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Kernkraftwerk Flamanville

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Kernkraftwerk Flamanville
Flamanville 2010-07-15.jpg
Standort
Land Flag of France.svg Frankreich
Region Basse-Normandie
Ort Flamanville
Koordinaten 49° 32′ 16″ N, 1° 52′ 49″ WTerra globe icon light.png 49° 32′ 16″ N, 1° 52′ 49″ W
Reaktordaten
Eigentümer Électricité de France
Betreiber Électricité de France
Vertragsjahr 1976
Betriebsaufnahme 1985
Im Bau 1 (1650 MW)
Im Betrieb 2 (2764 MW)
Einspeisung
Eingespeiste Energie im Jahr 2011 18915 GWh
Eingespeiste Energie seit 1985 412010 GWh
Stand der Daten 2012
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Die Quellen für diese Angaben sind in der Zusatzinformation einsehbar.

Das Kernkraftwerk Flamanville (französisch Centrale nucléaire de Flamanville) ist eines von vier Kernkraftwerken in Frankreich, das am Ärmelkanal errichtet wurde. Die in der Normandie gelegene Anlage besteht aus zwei in Betrieb befindliche Reaktoren, die je um die 1300 MW leisten. Bekanntheit bekam die Anlage besonders nachdem festgelegt wurde, dass dort der erste Reaktor vom Typ EPR in Frankreich entstehen sollte. Obwohl das Werk in einer eher abgelegenen Region unweit der Wiederaufbereitungsanlage La Hague liegt, war das Werk während der Bauzeit starken Protesten der zu dieser Zeit aufflammenden Anti-Atom Bewegung in Frankreich ausgesetzt.

Geschichte

Der Vorschlag in Flamanville ein Kernkraftwerk zu errichten wurde 1974 erwähnt. Im Dezember 1974 wurde der Bürgermeister der Gemeinde förmlich informiert, dass die Gemeinde als Standort infrage kam. Noch im selben Monat stimmte der Gemeinderat der Errichtung des Werkes zu, was von manchen Einwohnern eher skeptisch betrachtet wurde. Der Grund, weshalb sich der Rat so schnell entschieden hatte, lag an der erst kurz zuvor vollzogenen Schließung der Eisenmine nahe Flamanville.[1] Um einer eventuell aufkeimenden Protestbewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen wurde ein lokales Referendum durchgeführt, in dem sich 435 Einwohner von Flamanville für das Kernkraftwerk entschieden, 248 Einwohner stimmten gegen das Werk. Der Hauptgrund weshalb sich die Einwohner für das Werk entschieden haben waren mehrheitlich die Arbeitsplätze. Flamanville war eher abgelegen und kein Reiseziel, sodass keine Einnahmen aus dem Tourismus kamen und die Umgebung hauptsächlich von Landwirtschaft geprägt war.[2]

Die ersten Planungen zum Werk selbst wurden 1975 veröffentlicht, wonach bis 1985 vier Reaktoren mit einer Leistung von je 1300 MW den Betrieb aufnehmen sollten und mit 5200 MW installierter Leistung das Werk einer der größten Kernkraftwerke der Erde werden sollte. Je zwei Blöcke sollten im Rahmen eines eigenen Bauabschnittes entstehen. Ein Problem stellte jedoch die Kühlwasserversorgung dar, da die Bildung von Plankton durch einfache Mittel wie Chlor nicht gelöst war. Ein ähnliches Problem gab es auch im spanischen Kernkraftwerk Vandellós, dass aufgrund der hohen Abwassertemperature in einem Umkreis von zehn Quadratkilometern einen großen Teil der Meereslebewesen ausgerottet hatte. Flamanville lebte bisher hauptsächlich von der Fischereiindustrie, weshalb das Kernkraftwerk eine Bedrohung für diesen Industriezweig darstellte. In der Folge gab es eine kleine Opposition gegen das Werk, die das für das Kernkraftwerk geplante Gelände erwarb und besetzte. Die Mehrheit der Anwohner war jedoch von der Sicherheit dieser Werke überzeugt, da zu diesem Zeitpunkt wenige Kilometer entfernt die Wiederaufbereitungsanlage La Hague ihren Betrieb aufnahm.[3]

