Herzlich willkommen in der Nucleopedia! Hierbei handelt es sich um eine freie Enzyklopädie, die sich auf den Bereich der Kernenergie spezialisiert hat. Die Inhalte sind frei verfügbar und unter Lizenz frei verwendbar. Auch Sie können zum Inhalt jederzeit beitragen, indem Sie als Benutzer den Seiteninhalt verbessern, erweitern oder neue Artikel erstellen.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung an dem Projekt!

Benutzerkonto beantragen  Benutzerkonto erstellen

Kernkraftwerk Cattenom

Aus Nucleopedia
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Kernkraftwerk Cattenom
Reaktor zwei bis vier
Reaktor zwei bis vier
Standort
Land Flag of France.svg Frankreich
Region Lothringen
Ort Cattenom
Koordinaten 49° 24′ 55″ N, 6° 13′ 8″ OTerra globe icon light.png 49° 24′ 55″ N, 6° 13′ 8″ O
Reaktordaten
Eigentümer Électricité de France
Betreiber Électricité de France
Vertragsjahr 1979
Betriebsaufnahme 1986
Im Betrieb 4 (5448 MW)
Einspeisung
Eingespeiste Energie im Jahr 2009 33733 GWh
Eingespeiste Energie seit 1986 689330 GWh
Stand der Daten 24. Mai 2010
Spacer.gif
Gtk-dialog-info.svg
Die Quellen für diese Angaben sind in der Zusatzinformation einsehbar.

Das Kernkraftwerk Cattenom (französisch Centrale nucléaire de Cattenom) steht nahe dem gleichnamigen Ort Cattenom in der französischen Region Lothringen. Die Anlage liegt etwa zwölf Kilometer von der deutsch-französischen Grenze entfernt. Gegen die Anlage gibt es aus Deutschland großen Widerstand. Die Anlage ist das drittgrößte Kernkraftwerk in Frankreich.

Geschichte

Mitte der 1970er wurde erstmals in Frankreich mit der Planung eines Kernkraftwerks nahe Cattenom begonnen. Am 11. Oktober 1978 wurde ein Dekret zur Errichtung der Anlage unterzeichnet. Dieses sah den Bau von zwei 900 MW, und zwei weiteren 1300 MW-Reaktoren im öffentlichen Interesse vor.[1][2] Die luxemburgische Regierung kritisierte 1979, im gleichem Jahr der Stornierung des ersten luxemburgischen Kernkraftwerks in Remerschen, die Entscheidung der französischen Regierung, das Kernkraftwerk in Cattenom zu errichten. Der luxemburgische Premierminister, Jaques Santer, kritisierte die Position der französischen Regierung. Er behautete, die Anlage sei nicht nur eine Frage der nationalen Souveränität, sondern auch die der angrenzenden Ländern. Aufgrund dessen gab es schwere Proteste gegen die Anlage, sowie gegen weitere Reaktoren in der oberen Rheinregion.[3] Trotz dieser Kritik wurden zwischen dem 6. Juli 1976 und dem 31. März 1982 die Baugenehmigungen für die vier Reaktoren erteilt.[2]

Bau

Demonstration gegen Cattenom im Jahr 1980 in Saarbrücken

Mit dem Bau des ersten Reaktors wurde am 29. Oktober 1979 begonnen, gefolgt vom zweiten Block am 28. Juli 1980.[4] Allerdings kam es bereits im August 1981 zu ersten Problemen beim Bau. In der Koalition zwischen den Sozialisten und Kommunisten gab es im französischen Parlament einen großen Streit, da die sozialistische Partei der Kernenergie abgeneigt war, während diese von der kommunistischen Partei befürwortet wurde. Nach Aufrufen des kommunistischen Parteivorsitzenden Georges Marchais schlossen sich immer mehr Menschen dem kernenergiefreundlichen Kurs an, weshalb rund 1700 Arbeiter auf der Baustelle die Arbeit stoppten, und für den Weiterbau von Kernkraftanlagen demonstrierten. Grund war, dass die sozialistische Partei eine grundsätzliche Energiedebatte führen wollte, und über eventuelle Stornierungen von einigen Kernkraftwerksprojekten nachdachte.[5]

