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Kernkraftwerk Tušimice

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Kernkraftwerk Tušimice
Umgebung mit Kohlekraftwerk Tušimice
Umgebung mit Kohlekraftwerk Tušimice
Standort
Land Tschechien
Region Ústecký kraj
Ort Kadaň
Koordinaten 50° 23′ 1″ N, 13° 20′ 18″ O 50° 23′ 1″ N, 13° 20′ 18″ O
Reaktordaten
Eigentümer ČEZ
Betreiber ČEZ
Geplant 3 (1494 MW)
Zusatzfunktion Fernwärme
Die Quellen für diese Angaben sind in der Zusatzinformation einsehbar.

Das Kernkraftwerk Tušimice (tschechisch Jaderná elektrárna Tušimice, kurz offiziell SMR ETU) soll nahe der Stadt Kadaň im tschechischen Ústecký kraj entstehen. Die Anlage ist als derzeit drittes tschechisches Kernkraftwerk geplant und soll das am Standort in Betrieb befindliche Kohlekraftwerk Tušimice II, sowie das einige Kilometer entfernte Kohlekraftwerk Prunéřov, nach Ende deren Betriebszeit ersetzen. Die Anlage befindet sich aktuell in der Vorplanung und der Vorbereitung der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.

Geschichte

Die Planungen für ein Kernkraftwerk in Tušimice begannen praktisch mit dem Start des Small-Modular-Reactor-Programms durch ČEZ im Jahr 2022. Vorgesehen war zunächst der Bau eines Pilotreaktors am Kernkraftwerk Temelín bis zum Jahr 2034, sowie in einer zweiten Stufe der Bau von weiteren kleinen modularen Reaktoren an zwei bis drei weiteren Standorten in Tschechien an Standorten, die bisher nicht für kerntechnische Anlagen genutzt werden sondern vornehmlich von Kohlekraftwerken. Bis Ende 2022 sollten dazu alle infrage kommenden Standorte auf zwei bis drei potentielle Kandidatenstandorte reduziert werden. Insgesamt wurden neben Temelín insgesamt fünf potentielle Kohlekraftwerksstandorte für den Bau weiterer kleiner modularer Reaktoren selektiert: Tušimice, Prunéřov, Ledvice, Poříčí und Dětmarovice.[1] Ursächlich für die Wahl von Kohlekraftwerksstandorten für diese kleinen Reaktoren ist der Ausstieg Tschechiens aus der Kohleverstromung. Einerseits dienen die Reaktoren dazu die weggefallenen Kapazitäten ganz oder teilweise zu ersetzen, als auch um die Erhaltung von Arbeitsplätzen an den Standorten. Auf Basis der Voranalyse wurden am 27. Februar 2023 die Standorte Tušimice und Dětmarovice als Vorzugsstandorte für die ersten kleinen modularen Reaktoren im Flottenbau gewählt für die Ausführung der geologischen und hydrologischen Untersuchung, während für weitere SMR-Standorte die Liste erweitert wurde um das Kraftwerk Mělník und das Kernkraftwerk Dukovany.[2][3][4]