Block 1 & 2

Sprengung der Granitklippe zur Standorterschließung

Der erste Bauabschnitt, bestehend aus Block eins und zwei, wurde im Rahmen des „Contract Programme 2“ (kurz CP2) geplant. Zusammen mit Reaktoren für die Werke in Paluel, Cattenom und Saint Alban wurde im Februar 1976 der Auftrag für die schlüsselfertige Errichtung der Blöcke seitens Électricité de France an Framatome erteilt.[4] Die Baugenehmigung wurde im Dezember 1977 erlassen, sodass am 5. Januar 1978 mit den Erschließungsarbeiten begonnen werden konnten. Allerdings klagten Kernkraftwerksgegner aus der Region gegen diese Genehmigung, die kleinere Formfehler aufwies. In der Folge wurde am 28. April 1978 durch ein Gerichts die Baugenehmigung aufgehoben. Dies war das erste Mal in der französischen Geschichte, dass ein Gericht ein Urteil gegen ein Kernkraftwerk fällte.[5] Die Anwältin, die für dieses Urteil kämpfte war Corinne Lepage, die sich auf Umweltrecht spezialisierte und der Fall im Flamanville zu einer ihrer ersten Fälle zählte. Kurze Zeit darauf im Jahr 1979 erreichte sie ebenfalls die Aufhebung der Baugenehmigung des Kernkraftwerks Belleville.[6] Nicht betroffen von der Aufhebung der Baugenehmigung waren die Vorarbeiten am Standort selbst. Da für das Werk die Klippe weichen musste, wurden 700 Meter Küste, die aus harten Granituntergrund bestand, weggesprengt. Für die Reaktoren wurde entsprechend eine Granitplattform zurecht gesprengt und passend gemacht. Diese Fläche ist geschützt durch einen Damm aus Wellenbrechern, der insgesamt aus 100000 Tonnen Granitgestein besteht. Die Kosten für die Standortschaffung waren allerdings sehr hoch, weshalb der Quadratmeter Kernkraftwerksgelände rechnerisch rund 400 Franc kostete. Für französische Verhältnisse bietet Flamanville die besten Standortverhältnisse, geologisch als auch hydrologisch.[7]

Bau

Mit der Erneuerung der Baugenehmigung ging der erste Block am ersten Dezember 1979 in Bau, der zweite am ersten Mai 1980.[8] Obwohl die gröbsten Probleme geklärt waren, gab es Bedenken auf der britischen Insel Jersey, die sich im Ärmelkanal befindet und 48 Kilometer vom Kernkraftwerk entfernt liegt. Einerseits gab es Bedenken über die Auswirkungen der warmen Abwässer, andererseits über die Auswirkungen eines möglichen Unfalls wie im Kernkraftwerk Three Mile Island. Dem wurde allerdings nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet.[9] Neben den Reaktoren des Kernkraftwerks wurde eine Meerwasserentsalzungsanlage gebaut, die mit Dampf aus dem Kernkraftwerk unter experimentellen Bedingungen arbeiten sollte.[10]

Betrieb

Ehemals sollten beide Blöcke 1984 und 1985 ans Netz gehen.[4] Der erste Block ging allerdings erstmals am 4. Dezember 1985 ans Netz, gefolgt vom zweiten Block am 18. Juli 1986. Während Block eins am 1. Dezember 1986 in den regulären Betrieb ging, folgte Block zwei am 9. März 1987.[8] Während der Inbetriebnahme der Anlage kam es zu einem größeren Protest, dem die Polizei kontrollierte und eindämmte. Hierbei kam ein Demonstrant ums Leben.[11]

