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Kernkraftwerk Tetov

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Kernkraftwerk Tetov
Standort
Land Flag of the Czech Republic.svg Tschechien
Region Pardubice
Ort Tetov
Koordinaten 50° 5′ 51″ N, 15° 25′ 6″ OTerra globe icon light.png 50° 5′ 51″ N, 15° 25′ 6″ O
Reaktordaten
Eigentümer ČEZ
Betreiber ČEZ
Zusatzfunktion Fernwärme
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Die Quellen für diese Angaben sind in der Zusatzinformation einsehbar.

Das Kernkraftwerk Tetov (tschechisch Jaderná elektrárna Tetov, kurz JETO, selten ETO) sollte nahe der Ortschaft Tetov in Nordmähren entstehen. Die im Pardubický Kraj gelegene Anlage sollte das vierte tschechische Kernkraftwerk werden und Fernwärme für die umliegenden Ballungsgebiete ausspeisen. Die Planungen für die Anlage wurden in den 1990er Jahren eingefroren.

Geschichte

Für ein Kernkraftwerk kam Tetov 1989 erstmals infrage als Ausweichstandort für das zwischen den Städten Hradec Králové und Pardubice gelegene Kernkraftwerk Opatovice, dass aufgrund des schnellen Wachstums beider Städte nicht errichtet werden konnte. In der Folge wurde das Projekt ab 1989 nach Tetov verlegt.[1] Die Lage des Kernkraftwerks ist besonders hinsichtlich der Auskopplung von Fernwärme interessant, da in der direkten Nähe die beiden größten Fernwärmenetze der gesamten Tschechoslowakei lagen: Das Fernwärmenetz der Stadt Prag und das Fernwärmenetz Hradec Králové - Pardubice - Chrudim. Der elektrische Bedarf war groß genug, sodass das Kernkraftwerk mit vier 1000 MW starken WWER-1000 projektiert wurde und einer geplanten Fortnutzung von 3660 MW an thermischer Energie für die Fernwärmenetze. Nach den Planungen aus dem Jahr 1989 sollte das Kernkraftwerk bis zum Jahr 2000 realisiert werden. Bis 2005 sollte als erstes das Fernwärmenetz Hradec Králové - Pardubice - Chrudim angebunden werden. Das Kernkraftwerk sollte über zwei 12 Kilometer lange Leitungen mit 1000 mm Durchmesser an das Kraftwerk Chrudim angebunden werden, anschließend sollte die Wärme nach Pardubice weitergeleitet werden. Zwei weitere Leitungen mit einem Durchmesser von 900 mm sollten über 32 Kilometer an das Kohlekraftwerk Opatovice angebunden werden. Im Jahr 2005 sollte der Bedarf dieses Netzes bei rund 1400 MWth liegen und bis 2030 auf 2300 MWth steigen. Das Kernkraftwerk Tetov hätte davon mindestens 1200 MWth decken müssen, womit mindestens ein Block verfügbar sein musste. Ab dem Jahr 2010 sollte die Stadt Prag angebunden werden die bis dahin einen Wärmebedarf von 2900 MWth hätte und der bis 2030 auf insgesamt 5400 MWth steigen würde, womit das Kernkraftwerk Tetov alleine nicht ausreichen würde und daher nur einen Teil dieser benötigten Wärmeleistung, genauer gesagt 2460 MWth als Grundlasterzeuger übernehmen würde. Die Anbindungen sollte über zwei Fernwärmeleitungen mit einem Durchmesser von 1400 mm erfolgen. Damit die Wärmelast von 3660 MWth voll gedeckt werden könnte müssten mindestens drei Blöcke stetig mit 1230 MWth verfügbar sein. Im Sommer sollten ein Teil der Wärmeleistungen für landwirtschaftliche Zwecke abgeleitet werden.[2]