Ähnlich wie für den Ausbau der Kernkraftwerke Temelín und Dukovany mit großen Reaktoren hat ČEZ im August 2024 ein Sicherheitsabkommen mit der tschechischen Regierung abgeschlossen, dass die nationalen Sicherheitsinteressen Tschechiens bei der Wahl eines SMR-Lieferanten schützt. Hierdurch wurden die potentiellen Bewerber für den Bau eines SMR eingeschränkt.[5][6] Für den Bau der SMR in Tschechien mit einer gemeinsamen Technologieplattform bewarben sich Westinghouse mit dem AP300, GE-Hitachi mit dem BWRX-300, KHNP mit dem iSMART, EdF mit dem NUWARD, Rolls-Royce mit dem RR SMR, Holtec mit dem SMR-300 und NuScale mit dem VOYGR-6. Im September 2024 erhielt Rolls-Royce den Zuschlag und wurde als bevorzugter Bieter seitens der tschechischen Regierung benannt, nachdem die ČEZ Group dem Ministerium für Handel und Industrie mitteilte, dass man mit diesem Unternehmen kooperieren möchte.[7] Am 29. Oktober 2024 gab ČEZ eine engere Kooperation bekannt die den Bau nicht nur von 3 GW an RR SMR in Tschechien vorsieht (entsprechend 6 Blöcken), sondern auch beim Bau von Anlagen im Vereinigten Königreich teilnehmen wird.[8] Diese Kooperation wurde im März 2025 bekräftigt mit der Bekanntgabe, dass die ČEZ Group 20 % der Anteile an dem Unternehmen übernommen hat,[9] womit praktisch die Technologiewahl vorweggenommen wurde und es sich bei dem RR SMR um ein Produkt aus dem eigenen Haus handelt. Im April 2025 beauftragte die ČEZ Group den in Brünn ansässigen Unternehmensteil für Nuklear- und Projektmanagement des Unternehmens Amentum die Umweltverträglichkeitsprüfungen für die Standorte Temelín und Tušimice durchzuführen mit Reaktoren des Typs RR SMR.[10][11][12][13]

Standortwahl

Am 7. Mai 2025 reichte ČEZ die Ankündigung der Umweltverträglichkeitsprüfung für den Bau des Kernkraftwerks Tušimice beim Ministerium für Umwelt der Tschechischen Republik ein.[14] Demnach wurde die Leistung des Kernkraftwerks auf 1500 MW festgelegt um sowohl das Kohlekraftwerk Tušimice II, als auch das Kohlekraftwerk Prunéřov in 6 Kilometer Entfernung zu ersetzen. ČEZ erklärte die Standortwahl von Tušimice damit, dass man durch den Bau der kleinen modularen Reaktoren sowohl die Kontinuität der Stromerzeugung als auch der Fortnutzung der bestehenden Infrastruktur und Personalstrukturen gewährleisten könne. Aus den Voruntersuchungen seitens ČEZ war die Wahl von Tušimice daher die technisch, ökologisch und sozial beste Option. Die Stilllegung des Kohlekraftwerk Tušimice II sollte bis 2030 erfolgen, sodass ab 2034 mit dem Bau der Reaktoren begonnen werden kann und 2038 der erste Block ans Netz gehen könne. Bis 2042 könnte dann der zweite und dritte Block folgen.[15] Trotz der hohen Wahrscheinlichkeit, dass Reaktoren von Rolls-Royce errichtet werden,[15] steht offiziell die Technologie für das Kernkraftwerk noch nicht fest.[16]

Die Ausarbeitung der Bekanntmachung des Vorhabens erfolgte im Auftrag von ČEZ durch die Jacobs Clean Energy, während Teilabschnitte an Subunternehmen vergeben wurden und die Projektlösung mit den Unterlagen des Auftraggebers ČEZ durch die Abteilung Energoprojekt Prag des Kernforschungszentrums Řež zur Verfügung gestellt wurde. Die übermittelten Projektlösungen als Referenzlösungen umfassen die Reaktortypen RR SMR, NUWARD, BWRX-300 und AP300. Die Planung sieht vor, dass die Reaktoranlagen vollständig auf dem Gelände des bestehenden Kraftwerks Tušimice II entstehen, um die gesamten vorhanden Korridore für die Kühlwasserbereitstellung und Stromableitung zu nutzen. Unter bestimmten Bedingungen, wenn mehr als nur ein bis zwei SMR errichtet werden (Abhängig von der Projektlösung), kann auch ein Ausbau innerhalb der bestehenden Korridore nötig sein, da dann die Ableitung in das Umspannwerk Hradec über die bisherigen Anschlussleistung des Kohlekraftwerks hinausgeht. Sollte keine Durchführung des Projekts in Tušimice möglich sein, wird das Kohlekraftwerk Tušimice II in die Reserve überführt werden und die Planung neuer Reaktoranlagen beispielsweise in Temelín und Dukovany vorgenommen werden. Die Wasserversorgung des Kernkraftwerks Tušimice soll aus dem Fluss Ohře (deutsch Eger) sichergestellt werden. Die Rückleitung technologischer Abwässer und von Oberflächenwasser soll in den Stausee Nechranice, sowie unterhalb des Stausees in die Ohře erfolgen. Die Kühlung des Kernkraftwerks soll über Naturzug-Nasskühltürme erfolgen mit bis zu 45,6 Millionen Kubikmeter Wasserbedarf aus der Ohře pro Jahr. Alternative Kühlmethoden mit Hybridkühlturm und Trockenkühlung werden erwogen, die diesen Wasserbedarf stark verringern könnten.[17]