Am 23. Oktober 1989 kam es zu einem Zwischenfall im zweiten Block, nachdem eine ungeplante Reparatur an den Rohrverbindungen des Druckhalters notwendig wurde, die in anderen Reaktoren der gleichen Baulinie ebenfalls Probleme verursachten. In diesem Zuge tauschte Framatome die elektronischen Füllstandsanzeiger aus. Einer der wichtigen Schritte beim Anfahren eines Druckwasserreaktors ist die Bildung der Dampfblase im Druckhalter, die den Druck des primären Kreislaufs stabil hält und Drucktransienten vorbeugen kann. Normalerweise wird diese Blase durch elektrische Heizwiderstände direkt im Druckhalter künstlich erzeugt. Diese wird durch das Volumenregelsystem kontrolliert ausbalanciert und rund 30 Kubikmeter Wasser pro Stunde aus dem System entfernt, sobald das Wasser im Druckhalter siedet. Der Füllstand des Druckhalters wird durch fünf Sensoren überwacht. Vier von diesen geben den Füllstand des Druckhalters im oberen Bereich an, ein fünfter dient zur Anzeige eines sehr niedrigen Füllstandes bei etwaigen Transienten. Um 15:20 Uhr wurde mit der Erhitzung des Wassers begonnen und um 15:40 Uhr die Umwälzung im Volumenregelsystem auf automatische Reaktion des Systems und Bestätigung eines Operators verringert. Um 16:20 Uhr war der Druck stabil, sodass die Zahl der aktiven Heizwiderstände im Druckhalter verringert wurde, bis der oberste Füllstandsanzeiger einen sinkenden Wasserstand anzeigen würde. Allerdings kam es nicht dazu, da um 16:42 Uhr der Füllstandsanzeiger für den niedrigsten Druckhalterstand ansprach und einen niedrigen Wasserstand signalisierte, während die anderen vier Sensoren einen normalen Wasserstand bestätigten. Aufgrund einer Verunsicherung rief das Personal im Leitstand das zuständige Team um 17:00 Uhr an, dass den Fehler beheben sollte. Allerdings hatte diese Mannschaft bereits ihre Schicht beendet und verließ das Kraftwerk, ohne den Fehler zu beheben oder die Ursache zu suchen.[12]

Da sich die Operatoren nicht sicher waren wurde der Heizvorgang fortgesetzt, bis die oberen Füllstandsanzeiger einen niedrigeren Wasserstand anzeigen sollten. Zwischen 17:50 Uhr und 18:05 Uhr kam es jedoch zu einer automatischen Abschaltung der Heizwiderstände aufgrund eines Isolationsdefektes an den Widerständen selbst. Die Folge war ein Abfall des Drucks im System. Die Operatoren diagnostizierten am Ende doch den Fehler und stellten fest, dass der Trupp von Framatome die Rohre, welche bei der Revision ausgetauscht wurden falsch an den Dampferzeuger angeschlossen hatte, und so wie vier wichtigsten Füllstandsanzeiger vom eigentlichen System isoliert wurden, während einer der Sensoren den tatsächlichen Füllstand des Dampferzeuger meldete. Obwohl alle drei Minuten der Alarm dieses Füllstandsanzeigers in der Schaltwarte ertönte, wurde diese Systemmeldung nicht registriert. Infolge der Ermittlungen stellte man fest, dass das Personal keine Instruktionen zum Austausch der Rohre erhalten hatte und deshalb das System falsch konfiguriert wurde. Auch bei der Abnahme der Arbeit gab es keine direkte Person, die sich aus dem Werk dafür zuständig fühlte, weshalb die Arbeiten ohne Kontrolle vollendet wurden. Seitens der Aufsichtsbehörde Autorité de Sûreté Nucléaire wurde eindeutig festgestellt, dass Électricité de France seinen Aufgaben im Bezug auf die Garantie der Sicherheit ihrer Kernkraftwerke keine Rechnung trug und ein Sicherheitsproblem hatte. Dies wurde durch ein nahezu identisches Problem bestätigt, welches im gleichen Jahr im Kernkraftwerk Cruas auftrat.[12]

Im Dezember 2011 wurde zwischen Électricité de France und Areva ein Modernisierungsprogramm für die P4-Anlagen ausgearbeitet, um deren Laufzeit durch sicherheitstechnische Nachrüstungen und Verbesserungen der Blöcke zu verlängern. Bereits im September bestellte Électricité de France 44 Dampferzeuger für diese Reaktormodelle, die ausgetauscht werden sollen und die Effizienz der Blöcke um 7 % steigern. Hierbei sind auch die beiden Blöcke in Flamanville betroffen.[13]

