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Kernkraftwerk Browns Ferry

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Kernkraftwerk Browns Ferry

Standort
Land Vereinigte Staaten
Bundesstaat Alabama
Ort Athens
Koordinaten 34° 42′ 12″ N, 87° 7′ 9″ W 34° 42′ 12″ N, 87° 7′ 9″ W
Reaktordaten
Eigentümer Tennessee Valley Authority
Betreiber Tennessee Valley Authority
Vertragsjahr 1966
Betriebsaufnahme 1973
Im Betrieb 3 (3775 MW)
Einspeisung
Eingespeiste Energie im Jahr 2009 27743 GWh
Eingespeiste Energie seit 1973 456562 GWh
Stand der Daten 26. Juni 2010
Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Commons: Kernkraftwerk Browns Ferry
Die Quellen für diese Angaben sind in der Zusatzinformation einsehbar.

Das Kernkraftwerk Browns Ferry (englisch Browns Ferry Nuclear Power Plant) steht nahe Athens im US-Bundesstaat Alabama. Die am Wheeler Reservoir gelegene Anlage ist das erste Kernkraftwerk von Tennessee Valley Authority. Die Anlage nahm zwischen 1973 und 1976 den Betrieb auf und war zu dieser Zeit das größte Kernkraftwerk der Welt und das Erste, das mehr als ein Gigawatt Leistung hatte.

Geschichte

Die ersten beiden Reaktoren 1 und 2 wurden im Jahr 1966 bei General Electric bestellt. Der dritte Reaktor folgte ein Jahr später.[1] Mit dem Bau der ersten beiden Reaktoren wurde am ersten Mai 1967 begonnen, Block 3 folgte am ersten Juli 1968.[2] Die Kosten der ersten beiden Reaktoren lagen bei rund 247 Millionen US-Dollar. Allerdings erhöhten sich die Kosten im Laufe der Bauarbeiten auf insgesamt 513 US-Dollar. Die Kostensteigerung betrug somit 168 %.[3]

Betrieb

Der erste Reaktor nahm am 15. Oktober 1973 den Betrieb auf.[2] Bereits im ersten Betriebsjahr gab es auffällig viele Probleme und Störungen, alleine in den letzten drei Monaten des Jahres 1973 waren es 65.[3] Trotzdem nahm der Reaktor am ersten August 1974 den kommerziellen Betrieb auf. 28 Tage später wurde der zweite Reaktor erstmals mit dem Stromnetz synchronisiert und ging am ersten März 1975 in den kommerziellen Betrieb über. Der dritte Reaktorblock folgte am zwölften September 1976 mit der Netzsynchronisation und wurde am ersten März 1977 in den kommerziellen Betrieb überführt.[2]

Durch die Inbetriebnahme des letzten Reaktors wurde es zum damals leistungsstärksten Kernkraftwerk der Welt, und löste das deutsche Kernkraftwerk in Biblis ab. Die Anlage in Browns Ferry wurde damals des öfteren als Ingenieurswunder bezeichnet, da die Reaktoren in einem einzigen Gebäude, dem damals größten je errichteten Gebäude für ein Kernkraftwerk, untergebracht wurden.[4]

Brand

Am 22. März 1975 wollte der zwanzigjährige Ingenieur Larry Harget die korrekte Dichtheit einiger mit Polyurethan gedämmten Stellen an den Kabelschächten untersuchen. Der Ingenieur tat dies mit einer Kerze, wobei das Material aufgrund der falschen Verarbeitung Feuer fing. Insgesamt wurden dabei 1611 Kabel vollständig zerstört, sowie die Kabel zu den Notkühlsystemen von Block 1 vollständig, und zu Block 2 teilweise.

Browns Ferry im Jahr 1974

Man konnte allerdings die Reaktoren noch herunterfahren und die Notkühlung auf andere Systeme umlegen, unter anderem auf die Kondensationssysteme. Der Brand in der Anlage loderte rund sieben Stunden, wobei der Kraftwerksmanager von Browns Ferry aufgrund des Brandes einer elektrischen Anlage das Löschen mit Wasser untersagte, was die örtliche Feuerwehr kritisierte. Nach dem Unfall wurde in Block 1 und 2 der gesamte Brennstoff aus den Reaktoren entfernt und mit der Reparatur der Kabel begonnen.[5][6] Spätere Einschätzungen zufolge wäre der Reaktor vor einer Kernschmelze gestanden.[3]

Polyurethan im Kernkraftwerk

Das Problem mit dem mangelnden Brandschutz war allerdings nicht neu. Fast auf den Tag genau ein Jahr zuvor, am 21. März 1974, warnte die Atomic Energy Agency, dass die Kabelanlagen in den Blöcken Robinson 2, Browns Ferry 1, Oconee 1 und 2, Arkansas One 1 und Turkey Point 3 und 4 nicht den Anforderungen des Final Safety Analysis Report entsprachen. Man hatte bereits viel Zeit und Mühe in die Verbesserung dieser Systeme gesteckt, hatte allerdings die Ziele nicht erreicht, die man sich vorgenommen hatte.[5][6]