Standortdetails

Die Anlagen sollen neben Elektrizität auch Fernwärme liefern.[6]

Daten der Reaktorblöcke

Reaktorblock[18]
(Zum Ausklappen Block anklicken)
Reaktortyp Leistung Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Stilllegung
Typ Baulinie Netto Brutto

Einzelnachweise

  1. Petr Závodský: New Nuclear Build in the Czech Republic, 14.06.2022. Seite 11 bis 13. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  2. ČEZ Group: After preliminary assessment ČEZ has identified two preferred construction sites for small modular reactors, in addition to the Temelín pilot location, in Dětmarovice and Tušimice, 27.02.2023. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  3. Nuclear Engineering International: ČEZ identifies two more possible sites for SMRs, 02.03.2023. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  4. Nuklearforum Schweiz: Tschechien: zwei weitere bevorzugte Standorte für SMR identifiziert, 03.03.2023. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  5. World Nuclear News: ČEZ and Czech government looking ahead to SMRs, 28.08.2024. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  6. a b Nuclear Engineering International: Czech Republic paves way for SMRs, 29.08.2024. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  7. Nuclear Engineering International: Rolls-Royce selected for Czech SMR, 24.09.2024. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  8. ČEZ Group: Rolls-Royce SMR and ČEZ Group partner to deploy SMRs in UK and Czechia, 29.10.2024. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  9. ČEZ Group: The CEZ Group has become a shareholder in Rolls-Royce SMR, 04.03.2025. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  10. Amentum: Czechia’s largest utility selects Amentum for small modular reactor program, 08.04.2025. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  11. World Nuclear News: ČEZ selects Amentum to support SMR programme, 08.04.2025. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  12. Nuclear Engineering International: ČEZ advances SMR plans, 10.04.2025. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  13. Nuklearforum Schweiz: Amentum unterstützt Tschechien beim Einstieg in SMR-Technologie, 14.04.2025. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  14. Informační systém EIA: MZP531 - Nový jaderný zdroj SMR v lokalitě Tušimice, 07.05.2025. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  15. a b Ekonomický deník: Třetí česká jaderná elektrárna má být v Tušimicích. ČEZ požádal o první povolení, 09.05.2025. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  16. Nuklearforum Schweiz: Tschechien: Pläne für bis zu sechs SMR am Braunkohlekraftwerkstandort Tušimice, 23.05.2025. Abgerufen am 30.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  17. Jacobs Clean Energy s.r.o.: NEUES SMR KERNKRAFTWERK AM STANDORT TUŠIMICE - BEKANNTMACHUNG EINES VORHABENS, 30.01.2025. Seite 1 bis 3, 14, 15, 21, 22, 35, 36, 57. Abgerufen am 25.05.2025. (Archivierte Version bei Internet Archive)
  18. Power Reactor Information System der IAEA: „Czech Republic“ (englisch)
  19. a b c Nuclear Engineering International: 2011 World Nuclear Industry Handbook, 2011.
  20. a b c International Atomic Energy Agency: Operating Experience with Nuclear Power Stations in Member States. Abrufen.

Siehe auch