Block 3 & 4

Zusammen mit den Standortvorarbeiten wurden auch die Bauflächen der Blöcke drei und vier angepasst herausgesprengt.[7] Die Reaktoren sollten im „Contract Programme 3“ (kurz CP3) entstehen, deren Planungen aber angepasst wurden. Demnach waren keine weiteren Reaktoren des Typs Paluel 4-Loop (P4) mehr vorgesehen, sondern des neuen 1450 MW starken Nouveau 4 (N4). Die Planungen wurden ebenfalls für die Kernkraftwerke Civaux, Penly und Saint Alban entsprechend angepasst. Im Februar 1993 wurde mit den Erschließungsarbeiten an den Blöcken drei und vier begonnen.[14] Allerdings entschied man sich den Bau der beiden Reaktoren hinauszuzögern, bis der neue EPR von Framatome und Siemens zur Verfügung stand. So kam es, dass erst 2004 der Bau des dritten Blocks bei der Aufsichtsbehörde durch Électricité de France beantragt wurde, der nach Plan 2007 in Bau gehen sollte und bis zu drei Milliarden Euro kosten sollte. Bei einem Erfolg des Projekts sollte der aus Framatome und Siemens Nuclear Power neu geschaffene Kernkraftwerksbauer Areva zusammen mit Siemens einen Folgeauftrag an anderen neuen Werken in Frankreich erhalten.[15] Die Wahl des Reaktordesigns wurde seitens Électricité de France am 22. Juni 2004 gewählt, der Standort Flamanville wurde am 21. Oktober 2004 bestimmt. Kurz zuvor war noch der Standort Tricastin im Gespräch, der wegen der fehlenden Kühlwasserkapazitäten verworfen wurde.[16] Obwohl das gleiche Reaktormodell für das Kernkraftwerk Olkiluoto geplant war, handelt es sich bei der französischen Variante des EPR um den Standardtyp, weshalb Flamanville und nicht Olkiluoto das Demonstrationswerk ist.[17] Mit den ersten Vorarbeiten wurde im Sommer 2006 begonnen.[18]

Nach Plan sollte bei Erfolg des dritten Blocks ein vierter Block mit einem baugleichen EPR in Flamanville errichtet werden, was jedoch ganz von der Genehmigungsfähigkeit des Reaktortyps und der staatlichen Genehmigung für einen weiteren Block in Flamanville abhing.[19] Für den dritten Block gab es seitens des italienischen Versorgers Enel Interesse an einem Erzeugungsanteil von 200 MW aus dem neuen Block.[20] Dies entspricht etwa 12,5 % der Leistung, die in das Netz gespeist werden sollte. In der Folge kam es jedoch zu einer Kostenerhöhung für den Block auf 3,6 Milliarden Euro. Im Mai 2007 wurde ein entsprechendes Memorandum zwischen Enel und Électricité de France unterzeichnet.[21] Allerdings sagte Fulvio Conti, Vorstandsvorsitzender von Enel in einem Interview mit der Financial Times, dass die Importkapazitäten seitens Italiens erschöpft seien, kurze Zeit bevor das Abkommen über die Abnahme von Energie aus Flamanville-3 unterzeichnet war. Fulvio Conti forderte deshalb den Bau eigener neuer Kernkraftwerke in Italien.[22]

Bau

Block-3 im Juli 2010

Am 3. Dezember 2007 ging der dritte Block offiziell in Bau.[8] Aufgrund von qualitativen Mängeln an der Stahlarmierung des Fundaments wurden die Arbeiten an dem Block am 26. Mai 2008 unterbrochen. Ähnliche Anomalien wurden bereits während Kontrollbesuchen der Aufsichtsbehörde Autorité De Sûreté Nucléaire im März und seit Beginn der Arbeiten im Jahr 2008 gefunden. Die Arbeiten wurden deshalb unterbrochen, da die Autorité de Sûreté Nucléaire davon überzeugt war, dass die Qualitätskontrollen der Électricité de France nur sehr minderwertig waren. In der Folge schaltete die Électricité de France eine unabhängige Organisation zur genaueren Durchsicht der Arbeitsweise auf der Baustelle ein, sekundär verpflichtete sich der Konzern die Qualifikationen der Arbeiter besser zu testen und entsprechend in ihre Arbeit einzuweisen. Die Arbeiten konnten nach der Akzeptierung der Maßnahmen seitens der Autorité de Sûreté Nucléaire am 19. Juni wieder aufgenommen werden. Ähnliche Qualitätsprobleme gab es bereits beim baugleichen Werk im finnischen Olkiluoto.[23] Im Dezember 2008 gab Électricité de France bekannt, dass das Werk rund 20 % mehr kosten würde als der Preis von 3,3 Milliarden Euro, der 2005 kalkuliert und festgelegt wurde. Demnach lagen die Kosten nun bei vier Milliarden Euro. Als Begründung führte Électricité de France unter anderem gestiegene Preise durch die Entscheidungen der Kontrollbehörden, sowie die technische Dokumentation der Anlage an.[24] Im Juli 2009 zeigte der deutsche Energieversorger E.ON Interesse an einem Anteil an dem Block, sowie an dem zweiten geplanten EPR am Standort Penly.[25]