Folgen

Am 9. Mai 1975 änderte die Nuclear Regulatory Commission die Betriebsgenehmigung von Block 1 ab, sodass dieser erst wieder anfahren durfte, wenn alle Schäden, die durch den Brand verursacht wurden, behoben waren. Am 16. September 1975 gab es eine entsprechende Anhörungen zu dem Unfall im US-Kongress. Am 21. Februar 1976 stellte die Review Group fest, dass dieser Unfall unter anderem durch nicht ordnungsgemäße Transparenz des Qualitätsmanagements in Browns Ferry ausbrechen konnte, und zudem Mängel bei der Inspektion festgestellt wurden. Am zweiten Juli 1976 stellte die Nuclear Regulatory Commission die Genehmigung für das Beladen mit Brennstoff von Block 1 wieder aus. Bereits am 10. September 1976 wurde der zweite Reaktor wieder ans Netz genommen. Block 1 folgte am 24. September, nachdem es am 22. September zu einer Verletzung der Grenzwerte kam, wobei sich das Wasser zu schnell erwärmt hatte, was auf zu schnelles Anfahren zurückzuführen war.[5][6] Die Kosten des Unfalls beliefen sich auf 150 Millionen Dollar.[3]

Sonstiges

Containment von Block 1 beim Bau

Am 7. September 1983 musste Block 3 auf Anweisung der Nuclear Regulatory Commission vom Netz genommen werden. Der Grund hierfür lag an einer vorgeschriebenen Inspektion der Rezirkulationssysteme des Reaktors, da einige Zeit zuvor im Kernkraftwerk Nine Mile Point Risse in den Rohrleitungen gefunden wurden. Tennessee Valley Authority bestritt, dass dieses Problem bei den Siedewasserreaktoren in Browns Ferry ebenfalls auftreten könnte, es soll dort unmöglich sein. Allerdings wiederlegte die Nuclear Regulatory Commission diese Aussage, da das Material genau dasselbe ist wie es in Nine Mile Point zum Einsatz kam, und vom gleichen Hersteller. Die Befürchtungen mit den Rissen bestätigte sich kurze Zeit auch in Browns Ferry 3, wobei die Nuclear Regulatory Commission dem Betreiber untersagte, die Anlage bis zur Reparatur des Systems wieder anzufahren. Am 19. November 1984 wurde die Anlage wieder angefahren, allerdings wurde kurz darauf bei vier Prozent Leistung manuell eine Reaktorschnellabschaltung vorgenommen, da der Wasserspiegel im Reaktor unter der Mindestmarke für eine automatische Schnellabschaltung sank. Am 22. November wurde die Anlage erneut angefahren, und wurde aufgrund eines defekten Ventils einen Tag später wieder vom Netz genommen. Vier Tage später wurde die Anlage wieder ans Netz genommen, allerdings wurden mehrere Probleme am Turbogenerator festgestellt, weshalb dieser vom Netz genommen wurde, und kurz darauf aufgrund von starken Vibrationen ganz abgeschaltet wurde. Später folgten zwei weitere Notabschaltungen. Aufgrund dessen entschied die Nuclear Regulatory Commission, dass Tennessee Valley Authority eine Strafe von 112.500 Dollar zahlen musste. Der Betrieb konnte anschließend normal fortgesetzt werden.[7]

Aufgrund der Tatsache, dass Block 2 am 15. September für einen Brennstoffwechsel des Reaktorkerns abgeschaltet wurde, nahm die Nuclear Regulatory Commission die Möglichkeit wahr, aufgrund der in Block 3 gefundenen Mängel auch Block 2 zu überprüfen.[8] Der erste Reaktor ging am 19. März 1985 vom Netz, aufgrund eines fehlgeschlagenen Drucktests des Containments, das durch ein defektes Ventil verursacht wurde. Im Rahmen dessen nahm die Tennessee Valley Authority ebenfalls die zwei noch laufenden Reaktoren im Kernkraftwerk Sequoyah vom Netz, da die NRC schwere Verfahrensfehler bei der Wartung der Anlagen vermutete. Block 3 in Browns Ferry musste ebenfalls vom Netz und überprüft werden.[9] Diese Befürchtung bestätigte sich in Block 2. Man fand einige Mängel die sehr schlecht behoben wurden und man hielt das Personal für nicht sehr gut trainiert. Erst am 2. Mai 1991 gab die Nuclear Regulatory Commission die Erlaubnis, Block 2 wieder in Betrieb zu nehmen. Der Stillstand kostete den Betreiber rund 1,3 Milliarden Euro.[8] Block 3 blieb noch längere Zeit vom Netz aufgrund von Planungsfehlern an den Dieselgeneratoren, außerdem musste das Rezirkulationssystem umgebaut werden. Erst am 19. November 1995 ging der Reaktor wieder in Betrieb. Die Kosten des Stillstandes beliefen sich auf rund 1,83 Milliarden Dollar.[10] Block 1 dagegen wurde nicht wieder in Betrieb genommen, da Tennessee Valley Authority sich mehr auf die Wiederinbetriebnahme von Block 2 und 3 konzentrierte. Erst im Mai 2002 sprachen sich die führenden Köpfe von Tennessee Valley Authority dafür aus, den Reaktorblock nach einer Rekonstruktion mit Kosten in Höhe von 1,7 bis 1,8 Milliarden US-Dollar wieder in Betrieb zu nehmen, wobei die Kosten im Jahr 2006 auf rund 1,88 bis 1,99 Milliarden Dollar stiegen.[9] Der Block nahm am 24. Mai 2007 wieder den Betrieb auf.