Ab 1989 war zunächst der Zubau von zwei Reaktoren vorgesehen gewesen.[3] Tatsächlich war aber die Lage des Werkes zwischen den größten Ballungsräumen in Tschechien bei den Anwohnern umstritten. Noch 1989 wurde begonnen für das Werk entsprechende Investmentpläne auszuarbeiten.[4] Infolge der Samtenen Revolution änderten sich allerdings die Pläne für den Standort. Während das Kernkraftwerk Temelín in Südböhmen nur noch mit zwei Blöcken gebaut werden sollte, wurde an Siemens eine Absichtserklärung über den Bau eines Kernkraftwerks mit deutscher Reaktortechnik in Nordböhmen geäußert und für Blahutovice oder Tetov nur noch optional der Zubau eines einzelnen weiteren Blocks in Aussicht gestellt.[5] Allerdings war der Standort ebenso wie Temelín, Kecerovce (Slowakei) und Blahutovice bereits für ein Kernkraftwerk genehmigt.[6] Mit der Auflösung der Tschechoslowakei befand sich ab 1. Januar 1993 der Standort in tschechischer Hand, ebenso die weitere Planung des Werkes. Bis 1992 wurde der Standort weitestgehend erkundet und eine seismologische Studie angefertigt. Die Studie ging von historischen Beben in einem Umkreis von 200 Kilometern aus und ergab, dass keine seismische Gefährdung bestehen würde.[7] Aufgrund dieses Ergebnisses beschloss ČEZ neben dem Bau der beiden Reaktoren in Temelín den Standort Tetov 1995 international für den Bau eines Blockes auszuschreiben, und erhielt noch im gleichen Jahr erste Angebote.[8] Die Ausschreibung führte nie zu der Wahl eines Reaktormodells, da die Investitionen für Temelín das Kapital von ČEZ voll ausschöpften.

Das Gelände war in den Jahren 2002 und 2003 ein letztes mal für ein Kernkraftwerk in offiziellen Planungen des Staates vorgesehen, jedoch mit einer Inbetriebnahme nach 2020. Aufgrund von Widerstand seitens der Öffentlichkeit und Umweltschutzorganisationen wurden mit ČEZ verhandlungen geführt. Dies führte dazu, dass zumindest aus dem Plan des Okres Kolín die Zonenplanung reorganisiert wurde und 2006 offiziell in den Grundplänen kein Kernkraftwerk mehr für Tetov vorgesehen war. Dass aber der Eigentümer in der Zukunft sicher kein neues Kernkraftwerksprojekt mehr realisiere, hängt mit der Aufhebung des Bebauungsplans wenig zusammen und kann dadurch nicht ausgeschlossen werden.[9] Der Standort Tetov ist weiterhin im Besitz des Stromkonzerns ČEZ und möglicher Standort für ein neues Kernkraftwerk.[10]

Im Jahr 2010 umriss eine Studie vom Kernforschungszentrum Řež und Energoprojekt Prag den Standort mit ein Entwurf für den Standort. Ausgegangen ist man vom Bau von zwei Areva EPR mit je 1600 MW Leistung, die Kühlung sollte durch zwei Kühltürme je Block erfolgen. Aus dieser Studie ging allerdings hervor, dass in den folgenden Jahrzehnten eher die Erweiterung der Standorte Temelín und Dukovany im Raum stehe.[11] Im Januar 2012 kündigte die Regierung Nečas an neue Kernkraftwerke zu errichten. Auch Tetov wurde in diesem Zusammenhang genannt, sei von den bekannten Kernkraftwerksstandorten der am problematischsten. Einerseits müsste das Dorf Rasochy abgerissen werden, sekundär die Orte Kundratice, Rozehnaly, sowie einige andere kleine Siedlungen, die in der sanitären Zone des Werkes liegen würde. Auch die Lage des Kernkraftwerks an einem Wald, der als Vogelschutzgebiet dient, sei hinsichtlich des Brandschutzes und Naturschutzes eher negativ, weshalb der Wald vollständig abgeholzt werden müsste, was an der Grenze des Vertretbaren liegt. Die Lage auf einer Anhöhe und die Tatsache, dass Kühltürme genutzt werden müssten, sei ein großer Eingriff in das Landschaftsbild. Dies geht aus einer Studie für den Standort hervor, die bis Januar 2012 neu ausgearbeitet wurde. Von der infrastrukturellen Lage her gesehen ist der Standort eher schlecht gelegen, da keine Bahnanbindung und geeigneten Verkehrswege am Standort direkt bestehen. Auch die Lage des Werkes einige Kilometer vom Elbufer entfernt, von dem aus das Kernkraftwerk sein Kühlwasser beziehen sollte ist eher nachteilhaft, wurde aber bereits so für das Kernkraftwerk Temelín nahe der Moldau realisiert, wo das Wasser über Rohrleitungen zum Kernkraftwerk geleitet wird. Aufgrund dessen geht das Positionspapier der Regierung Nečas davon aus, dass in Tetov wahrscheinlich kein Kernkraftwerk gebaut werden wird. Eher wird dem an der Oder liegenden Ortsteil Blahuvotice in der Gemeinde Jeseníku nad Odrou mehr Potenzial für ein neues Kernkraftwerk zugesprochen als Tetov an der Elbe.[12]