Bis 2012 erhöhten sich die Kosten auf sechs Milliarden Euro, analog zu denen des Werkes im finnischen Olkiluoto.[26] Im Dezember 2012 wurden die Kosten aufgrund von Nachrüstmaßnahmen wegen des Reaktorunfalls in Japan, dem Austausch von 45 Konsolen und den daraus resultierenden Folgekosten, sowie einem neuen Dampferzeugerdesign um € 2 Milliarden erhöht, auf nunmehr 8 Mrd. Euro.[27] Als Folge gab am 5. Dezember Enel bekannt, seine 12,5 % Beteiligung an dem Block zurückzuziehen aus ökonomischen Gründen, die aus der Kostensteigerung resultierten, sowie einer gesunkenen Nachfrage an Elektrizität. Der Rücktritt tritt am 19. Dezember in Kraft, womit Électricité de France wieder alleiniger Eigentümer des Blocks ist. Enel begründet weiter, dass es aufgrund des Referendums von Juni 2011 kein Interesse mehr habe sich gegen die Linie der italienischen Bevölkerung zustellen und Kernkraftwerke mit Électricité de France zu errichten, weshalb der Konzern in den nächsten Jahren sich weiter von Frankreich abkoppeln möchte. Enel ist allerdings weiterhin an den Kernkraftwerks-Neubauprojekten Mochovce 3 & 4 in der Slowakei und Baltijsk 1 & 2 interessiert und beteiligt, sowie an Kernkraftwerken der Gesellschaft Endesa in Spanien.[28]

Am 16. Juli 2013 konnte das Stahldach des Containments installiert werden. Anschließend begannen die Arbeiten zum Begießen desselben mit Beton, wovon insgesamt 7000 Tonnen darauf lasten werden. Nach Angaben von Électricité de France waren zu diesem Zeitpunkt etwa 95 % der konventionellen Bauarbeiten abgeschlossen und 46 % der elektrischen und mechanischen Installationen vollendet.[29] Am 7. Oktober 2013 wurde der Reaktordruckbehälter für den Block am Standort angeliefert. Der Transport begann bereits Anfang des Monats September von Areva's Werk in Saint Marcel, in dem er gefertigt wurde, nach Flamanville. Die Fertigung des Druckbehälters erforderte einen Zeitaufwand von rund 50.000 Stunden. Die Arbeiten am Block gehen unterdessen weiter voran, sodass rund 95 % der eigentlichen Bauarbeiten an den Gebäuden, die seitens der Firma Bouygues Construction als Hauptvertragspartner für diese Bauten durchgeführt werden, zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen werden konnten. Nach Abschluss dieser Arbeiten ist geplant den Reaktordruckbehälter in den Block einzubauen und das Kühlsystem der Anlage zu installieren.[30] Am 17. Oktober 2013 stürzte ein 4 Kilo schweres Getriebe für eine Hebeeinrichtung zum Anheben des Reaktordruckbehälterdeckels auf das Containment des Blocks. Die Komponente schwebte zum Zeitpunkt des Sturzes 20 Meter über der Einschlagstelle an einem Kran. Diese Stelle wurde bereits am 16. Juli mit Beton übergossen, allerdings traten dennoch zwei offene Risse am Stahlblech des Containments auf, die durch Schweißnähte geschlossen werden mussten. Électricité de France setzt aufgrund dessen Modifikationen am Reaktorgebäude des Blocks um.[31]