Mit der Errichtung von Block 3 und 4 wurde am 15. Juni 1982 und 28. September 1983 begonnen.[4] Zwischen dem 24. Juni 1982 und dem 29. Februar 1984 wurde ein weiteres Dekret erlassen, dass eine Planänderung des Projekts genehmigte und somit den Bau von vier Druckwasserreaktoren mit jeweils 1300 MW bestätigte, anstatt zweier Anlagen mit 900 MW und zwei weiterer mit 1300 MW.[2]

Betrieb

Am 29. April 1986 wurde der Grenzwert für die Ableitung radioaktiver Stoffe aus Cattenom offiziell genehmigt.[2] Die maximale Abgabe in Wasser und Luft liegt bei 15 Curie pro Jahr (555 GBq/a). In Deutschland stieß das auf heftige Kritik, da die Grenzwerte damit fünfmal höher als in Deutschland liegen. Der französische Staatssekretär, Edmond Herve, erklärte der deutschen Regierung in Bonn, dass die vier Reaktoren nicht mehr als drei Curie im Jahr an radioaktiven Stoffen freisetzen sollten, unter normalen Betriebsbedingungen. Die Bonner Regierung forderte eine Senkung der Grenzwerte, der allerdings nicht stattgegeben wurde. Seit 14. Juli 1986 befand sich zu diesem Zeitpunkt der erste Reaktor bereits im Wärmeprobebetrieb und stand kurz vor der Beschickung mit Brennelementen.[6]

Kühlsee der Anlage

Noch vor der nuklearen Inbetriebnahme des Blocks, wurden dem damaligen saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine ein ominöses Dokument über angebliche Sicherheitsmängel an Schweißnähten zum Kauf angeboten. Demnach seien die Schweißnähte von acht Pumpengehäusen, die sich im Primär- und Notkühlkreislauf befinden, nicht von Facharbeitern gefertigt worden, sondern von angelernten Fremdarbeitern. Die dafür zuständige Georg Fischer AG soll dabei die Sicherheitsvorschriften nicht beachtet haben.[7] Der erste Reaktorblock nahm schließlich am 13. November 1986 den Betrieb auf und wurde am 1. April 1987 in den kommerziellen Betrieb überführt. Der zweite Reaktor nahm am 17. September den Betrieb auf und begann am 1. Februar 1988 den kommerziellen Betrieb.[4] Die Reaktoren arbeiteten seit der Inbetriebnahme bis etwa Anfang der 1990er ohne vollständiges Notkühlsystem und verstießen deshalb gegen einige Sicherheitsvorschriften. Grund war, dass beim ersten Versuch den See zu füllen der Hauptdamm erneuert werden musste. Der See dient dazu, um die Kühlung der Reaktoren noch zu gewährleisten, wenn kein Wasser aus der Primärquelle, der Mosel, entnommen werden kann.[8]

Der dritte Block wurde am 6. Juli 1990 mit dem Stromnetz synchronisiert und ging ab 1. Februar 1991 in den kommerziellen Betrieb über. Block 4 nahm am 27. Mai 1991 den Betrieb auf und wird seit dem 1. Januar 1992 kommerziell genutzt.[4] Die Anlage musste allerdings 1997 ganz vom Netz genommen werden. Der Grund dafür war, dass die baugleiche Anlage in Flamanville bei einem Drucktest des Containments durchgefallen war. Ähnliche Probleme wurden auch in Cattenom registriert. Der Betreiber EDF versuchte, den spröde gewordenen Beton im Containment von innen mit einer Kunstharzmischung beschichten und so die Undichtheiten zu schließen. Die ersten Versuche zeigten Erfolg, jedoch haftet die Mischung, die den Innenbereich abdichten soll, nicht richtig auf dem Beton. Nach einigen Änderungen gingen alle Blöcke wieder ans Netz.[9]