Am 27. April 2011 kam es aufgrund des Verlustes der externen Stromversorgung zur Abschaltung aller drei Reaktoren. Grund für den Ausfall der externen Versorgung war ein Tornado. Die Dieselgeneratoren sprangen wie geplant an, bis nach 15 Minuten die externe Stromversorgung wiederhergestellt werden konnte. Aufgrund des Abschaltung des Kernkraftwerks mit der Zerstörung der Zuleitung zum Kernkraftwerk kam es zu Blackouts in weiten teilen des Südwestens.[11][12]

Technische Details

Das Kernkraftwerk ist mit drei baugleichen Reaktoren vom Typ BWR-4 von General Electric ausgestattet, die der 1200 MW-Klasse angehören.[2] Das Design ist in dem USA seit langem umstritten. Im Jahr 1976 sind drei hochrangige Ingenieure von General Electric aufgrund der Designfehler an den Reaktoren selbstständig aus dem Unternehmen ausgetreten und haben dem Kongress von den technischen Problemen berichtet. Das Reaktordesign sei gefährlich und nicht von höchster Qualität gefertigt. Unter anderem wurde das Mark-I-Containment zu klein ausgelegt. Zudem wird davon ausgegangen, dass es keinen Unfall standhalten wird. In einer Studie von 1985 wurde festgestellt, dass bei einem Unfall die Wahrscheinlichkeit eines Versagens des Containments bei 90 % liegt. Aufgrund dessen hatte die Nuclear Regulatory Commission vorgeschrieben, die Gebäude mit einem Belüftungssystem auszustatten um den Druck abzubauen. Dies soll verhindern, dass im Falle eines Unfalls das Containment zerstört wird und der Kontrollraum nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Bei einem zu starken Druckanstieg im Containment ist das System in der Lage, die radioaktiven Gase direkt in die Atmosphäre freizusetzen. Bereits 1972 wurden diese Probleme von der NRC festgestellt, weshalb diese die Lizenzierung von diesen Containments eingestellt hat.[13]

Der erste Reaktorblock hat eine Leistung von 200 MW netto und 1256 MW brutto. Die Nettoleistung von Block 2 liegt bei 1200 MW bei einer Bruttoleistung von 1259 MW. Der dritte Reaktor ist der leistungsstärkste Reaktor am Standort mit einer Bruttoleistung von 1210 MW bei einer Nettoleistung von 1260 MW.[2]

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Browns Ferry hat drei Reaktoren, die sich in Betrieb befinden. Der erste Reaktor war zwischen dem 22. März 1975 bis zum 24. Mai 2007 nicht im Betrieb wegen einer Generalüberholung.

Reaktorblock[2]
(Zum Ausklappen Block anklicken)
Reaktortyp Leistung Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Stilllegung
Typ Baulinie Netto Brutto

Einzelnachweise

  1. Reactor Database der World Nuclear Association (englisch)
  2. a b c d e f Power Reactor Information System der IAEA: „United States“ (englisch)
  3. a b c d Anna György: No nukes: everyone's guide to nuclear power. In: South End Press 1980, ISBN 9780896080065
  4. Alden P. Armagnac: World's Biggest Atomic-Power Plant. In: Popular Sciene, September 1969
  5. a b c Union of Concerned Scientists: Browns Ferry Unit 1, Ausfall vom 22. März 1975 bis 24. September 1976
  6. a b c Union of Concerned Scientists: Browns Ferry Unit 2, Ausfall vom 22. März 1975 bis 10. September 1976
  7. Union of Concerned Scientists: Browns Ferry Unit 3, Ausfall vom 7. September 1983 bis 28. November 1984
  8. a b Union of Concerned Scientists: Browns Ferry Unit 2, Ausfall vom 15. September 1984 bis 24. Mai 1991
  9. a b Union of Concerned Scientists: Browns Ferry Unit 1, Ausfall vom 19. März 1985 bis 24. Mai 2007
  10. Union of Concerned Scientists: Browns Ferry Unit 3, Ausfall vom 19. März 1985 bis 19. November 1995
  11. NRC: Event Notification Report for April 28, 2011
  12. TVA: Power Restoration Updates
  13. Nuclear Information and Resource Service, kurz NIRS: Safety Deficiencies at Browns Ferry Nuclear Power Complex (englisch)
  14. a b c Nuclear Engineering International: 2011 World Nuclear Industry Handbook, 2011.
  15. a b c International Atomic Energy Agency: Operating Experience with Nuclear Power Stations in Member States. Abrufen.