Am 24. Januar 2014 konnte der 425 Tonnen schwere, 11 Meter hohe und 5,5 Meter im Durchmesser große Reaktordruckbehälter in den Block eingebaut werden. Ehemals sollte der Einbau bereits einige Wochen früher erfolgen, aufgrund von Lizenzierungsproblemen mit dem Polarkran mussten diese Arbeiten aber aufgrund fehlender Bestätigung der ASN verschoben werden. Der Einbau markiert den Beginn der Installationsarbeiten im nuklearen Anlagenteil, der unter anderem den Einbau der vier Dampferzeuger in den nächsten Monaten, sowie die Installation der Loopleitungen umfasst.[32] Ende 2014 führte Areva chemische und mechanische Untersuchungen am Reaktordruckbehälter und Reaktordruckbehälterdeckel durch. Die Resultate zeigten, dass es Stellen gebe, die einen zu hohen Kohlenstoffanteil aufweisen als gefordert. Im April 2015 informierte Areva die französische Aufsichtsbehörde ASN über die Anomalien im Material. In Übereinstimmung mit der Électricité de France schlug Areva der ASN vor weitere Untersuchungen vorzunehmen, um die Stellen genauer zu lokalisieren und um die Standfestigkeit des Druckbehälters zu bestätigen.[33] Tatsächlich würde es sich aber bei weiteren negativen Funden sehr ernst auf das Projekt auswirken, dessen Kosten bis zu diesem Zeitpunkt bereits über 9 Milliarden Euro liegen, da nach Angabe der ASN dann der Druckbehälter nicht verwendet werden darf. Der Leiter der ASN, Pierre-Franck Chevet, gab deshalb klar an, dass Électricité de France dann vor der Wahl stehe den Bau des Reaktors aufzugeben, oder den Reaktordruckbehälter auszutauschen, was zu weiteren Kosten und Verzögerungen führen würde. Da das Problem sich wahrscheinlich nicht nur auf den EPR in Frankreich beschränkt, sondern auch auf bereits gefertigte oder verbaute Teile in den vereinigten Staaten von Amerika, dem vereinigten Königreich und der Volksrepublik China, wurden die dortigen Aufsichtsbehörden über die Befunde in Flamanville informiert.[34]

Am 9. Juli 2015 veröffentlichte BBC einen Artikel, in dem die französische Aufsichtsbehörde ASN bestätigte, dass die Schäden am Kernreaktor ernst seien und möglicherweise einen Baustopp für den Block verfügen wurde, falls der Nachweis nicht erbracht werde, dass die Pläne richtig seien. Nach Angaben der Behörde handele es sich eindeutig um einen Konstruktionsfehler. Pierre-Franck Chevet, Präsident der ASN, gab an, dass die vorläufigen Ergebnisse der chemischen und mechanischen Analyse schlechte Werte aufwiesen, weshalb man Areva beauftragte einen weiteren Versuch vorzunehmen, in dem man den für Hinkley Point C vorgesehen Druckbehälterdeckel in Untersuchungen zerstört. In der Regel sollten die Druckbehälter nach französischen Vorgaben Schockbelastungen von 60 Joule standhalten können, jedoch erreichte der Druckbehälter mit einem Fertigungswert von weniger als 30 Joule ein Ergebnis weit unter der geforderten Auslegungsgrenze.[35] Im Oktober 2015 gab Électricité de France bekannt, dass sich die Arbeiten am Block weiter verzögern werden und die Kosten auf 10,5 Milliarden Euro gestiegen sind.[36] Nach Stand Juli 2020 haben sich die Kosten weiter erhöht, sodass die Anlage rund 19,1 Milliarden Euro (11.718 € pro installiertes Kilowatt, bei 1630 MW netto) kosten soll[37] und liegt bei den Kosten damit über der FOAK-Anlage Vogtle-3 und 4, wo ein Block rund 12,17 Milliarden Euro (11.280 € pro installiertes Kilowatt bei 1117 MW netto) kostet.[38]

Betrieb

Nach Plan sollte der dritte Block 2012 ans Netz gehen.[39] Im Jahr 2010 wurde dieser Termin auf 2013 verschoben,[40] ist aber nach aktuellen Stand nicht vor 2016 geplant.[8] Für Électricité de France ist der Reaktor von besonderen Prestige, weshalb in einem Interview mit Henri Proglio, Vorstand von Électricité de France, im Juli 2014 die Hoffnung geäußert wurde, dass Flamanville 3 noch vor den Blöcken in Taishan, sowie dem Block in Olkiluoto ans Netz gehen würde. Aufgrund der Verzögerungen in Taishan und der stark reduzierten Arbeitsgeschwindigkeit in Olkiluoto seitens Areva aufgrund der Rechtsstreitigkeiten ist es gut möglich, dass der Block vor den anderen baugleichen Anlagen ans Netz geht. Proglio sprach von einer Art Wettrennen, welcher Block als erstes ans Netz geht, machte aber darauf aufmerksam, dass man die Bauarbeiten nur deswegen nicht beschleunigen werde.[41] Am 18. November 2014 gab Électricité de France bekannt, dass der Block frühstens 2017 in Betrieb gehen könne aufgrund von Verzögerungen bei der Lieferung einiger Komponenten und regulatorischer Probleme.[42][43] Im Oktober 2015 hab Électricité de France bekannt, dass die Deadline auf 2020 verlängert wurde, womit eine spätere Inbetriebnahme möglich wäre.[36]

