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Kernkraftwerk Midland

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Kernkraftwerk Midland
Standort
Land Flag of the United States.svg Vereinigte Staaten
Bundesstaat Michigan
Ort Midland
Koordinaten 43° 35′ 11″ N, 84° 13′ 21″ WTerra globe icon light.png 43° 35′ 11″ N, 84° 13′ 21″ W
Reaktordaten
Eigentümer Consumers Power
Betreiber Consumers Power
Vertragsjahr 1968
Bau storniert 1986
Bau storniert 2 (1381 MW)
Zusatzfunktion Prozesswärme
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Die Quellen für diese Angaben sind in der Zusatzinformation einsehbar.

Das Kernkraftwerk Midland (englisch Midland Nuclear Power Plant) sollte nahe der Stadt Midland im US-Bundesstaat Michigan entstehen. Nach Protesten und Problemen wurde der Bau der zweiblöckigen Anlage in den 1980ern storniert. Die Anlage wurde anschließend in ein Gaskraftwerk umgebaut. Neben dem deutschen Kernkraftwerk BASF sollte Midland eine Demonstrationsanlage für die Auskopplung von Prozessdampf aus Kernkraftwerken sein.

Geschichte

Im Jahr 1967 wurde seitens Consumers Power bestätigt, dass es Pläne gab in Midland ein Kernkraftwerk zu errichten. Für das Projekt wurden Kosten in Höhe von 270 Millionen US-Dollar veranschlagt, die Anlage sollte Mitte der 1970er fertiggestellt sein. Um die Akzeptanz für das Projekt in der Bevölkerung zu bekommen wurde seitens Consumers Power und der Dow Chemical Company Werbung für die Anlage gemacht.[1] Der Grund für die Beteiligung der Dow Chemical Company an der Propagierung des Projekts lag daran, dass das Unternehmen Prozessdampf aus dem ersten Block abnehmen sollte.[2] Neben dem deutschen BASF-Projekt stellte die Anlage in Midland einer der ersten Kernkraftwerke dar, die im großen Maße Prozessdampf ausspeisen sollten, anstatt primär nur auf die Elektrizitätserzeugung ausgerichtet zu sein.[3] Die Prozesswärmeausspeisung sollte rund 800 MWth betragen.[4]

Die Art der Werbung für die Anlage war immer nach dem gleichen Muster gestrickt, indem man die Kernenergie als sichere, saubere und ökonomische Energie beschrieb, wobei allerdings die technischen Informationen veraltet waren.[1] Trotz einiger Bedenken, insbesondere wegen sicherheitstechnischen Bedenken von unabhängigen Ingenieuren und seitens der Atomic Energy Comission bezüglich des Reaktordesigns,[1] wurde 1968 mit den Erschließungsarbeiten am Standort begonnen. Mit der Fertigstellung rechnete mal im Jahr 1972.[5] Im Jahr 1970 wurde die erste Protestgruppe gegen das Kernkraftwerk Midland gegründet, die Saginaw Valley Nuclear Study Group, die eventuell für die Anhörungen zum Erlangen der Baulizenz als Nebenintervenient teilnehmen könnte. Die Anhörungen begannen Anfang 1970 und endeten Mitte 1972, womit diese länger als ehemals geplant dauerten und den Bau um Jahre verschob. Die Bauherren gaben die Schuld hauptsächlich den Intervenienten, da diese den Prozess unnötig lange herausgezögert hatten. Ein weiterer Grund für den Verzug lag darin, dass das Notkühlsystem der Anlage den alten Vorschriften vor 1969 entsprach. Allerdings wurde ab 1969 eine Redundanz in den Systemen von der Atomic Energy Comission verlangt. Um eine Entscheidung zu treffen, ob Midland mit einem redundanten System ausgestattet werden sollte oder nach den älteren Plänen errichtet werden sollte, wurde in Washington eine Extraanhörung durchgeführt, die zum Ergebnis führte, dass ein redundantes System vorhanden sein müsse. Dieses zusätzliche Hearing führte allerdings zu einem weiteren Verzug.[1]

Bau

Mit dem eigentlichen Bau der Reaktoren wurde erst am ersten März 1973 begonnen.[6][7] Allerdings kam es zu Schwierigkeiten beim Bau des Kernkraftwerks.[1] Für die Dow Chemical Company wurde der Bau der Gebäude immer mehr zur Belastung. Bereits ab 1972 musste das Unternehmen seine bestehenden Kraftwerke am Standort, die eigentlich hätten abgeschaltet werden sollen, wenn die neue Anlage den Betrieb aufnehmen würde, mit neuen Techniken aufrüsten. Für das Unternehmen kamen zudem immer weitere Mehrkosten für Sicherheitsstudien, für die öffentliche Beziehungen und für Rechtsstreitigkeiten hinzu, während der Preis für die Anlage konsequent stiegt und die Erzeugung von Elektrizität und Wärme in dem Werk immer unwirtschaftlicher werden würde, was auch von der Dow Chemical Company selbst 1977 so bestätigt wurde. Aufgrund dessen stieg die Gesellschaft aus dem Vertrag zur Abwärmenutzung aus dem Kernkraftwerk aus, blieb aber an den Kosten für das Werk beteiligt.[8] Die Verzögerungen führten zu einer Wende in der öffentlichen Meinung zum Projekt, das nun eher abgelehnt wurde.[1]