Im November 2000 gab es am Standort Cattenom eine Katastrophenschutzübung unter der Annahme, dass sich ein Störfall im Kernkraftwerk ereignet habe. Radio Luxemburg, ein Sender der RTL-Gruppe, berichtete über diese Übung, wies aber immer wieder darauf hin, dass es sich um eine Simulation handele. Innerhalb der Bevölkerung kam es allerdings daraufhin zu Unruhen, sodass Hörer des Radios beim Sender angeriefen um sich zu erkundigen, was nun zu tun sei. Eine hysterische Anruferin meinte als Kommentar im Radio, dass sie immer gesagt habe, „dass Cattenom uns den Tod bringen wird!“[10]

Technische Details

Das Kernkraftwerk ist ausgestattet mit vier Druckwasserreaktoren[4] mit der zweiten Serie der Paluel 4-Loop-Baulinie, bekannt als P'4.[11] Die Leistung aller vier Reaktoren liegt bei 1300 MW netto und 1362 MW brutto.[4] Block 1 bis 3 besitzen jeweils einen Kühlturm mit einem Durchmesser von 136 m und einer Höhe von 165 m. Der Kühlturm von Block 4 hat einen Basisdurchmesser von 149 m und eine Höhe von 178,5 m.[12] Die Reaktorgebäude sollen nicht gegen schnell fliegende Militärflugzeuge ausgelegt sein.[13]

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Cattenom besteht aus vier Reaktoren, die sich alle im Betrieb befinden.

Reaktorblock[4]
(Zum Ausklappen Block anklicken)
Reaktortyp Leistung Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Stilllegung
Typ Baulinie Netto Brutto

Einzelnachweise

  1. Julia Sommer: Verwaltungskooperation am Beispiel administrativer Informationsverfahren im Europäischen Umweltrecht. In: Springer, 2003 ISBN 3540003681
  2. a b c d Philippe Sands, Richard Tarasofsky: Documents in European Community environmental law. In: Manchester University Press ND, 1995 ISBN 0719043344
  3. Malcolm Anderson: Frontiers: territory and state formation in the modern world. In: Wiley-Blackwell, 1997 ISBN 0745620086
  4. a b c d e f g Power Reactor Information System der IAEA: „France“ (englisch)
  5. FRANKREICH: Alte Zeiten. In: DER SPIEGEL 36/1981, 31. August 1981
  6. ATOMENERGIE: Museum der Dummheit. In: DER SPIEGEL 26/1986, 23. Juni 1986
  7. Cattenom-Pumpen undicht?. In: DER SPIEGEL 41/1986, 6. Oktober 1986
  8. Cattenom ohne Notkühlung. In: DER SPIEGEL 28/1988, 11. Juli 1988
  9. ATOMKRAFT: Störfall in Strang A. In: DER SPIEGEL 40/1998, 28. September 1998
  10. Michael Jäckel: Medienwirkungen: Ein Studienbuch zur Einführung. Studienbücher zur Kommunikations- und Medienwissenschaft. In: VS Verlag, 2007 ISBN 3531153919
  11. Jacques Libmann: Elements of nuclear safety. In: L'Editeur : EDP Sciences, 1996 ISBN 2868832865
  12. I. Mungan, Udo Wittek: Natural Draught Cooling Towers: Proceedings of the Fifth International Symposium on Natural Draught Cooling Towers, Istanbul, Turkey, 20-22 May 2004. In: Taylor & Francis, 2004 ISBN 9058096424
  13. Olaf Achilles, Jochen Lange: Tiefflieger. In: Olaf Achilles, 1989 ISBN 349912579X
  14. a b c d Nuclear Engineering International: 2011 World Nuclear Industry Handbook, 2011.
  15. a b c d International Atomic Energy Agency: Operating Experience with Nuclear Power Stations in Member States. Abrufen.

Weblinks

Siehe auch

Icon NuclearPowerPlant-green.svg Portal Kernkraftwerk