Standortdetails

Der Untergrund unter dem Werk besteht vollständig aus Granit.[7] Die Kühlwasserzufuhr wird durch einen Kanal gesichert, der am Ärmelkanal liegt. Wie auch bei den anderen Werken befindet sich die Ebbenseite südwärts und die Flutseite nordwärts, sodass ein ständiger Fluss des Wassers mit 1,2 Meter pro Sekunde parallel zur Küste in Richtung Südwesten gewährleistet ist. Dementsprechend wurde der Kanaleinlauf so konstruiert, dass das Wasser direkt in den Kanal aufgenommen wird und das erwärmte Wasser Richtung Süden abgeleitet wird. Bei den ehemaligen Planungen wurde angenommen, dass der Kubikmeter Wasser bei vier Reaktoren mit insgesamt 15200 MWth, von denen 10000 MWth als Abwärme abgeleitet werden, mit einer Wärmeleistung von 100 Watt aufgeheizt werden würde.[44]

Technik Block 1 & 2

Block eins und zwei sind ausgestattet mit Druckwasserreaktoren vom Typ Paluel 4-Loop und erreichen eine Bruttoleistung von je 1382 MW, von denen 1330 MW in das Elektrizitätsnetz gespeist werden.[8]

Technik Block 3

Block drei ist mit einem Druckwasserreaktor vom Typ EPR ausgestattet, der eine Bruttoleistung von 1650 MW erreichen soll, von denen 1600 MW in das Elektrizitätsnetz gespeist werden sollen.[8]

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Flamanville besteht aus drei Reaktoren, von denen sich zwei in Betrieb befinden und ein weiterer im Bau ist.

Reaktorblock[8]
(Zum Ausklappen Block anklicken)
Reaktortyp Leistung Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Stilllegung
Typ Baulinie Netto Brutto