In einer vom Forschungszentrum Řež 2014 veröffentlichten Studie für den Bau neuer Kernkraftwerke mit kleinen modularen Reaktoren, auf Basis der bereits 1980 erfolgten Standortlokalisierungen, wurden von der 13 Standorte umfassenden Liste auch Tetov empfohlen, mit einer Vorzugsempfehlung.[13]

Einzelnachweise

  1. iDNES: Jaderná elektrárna u Opatovic nebude, města promýšlí další varianty, 10.03.2011. Abgerufen am 29.10.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  2. Ceskoslovenska Vedeckotechnicka Spolecnost, Ceske Budejovice (Czechoslovakia). Dum Techniky.: Vyuziti energii z jaderne elektrarny Temelin., engl. Applications of power from Temelin nuclear power plant. Seite 43. (Online-Version, Tschechisch, Slowakisch)
  3. Daily Report: East Europe, Ausgaben 104-110. United States. Foreign Broadcast Information Service. Seite 30.
  4. Daily Report: East Europe, Ausgaben 118-126. The Service, 1989. Seite 122.
  5. The Nation, Band 253. Nation Company, 1991. Seite 223.
  6. Nuclear Engineering International, Band 36,Ausgaben 438-449. Heywood-Temple Industrial Publications Limited, 1991. Seite 52.
  7. Ústav geotechniky ČSAV., Ústav struktury a mechaniky hornin AV ČR.: Acta Montana: Geodynamics, Ausgabe 1. Institute of Geotechnics, Czechoslovak Academy of Sciences, 1992. Seite 131.
  8. Transition: Issues and Developments in the Former Soviet Union and East-Central and Southeastern Europe, Band 1. Open Media Research Institute, 1995. Seite 100.
  9. iDNES: Místo uhlí chtěli soudruzi do Opatovic vozit uran, připomíná výstava, 21.11.2013. Abgerufen am 30.07.2016. (Archivierte Version bei Archive.is)
  10. Ales John: CEZ and CO2 free technology. International Conference Secure Energy Supply, Bratislava 26. – 29. September 2006. Seite 18. (Online-Version)
  11. Aleš John, UJV Řež: Role jaderné energetiky Současnost versus budoucnost, 22.06.2010. Abgerufen am 27.10.2013. ([hhttp://www.pdf-archive.com/2013/10/27/ales-john/ Archivierte Version] bei PDF Archive)
  12. EuroZprávy: Nové jaderné elektrárny v Česku! Už se plánují, 14.01.2013. Abgerufen am 29.10.2012. (Archivierte Version bei WebCite)
  13. Martin Václavek: Ekonomická životaschopnost malých modulárních reaktorů v České republice DIPLOMOVÁ PRÁCE. Seite 113. [SMR_text.[pdf].pdf?sequence=1 Abgerufen] am 28.09.2020. (Archivierte Version bei Internet Archive)

Siehe auch

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