Bis 1978 war die Anlage immer noch nicht vollendet.[5] Im Jahr 1983 musste Consumers Power einen Betrag von 120.000 US-Dollar an die Nuclear Regulatory Comission bezahlen, aufgrund beträchtlicher Verstöße beim Bau der Anlage. Daraufhin wurde eine öffentliche Anhörung seitens Consumers Power und der Nuclear Regulatory Comission abgehalten um die Fragen der Bevölkerung bezüglich des Kraftwerks und der Probleme beim Bau zu beantworten. Um eine Beteiligung möglichst aller Personen zu ermöglichen wurde nachdem der Hörsaal voll war in der Vorhalle Mikrofone installiert. Drei Monate später gab es erneut Spannungen zwischen der Dow Chemical Company und Consumers Power bezüglich der neuen Kostenschätzung für das Werk, die mittlerweile bei 4,43 Milliarden US-Dollar lagen. Wenn Consumers Power diese Zahlen der Öffentlichkeit präsentieren würde, so würde die Dow Chemical Company aus dem Projekt endgültig aussteigen. Allerdings wäre damit der größte Abnehmer verloren gegangen, da die Kunden von Consumers Power diesen Verlust alleine nicht hätten kompensieren könne. Die Vollendung des Werkes war für 1985 vorgesehen. Allerdings kam es im Juli 1984 zu neuen Kontroversen,[1] weshalb Consumers Power am 16. Juli den Bau des Kernkraftwerks endgültig stoppte.[5] Am ersten Juli 1986 wurde das Projekt endgültig storniert.[6][7] Bis zur Stornierung des Projekts wurden mehr als sieben Milliarden US-Dollar in das Projekt investiert. Die Kosten wurden vom Staat zum Großteil übernommen und durch Steuern abgezahlt, der Rest entfiel auf Aktionäre von Consumers Power.[9]

Nachnutzung

Im Jahr 1987 entschloss sich Consumers Power die Anlage in ein Gaskraftwerk umzubauen, das 1990 in Betrieb ging.[5] Andere Gesellschaften beteiligten sich an dem Umbau der Anlage.[1] Wie im ehemaligen Plan vorgesehen nimmt die Dow Chemical Company Dampf aus der Anlage ab und Consumers Power nutzt die Elektrizität zum Verkauf an ihre Kunden.[5] Der Reaktordruckbehälter des ersten Blocks wurde für Materialtests verwendet, da dieser baugleich ist mit dem des zweiten Reaktors im Kernkraftwerk Three Mile Island, in dem es 1979 zur Kernschmelze kam.[10] Nachdem im März 2002 im Kernkraftwerk Davis Besse ein Hohlraum im Reaktordruckbehälterkopf entdeckt wurde, tauschte man den Deckel durch den des ersten Reaktors des Kernkraftwerks Midland aus.[11]

Technische Details

Die elektrische Leistung des ersten Blocks sollte standardmäßig bei 818 MW liegen. Allerdings verringerte sich der Wert aufgrund der Abführung von thermischer Leistung für Prozessdampf,[2] die Ausspeisung sollte etwa 800 MWth betragen.[4] Die elektrische Leistung des ersten Reaktors lag aufgrund dessen bei 526 MW brutto und 491 MW netto.[6] Der zweite Block sollte dagegen eine Leistung von 855 MW brutto und 816 MW netto erreichen.[7]

Daten der Reaktorblöcke

Reaktorblock
(Zum Ausklappen Block anklicken)
Reaktortyp Leistung Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommer-
zieller Betrieb
Stilllegung
Typ Baulinie Netto Brutto

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Anne Witte Garland: Women activists: challenging the abuse of power. Feminist Press, 1988. ISBN 093531279X
  2. a b Bruce C. Netschert: Use of capacity factor in the nuclear debate. In: Bulletin of the Atomic Scientists, Band 31, Nr. 8. Oktober 1975. ISSN 0096-3402
  3. Nuclear heat for industrial purposes and district heating. In: IAEA Bulletin, Volume 16, Number 6, 1974. (PDF)
  4. a b Ioan D. Stan̆cescu, u.a.: Energy and nuclear power planning in developing countries. In: Ausgabe 245 von Technical reports series. International Atomic Energy Agency, 1985. ISBN 92-0-155085-5. (PDF)
  5. a b c d e Virginia Florey: Midland: Her Continuing Story. In: Images of America. Arcadia Publishing, 2002. ISBN 0738520403
  6. a b c d Power Reactor Information System der IAEA: „Nuclear Power Reactor Details - MIDLAND-1“ (englisch)
  7. a b c d Power Reactor Information System der IAEA: „Nuclear Power Reactor Details - MIDLAND-2“ (englisch)
  8. John R. Logan, Harvey Luskin Molotch: Urban fortunes: the political economy of place. University of California Press, 2007. ISBN 0520254287
  9. Marc R. Tool, Warren J. Samuels: State, society, and corporate power. Transaction Publishers, 1989. ISBN 0887387594
  10. OECD Nuclear Energy Agency, U.S. Nuclear Regulatory Commission: Three Mile Island reactor pressure vessel investigation project: achievements and significant results : proceedings of an open forum sponsored by the OECD Nuclear Energy Agency and the United States Nuclear Regulatory Commission, Boston (USA), 20-22 October 1993, Band 63. In: OECD documents. Organisation for Economic Co-operation and Development, 1994.
  11. International Atomic Energy Agency: Assessment and Management of Ageing of Major Nuclear Power Plant Components Important to Safety: PWR Pressure Vessels. 2007 Update. International Atomic Energy Agency, 2007. ISBN 978–92–0–104907–0 (PDF)
  12. a b Nuclear Engineering International: 2011 World Nuclear Industry Handbook, 2011.
  13. a b International Atomic Energy Agency: Operating Experience with Nuclear Power Stations in Member States. Abrufen.

Siehe auch