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Rüdig, u.a.: Anti-nuclear movements: a world survey of opposition to nuclear energy. Longman Current Affairs, 1990. ISBN 058290269X. Seite 170.
  2. New scientist, Band 66. New Science Publications, 1975. Seite 133.
  3. Intercontinental press combined with inprecor, Band 14,Ausgaben 1-6. Intercontinental Press, 1976. Seite 950.
  4. a b Kerntechnische Gesellschaft im Deutschen Atomforum: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 22. Handelsblatt GmbH, 1977. Seite 291.
  5. Kerntechnische Gesellschaft im Deutschen Atomforum: Atomwirtschaft, Atomtechnik, Band 23. Handelsblatt GmbH, 1978. Seite 255.
  6. Furcht überwunden. DER SPIEGEL 17/1981, 20.04.1981. Abgerufen am 18.07.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  7. a b c N. J. D. Lucas, u.a.: Energy in France: planning, politics, and policy. Europa Publications for the David Davies Memorial Institute of International Studies, 1979. ISBN 0905118308. Seite 193.
  8. a b c d e f g Power Reactor Information System der IAEA: „France“ (englisch)
  9. Warren H. Donnelly, u.a.: Impact abroad of the accident at the Three Mile Island Nuclear Power Plant: March-September 1979, Band 4. U.S. Govt. Print. Off., 1980. Seite 122.
  10. Royal Society of Chemistry (Great Britain): Chemical engineering abstracts. The Society, 1986. Seite 5.
  11. Nigel Hawkes, u.a.: Chernobyl: the end of the nuclear dream. Vintage Books, 1987. ISBN 0394751078. Seite 67.
  12. a b Jacques Libmann: Elements of Nuclear Safety. L'Editeur : EDP Sciences, 1996. ISBN 2868832865. Seite 360 bis 369.
  13. World Nuclear News: New EDF upgrade contract, 09.12.2011. Abgerufen am 19.07.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  14. Nuclear Engineering International: Nuclear engineering international, Band 38,Ausgaben 462-473. Heywood-Temple Industrial Publications Ltd., 1993. Seite 5.
  15. GDMB Gesellschaft für Bergbau, Metallurgie, Rohstoff- und Umwelttechnik: World of mining: surface, underground, Band 56. GDMB Medienverlag, 2004. Seite 395.
  16. France. Ministère de l'économie et des finances, u.a.: Les Notes bleues de Bercy. Les Ministères, 2005.
  17. Société française d'énergie nucléaire: Revue générale nucléaire: RGN, Band 2005. Revue Générale de l'Electricité, 2005.
  18. World Nuclear News: Construction of Flamanville EPR begins, 04.12.2007. Abgerufen am 19.07.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  19. The economist, Band 379,Ausgaben 8471-8482. Economist Newspaper Ltd., 2006. Seite 77.
  20. World Nuclear News: Italy slowly reopens doors to nuclear power, 30.10.2007. Abgerufen am 19.07.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  21. World Nuclear News: Italy's Enel signs for up to 1200 MWe of nuclear, 30.11.2007. Abgerufen am 19.07.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  22. World Nuclear News: Enel ready and waiting for Italian new build, 06.12.2007. Abgerufen am 19.07.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  23. World Nuclear News: EdF allowed to continue concreting, 20.06.2008. Abgerufen am 19.07.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  24. World Nuclear News: EdF plans for future nuclear growth, 04.12.2008. Abgerufen am 19.07.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  25. World Nuclear News: EOn seeks controlling stake in French EPR, 08.07.2009. Abgerufen am 19.07.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  26. World Nuclear News: Extending operating lives of French reactors best option, 31.01.2012. Abgerufen am 19.07.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  27. World Nuclear News: Flamanville costs up €2 billion, 04.12.2012. Abgerufen am 06.12.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  28. World Nuclear News: EdF, Enel part company, 05.12.2012. Abgerufen am 06.12.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  29. World Nuclear News: Dome in place at Flamanville EPR, 16.07.2013. Abgerufen am 16.07.2013. (Archivierte Version bei WebCite)
  30. World Nuclear News: Flamanville EPR vessel delivered, 07.10.2013. Abgerufen am 07.10.2013. (Archivierte Version bei Archive.is)
  31. Batiments: EDF répare le dôme de l’EPR, 22.11.2013. Abgerufen am 04.12.2013. (Archivierte Version bei Archive.is)
  32. World Nuclear News: Vessel installed at French EPR, 27.01.2014. Abgerufen am 27.01.2014. (Archivierte Version bei WebCite)
  33. World Nuclear News: Flamanville EPR vessel anomalies under scrutiny, 07.04.2015. Abgerufen am 18.04.2015. (Archivierte Version bei WebCite)
  34. Handelsblatt: Schwere Mängel am Pannen-AKW Flamanville, 17.04.2015. Abgerufen am 18.04.2015. (Archivierte Version bei WebCite)
  35. BBC: Flaw found in French nuclear reactor, 09.07.2015. Abgerufen am 11.07.2015. (Archivierte Version bei WebCite)
  36. a b Economist: French lessons, 24.10.2015. Abgerufen am 22.10.2015. (Archivierte Version bei WebCite)
  37. Montel: Flamanville steht vor höheren Kosten, weiteren Verzögerungen, 10.07.2020. Abgerufen am 10.07.2020. (Archivierte Version beiInternet Archive)
  38. Power magazine: Georgia PSC Backs Additional Costs for Vogtle Nuclear Project, 19. Februar 2019
  39. World Nuclear News: French government considering second EPR, 13.06.2008. Abgerufen am 19.07.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  40. World Nuclear News: EdF seeks to bolster decommissioning fund, 22.07.2010. Abgerufen am 19.07.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  41. Reuters: EDF hopes French EPR will launch before Chinese reactors, 31.07.2014. Abgerufen am 31.07.2014. (Archivierte Version bei WebCite)
  42. World Nuclear News: Flamanville start-up put back one year, 19.11.2014. Abgerufen am 23.11.2014. (Archivierte Version bei WebCite)
  43. Nuclear Enigneering International: Flamanville 3 delayed to 2017, 19.11.2014. Abgerufen am 23.11.2014. (Archivierte Version bei WebCite)
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Siehe auch

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