bushehr nuclear power plant halted until Feb. 28, 22.02.2013. Abgerufen am 01.03.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  22. RIA Novosti: Iranisches AKW Buschehr vorerst stillgelegt - Teheran will volle Betriebssicherheit, 22.02.2013. Abgerufen am 01.03.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  23. RIA Novosti: Iranisches AKW Buschehr geht in Mindestlastbetrieb, 04.03.2013. Abgerufen am 04.03.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  24. abc News: Iran: Bushehr Nuclear Power Plant Taken off Line, 13.03.2013. Abgerufen am 14.03.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  25. Stimme Russlands: AKW Bushehr im Iran ohne Strom geblieben, 13.03.2013. Abgerufen am 14.03.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  26. Russia Today: Cracks in Iran’s nuclear reactor facility following quakes – diplomats, 04.06.2013. Abgerufen am 04.06.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  27. Azernews: Russia rejects rumors about damaging Busher NPP, 05.06.2013. Abgerufen am 05.06.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  28. Radio Free Europe: Rosatom Ready To Hand Bushehr Nuclear Plant To Iran , 09.08.2013. Abgerufen am 11.07.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  29. a b RIA Novosti: Iran: Übergabetermin für AKW Buschehr für Mitte September angesetzt, 13.08.2013. Abgerufen am 14.08.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  30. FARS News Agency: Russia to Deliver Control of Bushehr N. Power Plant to Iran in 2 Months, 28.08.2013. Abgerufen am 28.08.2013. (Archivierte Version bei Archive.is)
  31. RIA Novosti: Russland übergibt AKW Buschehr iranischem Auftraggeber, 23.09.2013. Abgerufen am 23.09.2013. (Archivierte Version bei Archive.is)
  32. Die Welt: Iran stellt selbst Brennstäbe für Atomanlage Buschehr her, 22.10.2013. Abgerufen am 22.10.2013. (Archivierte Version bei Archive.is)
  33. a b Atomstroyexport: Bushehr NPP (Iran). Abgerufen am 19.01.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  34. a b c Power Reactor Information System der IAEA: „Iran, Islamic Republic of“ (englisch)
  35. RIA Novosti: Iran will drei weitere Atomreaktoren in Bushehr, 28.06.2013. Abgerufen am 28.06.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  36. RIA Novosti: Iran to Sign New Nuclear Power Plant Deal with Russia – Minister, 11.08.2013. Abgerufen am 11.07.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  37. Fars News Agency: Russian Contractor to Construct New Units in Iran's Bushehr N. Power Plant, 13.08.2013. Abgerufen am 14.08.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  38. RIA Novosti: Vizepräsident Salehi: Iran baut mit Russland neues Atomkraftwerk, 23.09.2013. Abgerufen am 23.09.2013. (Archivierte Version bei Archive.is)
  39. a b c d e Nuclear Engineering International: 2011 World Nuclear Industry Handbook, 2011.
  40. a b c d e International Atomic Energy Agency: Operating Experience with Nuclear Power Stations in Member States. Abrufen.
  41. Power Reactor Information System der IAEA: „Nuclear Power Reactor Details - BUSHEHR-2“
  42. Power Reactor Information System der IAEA: „Nuclear Power Reactor Details - BUSHEHR-3“
  43. Power Reactor Information System der IAEA: „Nuclear Power Reactor Details - BUSHEHR-4“

Siehe auch